17.06.2008: Senjische Samurais auf Bacchusschen Banquet

Aaron hat mal wieder an unserer Homepage-Oberfläche herumgebastelt. Jetzt kann man darauf Spiele für eine x-beliebige Spielerzahl suchen und gleichzeitig dabei noch die Auswahl danach sortieren, wie einem (oder beliebig vielen) Mitspielern der Westpark-Gamers das Spiel gefallen hat.
Geschlagene 57 Mails haben wir in den letzten drei Tagen hin und her geschickt, um den letzten Schliff an der Oberfläche anzubringen. Allein die Frage, ob man nur für eine feste Mitspieleranzahl oder aber auch für einen variablen Bereich von Mitspielern die Spielliste abfragen können soll, hat die verschiedenen Ansichten ganz schön aufeinanderprallen lassen. Und was soll z.B. bei “4-5” Spielern ausgegeben werden? Spiele, die man AUCH mit 6 oder mehr Spielern spielen kann UND Spiele, die man nur für maximal 4 Spielern gehen? Frage über Fragen und Lösung über Lösungen. Noch herrscht kein einheitliches Meinungsbild, aber Aaron wird’s schon richten.
Um bei der Ausgabe der Spiele mehr über den Charakter eines Spiels zu erfahren, muß man nur wissen, welche Vorlieben wir WPG-Kritiker haben, und schon erhält man für jede Spielerzahl gleich eine ganze Latte von Spielen, die der gewünschten Eigenschaft entsprechen sollten.
Das Problem dabei ist natürlich, daß die Außenwelt unsere Vorlieben nicht so genau kennt und mit der Aussage, daß z.B. Moritz einem bestimmten Spiel außerordentlich gute Noten vergeben hat, nicht viel anfangen kann. (Bei Moritz sowieso nicht!)
Hier mal, ohne Gewähr, ein erster Versuch, unseren Vorlieben zu klassifizieren:
Aaron mag Spiele, “über die man spricht”.
Andrea mag Chaos- und Nightmare-Spiele.
Günther mag Spiele, die man SPIELT.
Hans mag Spiele, die man denkt.
Walter mag Spiele, die man plant.
Peter mag Diplomatiespiele.
Loredana mag alle Spiele ihres Peters.
Moritz mag Würfelkampfspiele mit Hintergrund.
Natürlich sind nicht alle Spiele der Welt in unserer Datenbank enthalten, sondern nur solche, die wir selber bewertet haben. Immerhin sind das nach heutiger Zählung schon 500 Stück!
Wenn “ihr” also z.B. wissen wollt, welches Spiel sowohl dem Würflkampf-Charakter als auch einem Strategie-Charakter am nahesten kommt, dann landet ihr bei … jawohl “Junta”. Wenn ihr den Normalo-Kern Aaron, Günther und Walter nach ihrem Lieblingsspiel abklopft, dann landet ihr … na klar, bei unserem historischen Untertitel: “1830”. And more.
Moritz hat der Euphorie über dieses unser Angebot gerade einen Dämpfer versetzt. Bei Boardgame-Geek gibt es schon lange eine Oberfläche, über die man sich Spiele nach den verschiedensten Selektionskriterien herausfiltern kann. Hundert mal mehr Kriterien als bei uns, und das für zwanzig mal mehr Spiele.
Für uns selbst bleibt bei unserer Lösung gegenüber Boardgame-Geek nur der Vorteil:
1) Kennen wir die Spiele
2) Haben wir sie im Keller oder unter dem Sofa griffbereit.
Wie es hier die Non-Westparker halten, das darf zum Glück jeder für sich entscheiden.
1. “Senji”
Für Moritz war es neu, Günther biß in den sauren Apfel, Aaron und Walter wollten dem Spiel noch eine zweite Chance geben, Mit ungewöhnlich intelligenten und sensiblen Strategieabsprachen, mit wohldosiertem Militarismus wollten sie prüfen, ob das Spiel noch zu retten wäre.
Unserem Warrior Moritz konnte Aaron binnen 10 Minuten die Regeln erklären. Moritz vermißte gleich ein paar neutrale Aufmarschgebiete, damit die Kriegshandlungen nicht gleich so unvermittelt losbrechen konnten und man auch noch Chancen für Drohgebärden hatte. Gab es nicht! Alles geht ansatzlos in den Krieg über.
Moritz behielt sich in der Startaufstellung einen Samurai, der ihm erlaubte, mit einen beliebigen Spieler verdeckt eine Handelskarte zu tauschen. “To exchange” heißt es in der Spielregel. Heißt das jetzt “blind ziehen” oder “sehend austauschen”. Moritz war natürlich für die zweite Interpretation, doch Aaron verteidigte vehement Bruno Cathalas “gutes Englisch”, es muß “blind” heißen. Moritz durfte seinen Start-Samurai nochmals gegen einen besseren umtauschen.
Walter suchte zu Beginn in Moritz einen bekanntermaßen erfahrenen Kampfgenossen, doch der zögerte noch. Im Gegensatz zu Günther, der unverzüglich auf das Angebot einging. Sie teilten gegenseitig Geiseln aus, um ihr Militärbündnis zu unterstreichen, und gaben sich noch zusätzlich jeweils fünf blinde Diplomatenkarten, mit denen sie sich pro Runde fünf Siegpunkte zuschustern konnten. Fragwürdiges Spieldesign!
Walter spielte trotz verbalem Säbelrassen absolut friedlich. Er erwarb sich ausschließlich punkteträchtige Handelskarten, während Günther die vermutete Aufrüstung betrieb. Moritz und Aaron war eigentlich die Lämmerrolle zugedacht, doch das war die Rechnung ohne der Wirt gemacht. Sie wollten sich keinesfalls abschlachten lassen und rüsteten ebenfalls ganz gezielt auf. Und als Walter in der zweiten Runde immer noch ausschließlich auf Handelskarten spekulierte, fiel Moritz in gewohnter Krieger-Routine über ihn her und murkste ihn samt Kind und Kegel ab.
Das war für ihn ein entscheidender Vorteil. Er suchte mit seiner gewachsenen Potenz auch gleich neue Partner. Aber Günther ließ ihn konsequent abblitzen. Moritz war konsterniert: “Aber hallo, wie spielt ihr denn das Spiel!” Unser 3-Punkte-Mäzen ließ sich nicht erweichen: “Das kann man gar nicht vernünftig spielen”!
Walter stand bereits mit dem Rücken zu Wand, als er seine Resttruppen in ein Scharmützel gegen Aaron warf. Der Würfel war ihm hold und er konnte glückliche 12 Siegpunkte einstreichen. Zusammen mit allen sonstwie noch zusammenkratzbaren Siegpunkten brachte er es auf 62 Stück und läutete damit die Endrunde ein.
Moritz zog noch an ihm vorbei und unterstrich damit sein Warrior-Talent. Seine frühe Eroberung hatte ihm geholfen, aber zum Planen und Ausführen dieses Vorgehens gehört halt doch auch ein Quentchen Erfahrung. Trotz seines Sieges qualifizierte er das Spiel als “komplett broken” ab. Die Quartett-Sammelkarten sind bekloppt und die Samurais haben Eigenschaften, die man nie nutzt. Das Spiel weiß nicht, was es ist, Fisch oder Fleisch, Handel oder Krieg. Am Ende gewinnt der Würfel oder das Kartenglück. Unsere einzige Hoffnung, eine funktionierende Diplomatiephase, löste sich in Nichts auf.
WPG-Wertung: Aaron: 3 (2 Punkte weniger), Günther: 3 (konstant), Moritz: 2 (Sieger und Warrior!), Walter: 4 (konstant)
Walter hat schon eine Rezension geschrieben.
2. “Zug um Zug”
In einer Dreierrunde hatten wir es schon einmal angespielt, jetzt sollte es in einer Viererrunde seine Nageprobe bestehen.
Wie beim Brettspiel gibt es Eisenbahnkarten, die man sammelt, um damit ausgewählte Strecken abzudecken. Zu viert geht das Spiel über zwei Runden; nach der ersten Runde darf man seine Hand- und Steckenkarten behalten, muß aber die offene Kartenauslage und alle nicht genutzten Stapelkarten abgeben. Da muß man eine ganz andere Kartenpflege anwenden als in einer 3er Runde. Eine reichliche Kartenauslage zur Halbzeit ist rausgeschmissenes Kapital.
Wenn allerdings alle Spieler in der ersten Runde mit der Streckenumsetzung knausern, gibt es wenig Material für die zweite Runde und diese ist entsprechend schnell zu Ende. Dann bleibt jeder auf seiner Kartenhand sitzen.
Aaron gewann mit einem Riesenvorsprung und ließ verlauten, daß er “gut” gespielt habe. Walter bestritt das “gut”, er hätte das eher einem gewissen Zufallseffekt zuzuschreiben. Aaron konterte: “Dann lag das an euerer Dummheit.” Lassen wir es offen.
In jedem Fall bleibt festzuhalten, daß das große Brettspiel “Zug um Zug”, glänzendes Spiel des Jahres 2004, für seinen kleinen Bruder nicht viel Glanz übrig gelassen hat. Das entscheidende Element Spannung ist dahin und hat einem bißchen Chaos den Platz freigemacht. War unser Ergebnis vielleicht doch nur Aaron’s Glück?
WPG-Wertung: Aaron: 5, Günther: 5, Moritz: 6, Walter: 6
3. “Bacchus Banquet”
Die Spieler bekommen eine zufällige Rolle aus dem claudischen Kaiserhaus zugeteilt und müssen durch Fressen, Saufen, Singen und Morden je eine individuelle Siegbedingung erfüllen.
Auf einer offenen Auslage liegen sieben Karten mit Essen, Trinken, einem Dolch oder sonstige Utensilien, die einen Caligula, Cassius, Claudius oder Vespasian glücklich machen. Zum Spielablauf nimmt der Aktionsspieler drei der sieben Karten auf die Hand, behält verdeckt eine davon (Keep-Karte), schenkt verdeckt eine einem Mitspieler seiner Wahl (Gift-Karte) und wirft die dritte verdeckt auf den Ablagestapel (Discard-Karte).
Der beschenkte Mitspieler darf die Gift-Karte ohne anzusehen ablehnen und weitergeben. Wenn sie keiner haben will, muß sie der Startspieler wieder zurücknehmen. Jeder legt die erhaltenen Karten offen vor sich hin und hofft, so allmählich die benötigte Sammlung zusammen zu bekommen.
Für Essen und Trinken gibt es Minuspunkte und wer zuviel davon hat, stirbt und kommt mit Null-Besitztum als neuer Römer wieder ins Spiel.
Wer eine Gift-Karte angenommen hat, wird neuer Aktionsspieler. Die nicht involvierten Spieler schauen in die Röhre. Damit man aber nicht bis zum Schluß vom pulsierenden Leben ausgeschlossen bleibt, hat jeder noch eine Sonderkarte, mit der er das Gift zwangsweise an sich reißen oder sonstige Unberechenbarkeiten anstellen kann. Und wer mit seinem Kartenerwerb ganz in Rückstand gerät, darf sich auch regelrecht vordrängeln. Aber alles ein bißchen unbefriedigend. (Für mich.)
Ich war Vespasian und mußte für meinen Sieg fünf Tellergerichte verspeisen, ohne dabei zu platzen. Endlich mal als Aktionsspieler an der Reihe nahm ich ein 3er Essen, eine 2er Abnahmekarte und eine 6er Gift (Poison!)-Karte auf die Hand. Das Poison war zur Abschreckung, ich legte es auf den Ablagestapel und hoffte, auf meinen beiden Essenkarten sitzen zu bleiben und damit ohne Gewichtszunahme dem Ziel einen Schritt näher zu kommen. Am Ende vertauschte Moritz mit seiner Sondereigenschaft die Discard-Karte mit meiner Keep-Karte, ich bekam gar kein Essen sondern nur die 6 Poison-Punkte, die meinen ersten (oder zweiten) Tod bedeuteten. Dumm gelaufen? Nein, ganz normales Dödeln. Mehr liegt im BB nicht drin. Man muß nur dazu aufgelegt sein.
WPG-Wertung: Aaron: 6, Günther: 6, Moritz: 8, Walter: 3 (nix, to have a plan)
Moritz redete wegen der mageren Wertungsnote auf Walter ein wie ein Bauer auf seine kranke Kuh. Doch der ließ sich nicht umstimmen. Allgemeine Schlußfolgerung: Er hat es immer noch nicht verstanden. (Wer?)
4. “Bluff”
Walters einleitende Bemerkung “wenigstens ein gutes Spiel pro Abend” war schon ein bißchen provokativ.
Seit langem mal wieder gab es ein Endspiel von drei Spieler mit je einem Würfel. Moritz kickte sich mit einer 1 mal Fünf-Vorgabe selbst aus dem Rennen.
Jetzt ging unser Immer-5-Stratege Günther mit einer 1-mal-die-Vier-Vorgabe ins Rennen. Walter hatte eine Zwei und versuchte es mit 2 mal die Zwei. Natürlich vergeblich, denn Günther konnte dies mit seiner Vier unter dem Becher leicht anzweifeln.
Post mortem gab es von allen Seiten Vorschläge, was Walter hätte besser machen können: 1 mal die Fünf, 1 mal der Stern, 2 mal die Vier. Doch wenn selbst der Immer-5-Stratege mit 1-mal-die-Vier anfängt, dann muß das wohl eine Vorgabe sein, gegen die kein Kraut gewachsen ist.
Keine neue WPG-Wertung für ein Super-Spiel.