03.07.2007: Zooloretto zum Warming-Up

Seit kurzem besitze ich ein eigenes Exemplar von “Friedrich”. Wenn sich jetzt bei uns nur eine Dreierrunde abzeichnet, dann bin ich nicht mehr traurig, wie bisher, sondern ich freue ich mich auf die jedesmal phantastische Begegnung mit Friedrich. Aaron betonte allerdings, daß er sich lieber auf eine “Friedericke” freuen würde. – Wie einseitig sind doch die normalen Heteros!
Günther kündigte schon vorher an, daß er noch den diesjährigen Preisträger von “Spiel des Jahres” mitbringen würde. Da war die Vorfreude umso größer: es kam also nicht nur alter Harung, sondern auch ein neuer Backfisch auf den Tisch.
1. “Zooloretto”
Von vorneherein nur als Warmup für das Friedrichs-Trio gedacht. Günther hatte den Vorgänger “Coloretto” zuhause vergessen, sonst hätten wir als Vorspiel zum Vorspiel noch die Ausgangsversion gespielt, die Michael Schacht zu seinem Preisträger “Zooloretto” weiterentwickelt hat.
Die Spieler decken der Reihe nach vom verdeckten Stapel ein Tierplättchen auf und legen es offen auf einen von drei Haufen auf den Tisch. Alternativ zum Aufdecken kann ein Spieler auch einen der offenen Haufen an sich nehmen und die Tiere auf die Gehege in seinem Spielbrett verteilen. In ein Gehege dürfen nur Tiere einer Art, und wer für eine bestimmte Tierart kein freies Gehege mehr hat, muß für das Tierplättchen in den “Stall” legen und kassiert am Ende dafür Strafpunkte.
In dem verdeckten Stapel liegen außer Tierplättchen auch “Verkaufsstände” oder Geldmünzen (nach Aaron “Knopfnacktschnecken”), die dem Erwerber auf andere Arten Siegpunkte einbringen können. Hübsch zusammengestellt, ausgewogen, flott und bunt, aber keineswegs aufregend. Ich fühle mich von den vielen Zufallseinflüssen gespielt und von meinen Mitspielern bevormundet. Keiner konnte und wollte mich darüber belehren, wie ich hier mein Schicksal selber in der Hand haben könne.
Gewinnen heißt soviel wie:
1) Das richtige Tierplättchen aufdecken (100 % Zufall)
2) Das gezogene Tierplättchen so auf den Haufen legen, daß die mitspielende Konkurrenz möglichst die mieseste Auswahl hat (100 % Entscheidungsfreiheit bei einem Freiheitsgrad von 2)
3) Rechtzeitig keine Tierplättchen mehr ziehen (100 % Entscheidungsfreiheit bei 100% Unsicherheit, ob das nächste gezogenen Plättchen von Vorteil oder Nachteil wäre)
4) Von den ausliegenden Haufen den Besten auswählen (100 % Entscheidungsfreiheit bei einem durchschnittlichen Freiheitsgrad von 1-2; oft genug steht man vor der Auswahl zwischen Skylla und Charibdis, oder wie das heißt.)
Aaron fand die Spielregel “komplexer als ich dachte”. Seine Meßlatte für ein “Spiel des Jahres” liegt offensichtlich nicht hoch. Mit Recht, denn diese große Auszeichnung hat bekanntermaßen als Zielpublikum die brav spielende Familie mit Kindern und keine vielspielenden Profis. Entsprechend muß auch “Zooloretto” eingeordnet werden, und unser Echo war ziemlich verhalten.
WPG-Wertung: Aaron: 6, Günther: 7, Walter: 6
Ein Rezensionschreiber hat sich noch nicht gefunden. Als Spiel des Jahres ist es natürlich eine Rezension wert, und es läßt sich eine Menge dazu sagen; als “Zoloretto” allein würde es uns aber wohl nur schwer animieren, die Zeit für einen Spielkritik aufzubringen.
2. “Friedrich”
Wir haben schon so viel über Friedrich geschrieben, ohne auch nur im geringsten die Tiefen dieses Kriegsspiels ausgelotet zu haben. Auch heute strotzte unsere Partie wieder nur so vor Anfängerfehlern:
1) Friedrich ließ sich in Rußland auf einen absolut aussichtslosen Kampf ein, bei dem er seine bewußt schwach ausgestatteten Armeen gleich von vorneherein hätte aufgeben müssen.
2) Friedrich bewegte sich in Mitteleuropa viel zu wenig, um seine Gegner mit kurzen aber überzeugenden Streichen zu treffen. Er hätte auch konsequenter untersuchen müssen, wie seine Gegner ihre Armeen verteilt haben, um gezielt erfolgreiche Kämpfe zur Schwächung der Gegner einzugehen.
3) Österreich zögerte sowohl die kleinen Scharmützel als auch die großen Entscheidungsschlachten viel zu lange heraus. Es was mehr ein Glück, das es unversehens sein Kriegsziel erreicht und das Spiel gewonnen hatte.
4) Schweden hat nicht viel falsch gemacht. Aber auch nicht viel richtig. Seine Rolle ist mehr die einer Stecknadel, mit der Friedrich hin und wieder gepiekst wird.
5) Rußland verzettelte sich zu sehr in den ostpreussischen Gebieten. Hierfür sollte es nur eine kleine Auskehrer-Armee einsetzen, mit seiner Hauptmacht aber in Richtung Berlin vorstoßen. Damit es den Krieg gewinnt, bevor die Zarin stirbt und ihr Nachfolger den Krieg abbricht.
6) Frankreich ging den Hannoveranern nicht konsequent ans Leder, sondern begnügte sich am Ende sogar mit einem Stellungskrieg und verlor das Kriegsziel mit der Eroberung der Zielstätte fast ganz aus den Augen. Oder war das der Respekt vor Friedrich?
Als Österreich gewonnen hatte, war es 2 Uhr nachts. Die Zeit war wie im Flug vergangen. Und wenn wir am nächsten Morgen nicht alle wieder am Bruttosozialprodukt feilen müßten, hätten wir problemlos noch in eine Revanche-Runde einsteigen können.
Günther als Neuling vergab zunächst nur magere 7 Punkte. Erst als er mit seiner Kritik nicht so recht Boden unter den Füßen bekam, erhöhte er auf 8 Punkte. Auch wenn “Friedrich” vielleicht kein “Günther-Spiel” ist, ist doch nicht ausgeschlossen, daß er demnächst auch noch auf 9 Punkte heben könnte.