05.01.2011: Mit Selbstgemachtem ins Neue Jahr

Wir wünschen allen unseren Lesern ein gesundes Neues Jahr und weiterhin viel Spaß in ihren Spielrunden.

1. “Das kalte Herz”
Eineinhalb Jahre schon entwickeln Moritz und Maximilian Christof an diesem Spiel über die Flößer im Schwarzwald. Neulich konnten sie es bei Hans-im-Glück präsentieren und sind guter Hoffnung.Das Kalte Herz - Prototyp
Unsere Bedenken aus früheren Testsessions sind ausgeräumt. Die Baumstämme in Neckar und Rhein sind jetzt ständig in Bewegung, das bewirkt schon allein ein zusätzlicher automatischer Bewegungszug pro Spieler. Auch die Staudämme sind keine nennenswerte Blockade mehr: wenn ein Staudamm voll ist, läuft er automatisch über. Jetzt kann jeder Spieler auch für sich selbst etwas Gutes tun und muß nicht nolens volens den Vorteil seiner Mitspieler befördern und hoffen, dass ihm Gleiches zuteil wird.
Wir müssen immer noch

  • Holzfäller-Pöppel einsetzen
  • Holzhacken
  • Unsere Pöppel zu den verschiedenen Arbeitsplätzen bewegen
  • Staudämme öffnen
  • Flöße zusammenstellen und verkaufen
  • Jeder bekommt zu Spielbeginn noch eine eigene Rolle zugeteilt, die ihm für bestimmte Aktionen Bonuspunkte liefert; ein Spieler hat Vorteile bei Hacken, der andere bei der Staudämmen und der dritte beim Verkauf. Diese individuellen Sondereigenschaften gilt es natürlich besonders zu nützen. „To have a plan” wird ganz groß geschrieben.
    Man sollte nicht unbedingt aus der aktuellen Spielsituation heraus die siegpunktträchtigste Aktion wählen. Damit verlieren wir Tempo für spätere noch siegpunktträchtigere Aktionen. Das ganze ist eine sehr anspruchsvolle Aufgabe, und für den richtigen Peil braucht man natürlich eine Menge Erfahrung. Wie bei „1830“!
    Die Vision einer Spielumsetzung von Hauffs Märchen in hübsche, flüssige und ganz neuartige Spielzüge und Mechanismen hat schon einen hohen Reifegrad erreicht. Horst schlug vor, dem Spiel eine Begleit-CD beizulegen, auf den ständiges Wasserrauschen zu hören ist.
    Noch keine WPG-Wertung. Aber sicherlich bald.

    2. “Manipur”
    Aaron arbeitet auch schon seit einem Jahr an seinem Spiel, das ursprünglich im „18xx“-Milieu angesiedelt war, über den Weltraum jetzt Manipur - Prototypaber in „Manipur“, einer Provinz in Indien, angelangt ist. Aus den früheren Tycoons sind heute einfache Händler geworden, die ihrer Waren in immer entfernere Städte liefern und dafür immer höhere Erlöse erzielen.
    Die Händler müssen systemmatisch ihren Aktionsradius erweiteren, die Zahl ihrer Mitarbeiter erhöhen und deren „Schlagfertigkeit“ fördern. Wer die stärksten Fäuste hat, kann die Konkurrenz von den lukrativsten Markplätzen vertreiben.
    Heute wurde das Spiel erstmals einer 4er Runde vorgelegt. Erwartet oder unerwartet ergab sich sogleich ein von den bisherigen Solo- oder Duo-Testrunden total verschiedener Spielablauf. Moritz entwickelte als einziger zuerst seine Mobilität und konnte damit ferne Marktplätze bedienen, wo er konkurrenzlos war, hohe Erträge kassierte und noch dazu Monopolprivilegien erwarb. Die anderen Spieler hatten sich zwar mit stärkeren Fäusten eingedeckt, doch Moritz war schon außer Reichweite. Es war nur eine Frage der Zeit, bis er mit hohem Abstand gewonnen hatte. „Das war mein Plan!“
    Die ganze Diskussion während und nach dem Spiel drehte sich schwerpunktmäßig darum, wie man Moritz am Zeug flicken könnte. Drei Alternativen boten sich an:
    a) die in fernen Städten agierenden Händer müßten leichter angreifbar sein.
    b) die Handelsprivilegien dürften nur für Mehrheiten, nicht aber für Monopole vergeben werden.
    c) die Erträge für ferne Händer ohne Heimatanschluß müßten gesenkt werden.
    Alles kann durch kleine Regeländerungen problemlos bewerkstelligt werden. Aaron wird’s schon richten.
    Ansonsten sind die Spielregeln klar, der Spielablauf übersichtlich, die Mechanismen rund und das Spielgeschehen attraktiv. Durch die Konzentration auf die funktionierenden Mechanismen ist das Thema allerdings etwas abstrakt geblieben. Beim Brainstorming über andere passende Szenerien schlug Horst vor: „Ameisen, die ein Tischbein erklimmen.“
    Noch keine WPG-Wertung.
    3. “Trawler”
    Aaron bastelt schon an seinem nächsten Spiel. Wir sind Fischer und ziehen mit unserer Flotte den verschiedenen Fischen hinterher. Die optimale Erweiterung der Flotte erinnert an „Manipur“, doch das Auftreten der Fischschwärme und die Konkurrenz auf den Verkaufszentren am Hafen sind neue Elemente.
    Diesmal war bei Aaron zuerst das Thema da und dann erst der Mechanismus. Wir werden sehen.
    Noch keine WPG-Wertung.
    4. “Bluff”
    Horst brachte eine neue Dynamik in ein altes Spiel: Bluffen mit Sternen auf höchstem Niveau. Walter war das nicht geheuer und er forderte für den zweiten Durchgang einen Platzwechsel. Inzwischen hatte Moritz die Masche durchschaut und konnte die Dynamik entschärfen.
    Keine neue WPG-Wertung für ein Super-Spiel.

    8 Gedanken zu „05.01.2011: Mit Selbstgemachtem ins Neue Jahr“

    1. Sehr interessanter Artikel! Ist schon was über „Das 20. Jahrhundert“ bekannt? (Ich nehme nicht an, das Vladimir Suchy der Künstlername von Moritz ist ;-)
      Falls tatsächlich noch ein anderes Thema für Manipur gesucht wird: Wie wärs mit dem „Tea-Horse-Trek“? Siehe z.B. http://www.chinatrekking.com/routes/tea-horse-caravan-road/history-of-the-tea-horse-caravan-road
      Ist nicht so abgelutscht, aber man findet sich sofort zurecht und auch das mit den Entfernungen würde passen.
      Kurzzusammengefasst: Das war eine wichtige chinesische Handelsroute bei der vor allem Tee gegen Pferde getauscht wurde.
      Ciao
      peer

    2. Lieber Peer,
      genaueres über den Verbleib des 20. Jahrhunderts können Dir nur Historiker und Betroffene sagen. Als relativ Außenstehender weiß ich nur so viel, dass materielle und ideele Strudel des plazentierenden Verlages die Tragzeit über Erwarten hinausgezögert haben, und dass vielleicht lediglich aus der Nachgeburt ein paar Stammzellen zu experimentellen Forschungszwecken gewonnen werden können.
      Salud Walter

    3. Hallo Peer,
      vielen Dank für den alternativen Themenvorschlag zu Manipur. Das klingt gar nicht schlecht und ich muss mir das mal genauer anschauen, sobald die Spielmechanismen alle funktionieren.
      Gruß, Aaron

    4. “Das kalte Herz” erinnert mich zumindest von der Beschreibung her sehr an Eggerts “Die Flößer am Katarakt”. Vielleicht mal gegenchecken…

      Gruß
      Micha

    5. Micha meint “Die Flößerei” – “Die Flößer am Katarakt” ist ein komplett anderes Spiel…
      Allerdigs glaube ich nicht, dass eine Ähnlichkeit besteht, die über die themenüblichen Dinge hinausgeht (und wie ich schon immer beobachtet habe: Ein seltenes Thema wird öfter mit einem anderen Spiel desselben Themas verglichen, als ein Spiel mit häufigem Thema)

    6. Beim »Kalten Herz« geht es natürlich vorrangig um Flößerei, das ist natürlich ein Zusammenhang. Eggerts Flößerei kenne ich dem Namen nach und ich habe vor Jahren sein Spiel in Essen gesehen (das war ca. 2 Jahre bevor er mit »Antike« einem größeren Publikum bekannt wurde). Gespielt habe ich es leider noch nicht, aber der erste Unterschied ist schonmal dass es auf einer Landkarte mit ganz anderem Maßstab spielt. Soweit ich mich erinnern kann ging das von der Nordsee bis runter nach Mainz (oder noch weiter in den Süden), die Ost-West-Ausdehnung weiß ich nicht mehr. Es ging um Versorgung der Städte, ich glaube, Ausbau der Städte, Logistische Zwänge und anderes. Das ist bei unserem Spiel eigentlich nicht der Fall. Ich denke Eggerts Flößerei ist eher eine Art Eisenbahnspiel auf Flüssen, was der Realität wahrscheinlich einigermaßen nahe käme, habe ich doch in einem Buch gelesen, dass die Flüsse in der Vor-Eisenbahnzeit, ähnliche Bedeutung wie die Eisenbahnlinien später hatten.

    7. Ich kenne keines der beiden Spiele vom Selberspielen – wollte daher nur kurz den Hinweis geben, nicht dass hier etwas entwickelt wird, und danach schreit irgend jemand “Plagiat” ;-)

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