31.08.2005: Viel Spiel

1. “Haselwurz und Bärenklau”
Peter hat dieses Jahr schon öfters Spiele mit schlechter Bewertung abgetan, die vom Rest der WPG dann deutlich positiver aufgenommen wurden. Bei “Haselwurz …” wollte er eigentlich nur demonstrieren, was ihm hier nicht gefällt, aber ohne ein paar Proberunden wollten wir ihm seine Ausführungen nicht abnehmen.
Die Spieler reisen wie der kleine Nils Holgersson auf dem Rücken von Tierchen in der Landschaft umher und versuchen, passende Geländeformationen zu finden, die ihnen Siegpunkte einbringen.
Der Spielaufbau, die Reisetechnik und die dahintersteckende Naturbetrachtung sind sehr gefällig. Viele schöne Ideen sind hier eingeflossen.
Man muß aber auch mit ein paar Schwächen zurechtkommen. Die Möglichkeit, in einem einzigen Zug gleich mehrere Siegpunktkarten abzugrasen, verführt Knobelfreunde zu langen Denkzeiten; lockere Gemütern sind dann leicht etwas verstimmt. Zum Charakter des Spieler hätte es sicherlich besser gepaßt, wenn nur jeweils eine Karte erwerbbar wäre.
Auch der Zwang, sich erst bewegen zu müssen, bevor man Siegpunktkarten kassieren darf, findet keinen rechten Beifall. Warum sollte man nicht im Stehen seine Umgebung inspizieren können? Das wäre ein Freiheitsgrad mehr im Handlungsspielraum, ohne daß dabei am Spiel auch nur das Geringste verlorenginge!
WPG-Wertung: Aaron: 6, Günther 5, Peter 3, Walter 5.
Aaron hat seine (englische) Rezension schon fertig; in der nächsten “Games International” wird sie veröffentlicht. Vielleicht fällt mir dazu auch noch was in Deutsch ein.
2. “Ogallala”
Das Spiel ist ein Oltimer aus dem Paläowestparkium; Aarons Ausgabe wurde 1989 von ASS herausgebracht und lag bei uns schon auf dem Tisch, als Martin noch Hecht im Karpfenteich war.
Jeder Spieler hat vor sich ein eigenes riesiges Spielbrett, auf dem er zufällig gezogene Karten offen ablegt. Er baut daraus Kanus; je länger sie sind, desto mehr Punkte bringen sie ein. Insofern ist das ganze ein solitäres Kartenablegespiel.
Allerdings gibt es auch Karten, die eine chaotische Interaktion mit sich bringen: man darf fremde Kanuteile zerstören oder bei sich selber einbauen, und u.U. muß man sogar mal unfreiwillig ein eigenes Kanu auf Grund setzen. Berechenbar ist nichts, Kartenglück und Risikobereitschaft alles, und nostalgische Freude an der eigenen Spiel-Vergangenheit noch mehr. Der Youngster Peter hatte natürlich noch keine Erinnerung.
WPG-Wertung: Aaron: 5, Günther 6, Peter 2 (Youngster), Walter 5.
Ich werde eine Rezension schreiben.
3. “Modern Art”
Noch ein Spiel aus den Vor-WPG-Zeiten, aber ein sicherer Garant für eine knappe Stunde Spielspaß.
Eigentlich nur ein Versteigerungsspiel, aber eines von allerfeinster Art. Man muß sich selber schwer ins Zeug legen, um unbedingt die wertvollsten Kunstwerke auf seine Seite zu bringen. Man darf sie aber auch, natürlich nicht geschenkt, bewußt einem Mitspieler überlassen, damit er Gefallen am Künstler findet und seine Werke fördert. Dann steigt natürlich auch der Marktwert der Karten, die man selber noch von diesem Künstler in der Hand hält.
Wir haben noch lange darüber diskutiert, wie man mit bestimmten Kartenhänden umgeht. Welche Karten soll man zuerst versteigern? Diejenigen, an denen man selber Interesse hat oder diejenigen, mit denen man die Konkurrenz auf ein falsche Fährte locken will? Bis zu welchem Preis soll man mitgehen? Manchmal ist das eine klare Dreisatz-Rechnung, manchmal steckt dahinter eine klare Verschleierungstaktik. Wir kamen zu keiner abschließenden, einvernehmlichen Lösung. Das ist immer ein Zeichen von gutem Spieldesign.
Peter, als eingefleischter Knizianer konnte nur konstatieren: “Hier stimmt alles! Ein Kunstwerk!”
WPG-Wertung: Aaron: 8, Günther 7, Peter 9, Walter 9.
Das Spiel ist eine Rezension wert, spätestens wenn es mal unser “Gem des Monats” geworden ist. Aber bei Luding sind dazu schon genügend Links aufgeführt; die sollten reichen.
4. “Samarkand”
Wir hatten schon eine Menge Spielspaß erlebt und doch erst 2 ½ Stunden gespielt. Ist es tatsächlich möglich, höchst kurzweiliges Spielvergnügen zu haben, ohne 7 Menschenzeitalter am Spieltisch verbringen zu müssen?
Im Vertrauen auf Uns-Willi von Grünspan zogen wir uns noch ein Wirtschaftsspiel herein. Die Spieler bewegen sich von Wüste zu Wüste, zu Oasen und Städten, verteilen Gastgeschenke, kaufen Waren, tauschen Waren und verkaufen sie wieder. Wer am schnellsten den notwendigen Umsatz gemacht hat, beendet das Spiel.
Das Kartensammelspiel ist ein ziemlich friedliches Herumreisen auf den Spielfeldern, die die Welt bedeuten. Jeder kann auch denken, wenn er nicht dran ist. Es spielt sich ziemlich flott, und doch hinterläßt es irgendwie auch einen leicht schleppenden Eindruck. Wer dieses Paradoxon auflösen kann, möge sich bitte melden.
Peter verkündete schon vorzeitig seinen Sieg, brachte es dann aber nur auf 495 Piaster. Diesmal schenkte ihm niemand die fehlenden fünf Rupien, er mußte noch einmal sein Geschäft erledigen. Gekonnt griff er zum Würfel, lies sich die benötigte Fünf servieren und war am Ziel.
WPG-Wertung: Aaron: 5, Günther 6, Peter 6, Walter 6.
Hallo Wilhelm, auf dem Deckel und auf dem Spielbrett haben wir am Ende noch lange nach dem “Grünspan” gesucht. Und ihn nicht gefunden. Gibt es einen? Und wo ist er?