11.05.2011: PI-mal-Daumen Widerstand in der Kingsburg

Unsere Spielabende gehen gewöhnlich zwischen Mitternacht und 2 Uhr früh zu Ende. Manchmal folgt danach noch ein Palaver über die aktuellen Themen der Menschheit. Anschließend setzt sich Walter an den Computer und schreibt das Session-Protokoll. Zwischen 3 und 4 steht es im Internet. Am nächsten Morgen nimmt sich Aaron das Korrekturlesen vor und hängt ggf. ein Foto hinein. Zu dieser Zeit haben bereits 20 unserer Stammleser den Artikel gelesen. 200 Leser sind es gewöhnlich in der ersten Woche und mehr als 2000 im Laufe der Jahre.
Hallo Birgit, viel Spaß beim Frühlesen! Komm doch mal wieder selber vorbei!
1. “The Resistance”
Ein Deduktionsspiel, bei dem jeder Spieler verdeckt eine „gute“ oder „böse“ Rolle zugeteilt bekommt. Die Bösen kennen sich gegenseitig (und dementsprechend die anderen), jeder Gute kennt nur seine eigene Rolle.
Jetzt stellt der jeweilige Kommandant Teams für (virtuelle) Missionen auf und alle Mitspieler müssen mehrheitlich offen der Teamzusammensetzung zustimmen. Bei Ablehnung erfolgt ein Wechsel auf dem Kommandantenplatz, der ein neues Team aufstellen muß.
Hat die Teamzusammensetzung eine Mehrheit gefunden, stimmen die Teammitglieder (nur noch diese) geheim ab, ob die Mission erfolgreich ist oder nicht. Eine einzige Gegenstimme läßt die Mission scheitern. Sind drei von fünf Missionen gescheitert, haben die Bösen gewonnen, andernfalls die Guten.
Das Bestreben der Guten muß es sein, Teams mit nur Guten auf die Reise zu schicken und gegen alle Teams zu stimmen, bei denen vermutlich mindestens ein Böser dabei ist. Doch das „Vermutlich“ heißt natürlich, nix Genaues weiß man nicht, zumindest am Anfang. Die Bösen müssen möglichst lange unentdeckt bleiben, sonst haben sie schnurstracks verloren.
Wenn – zufällig – zwei Gute die erste 2-er Mission absolvieren, dann ist die Mission zu 100% erfolgreich. Ist umgekehrt die erste 2er Mission erfolgreich, so heißt das aber noch lange nicht, dass zu 100% zwei Gute dabei waren. Ein Böser in der ersten Mission muß sich verleugnen, sonst haben die Bösen keine Chance.
Moritz litt unter seinem Spiel-Ruf als Immer-Böser. Obwohl in den Teams mit seiner Beteiligung alle Indikatoren dafür sprachen, dass er ein Guter ist, wurde ihm diese Rolle nicht abgenommen. Das war diesmal (ausnahmsweise) falsch und die Guten verloren die entscheidende fünfte und letzte Mission.
Ansonsten haben bei 5 Mitspielern die Bösen keine Chance. Dieser Behauptung von Walter wurde zwar genauso heftig wiedersprochen wie seiner Goliath-Gewinnstrategie beim Bluff. Doch ist sie genauso richtig. Oder falsch.
Bei mehr als 5 Mitspielern (Minimalanzahl!) mögen sich die Gewinnaussichten verschieben. Hoffentlich. Dann ist das Spiel auch nicht mehr so eingleisig durchsichtig. Immerhin können sich bis zu 10 Spieler hieran vergnügen.
WPG-Wertung: Aaron: 7, Günther: 6, Horst: 7, Moritz: 8, Walter: 6 (triviales Dödelspiel).
2. “Kingsburg”
Heute in einer 5er Runde. Und mit den neuesten Expansions.
Die Spielbrett-Modifikationen wurden verworfen. Bei unserem Erfahrungsstand sind die aktuellen Spielbretter kompliziert genug. Wir akzeptierten die Spezialregel für die regionale Vorausscheidung zur Deutschen Mannschaftsmeisterschaft im Brettspiel 2009: In der Kampfphase wird die königliche Unterstützung nicht erwürfelt, sondern jeder Spieler fordert dafür Soldaten in den Mannschaftsstärke 0 bis 4 an. Die bei Spielende nicht angeforderte Mannschaftsstärke wird als Siegpunkte gutgeschrieben. Damit wird der erhebliche Zufallsanteil beim – u.U. sehr peinlichen – Ausgang der Kampfphase eingeschränkt.
Als zweite Erweiterungsoption bekam jeder eine Startkarte mit einem individuellen Vorteil zugeteilt. Entweder materielle Vorteile zu Spielbeginn, oder zusätzliche Handlungsfreiheiten bzw. Würfelmanipulationsmöglichkeiten während des Spiels.
Ansonsten würfelten wir wie gehabt um Rohstoffe, Kampfstärken und Siegpunkte. Mit den Rohstoffen bauten wir Gebäude mit Vorteilen in Rohstoffen, Kampfstärken oder Würfelmanipulationen. Und immer mal wieder setzte es Siegpunkte.
Das größte Problem in einer 5er-Runde ist das Ausrechnen, welche Würfelkombinationen JEDER Mitspieler mit seinen 3-4 Würfeln, seinen Würfelbonus-Plättchen und seinen Würfelmodifiern hat, und welche Felder er demnach besetzen könnte. Da jedes Feld nur einmal besetzt werden kann, ist es natürlich spielentscheidend, die begehrtesten Plätze als Erster zu nutzen. Im Prinzip die einzige Interaktion im Spiel.
Das bewirkt natürlich eine lästig-lange Auszeit bei den Mitspielern. Walter hatte keine Probleme, ohne nennenswerte Spielverzögerung Fotos aufzunehmen, sie auf dem Rechner seiner Frau runterzuladen, per USB-Stick auf seinen eigenen Rechner zu übertragen und dort zu bearbeiten. Trotzdem kam dieses Verhalten nicht gut an. Nun ja, nicht immer ist die Schwiegermutter zu Besuch und schläft im Computerzimmer der Ehefrau.
WPG-Wertung: Aaron: 4 (fand das Aufbauspiel „öde“ und die Auszeiten „katastrophal“; vielleicht sollten die Autoren mal Moritz Podcast über „Gaining Speed“ etwas genauer studieren.), Günther: 7 (mag diese Spiele), Horst: 8 („hoher Wiederspielreiz“), Moritz: 7 (bleibt), Walter: 7 (honoriert die ungeheure Entwicklungsarbeit der Autoren für eine erfolgreiche Balance der verschiedenen Bonusfelder und Entwicklungslinien für verschiedenste opportunistische Strategien.)
3. “PI mal Daumen”
In einem (ziemlich) trockenen Wissenspiel liest reihum jeder Spieler eine Wissenfrage von einem Kärtchen vor, deren Ergebnis eine Zahl ist. Z.B. „Wieviel Volt kann ein Aal erzeugen“ oder „Wieviel mal dicker ist die Haut an den Fußsohlen als die Vorhaut.“ Der dem Frager im Uhrzeigersinn folgende Spieler darf die erste Antwort geben. Ist sie innerhalb definierter Grenzen richtig, bekommt der Antwortende 6 Pluspunkte und der nächste Spieler darf das nächste Frage-Kärtchen vorlesen. Ist die Antwort nicht richtig, gibt es je nach Abweichung von der Standardantwort 0 bis 5 Punkte und der nächste Spieler darf versuchen, eine bessere Antwort zu geben. Das geht solange, bis jeder einmal antworten durfte oder die Reihe wieder beim Vorleser angelangt ist.
Aaron fühlte sich als erster Gefragter „verarscht“. Horst, der noch an Aarons 4 Kingsburg-Punkten schwer knabberte, forderte ihn genervt auf: „Sag doch mal was Positives!“ Spontane Reaktion: „Ich finde es total klasse!“ Hallo Horst, bist Du mit dieser Antwort immer noch nicht zufrieden?
WPG-Wertung: Aaron: 5 („es fehlt ein Bluff-Faktor“), Günther: 4 (von einem spielerischen Allesfresser heißt das schon was!), Horst: 8 („schon allein für die Eltern von der Birgit“), Moritz: 4 („spielerisch nicht überzeugend“), Walter: 4 („nicht witzig, nicht ausgewogen in der Fragestellung“).
Das Genie Moritz war deutlich unterfordert. Um sich mental auszulasten nahm er seinen iPhone vor und wickelte zwischen den Fragen und Antworten der Mitspieler simultan eine Partie Online-Carcassonne ab. Allerdings nicht so einpassungsneutral, wie es erforderlich war. Sein Gehirn hätte das sicherlich noch leicht verkraftet, aber nicht seine Ohren. Regelmäßig mußte er sich die Fragen und die bisherigen Zwischenantworten wiederholen lassen.
Das Femegericht hat ihm dafür hinterher einstimmig eine gelbe Karte verpaßt!
4. “Bluff”
Nach dem geistlichen Absacker war noch Bedarf nach einem körperlichen Absacker.
Im ersten Endspiel hätte Horst fast sein Husasenstück von letzter Woche wiederholt und mittels seiner Stern-Bluff-Technik aus einem 1:4-Rückstand noch einen Sieg gemacht. Doch beim Stand von 1:1 stach ihn der Hafer. Selbst mit einem vorzüglichen Fünfer unter dem Becher fing er mit 1 mal Stern an. Das brach ihm den Hals.
Es bleibt die psychologische Frage, warum die Sterne-Bluffs allgemein so gerne geglaubt werden?
Das zweite Endspiel bestritt Walter mit 3 Würfeln gegen drei 1-Würfel-Spieler. Sein Gebot von 2 mal Stern brachte alle drei Armhälse mit einem Streich ins Grab.
Keine neue WPG-Wertung für ein Super-Spiel.

6 Gedanken zu „11.05.2011: PI-mal-Daumen Widerstand in der Kingsburg“

  1. Ich hab‘ eben mal für „The Resistance“ die möglichen Kombinationen bei 5 Spielern für die Auswahl des Teams und deren Abstimmverhalten bei den 5 Tasks überlegt. Immer unter der Annahme, dass man als Teamleader versucht zu gewinnen und blufft, wenn es sinnvoll ist. Dabei habe ich der Einfachheit halber die Abwahl des Teamleaders außer Acht gelassen und bin davon ausgegangen, dass der bei der Auswahl möglichst unauffällig agiert.
    Danach gewinnen die Bösen immer, wenn der Teamleader (der ja nicht wechselt) böse ist. Ist er ein Guter, dann gewinnt er nur in 50% der Fälle, nämlich dann, wenn er bei der ersten Teamwahl aus den je 2 guten und 2 bösen Spielern einen der guten wählt. Hat er Pech und erwischt einen der bösen Spieler und die Bösen spielen richtig (d.h. u.a. bei der ersten Task wird geblufft und positiv abgestimmt), verlieren die Guten.
    Damit stimme ich Walter Aussage erst einmal zu, dass das Spiel ohne die Plotkarten-Erweiterung nicht mehr als ein Triviales Dödelspiel ist. Vielleicht ändert sich ja was, wenn man die Abwahl des Teamleader mit einbezieht – ich glaub’s aber nicht.

  2. Der Teamleader wechselt nach jeder Mission automatisch.
    Ansonsten empfehle ich eh die Plotkarten, zumindest bei mehr als 5 Spielern (zu fünft habe ich es noch nicht gespielt)

  3. Hmm, dann haben wir das wohl falsch gespielt. Bei uns wechselte der Teamleader nur, wenn er abgewählt wurde. Dann läuft das sicherlich nicht so planbar wie bei uns.

  4. Ob damit die strickte Determiniertheit aufgelockert wird, bleibt zu bezweifeln. Wenn ein einziger “Guter” sicher bekannt ist, können / sollten die “Guten” bestrebt sein (trivial zu bewerkstelligen), dass immer dieser “Gute” der Teamleiter wird. Einseitig-durchsichtig – wie vieles in diesem Spiel – aber erfolgreich.

  5. Trivial ist das nur bei 5 Spielern zu bewerkstelligen, da bei mehr als fünf die Regel zuschlägt, dass bei 5 Ablehnungen die Bösen gewinnen. Das sieht nach Regelfehler aus, denn unabhängig von der Spielerzahl endet das Spiel nach 5 Ablehnungen in einer Runde.

  6. Da hast Du recht, dass diese Teamleiter-Bestimmung nur bei 5 Spielern trivial ist.
    Ich glaube überhaupt, dass “The Resistance” erst mit deutlich mehr als 5 Spielern eine Chance hat, (mir) Spaß machen zu können.

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