15.04.2009: Krieg und Frieden für das Triumvirat

Mal wieder eine ganz kleine Besetzung am Westpark. Der unverwüstliche Administrator kämpft an der finnischen Front, die leidenschaftlichsten Vertreter der kleinen Besetzung sind beim Kofferpacken, der erweiterte Kreis hüllte sich in Schweigen, und nur die flexiblen Verkoster von Alles und Nichts gönnten sich die Genüsse auf und um den Spieltisch.
1. “Smallworld”
Ein Nachfolger des klassischen Völkerkampfspiels “Vinci”, mit ähnlichen Mechanismen, genauso vielfältigen und ausbalancierten Volkseigenschaften und verschiedenen, genau auf die Spieleranzahl abgestimmten Weltszenerien, die unverzüglich den gewünschten Verdrängungswettbewerb in Szene setzen.
Jeder Spieler sucht sich jeweils wrap around zwei Völker heraus, mit denen er in die Völkerschlacht zieht. Im Gegensatz zu “Vinci”, wo zweifelsfrei Menschenrassen aufeinander losgelassen werden und eine entsprechende martialische Stimmung herrscht, treten in “Smallworld” Fabelwesen wie Riesen, Zwerge und Elfen auf, die allein schon von der Graphik her eine freundlichere Fantasy-Laune verbreiten. Die Amazonen sehen aus wie eine Kreuzung aus Claudia Schiffer und Barack Obama – für alle Spielervorlieben ist etwas dabei.
Jedes Volk hat klare, unterschiedliche Eigenschaften in bezug auf:
– Durchschlagskraft,
– Verteidigung,
– Überlebensfähigkeit,
– Siegpunktquellen
Die Freiheitsgrade beim gegenseitige Verdrängen und Totschlagen sind begrenzt. In welche Richtung sich das Engagement am meisten lohnt, das hätte auch der Neanderthaler an seinen 10 Fingern abzählen können. Hier ist Strategie nicht gefragt, Taktik nur in Ansätzen von Bedeutung, der Rest ist Draufhauen, Killen, Eliminieren. Diese Aufgaben hätte auch der gerade abgehalfterte George W. mit den besten Noten seitens der Geschichtsschreibung lösen können.
Die rechte Herausforderung liegt in der Auswahl der richtigen Völker zum richtigen Zeitpunkt, im richtigen Timing für das Sterben-Lassen eines ausgepowerten Volkes, um eine neue, unverbrauchte Rasse auftreten zu lassen. Und obwohl es hier für jeden Mitspieler um Leben oder Tod, d.h. um Siegpunkte und Sieg geht, diskutierten wir friedlich und konstruktiv die unterschiedlichen Vorzüge der Völker, ihre besten Ausgangspositionen und ihr Totschlagpotential. Bereits während des Spiels, nicht erst nach dem jeweiligen unglücklichen Exodus.
Gerade die richtige Völkerkombination macht’s, daß die Siegpunkte nur so sprudeln. Offensichtlich ist es günstig, sich zuerst ein Volk mit guten Sterbeeigenschaften und danach ein Volk mit langer Lebensdauer zuzulegen. So kann man möglichst lange möglichst viel an beiden Völkern verdienen. Günther hatte hier mehr oder weniger zufällig eine glückliche Hand mit den Ghulen als erstes Volk – die Mitglieder treten vollzählig in den Absterbeprozess ein, nicht nur ein Mitglied pro besetzter Region – und den Elfen als zweites Volk – bei Niederlagen im Verdrängungskampf werden sie nicht eliminiert, sondern treten in jeder Runde wieder mit voller Mannschaftsstärke auf. (Oder haben wir hier ein Regeldetail übersehen?)
Doch die Herrschaft über solche Erfolgskombinationen ist kein reiner Zufall. Da die zur Auswahl stehenden Völker offen ausliegen und sich nur durch – ständig fallende – Preise unterscheiden, kann jeder über mehrere Runden vorausüberlegen, wann er welches Volk mit welchen Eigenschaften zu welchem Preis übernehmen möchte. Alles ist planbar.
WPG-Wertung: Günther: 8 (mehr Kampf als in “Vinci”, an die Spieleranzahl gut angepaßte Spielbretter), Moritz: 8 (noch besser als “Vinci”, durch das Fantasy-Thema etwas lockerer), Walter: 8 (gönnt dem George W. seine neue Auseinandersetzung mit der kleinen Welt)
2. “Uruk”
Obwohl der Name ein ähnlich archaisches Totschlagspiel vermuten läßt wie bei “Smallworld”, geht es hier ausschließlich um die überaus friedliche Entwicklung der Zivilisation. Die Spieler sammeln Entwicklungs- und Aufbaukarten aus einem offenen Stapel, erwerben damit Rohstoffe, machen Erfindungen, bauen Dörfer und Städte und bekommen am Ende für den besten Entwicklungsstand die Siegespalme überreicht.
Insgesamt gibt es 23 verschiedene Erfindungskarten in vier verschiedenen Farben mit steigenden Werten. Gleiche Erfindungskarten bringen einen kumulativen Vorteil, doch benötigt man ein wenig Stapelglück, um sie zusammen zu bringen. Wer hier lange vergeblich auf sein Glück warten muß, kann dem allerdings problemlos mit reichlich Jokerkarten nachhelfen.
Die verschiedenen Eigenschaften der Karten sind mit klaren Symbolen gekennzeichnet. Doch da es tausenderlei Eigenschaften zu unterscheiden gilt, muß man sich gründlich in die Symbolik einarbeiten. Und merken muß man sich das auch noch alles. Hier gab Walter wie gewöhnlich schnell die Hoffnung auf den Durchblick auf. Zu seiner Freude konnte er aber ebenfalls beim absoluten Durchblicker Moritz Schwächen im Erfassen des Spielablaufs entdecken. Und Günther hatte sogar beim Vorlesen der Spielregeln Schwierigkeiten, manche Textpassagen zu verstehen. Z.B. gilt für das “Tonrohr” u.a.: “… Nimmt sich einer der Spieler mit den meisten Siedlungssteinen während seiner Zuges 1 Ressource als beliebiger Quelle, so wird am Ende dieses Zuges das Tonrohr mit 1 gleichen Ressource an dem Pool bestückt. Nimmt sich dieser Spieler während seinen Zuges mehrere Ressourcen, wählt sich der Besitzer des Tonrohrs aus den genommenen Ressourcen nach seiner Wahl 1 entsprechende Ressource aus. …” Nach mehreren Ansätzen zum Verstehen übergab Günther an Moritz, und der konnte unverzüglich verkünden: “Verstehe ich sofort”. Ist ja auch ein Ton-Künstler! Alle Regeln sind präzise, eindeutig und unmißverständlich beschrieben. Nur im Inhalt ziemlich dicht und in der Summe ziemlich viel.
Denn am Ende kommt nur ein mehr oder weniger autistisches Wettrennen um die schnellste-beste Entwicklung heraus. Kein Wunder, daß die drei Weltgestalter mit der knappen Siegpunkt-Folge 25, 23 und 22 ins Ziel gelangten.
WPG-Wertung: Günther: 7 (hübsches Aufbauspiel), Moritz: 6 (ausgewogenes, gutes Dreierspiel), Walter: 5 (irgendwas fehlt. Interaktion?)
PS: Hier darf sich jetzt unser Alles-mit-Allen-Spieler Wilhelm zu Worte melden und sein Plädoyer im Namen der Autoren halten.