MUNCHKIN

Munchkin

Hersteller: Steve Jackson Games (neu!)

Autor: Steve Jackson (einer der populärsten amerikanischen Spielerfinder, Designer von "Car Wars", "GURPS", "Ogre" und und und...)

Getestet: 1. Auflage, erschienen 2001

Tester: Moritz Eggert

Szenario: Ein "generisches" Dungeon (oder für den Uneingeweihten: Ein Verlies...im Grunde nur aus Türen bestehend, die wir öffnen). Wir sind Abenteurer, die versuchen, als erster den 10. Level zu erreichen (oder: die 10. "Erfahrungsstufe", nicht etwa den "Level" des "Dungeons", also das "Stockwerk"). Dazu hilft es Schätze zu raffen, Monster zu plätten, und alle anderen Mitspieler zu verraten, betrügen und zu berauben. Alle "Orkspielhasser" müssen von hier an nicht mehr weiterlesen, allen anderen sei schon einmal gesagt, daß es sich hier um ein nettes, nicht allzu bahnbrechendes kleines Spielchen handelt, daß sich gottseidank selber nicht sehr ernst nimmt.

Das Spiel: Wir fangen ohne "Klasse" (also Beruf, zum Beispiel Priester, Dieb oder Krieger) und "Rasse" (also Fantasyklischee Elb, Zwerg, Hobbit, Entschuldigung: Halbling) an, außerdem haben wir keinerlei Besitz, und nur den ersten Erfahrungslevel (was uns effektiv eine Stärke von 1 im Monsterkampf gibt). All diese Attribute können wir jederzeit aus der Hand spielen, auch wenn wir nicht dran sind. Wenn es uns also gefällt, ein Zauberer zu sein, spielen wir einfach die entsprechende Karte (wenn wir sie denn haben), und schon sind wir's. Wenn nun dieser Zauberer später einem Monster begegnet, das gegen Zauberer besonders allergisch ist, können wir diesen Beruf jederzeit durch einen anderen ersetzen. Nur: das Kärtchen müssen wir auf der Hand haben.

Munchkin

Der Spielablauf ist immer gleich: Wir öffnen eine Türe (ziehen eine "Abenteuerkarte"), hinter der Türe ist entweder ein Monster (meistens), oder auch ein Klasse oder Rasse, manchmal auch ein Fluch oder eine Spezialkarte. Letzteres lassen wir einfach auf uns wirken oder nehmen es an uns, ersteres müssen wir bekämpfen. Dazu sind meistens mehrere Spieler nötig, daher fragen wir brav (ähnlich wie bei "Cosmic Encounter"), wer beim Monsterplätten mitmachen will, am besten mit dem Versprechen, Schätze abzugeben. Aber Vorsicht: Wer nicht eingeladen wird, rächt sich meistens mit hinterhältigen, das Monster stärkenden Karten. Oder kann auch als Dieb von hinten zustechen und uns schwächen (nicht etwa das Monster, das versteht sich von selbst). Gelingt es uns aber, das Monster (ebenso wie wir durch einen simplen Stärkewert dargestellt, also zum Beispiel "14") zu besiegen (das heißt, allein oder zusammenaddiert mit anderen einen gleichen oder höheren Stärkewert zu erlangen), bekommen wir eine auf der Monsterkarte angegebene Anzahl von Schatzkarten, die wir offen (falls andere mitmachten), oder auch geheim (wenn wir allein waren), verteilen oder auch an uns nehmen. Nur der Hauptabenteurer steigt dann noch zusätzlich einen Level - das geht später dann auch jederzeit mit dem Verkaufen von genug Schätzen. Natürlich können wir auch versagen - dann können wir immer noch versuchen, wegzulaufen, nämlich auf einem Würfel eine 5 oder 6 würfeln. Falls auch das nicht gelingt, schädigt uns das Monster, und zwar jedes auf seine Weise. Interessanterweise sind nämlich die allerstärksten Monster (zum Beispiel mein Liebling, der "Bullrog") gar nicht so scharf drauf, allzu schwache Gegner zu verfolgen, damit verhindert das Spiel, daß man am Anfang nur heruntergemacht wird. Aber auch das Sterben ist nicht so schlimm - man verliert allenfalls seine Karten, Level, Klasse und Rasse bleiben. Falls kein Monster anzutreffen war, kann man immer noch den Raum "durchsuchen", d.h. eine verdeckte Karte vom Abenteuerstapel ziehen. Nur so kommt man z.B. an Monster, die man mit der entsprechenden Karte "wandering monster" auf andere Spieler hetzen kann (oder sogar auf sich selber).

Spieldauer: Die Erklärung geht flott (ca. 5 Minuten), die Komplexität ergibt sich allein aus der Vielfalt der Kartenwirkungen, deren Erklärung das Spiel je nach Sprachkenntnis ein wenig ausbremsen kann. Am Anfang ist jeder Level hart errungen, und das Spiel wirkt ein wenig zäh. Ab dem ca. 7. Level kippt jedoch der Spielverlauf, denn nun kann man durch entsprechenden Schätzeverkauf plötzlich überraschend gewinnen. Dennoch sollte keine Partie länger als 1 Stunde dauern...

Ähnliche Spiele: Cosmic Encounter, Quest for the Faysylwood, Drachengold, Heroes of Asfar

Kommentar der Westpark Gamers: Zuerst einmal sollte man ein bißchen den Begriff "Munchkin" erklären - der kommt natürlich aus dem "Wizard of Oz", und beschrieb die kleinen Bewohner des Landes (im Film dargestellt durch anscheinend leicht psychopathische kleine Menschen). Im Spielerjargon beschreibt "Munchkin" eine Art verschrobenen "Powergamer", also jemand, der viel an sich rafft, jede Regellücke ausnutzt, und grundsätzlich nicht vertrauenswürdig ist. Im populären US-Comic "Knights of the Dinner Table" wird dieser Spielertypus ironisch verherrlicht, auch John Kovalic's (der auch die schönen Kartenzeichnungen von "Munchkin" gemacht hat) "Dork Tower" huldigt dem Mythos des "Munchkins". Steve Jackson hat selber einen "Munchkin's guide to power gaming" herausgegeben, auf den sich dieses Spiel direkt bezieht.

Ich mache diesen Exkurs, weil sich die Meinung über dieses Spiel nicht auf einen klaren Nenner bringen lässt - es ist schlicht "love it or leave it". Grossartige Taktiken werden in diesem Spiel nicht zum Erfolg führen: man braucht Kartenglück und ein dickes Fell, sonst wird man wenig Spaß haben. Wer führt, wird von allen mit Flüchen und Monstern beworfen, wer hinten ist, kann durch glückliche Kartenkombinationen jederzeit wieder in Führung gehen. Spaßig sind die Kartentexte und Bilder auf jeden Fall (zu nennen wäre hier zum Beispiel der "Leperchaun", nicht etwa "Leprechaun", und das "gelatinous octahedron"), und sie werden das Spiel einige Zeit lang frisch halten. Darüberhinaus gibt es wenig Spieltiefe, und sogar einige Regellücken (Darf man z.B., nachdem ein Monster überraschend "gestärkt" wurde, noch weitere Spieler in den Kampf bitten? Die Regel hüllt sich hier in Schweigen).

Also eindeutig kein "Walter"-Spiel, und auch nicht der schon lange nach einigen schwachen Titeln wie "Chez Dork" erwartete neue wirkliche Hit für den einstmals großen Steve Jackson...aber mit den richtigen Leuten macht's Spaß, vor allem, wenn die vielen Anspielungen auf Rollenspiele verstanden werden!

Moritz' Bewertung: 7 (es ist halt nett!)

Westpark momentane Bewertung: 5.63

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