05.12.2012: Crux mit den Kickstartern

Bei Kickstarter-Brettspielen haben wir Westpark-Gamers uns schon seit einiger Zeit engagiert, jetzt gibt es auch Kickstarter-Spielprogramme auf iOS-Basis. Moritz war mit 15 Dollars bei „Battle of the Bulge“ dabei; die Entwicklung wurde erfolgreich finanziert und produziert, jetzt geht es ans Ausliefern. Doch da tauchte ein Problem auf: Die Förderer haben für ihr Spiel ja bereits bezahlt, doch das Verschenken eines amerikanischen Produkts an europäische Kunden wird von Apple nicht zugelassen. Diese Weltfirma diktiert sogar die Preisstufen und damit den Minimalpreis für den Download der Applikationen auf iOS-Basis. Wie kommt Moritz – und wie kommen die weiteren 50 Besteller aus dem europäischen Raum – jetzt zum geförderten Spiel, ohne nochmals den vollen Apple-Download-Preis zu bezahlen?

Creative Denker an die Front!

Ganz einfache Lösung: Moritz erhält von der Entwicklungsfirma einen Batzen Geld auf seinem Konto; damit kauft er für alle 50 Besteller bei Apple Gutscheine für den Download, mit diesen Gutscheinen beschenkt er die europäischen Förderer, die damit kostenlos ihr Spielprogramm runterladen können! … Welch ein Glück, dass es nicht 100000 Förderer waren?

1. “Gauntlet of Fools”
Mit „Spießrutenlauf der Narren“ könnte man dieses ebenfalls per Kickstarter-Finanzierung entwickelte Brettspiel übersetzen. Der verdiente Donald X. Vaccarino („Dominion“!) hat es erfunden, Moritz hat es gekauft und heute als Einleitungsspiel vorgeschlagen. Er ließ es sich nicht nehmen, der Runde auch gleich noch einen verbalen Appetizer hinzuwerfen: „Spielt sich wie Can’t Stop“ – immerhin ein 7+ Punkte Spiel am Westpark.

Gauntlet of Fools
Gauntlet of Fools

Jeder ersteigert einen Helden (dem Titel nach wohl eher Narren) und kämpft gegen fortlaufend auftauchende Monster. Ersteigern heißt hier, wir verpassen den einzelnen Heldenfiguren solange Handicaps, bis sie arm am Beutel und krank am Herzen ihre müden Leiber vor die Monster schleppen und kein anderer Mitspieler mehr für sie Sorge tragen will. Kämpfen heißt hier, würfeln und gewürfelt werden, Gold gewinnen und Leben verlieren. Freiheitsgrad: Solange der Vorrat reicht, kann man zum Hackebeil greifen, um die Siegeschancen zu erhöhen. Damit entgeht man aber keineswegs dem Verlust an eigenen Lebenspunkten. Der “Zombie” darf, wenn er bereits tot sich, nach freier Wahl noch gegen zwei Monster antreten, um im Falle eines Sieges seine Geldausbeute zu erhöhen. Zweimal eine Ja/Nein-Entscheidung im 20-Runden Monsterkampf. Der Rest ist Würfel-Prädestination. Gigantisch!

Während das Gros der Mitspieler entgeistert auf den trostlosen Spielablauf schaute, und auf die tausend roten Hexawürfel in der Schachtel, wohlwissend, dass sie ihr letztes Leben wohl ausgehaucht haben würden, bevor auch nur der letzte Würfel gefallen war, weidete sich Moritz an den verschiedenen Abenteurergestalten: “Berserker”, “Necromancer” und “Warlords” geben doch eine Unmenge an Thema und Stimmung her.

Er fand auch noch eine Verteidigung für das öde Dahinschlachten und Dahingeschlachtet-Werden: „Wie bei einem Pferderennen: Man setzt mehr oder weniger blind auf ein Pferd und weiß erst am Ende, wie gut es drauf ist.“ Hallo Moritz, bist Du denn an einem einzigen Pferderennen-Nachmittag zwanzig mal untrennbar an den gleichen Loser-Klepper gebunden? Oder ist dies etwa die Ähnlichkeit mit „Can’t stop“?

WPG-Wertung: Aaron: 3, Günther: 2 (vielleicht auch 3), Horst: keine Note für die Runde am Westpark (für andere Spielkreise glatte 9 Punkte, eines der besten und witzigsten Spiel der letzten Wochen, der Mechanismus hat total Spaß gemacht! Freute sich über das Abmühen der Mitspieler; in dieser Runde ist es wie Perlen vor die Säue werfen [Aaron: Wie Eber-Losung vor die Perlen!], Moritz: 5 (nett, die Aktionsmöglichkeiten sind zugestandenermaßen beschränkt), Walter: 2 (der größte Spielspaß war die private Auszeit, um die beste aller Ehefrauen von der U-Bahn abzuholen).

Endlich haben wir wieder einen „Horst-des-Monats“.
Und die blasphemische Erkenntnis: Wenn ein verdienter Autor eine Idee per Kickstarter lanciert, dann ist seine Idee offensichtlich nicht potent genug, die bewährten Pforten am Autoreneingang von Verlagen zu überwinden.

2. “Noblemen”
Vor vier Wochen in einer Dreierrunde für gut befunden, durften heute auch Aaron und Moritz ihren Senf dazugeben.

Wir bauen als englische Adelsherrschaften unsere Landschaftsgärten aus und beeindrucken mit Wäldern, Wiesen, Feldern und Parks, mit Burgen, Kirchen und Palästen die englische Königin. (Die erste Elisabeth, wohlgemerkt!) Gegenüber den „Spießruten“ sind die Freiheitsgrade ins Unermeßliche gestiegen. Die Auswahl an Landschaftstypen, die vielen und ständig wachsenden Möglichkeiten für Anlegestellen in unserem Grundbesitz, Kauf, Platzierung und Ausbaumöglichkeiten unserer Gebäude setzen unserer architektonischen Kreativität und unseren Ambitionen als Siegpunkt-Scheffler praktisch keine Grenzen.

Das geht noch dazu alles in spannender, spielerischer Konkurrenz und Interaktion von sich. Glücklicherweise ist der Spielspaß dabei so groß, dass selbst am Westpark gespielt und gezogen wird, bevor alle Optimierungsmöglichkeiten analysiert und bewertet wurden. Notfalls kann man sogar auch denken, wenn man nicht dran ist.

WPG-Wertung: Zum bisherigen 8-Punkte Schnitt vergaben ebenfalls Aaron: 8 (rund, spannend, nicht zu lang) und Moritz: 8 (Super-Spiel); Walter erhöht auf 9 Punkte.

Allgemeine Anerkennung vom Westpark: Pegasus, der Verlag von „Noblemen“ hat sich gemausert. Praktisch aus dem Nichts heraus ist er einer der besten deutschen Spieleverlage geworden.

3. “Bluff”
Nichts Neues im Westen. Moritz gewann unspektakulär mit 3 Würfeln Vorsprung.
Keine neue WPG-Wertung für ein Super-Spiel.

4. Neue Mechanismen
In einer Dreierrunde stellte Aaron seine neueste Spielidee vor. Wir investieren in abstrakte Objekte (Kickstarter-Produkte?), die in fünf Jahrgängen fällig werden. Habe sich zum Zeitpunkt der Fälligkeit genügend Interessenten mit genügend Masse angemeldet, gibt es dafür Siegpunkte, gestaffelt nach der Reihenfolge des Engagements. Ein einfaches, aber auf Anhieb bestechendes Spielprinzip.
Natürlich gibt es noch eine Menge alternativer Designentscheidungen auszuprobieren und festzulegen:

  • Werden nahe oder zukünftige Investitionen besser honoriert?
  • Wieviel Investitionsmasse steht zur Verfügung (Gesamt-Kartenanzahl, Größe der Kartenhand)?
  • Wieviele “Investitionsslots” stehen in jedem Jahrgang zur Verfügung?
  • Mit welchen Freiheitsgraden (Menge und Qualität der Investitionskarten) kann man sich an eine bestehende Interessentengruppe anschließen?
  • Staffelung der Siegpunkte?
  • Wie wird das Spielende herbeigeführt?

Aaron wird’s schon richten. Und der Westpark hilft ihm gerne dabei.

7 Gedanken zu „05.12.2012: Crux mit den Kickstartern“

  1. Die Assoziation von “Spießrutenlauf der Narren” mit den Kickstarter-Supportern für “Gauntlet of Fools” in Anbetracht der miserablen Qualität dieses Spiels gefällt mir sehr gut. Da hat Hr. Vaccarino ja mal echt Humor bewiesen ;-).

    Leider ist mir bisher kein Crowdfunding Spiel untergekommen, dass ich auch nur halbwegs akzeptabel fand. Damit stimme ich Walters Vermutung, dass diese Projekte wohl alle die Eingangspforte der Verlage nicht überwinden konnten, vorerst voll zu. Ich hoffe mal sehr, dass mich Express 01 eines Besseren belehrt, ahne aber angesichts der vielen schlechten Kommentare an anderen Stellen eher Schlimmes.

  2. auf Boardgamegeek hat das Spiel”Gauntlet of Fools” bisher 306 Bewertungen erhalten, mit einem Durchschnitt von 6,36 Punkten (von 10)!
    Als SO schlecht wie ihr (Walter, Günther und Aaron) es macht wird es also gar nicht empfunden. Es ist was es ist: ein Popcorn-Spiel für zwischendurch!!! bei Brezeln und Bier, wie ein User schreibt.

  3. Express 01: nun, nachdem das Spiel mit (akzeptabeler) Verzögerung ausgeliefert wurde: alles gut. Prima Ausstattung für 32 Flocken.

  4. Express 01: Das Spiel (ein Geschenk von Aaron) liegt hier am Westpark schon auf der Couch. Vielleicht kommt es übermorgen eine Ebene höher.

  5. Express 01: Unser erster Anspielversuch (zu zweit) war nicht besonders überzeugend. Sicherlich ist das Material gut. Aber wenn ich mir überlege, dass das Spiel im Mittel jeden Supporter 38€ gekostet hat und jetzt im Pegasus Shop für 25€ und bei Internetversendern für 22€ zu haben ist, stelle ich mir schon die Frage, ob die exklusiven Erweiterungen, die nur die Supporter bekommen, diesen Mehrpreis wirklich wert sind. Insbesondere, weil man als Supporter ja die Katze im Sack kauft anstatt die ersten Rezensionen abzuwarten. Aus heutiger Sicht bereue ich, das Spiel unterstützt zu haben, denn es ist doch ziemlich unausgegoren und die “Erweiterungen” für dieses Spiel machen es auch nicht besser.

    Meine Lehre daraus: wenn ich der Meinung bin, dass ich ein Crowdfunding Spiel unbedingt spielen möchte, dann mache ich mit. Aber nur zum kleinstmöglichen Einsatz, der mir das Spiel auf den Tisch bringt. Ich suche nun mal keine Sammlerstücke, die im Regal verstauben oder die ich (teuer) bei Ebay an Sammler verscherbeln kann.

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