21.03.2007: Schlösser am Westpark

Die heutige Überschrift stand schon auf “Einbruch am Westpark”: Während pünktlich um 8 Uhr die Spieler eintrudelten, stand auf einmal auch die Nachbarin auf der Matte: Sie konnte ihre Haustüre nicht nicht mehr aufschließen, in zwei von drei Schlössern ließen sich die Schlüssel nicht mehr herumdrehen. Offensichtlich hatten Einbrecher die Schlösser vermurkst.
Unser Wolfgang vom Landeskriminalamt konstatierte Bohrlöcher im Schloß und riet zur Polizei. Hans riet zum Einschlagen des Flurfensters, das wäre billiger als die Erneuerung einer dicken, festen Holztür. Aaron versuchte zu überzeugen, doch welche distinguierte ältere Dame läßt sich schon durch ein Flurfester in die Wohnung schieben?
Die angerückten Polizisten kamen mit den Schlössern auch nicht zurecht, doch mit ihren dicken Taschenlampen fanden sie die Ersatzschlüssel im Gartenhäuschen. Und siehe da: Mit den Ersatzschlüsseln ließen sich alle Schlösser auch auf normalem Wege öffnen. Nicht Einbrecher hatten das Problem verursacht, sondern reiner Zufall.
Vielleicht sollten Nachbar und Nachbarin in Zukunft ihre Tür nur noch mit einem Schloß zuschließen. Wenn überhaupt.
1. “King of Chicago”
Aaron hatte das Spiel auf der Spiel2006 in Essen für den halben Preis gekauft. Dafür mußte er bis zur letzten Messe-Sekunde warten, denn die 250 produzierten und mitgebrachten Exemplare fanden dort reißenden Absatz, und der Verlag räumte den Rabatt erst ein, als er vor der Entscheidung stand, die letzten beiden Exemplare wieder mit nach Hause zu nehmen oder für 25 Euro pro Stück in Essen zu lassen.
Das Spiel sieht sehr solide aus, besitzt stabile schwarze Plastikutensilien und zwei verschiedenfarbige Würfel. Schon auf den äußeren Eindruck hin waren alle Westparker waren bereit, sich jetzt durch die 28 Seiten dicke Spielanleitung durchzukämpfen. Doch Aaron als designierter Vorleser zog die Reißleine: er wird sich erst zuhause im stillen Kämmerlein nochmal mit den Regeln auseinandersetzen, bevor der das Spiel bei uns auf den Tisch legt.
Natürlich noch keine WPG-Wertung
Aaron schreibt die versprochende Rezension. Dann.
2. “Thurn und Taxis – Expansion: Mit Glanz und Gloria”
Fast wäre das Spiel bei uns schon “Spiel des Monats” geworden, obwohl es erst die Hälfte von uns gespielt hat.
Aufmachung und Prinzipien sind wie in der Basisversion “Thurn und Taxis”. Wie ging die gleich nochmal? Im Expansionsset ist die alte Spielregeln nicht mehr enthalten. Walter behauptete, die Regeln noch zu kennen, doch Aaron ging auf Nummer sicher und schaute lieber im Internet auf der Seite von “Hans-im-Glück” nach. Jawohl:
– man darf nur eine einzige aktuelle Strecke bauen
– jeder fängt mit zwei Städtekarten an
– die regionalen Städte-Kombinationen gehören zu 2 Ländern und können nicht in einem Zug besetzt werden
– und was Thurn und Taxis noch so alles an Regeln beinhaltet.
Neu sind im wesentlichen nur die Zugpferde: Die Städtekarten braucht man nicht unbedingt an seine aktuelle Strecke anzulegen, man kann sie auch als “Zugpferde” zu seiner Kutschenkarte legen und damit die maximale Reichweite der baubaren Strecke erhöhen. Vorteil: Der Härtefall, eine halb gebaute Strecke einreißen zu müssen, weil man keine passende Anschlußkarte auf der Hand hat, entfällt.
Damit entfällt auch ein Teil der Spannung aus der Basisversion. Jeder kann jetzt relativ unbesorgt vor sich hin bauen. Ja man tut es auch, jeder für sich alleine. Die Stimmung ist eher wie beim betulichen “Scrabble” aus Großmutters Zeiten. Man riskiert zuweilen einen Blick auf den Nebenmann, ob man ihm vielleicht einen ertragreichen Zug vermaseln kann, doch das ist auch schon alles an Interaktion.
Eine zartbesaitete Kinderseele, die sich Seneca’s “Providentia” noch nicht einverleiben konnte, wird mit Glanz und Gloria besser bedient sein. Eine männlichharte Kämpferseele vermißt hierbei die Pauken und Trompeten, die einen riskanten Untergang begleiten.
Hans-im-Glück hat mit der Expansion seinen Verkaufserfolg von “Thurn und Taxis”, dem Spiel des Jahres 2006 verlängern wollen. Seinen Ruf als einer der besten Spieleverlage der Welt konnte er damit allerdings nicht unterstreichen.
WPG-Wertung: Aaron: 5 (2 Punkte weniger als die Basis), Hans: 6 (keine Wertung für die Basis), Walter: 6 (1 Punkt weniger), Wolfgang: 5 (2 Punkte weniger)
Walter schreibt einen kurzen Vergleich zwischen Original und Kopie. Vielleicht.
3. “Flaschenteufel”
Der Abend sollte rechtzeitig enden, doch für Nur-noch-Bluff war es zu früh. So schoben wir einen “Flaschenteufel” als Vor-Absacker ein.
Keiner meckerte über die Unberechenbarkeit des Spieles. Der “Flaschenteuer” ist schlichtweg berechenbar. Aber für einen Spielerfolg braucht man spezielle Erfahrung mit Flaschenteufel’s “Höchste- Niedrigere” Prinzip und vielleicht sollte man auch sonst ein Kartenhai sein. Immer nur Texas Hold’em reicht nicht.
Der WPG-Schnitt blieb bei 6,6 Punkte. Er könnte auch noch ein bißchen steigen.
Walter hat schon eine Rezension geschrieben.
4. “Bluff”
Im ersten Spiel konnte Hans den Wolfgang mit hohen Stern-Vorgaben ins Boxhorn jagen. Der teuerste Verlust waren 4 down.
Im zweiten Spiel konnte Walter den langen 5:4-Endkampf gegen Aaron mit einer Kombination aus guten Würfen und guten Immer-4-Vorgaben für sich entscheiden. Den letzten Würfel wurde Aaron los, als er beim 4:1-Stand die 1-mal-die Vier-Vorgabe anzweifelte. Eine Mischung aus Verzweiflung und Resignation.

14.03.2007: Auf der Seidenstrasse nach Yspahan

1. “Silk Road”
Spielmaterial und Spielbrett lassen zunächst einen Eindruck von “Yspahan light” aufkommen. Kamele und Holzklötzchen dominieren das Bild. Doch das Spiel ist eher zäh. In einer Art “Asienreise” muß man vom Start bis zum Ziel 13 Städte durchlaufen und in jeder Stadt darf man genau eine Aktion tun:
1) Waren nach einer progressiven Preisskala kaufen
2) Waren nach einer degressiven Preisskala verkaufen
3) Beliebige verschiedene Waren im Verhältnis 1:1 umtauschen
4) Gezielte Warenarten im Verhältnis 2:1 umtauschen
5) Ein Warenklötzchen von einem Mitspieler wegnehmen (O-Gott-o-Gott!)
6) Eine Warenart bewerten lassen: Wer die meisten Klötzchen davon hat, bekommt eine Prämie.
Nicht alle diese Aktionen stehen zur Auswahl, sondern pro Stadt nur jeweils drei; davon darf sich der Startspieler zuerst eine aussuchen, bleiben für den nächsten nur noch zwei, dem dritten noch eine und der vierte geht leer aus (und darf dafür in der nächsten Runde den Karawanenführer spielen). Summa Summarum macht jeder Spieler pro Runde eigentlich nur 75% eines Zuges; in 13 Runden sind das knapp 10 Spielzüge. Und die Freiheitsgrade für jedem Zug sind in der Größe von 0. Teilnehmen ist wichtiger als spielen!
In diesem (fast) Nullzügespiel hat der Startspieler natürlich einen gewissen Vorteil. Er darf den Weg der Karawane zur nächste Stadt bestimmen (Freiheitsgrad 0 bis 1) und sich dort die erste Aktion aussuchen. Diese Rolle wird pro Runde versteigert. Der aktuelle Karawanenführer kann das höchste Gebot annehmen und die entsprechende Summe einstreichen, oder er muß die gleiche Summe hinblättern um Startspieler bleiben.
Ein Gag in “Silk Road” ist noch, daß die weitere Zugreihenfolge nicht rechtsherum oder linksherum oder radial-diametrisch abgehandelt wird, sondern daß der Startspieler nach freier Willkür den Spieler für den nächsten Zug bestimmen kann. Das kostet ihn nix und das bringt ihm nix. Außer bin bißchen Ärger und Anfeindung von der Mehrheit der Mitspielern, die nicht ausgewählt wurden. Viel Feind, viel Ehr!
Walter hat grundsätzlich seine Tochter Sabina als Nachfolger gewählt. Sie saß nicht nur zu seiner Linken, es war auch Dankbarkeit für ihre ehemalige Familien-Unterstützung im letzten Jahrtausend bei den “1830”-Runden gegen Aaron. Sabina ihrerseits mußte in ihrer Nachfolge zwischen der Skylla Aaron und der Charibdys Günther wählen. Tapfer versuchte sie zwischen beiden einen alternierenden Ausgleich, doch 13 Spielrunden sind zu kurz, um den guten Willen unter Beweis zu stellen.
Nach Anleitung darf man für “Silk Road” insgesamt 90 Minuten brauchen. Einschließlich dem üblichen Start-Palaver bei den Westpark-Gamers, der Spielaufstellung und dem Erarbeiten der Spielregeln waren wir in 60 Minuten durch. Sicherlich nicht nur deshalb, weil keine Denker unter uns waren.
WPG-Wertung: Aaron: 4, Günther: 4 (Kampf mit der 3), Sabina: 4 (mußte erst aufgeklärt werden, wie schlecht wirkliche 3 Punkte-Spiele sind), Walter: 4
Aaron wird wohl eine Good-Will-Rezension schreiben. Schließlich hat er das Spiel 2006 in Essen vom Z-Man-Games Verleger persönlich in die Hand gedrückt bekommen.
2. “Yspahan”
Die Wogen um die beste Spieldurchführung sind noch lange nicht verebbt. Auch Rüdiger Dorn, der Erfinder von “Goa” hat sich in unsere theoretische Diskussion eingeschaltet. Allerdings hält er unsere “Strategien” eher für “Schienen”. Theoretische Frage: Wann ist eine Strategie eine Strategie und wielange ist sie eine Schiene? Erst wenn jedes Milligramm mathematisch haargenau berechnet ist? Wikipedia ist da etwas großzügiger: “Eine Strategie ist ein längerfristig ausgerichtetes planvolles Anstreben einer vorteilhaften Lage oder eines Ziels.” Und eine “Schiene” ist eine “ausgewählte Vorgehensweise”. Das liegt doch ziemlich dicht beieinander, oder?
Das Anstreben der vorteilhaftesten Lage ist jedenfalls abhängig von der Startspielerposition. Wer hier mit dem ersten Wurf schon mal einen Stall voller Kamele einheimsen konnte, tut sich mit allen auswählbaren Vorgehensweisen leicht. Wer als letzter aber erst mal mit Einzelwürfeln auf Sack und Tonne starten muß, tut sich hart, hier eine blühende Karawanenstrategie hinzulegen.
Günther kam in den ersten beiden Runden durch gekonnte Würfel-Würfe zu seinem Hoist und brauchte sich dann nur noch um Souks zu kümmern. Dabei überließ er dann Sabina oft genug einen reichlichen Überfluß an Gold- und Kamel-Würfeln, mit denen sie erfolgreich ihre Weichen auf der Karawanenschiene stellen konnte. Aaron und Walter mußten zwar nicht direkt den Zusammenbruch ihrer strategischen Träume erleben, doch irgendwie waren die anderen immer einen winzigen Schritt voraus.
Günther konnte wieder einen Sieg in die Scheuer einfahren, doch es war knapp: das absolute Yspahan-Kücken Sabina landete, sehr zum Stolze ihres Erzeugers, nur wenige Punkte dahinter.
Sabina senkte mit ihren 8 guten Punkten den bisherigen WPG-Schnitt von 9,1 auf 9,0 Punkte.
3. “Bluff”
Ein Triumpf der Immer-4-Strategie. Aaron zweifelte frei nach Günther’s Manier von letzter Woche aus einem 2:4 Handicap heraus Walters Vorgabe von 1 mal die Vier an. Zum Glück kostete ihn das nur einen Würfel. (Oder haben wir da vor lauter Überraschung eine Trivial-Regel falsch angewendet? Hätte ihn das nicht gleich zwei Würfel kosten müssen?)
Günther stand mit 1:4 gegen Walter im Endspiel. Die obliatorische 1 mal die Vier-Vorgabe drehte er auf 1 mal die Fünf. Walter setzte auf 1 mal den Stern und Günther ging auf 2 mal die Fünf. Was weiß man jetzt von ihm? Sollte er nicht mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit eine Fünf haben? Walter hob auf 3 mal die Fünf und Günther ging in sich. Er hatte wirklich eine Fünf. Was hättet ihr jetzt an seiner Stelle gesetzt? Es gibt noch eine Chance zum Sieg, bzw. wenigstens zu einer Verkürzung auf 1:3!
Günther hob auf 2 mal den Stern. Nach seinen bisherigen Reaktionen war das ganz abwegig. Doch Walter hatte mit einem Stern und zwei Fünfen unter seinem Becher keine Schwierigkeiten, mit 4 mal die Fünf den Sack zu zumachen.
Keine neue WPG-Wertung für ein Super-Spiel.

07.03.2007: Peperonis aus Yspahan

Ist es noch ein Geheimnis, daß Günther mit seiner PC-Implementierung von “Yspahan” schon fast fertig ist? Dank Aarons umfangreichen Verbesserungsvorschlägen zur Benutzerführung ist das Spiel schon jetzt das reinste Bedienungsvergnügen. Wir diskutieren Pixel und Skalierung, Player-Pads und Bildschirmauflösung. Daneben durfte jeder seine Liebingsstrategie vorstellen. Aaron liebäugelt mit der Karawane, Walter sucht sein Heil in den Karten und zerstört dabei so en-passant die gegnerischen Soukträume.
Noch hat Günther nicht allzuviel Energie in die programmierte Intelligenz investierst. Das geht er jetzt erst richtig an. Wahrscheinlich werden wir bald den heutigen Zeiten nachweinen, wo das Siegen noch einigermaßen leicht fällt. Und ganz sicher wird das PC-Yspahan bald ein unbedingtes Muß für jeden, der im zugehörigen Brettspiel ein Meister werden will.
1. “Yspahan”
Nach zwei Stunden Diskutieren und Demonstrieren am PC setzten wir uns endlich an den Tisch, um die gerade erst gemeinsam gewonnenen Erkenntnisse klammheimlich im feindlichen Spiel gegeneinander umzusetzen. Der fehlende vierte Mann wurde durch einen Dummy ersetzt, der durch einstimmigen Beschluß die Karawanenstrategie verfolgen mußte. Einvernehmlich wurde er von allen geführt und keiner verzog auch nur die geringste Miene, wenn einzelne Dummy-Züge zufällig gerade gegen die eigenen Ambitionen gerichtet waren.
Schmerzlich vermißten wir den PC: Keiner führte automatisch Buch über Punkte, Gelder, Kamele und die vielen anderen kleinen Rechnereien, die uns der PC gerade noch mühelos abgenommen hatte. Doch “Yspahan” ist einfach phantastisch. Je mehr man damit spielt, desto mehr staunt man über das Design, das auch nicht die geringste Schwäche zeigt. Es gibt kein einziges Spielelement, das irgendwie in der Luft hängt. Z.B. kann man mit unpassenden Karten noch seine Würfelauswahl verbessern und mit überflüssigem Gold kann man Zusatzwürfel kaufen. Alles ist tausendprozentig ausgereift. Selbst die Würfel werden nicht als chaotische Einflußgröße empfunden, sondern als ein konstruktives Beiwerk zur Förderung der spielerischen Grundstimmung.
Günther gewann mit gut 90 Punkten und verwies alle anderen auf die Plätze. Hoffentlich läßt er uns wenigstens mit seiner PC-Implementierung noch ein Weilchen gewinnen!
Keine neue WPG-Wertung für unser Spiel des Monats vom November 2006
Peter hat schon eine Rezension geschrieben.
2. “Don Peperoni”
“Die Macher” auf mexikanisch. Es geht um Wahlbezirke und Mehrheiten, erworben durch emsige Hausbesuche von Wahlhelfen, nachdrücklich unterstützt durch Schmiergelder und noch nachdrücklicher entschieden durch Revolverhelden, Spitzel, Rechtsverdreher und Putzfrauen.
Die Spielanleitung verspricht Spannung und Unterhaltung durch Psychologie und Bluff, doch dabei ähnelt es eher einem Blinde-Kuh-Handel. Die konkurrierenden Schmiergelder und Agenten werden verdeckt in den Wahlkreisen ausgelegt; man bekommt die gegnerischen Gebote und Finessen erst dann zu Gesicht, wenn es bereits zu spät ist und man nichts mehr dagegen unternehmen kann.
Natürlich gelten auch hier die ewig gültigen Maximen von “1830”: “Have a plan!” und “Keep fully invested!”, doch der Ausgang ist immer mehr oder weniger zufällig. Man sollte es nicht allzu ernst nehmen.
WPG-Wertung: Aaron: 5 (wohlwollend), Günther: 5 (solidarisch) , Walter: 5 (außer dem Bluffen wurde nicht zuviel versprochen.)
3. “Bluff”
Günther zog uns dreimal hintereinander aus, ohne selbst viel Federn zu lassen.
Im Endspiel mit 2:3 Würfeln gab ich mit einer Eins und einer Drei selbstverständlich einmal-die-Vier vor. Günther hatte 3 Fünfen geworfen, wie hättet ihr an seiner Stelle reagiert?
Er zweifelte ganz unpathetisch einfach an! Wie er hinterher bekannte, einfach aus dem simplen Grund, meine unschlagbare Immer-4-Strategie zu diskreditieren! Da hätten seine vollen Hosen aber leicht ins Auge gehen können.
Keine neue WPG-Wertung für ein Super-Spiel.

21.02.2007: Helden rund um die Uhr

Eine unserer selten Vierer-Runden stand an und, noch seltener, bei Moritz. Wie erwartet kam gleich ein “Kein-Walter-Spiel” auf den Tisch, d.h ein Spiel mit starkem SF/Fantasy Bezug und hohem Glücksanteil:

1. Marvel Heroes
15 Seiten Regel müssen erst einmal durchgearbeitet werden. Trotz Moritz' exzellenter Präsentation gab es nach einer Stunde Studium immer noch viele Fragezeichen über den Köpfen der Spieler. Der rettende Vorschlag: “Wir spielen eine Proberunde”. Gesagt – getan und nach weiteren eineinhalb Stunden unterbrochen durch regelmäßiges Regelvorlesen war die “Einführungsrunde” beendet. Die Entscheidung viel leicht: wir spielen weiter, obwohl Andrea bereits deutlichen Abstand vor allen anderen Spielern hatte. Nach einer weiteren Stunde war die zweite Runde gespielt und Andrea hatte die Siegbedingung (15 Punkte) erreicht.
Marvel Heroes lebt von Thema (dem Kampf der Marvel Comics Helden gegen das Böse). Dazu gibt es eine hohe Dosis Glück durch Kartenziehen und Würfelwürfe. Wer beidem nichts abgewinnen kann, steht hier auf verlorenem Posten und ist froh, wenn's vorüber ist. Alle übrigen erfreuen sich am Kampf gegen das Böse und an den hübschen Spielfiguren. Und die Regeln sind, hat man sie einmal begriffen, recht einfach.
WPG-Wertung: Aaron: 4(mag diese Spiele nicht), Hans: 8, Andrea: 7, Moritz: 7

2. 24/7
lag ja bereits auf dem Tisch und wurde mit gemischten Gefühlen bedacht. Da noch das Verdikt von Aaron und Hans fehlte, war der Entschluss statt Bluff dieses Spiel als Absacker einzusetzen schnell gefasst. Nach einer halben Stunde fleissigen Kopfrechnens und Taktierens war's vorüber. Nicht schlecht.
neue Wertungen: Aaron: 7, Hans: 6

07.02.2007: “Ys” ohne “pahan”

Unser WPG-“Spiel des Monats” ist Moritz’ Idee und Moritz’ Ressort. Jeden Monat verschickt er eine Liste mit den Spiele-Kandidaten an alle Westparker. Mindestens 3 Wertungen sind notwendig, um den Titel zu gewinnen. Ausgezeichet soll ein Spiel werden, das uns in den letzten Wochen besondert gut gefallen ist. Und wenn jemand einen ähnlichen (anspruchsvollen) Spielegeschmack hat wie wir, dann ist er mit irgendeinem unserer Titelträger immer gut bedient.
Früher, als es noch die Rubik “Juwel des Monats” für etwas betagtere Spiele gab, durfte ein Spiel nicht älter als 2 Jahre sein, um in die Kandidatenliste aufgenommen zu werden. Seitdem es kein Juwel mehr gibt, dürfte diese Schranke doch wohl etwas niedriger angesetzt werden, gell Moritz?!
1. “Ys”
Peter hat das Spiel letztes Jahr gekauft, als er die Überzeugung gewonnen hatte, daß die Spiele von Ystari-Games blind gekauft werden können: es ist keine einzige Gurke dabei. 2006 hat “Yspahan” von sich reden gemacht, ein heißer Kandidat für die Auswahlliste SdJ. “Ys” ist keine Abkürzung davon, sondern das erste Spiel dieses französischen Verlages aus dem Jahre 2004, das auf Anhieb bei Publikum und Kritik gut angekommen ist.
Während Peter in gewohnt gekonnter Manier die Spielregeln vortrug, durfte sich Loredana (ausdrücklich nur sie!) mit dem jungfräulichen Spielmaterial auseinandersetzen und beim Pappen der Zahlenwapperl auf die Manschkerl ihre glücklichen Finger und ihre wohlzentrierte Visiereinrichtung unter Beweis stellen.
Die Spielregeln sind vorzüglich. Keine Frage blieb offen. Ja sogar bevor die kritischen Westparker noch zur üblichen Frageorgie ansetzen konnten, hatte das Regelheft schon die richtigen Knackpunkte auf den Tisch gelegt, die umfangreichen Entscheidungsmöglichkeiten klargemacht und dazu noch griffige Hinweise zu gutem Spiel eingeflochen. Manchmal lies Peter uns zum Spaß die Bedeutung der Piktogramme auf dem Spielmaterial erraten. Es war nahezu immer möglich. (Nicht weil wir so klug, sondern weil die Spieledesigner so genial waren!) Nach einer guten halben Stunde waren wir in einem kurzweiligen Dialog durch die 6-7 Seiten Anleitung durch. Lag diese bemerkenswerte Effizienz etwa gar an Peters didaktischem Geschick?
“Ys” ist der Vater (oder das Enkelkind) aller Tie-Breaker-Spieler (“Abu el Tai”). Die Spieler bieten mit je 15 Wertungs-Pöppeln teils offen, teils verdeckt um ca. 20 bis 30 verschiedene Mehrheiten auf dem Spielbrett. Selbstverständlich kommt es dabei ständig an allen Orten zu Gleichständen, und ein Großteil des Witzes im Spiel besteht darin, sich durch entsprechenden Einsatz den Tie-Breaker-Vorteil zu sichern und überall die Nase vorn zu haben. Im Endeffekt geht es immer darum, Edelsteine von verschiedenen Farben zu erhalten und damit Siegpunkte zu machen. Wer am Ende am erfolgreichsten gepunktet hat, ist Sieger.
Trotz der vielen Setz-Optionen, trotz der erforderlichen Optimierungskalkulationen für erfolgreichen Pöppel-Einsatz spielt sich “Ys” ganz flott. Dazu trägt auch das sehr passend abstimmte Spielmaterial an Pöppeln, Karten, Edelsteinen und Markern bei. Selbst Hans bekam nur ein einziges Mal für wenige Sekunden den Arpad.
Peter wurde mit großem Vorsprung Sieger. Er hatte sich eine alte Spielererfahrung zunutze gemacht:
[glowred]”Wenn in einem Spiel einer von mehreren Spielzügen mit Prämien belohnt wird, dann ist das ein schlechter Spielzug.”[/glowred]
So vermied er ein überproportionales Engagement auf dem abseitigen Marktplatz, sondern investierte ganz zielstrebig im Geschäftsbereich der Stadt. Als es zur Schlußwertung ging, hatte er schon dreimal soviel Punkte wie sein engster Verfolger; dieser Vorsprung war durch noch so viel Edelstein-Majoritäten nicht mehr einzuholen.
WPG-Wertung: Peter:9 , Hans: 8, Loredana: 8, Walter: 7
Peter hat das Spiel für echte Kohle erworben. Er wird sich kaum mehr zu einer Rezension durchringen. Wer sonst?
Hi Moritz: Das Spiel ist zwar bereits zwei Jahre alt, hat aber nach einstimmiger Ansicht aller Beteiligten noch genügend Musik für ein WPG-Spiel des Monats!
2. “Zoff im Zoo”
Um 22:30 Uhr wollte Peter noch ein schnelles Zwischenspiel einschieben, bevor der Abend mit einer längeren Bluff-Runde ausklingen sollte. Er hatte seinen Vorschlag auch gleich mitgebracht: “Zoff im Zoo”, ein lustiges Partner-Stich-Sammel-Tierbilder-Kartenpflege-Chaos-Kartenspiel. Wie soll man sonst den Charakter dieses Spiels auf einen Begriff zusammenfassen? Weil es keine höchste Karte gibt, sondern sich alle Kartenwerte zu einem Kreislauf formieren, ähnelt das Stich-Prinzip von weitem dem “Schere-Stein-Papier” vom Knobeln. Ansonsten ist es sehr gelungenes Spiel für jung und alt. Kinder erfreuen sich an den hübschen Tierbildern und dem chaotischen Stich-Kreislauf, ernsthaftere Semester können ihr Kartengedächtnis in die Waagschale werfen, um ihre punkteträchtigen Karten erst dann auf den Tisch zu legen, wenn alle Karten mit höherwertigem Stichpotential schon gefallen sind.
Der WPG-Schnitt liegt bei guten 7.6 Punkten. Hier wird er auch heute gelegen haben.
Es gibt noch keine WPG-Rezension, aber immerhin gleich 12 Stück zum “Zoff” bei Luding.
3. “Bluff”
Hans tröstete Peter mit der wahren Erkenntnis:
“Es ist schön, daß man die Würfel, die versagt haben, gleich verbannen kann.”
Keine neue WPG-Wertung für ein Super-Spiel.

31.01.2007: Premiere für “Greanaland”, Reprise für “Ur”

1. “Ur”
Beim ersten Mal hatten wir eine Menge Fehler im Regelverständnis an den Tag gelegt. Aaron hatte jetzt aus dem Internet die neuersten Regeln heruntergeladen und hielt das Spiel auf jeden Fall noch eines weiteren Versuchs für würdig. In einem Spiel mit strengen, engen Ausbreitungs- und Kampfregeln geht es darum, zum Spielende die siegpunkt-trächtigsten Felder besetzt zu haben.
Auch in neuen Regelbuch kämpften wir mit mißverständlichen und falschen Formulierungen und griffen im Zweifelsfall auf die englische Version zurück. “Any field” ist im Gegensatz zu “every field” halt leider nicht “jedes Feld”.
Wir wußten bereits, daß die Startposition auf dem Spielbrett eine wichtige Rolle im erfolgreichen Struggle of Life spielen würde. Doch der “Struggle” war kein aufmunterndes Kämpfchen und das “Life” nur ein isoliertes Dahinvegetieren. Nach 30 Minuten brachen wir einstimmig die dröge Ausbreitung ab.
Am Spiel fehlt was. Logische Konsistenz ergibt noch lange keine Spritzigkeit.
WPG-Wertung: Wolfgang konnte mit seinen 4 Punkten den bisherigen WPG-Schnitt nicht wesentlich verändern.
2. “Greanaland”
“Habt ihr Lust, ein neues Spiel zu erarbeiten” – So stelle Aaron das tschechische Produkt über die Wikinger in Gröenland vor. 60 Minuten kämpften wir uns brav durch die Spielregeln bis hin zur Startaufstellung.
Die Spieler besiedeln die grönländische Feld-, Wald- und Wiesenlandschaft, bauen Hütten und verteilen unter sich die regelmäßig anfallenden Rohstoffe für Aufbau und Weiterentwicklung.
Bemerkenswert ist das Rohstoff-Verteilsystem: Auf maximal 7 Spielfeldern erscheinen pro Runde neue Karten mit den Produkten Holz, Getreide, Erze und ähnliches, die unter die Anwohner verteilt werden sollen. Jeder Spieler darf dazu auf genau einem Spielfeld genau einen Verteilungsvorschlag machen, über den abgestimmt wird. Stimmberechtigt sind alle Anwohner plus die Krieger minus die Priester modifiziert durch die Skalden. Wird ein Verteilungsvorschlag nicht angenommen, bleiben die Rohstoffe für die nächste Runde liegen.
Klar ist, daß sichere Mehrheiten in ertragsreichen Gegenden das halbe Leben sind. Doch die Nischen, in denen man längere Zeit für sich alleine die guten Gaben der Natur absahnen kann, sind rar.
Beim Verteilungsvorschlag ist eine Diskussion in der Art: “Gib mir Holz und nimm’ dir die Kuh, dann stimme ich dafür” nach dem Regelbuch explizit ausgeschlossen. Der Grund ist nicht ersichtlich. Allianzen sind doch selbstverständnis und für alle Beteiligten von Vorteil. Wir umgingen diese Regel durch sogenannte “Erinnerungsrunden”: “Kannst du dich noch erinnern, daß ich dir in der vorherigen Runde das Holz zugeschustert habe …?” Warum nicht hier nicht ganz offen die gemeinsamen Deals aushandeln? Das wird doch auch im richtigen Leben so gehandhabt.
Um zu siegen muß man ca. 10 Hütten bauen. Dafür braucht man ca. 50 Rohstoffe, bekommt aber pro Runde nur etwa 1 bis 2 neue Rohstoffe dazu. Demnach dauert ein Spiel ca. 30 Runden, in denen es immer nur darum geht, seine Krieger, Priester und Skalden taktisch koordiniert zu den besten Rohstoffplätzen zu schicken und dort im Verteilungsprozess beteiligt zu sein. Das sind ein paar Runden zu viel.
Das Spiel läuft langsam an. Wir ließen es abrupt ausklingen: Abbruch nach der 12. Runde! Ohne KO-Entscheidung und auch ohne Punktsieger. Die gelungene Grönland-Stimmung allein kann die Quotenhürde auch nicht meistern.
WPG-Wertung: Aaron: 4 (reizlos), Günther 5 (funktioniert aber doch), Walter: 5 (könnte schlimmer sein), Wolfgang: 4 (gutmütige 4).
3. “6 nimmt”
Bevor es zum obligatorischen Bluff ging noch eine schnelle “6-nimmt”-Einlage.
Aaron schlug eine neue die WPG-Variante vor: Wer als erster in der Summe genau 55, 66, 77 usw. Punkte erzielt, ist Sieger!
4. “Bluff”
Wolfgang wollte gleich zu Beginn mit seiner Vorlage von 6 Sternen die “Immer-Stern”-Theorie aus der Taufe heben. Es war sein Glück, daß er dabei nur 3 Würfel verlor!
Günther legte im 2:2-Endspiel gegen Walter 1 mal die Eins vor. Post mortem kann man bei unserem “Immer-5”-Strategen sofort daraus schließen, daß er mindestens einen Stern geworfen haben mußte. Doch Post mortem ist nicht a priori. Walter ging mit 2 mal die Zwei auf den Leim, und Günther nahm ihm mit 3 mal die Zwei die Luft weg.

24.01.2007: Mäuse, Sanduhren und Zikkurate

Neuerung in unserere WPG-Rangliste. Bis jetzt haben wir unsere Wertungspunkte zentral gesammelt und einmal im Monat auf unserer Seite aktualisiert. Jetzt hat Aaron eine Online-Schnittstelle realisiert, so daß jeder Mitspieler seine Noten selber eingeben kann. Die Eingabe ist auch sofort für die Öffentlichkeit zugänglich. Doch werden wie bisher nur solche Spiele angezeigt, für die mindestens drei Wertungen abgegeben wurden.
1. “Space Dealer”
Ähnlich wie in “Outpost” müssen die Spieler Produktionsstätten im Weltall aufbauen, produzieren, Handel treiben und Siegpunkte erwerben. Das Bemerkenswerteste am Spiel sind die Sanduhren, mit denen die Spieler in ihre Aktionen zeitlich koordinieren: Jeder Spieler bekommt je zwei Stück davon und läßt ständig parallel in beiden Uhren den Sand durchrieseln. Ist der Sand einer Uhr durch (das dauert ca. 30 Sekunden), darf der Spieler seinen nächsten Zug machen. Danach muß er die Sanduhr sofort wieder umdrehen, um seinen nächsten Zug auf die Schiene zu setzen.
Sanduhren für ein Spiel müssen eine billige Angelegenheit sein. Keiner kann dabei garantieren, daß die Uhren gleichmäßig laufen. Das tun sie auch garantiert nicht. Aaron maß Zeitunterschiede von mehr als 20 Sekunden zwischen der schnellsten und der langsamsten Uhr. Wer die schnellsten Uhren hat, darf die meinste Züge tun und hat die größten Chancen auf den Sieg. Wie kann man diese Ungerechtigkeit auffangen?
Ganz einfacher Trick: Vor dem Spiel starteten wir einen Probelauf: Wir drehten alle Uhren gleichzeitig um und beobachteten, in welcher Reihenfolge sie mit ihren Sand fertig wurden. Die Außenseiteruhren wurden erst mal ausgesondert. Vom Rest bekam der erste Spieler die schnellste und die langsamste Uhr, der zweite Spieler die zweitschnellste und die zweitlangsamste Uhr und so weiter. Ist zwar nicht absolut gerecht, aber immerhin genial ausgleichend.
Frage an die eifrigen Seher der Sendung-mit-der-Maus: Wie werden Sanduhren hergestellt und geeicht? Auch ein ganz einfacher Trick: Man läßt in eine halbfertige Sanduhr genau 3 oder 4 Minuten lang Sand hineinrieseln, schüttet den Rest dann weg und schließt die Uhr ab. Fertig! Toll, gell?
Der rieselnde Sand und das parallele Ziehen aller Spieler schafft eine eigenartig-hektische Atmosphäre, obwohl man in den durchschnittlich 15 Sekunden Denkzeit zwischen zwei Zügen durchaus auch mal Gelegenheit zum Beobachten der Konkurrenz hat. Nach insgesamt 30 Minuten Spielzeit ist das Spiel zu Ende. Eine Spiel-CD mit Sphärenklängen im Hintergrund gibt das Schlußsignal. Danach wird abgerechnet und der Sieger ermittelt. Irgendwie hübsch.
WPG-Wertung: Aaron: 7, Günther: 6: , Walter: 7.
PS: Aaron schlug noch eine Manager-Variante zu “Space Dealer” vor: Alle 5 Minuten werden die Uhren ausgewechselt und durch doppelt so viele ersetzt, die zudem noch doppelt so schnell laufen.
2. “UR”
Ein kompliziertes Entwicklungsspiel aus Italien, zeitlich angesiedelt in der Vor-Antike. Nach komplizierten vorgegebenen Mechanismen breiten sich die Spieler über das Spielfeld aus, nehmen dabei die einzelnen Spielfelder in Besitz und bauen darauf schließlich auch noch Zikkurate. (Bildungsbürger und die es werden wollen klärt Wikipedia auf: “Ein Zikkurat besteht üblicherweise aus mehreren aufeinanderliegenden, abgestuften Plattformen mit quadratischer oder rechteckiger Grundfläche, die den Terrassenturm bilden.”)
Wir hatten eine Menge Schwierigkeiten mit der Regelauslegung und nahmen alle drei Sprachen des Regelheftes zu Hilfe, um hinter manche Regelgeheimnisse zu kommen. Beispiel: Was ist denn ein “different pair”? Reicht es, wenn da ein Partner “different” ist oder müssen es alle beide sein? Anderes Beispiel: Wer in seiner Landwirtschaft agiert, verliert Pöppel von allen Feldern, “die nicht rechtwinklig angrenzen”. Sind damit alle Felder gemeint, die angrenzen, aber nicht rechtwinklig angrenzen, oder alle Felder, die weder angrenzen noch rechtwinklig angrenzen? Auch die andern beiden Sprachen brachten keine Klarheit: “non adiacenti ortogonalmente” klingt zwar wunderschön, ist aber längst nicht so eindeutig wie das schlichte: “diagonal angrenzend”, das in keiner Regelsprache verwendet wurde.
Nach eine halben Stunde Spielzeit hatte Aaron immer noch keinen Peil, Güther wußte nicht, was er tun sollte und Walter hatte sich hoffnungslos in seiner Pöppelvermehrung verloren. Vielleicht braucht man in “UR” doch mehrere Anläufe, um zu erkennen, wo es langgeht. Wir werden es wahrscheinlich nicht ergründen. Das Problem dabei ist, daß einerseits die menschliche Lebenszeit so kurz ist und andererseits es auf der Welt noch so viele ungespielte Spiele gibt.
WPG-Wertung: Aaron: 4, Günther: 4: , Walter: 5.
3. “Bluff”
Walter experimentierte mit einem neuen Kind seiner Bluff-Analyse, der “Immer-1″” Strategie, doch es reichte für ihn keinmal bis ins Endspiel, wo diese Strategie erst richtig zum Tragen kommen soll. Offensichtlich sind die hohen Vorgaben erfolgreicher. Vor allem natürlich, wenn sie auch mit hohen Würfen begleitet sind.
Auf jeden Fall gilt die Erkenntnis: “Lieber hohe Würfe und die Immer-5-Strategie als niedrige Würfe und die Immer-1-Strategie.”
Keine neue WPG-Wertung für ein Super-Spiel.

17.01.2007: Rutschfahrt im Untergrund

Eine überzeugte Taiji-Qigong-Meisterin und konsequente Nicht-Spielerin fragte etwas verständnislos: “Was ist denn am Spielen dran? Am nächsten Tag ist doch alles spurlos verflogen.”
Diese Kritik ist etwas zu kurz gegriffen. Von einem Spielabend bleibt genauso viel und genauso wenig übrig wie von einem Tristan in Bayreuth und von einer Isolde in der Liebeslaube: jede menschliche Begegnung hinterläßt ihre bereichernden Spuren in unserer Seele.
Zum Jahreswechsel grüße ich alle Spieler mit Charakter und individueller Lebendigkeit, mit Spritzigkeit und Kreativität, mit Übersicht und Kompetenz, mit Geduld und Großzügigkeit, mit Einsatz und Kompetenz, mit Körper und Seele, mit Freude am Spiel, am Spielen und an der Welt der Spieler.
1. “Die Kutschfahrt zur Teufelsburg”
Ein Kartenspiel von Adlung. Die Aufmachung erinnert an “Verräter” und sollte schon allein deshalb einen Versuch wert sein. Günther versprach eine Spielzeit von 30 Minuten, also ein passender Aufwärmer.
Die Spieler werden verdeckt in zwei Gruppen eingeteilt und müssen durch Kartentausch, Kartenkampf, Allianzen und Neutalität herausfinden, wer zusammengehört. Dann müssen sie noch die vorgeschriebenen Karten für die Siegbedingung erfüllen und fertig ist der Lack. Ein klein wenig Deduktion und ganz wenig Freiheitsgrade.
Andrea fing mit Feuereifer eine Aggression gegen Günther an, wurde aber urplötzlich milde und freundlich, als sie seine Identität erfahren hatte. Für alle sichtbare Konsequenz: Andrea und Günther sind in der gleichen Gruppe. Die Wahrscheinlichkeit, daß die anderen drei Spieler ALLE zur anderen Gruppe gehören, ist damit schon ziemlich hoch. Sie wurde sogar sehr schnell zur Gewißheit.
Die drei Gegenspieler schoben sich dann mittels Kofferkarte gegenseitig die Pfründe zu, während Andrea und Günther in die Röhre schauten – eine etwas unglückliche, aber auf der “Rutschfahrt” doch wohl unvermeidliche Situation.
Daß schließlich dann aber doch Andrea ihre drei Kelchkarten zusammenscharren konnte, bevor die anderen ihre drei Schlüsselkarten identifiziert hatten, mag ein Trostplaster sein. Das Spieldesign konnte damit aber nicht mehr seine Absolution erreichen.
WPG-Wertung: Aaron: 4, Andrea: 4: , Günther: 4, Moritz: 6, Walter: 4
Das Spiel wird wohl ohne eine WPG-Rezension in die ewigen Jagdgründe eingehen.
2. “On The Underground”
Für Freunde von Eisenbahnspielen prinzipiell ein Muß. Schon einige Monate lag das Spiel hier am Westpark herum, bevor wir es endlich auf den Tisch brachten. Es geht um den U-Bahnbau in London. Optimaler Streckenbau, Einmal-Prämien für gelungene Streckenführung, und regelmäßige Einnahmen bei der Passagier-Beförderung sind das A und O. Ein Passagier steuert – leicht zufallsgesteuert – die verschiedenen U-Bahnstationen an und versucht dabei, die kleinstmögliche Stecke zu Fuß zurücklegen und die wenigstens U-Bahnlinien benutzen. Wer eine lange Stammstecke aufbauen konnte, ist praktisch immer am Gewinn beteiligt.
Das erste Spiel war blitzschnell zu Ende, weil wir eine Regel nicht richtig gelesen hatten: Jeder Spieler darf den Passagier nur zu maximal einer Express-Stationen und zu maximal einer Normal-Station bewegen. Bei uns durfte jeder Spieler in seinem Zug alle ausliegenden Stationen abfahren. Dadurch hatte keiner eine nennenswerte Stecke errichtet, keiner die Früchte seiner strategischen Planung ernten dürfen, als auch schon das Ende eingeläutet wurde. Jedem war klar, daß hier etwas schief gelaufen war.
Ein nochmaliges Durchforsten der Spielregel schuf Klarheit und alle hatten Lust, daß Spiel noch mal von vorne anzufangen. Jetzt erst entfaltete sich die Konkurrenz um die guten Linien, um strategische Positionierung auf dem Brett, um kurzfristige Siegpunkte und langfristige Renditen.
Jetzt zeichnete sich auch ab, daß die Londoner U-Bahnnutzer ein ähnliches Fahrverhalten haben wie die Münchener: Nicht die Kürze der Gesamtstrecke bestimmt den Weg, sondern die Kürze des anschließenden Fußweges und die geringste Notwendigkeit zum Umsteigen. Man bleibt möglichst lange in einer einzigen Linie, auch wenn damit Umwege zu fahren sind. Wer durchgehende Linien geschaffen hat, zieht notwendigerweise auch den meisten Verkehr auf sich. Die Prämien an der Peripherie und die paar lumpigen Siegpunkte für eine Rundlinie sind dagegen nur kleine Fische.
Moritz wurde mehrfach Opfer des “Moritzschen Dilemmas”: Wenn Express- und Normal-Stationen ausliegen, darf ein Spieler zwei Stationen anfahren und dafür Einnahmen kassieren. Liegt allerdings zufallsbedingt nur eine Stationsart aus, darf er sich nur eine Strecke auswählen und kann nur einmal kassieren. Könnte ihr Euch jetzt vorstellen, was das “Moritzsch Dilemma” ist und wie es sich in unserer Runde auswirkte? Na ja, ein Zwiespalt es es nicht gerade, nur ein einspaltiges Hadern mit Gott und der Welt.
WPG-Wertung: Aaron: 6, Andrea: 8: , Günther: 6, Moritz: 5, Walter: 8
Walter schreibt eine Rezension.
3. “Bluff”
Nein, es wurde nicht mehr geblufft. Weit nach Mitternacht diskutieren Günther und Walter noch über Zehntausende von Excel-Zellen, mit deren Hilfe die beste Bluff-Strategie im 1:1-Endspiel ermitteln werden soll.
Bis jetzt sind die Ergebnis-Kurven noch ziemlich enttäuschend, es gibt keine inneren Maxima oder Minima, keine Sattel- und keine Wendepunkte. Aus der Schar der analysierten Strategien hat sich stets die Wahrheits-Strategie als die beste herausgestellt. Zu Walter’s Leidwesen scheint außerdem Günthers “Immer-5 als Überlagerungsstrategie sogar noch die Nase vor seiner geliebten “Immer-4”-Strategie zu haben.

03.01.2007: Intelligente Gespräche, mäßige Spiele

Sehr auf die Schnelle organisierten wir einen Spielabend. Außer Aaron hatte niemand Zeit, wir waren also zu dritt. Unsere hochinteressanten Gespräche zur Depotgestaltung, Konto-Optimierung und neuen, attraktiven Kredikartenangeboten wurden leider nur selten von Spielspannung gestört; ich schäme mich noch jetzt dafür, was für öde Spiele ich dem armen Aaron auftischte.

1. Beowulf
Kosmos als Verlag, Knizia als Autor sollten für Qualität bürgen. Weit gefehlt. Beowulf ist, mit Verlaub, albern. Es gibt einen Stapel mit Karten. Eine Karte zeigt eines von fünf verschiedenen Symbolen, oder das Jokersymbol. Die Spieler bieten in jeder Runde mit einem anderen Symbol. Damit werden Siegpunkte versteigert. Das sind 80% der Regeln des Spiels. Als Kinderspiel wär's möglicherweise erträglich. Kartenpflege pur als einzige Herausforderung eines Spiels ist für Erwachsene nur schwer zu verdauen. Ich hab's gewonnen, weil ich meine Langeweile überwand und mich konsequent auf die Kartenpflege konzentrierte. Bei den anderen beiden führte die Langeweile wohl zu spielerischer Apathie. Aaron:3, Loredana:2, Peter:3. -> Kommt morgen bei Amazon gebraucht rein.

2. Die Unbezwingbare Stadt
Ich hab' irgendwo gelesen oder gehört, es sei gut. Ich bin einfach zu leichtgläubig.
Es gibt eine Karte, die hat Felder. Die Felder haben Preise. Man darf bis zu zwei, angrenzend an eigene Felder, pro Runde kaufen. Am Anfang jeder Runde wird eine Gebäudekarte gezogen, und die gibt's in vier Typen (Handel, Gewerbe, Bürger, Stadt). Das wertvollste Gebäude dieses Typs eines jeden Spielers gibt dann Einkommen. Und der Spieler, der die Karte gezogen hat, kann sie dann bauen, um mehr Einkommen zu kriegen. Es gibt noch eine Reihe weiterer Regeln, aber das ist die grundlegende Mechanik.
Eigentlich wär's ja okay. Wird aber ein bestimmter Typ gezogen (Stadt, glaub ich, war's), werden Steuern erhoben: Jeder Spieler wird auf max. 5 Geld reduziert. Klar natürlich, dass Aaron immer Geld sammelte in Loredanas und meinen Zügen, um es selbst durch “Stadt” zu verlieren (was mich nicht juckte, weil ich in meinem Zug mein ganzes Geld ausgegeben hatte). Dazu kommen dann noch überaus mächtige Ereigniskarten.
Gewonnen hab ich, weil ich nie eines dieser Stadtgebäude zog. Aaron: 5, Loredana: 5, Peter: 4 -> Hoffentlich kann man das bei Amazon reinstellen, denn behalten werd' ich's nicht.

3. Pyramide
Ein Adlung-Kartenspiel von Kramer. Ziemlich schnell, ziemlich einfach: Es gibt einen Parcours zur Grabkammer, der aus ein paar Karten mit Zahlenwerten (also vielleicht 10,4,6,6) besteht, am Ende lauert die Grabkammer (12). Die Spieler haben Zahlenkarten, die Zahlen von 1-5 tragen sowie eines von vier Symbolen. Man kann immer nur Karten eines Symbols anlegen. Um das gültige Symbol zu ändern, muss man eine Sonderkarte spielen (von denen es viele gibt) oder eine Karte “genau” schaffen (exakter Zahlenwert); im letzteren Fall gibt's auch noch einen Extrazug. Die Grabkammer muss immer genau geschafft werden. Zu erwähnen wären noch ein paar harmlose Ärgerkarten, aber das war's auch schon.
Ich habe gewonnen, weil ich in der Grabkammer eine 3 und 4 liegen hatte und dann eine 5 spielte. Das Spiel stellte wahrhaft keine intellektuelle Herausforderung dar, aber wenigstens war's kurz. Aaron:5, Loredana:6, Peter:6