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13.03.2014: Enkel und Großväter

Es erben sich Gesetz’ und Rechte
Wie eine ew’ge Krankheit fort;
Sie schleppen von Geschlecht sich zum Geschlechte,
Und rücken sacht von Ort zu Ort.
Vernunft wird Unsinn, Wohltat Plage;
Weh dir, daß du ein Enkel bist!

Nach Wikipedia will der alte Goethe darin ein zweifaches Bedauern ausdrücken: Die von den Vorgängern angehäuften Kulturschöpfungen seien eine Bürde, weil sie in solche Menge vorhanden sind, dass a) ihre Bewältigung unsere Energie überfordert und dass b) die darin enthaltenen Großtaten schon nicht mehr zu übertreffen seien.

Diese Interpretation ist schlichtweg falsch. Genauso falsch wie meine unwillkürliche Gedankenverknüpfung an diesen mephistophelischen Leitspruch, wenn wir neu herausgebrachte Spiele spielen, deren Elemente uns vor Jahren einmal hübsch und innovativ vorkamen, die heutzutage für uns aber nur noch ausgelutscht und lästig sind. Richtig müsste es heißen:

Es erben sich Spielbrett und Karten
wie eine geile Neuheit fort;
dabei sind’s stets die gleichen Arten
das wird uns langsam schon zum Tort.
Idee wird Abklatch, Glanz wird trübe;
Weh’ dir, dass du ein Opa bist.

Concordia – Eintracht, trotz ungewohnter Sitzordnung
Concordia – Eintracht, trotz ungewohnter Sitzordnung
1. “Concordia”
Auf einer sechs-seitigen Beilage macht uns der Verlag zunächst mit den römischen Göttern, den antiken Provinzen und der Geschichte des römischen Reiches bekannt. Auf den ersten Blick kein Plagiat aus den sattsam bekannten Quellen im Internet. (Einen zweiten Blick haben wir uns erspart.) Zur Erklärung von Spielmaterial und Spielregeln braucht es dann nur noch vier Seiten. Ausreichend und erschöpfend. Angesichts dieser Art von Aufbauspielen sogar höchst erfreulich. Allerdings ist alles schon einmal dagewesen, keine einzige neue Spielidee wird uns präsentiert.

  • Aus wieviel Spielen kennen wir nicht die antike Mittelmeer-Szenerie zwischen Spanien und Kleinasien? Lieber nicht nachzählen, das Leben ist kurz!
  • Aktionskarten, von denen jeder das gleiche Anfangsset hat, und die wir zur Auswahl unserer Züge sequentiell ausspielen … Das soll vorkommen. Es kommt sogar vor, dass man eine dieser Karten ausspielen muss, um alle bisher gespielten Aktionskarten wieder auf die Hand zu nehmen. „Nichts neues unter der Sonne“ hätte auch schon der Prediger Salomo gesagt, wenn er den „Diplomaten“ von “Concordia” entdeckt hätte, mit der man die letzte Aktion eines beliebigen Mitspielers wiederholen darf.
  • Schiffe und Pöppel, die wir auf festgelegten Routen durch Länder und Provinzen bewegen … OK, irgend eine Bewegung sollte in einem Entwicklungsspiel ja wohl erlaubt sein.
  • Häuser bauen, um unsere Präsenz zu beweisen und in unseren Vorgärten angebautes Getreide und Wein ernten zu können … Auch Steinzeitmenschen haben das schon so gehalten.
  • Handel treiben und unsere Waren in Geld einzutauschen oder umgekehrt Geld in Waren … Schön, wenigstens gibt es keinen Engpass an einer bestimmten benötigte Waren, wenn wir sie in unseren eigenen Vorgärten nicht selber produzieren können.
  • Neue Aktionskarten erwerben … Keine neue Aktionsqualität und unwesentliche Verbesserung der Aktionsquantität. Die Musik hierin steckt lediglich in der daraus resultierenden Vervielfältigung unserer Siegpunkt-Einzelposten. Immerhin.

Immerhin ist das Spielmaterial hübsch und solide. Die Aktionskarten sind großzügigerweise sogar in zwei verschiedenen Sprachausgaben beigelegt, so dass wir mit einer einzigen Ausstattung gleich zwei getrennte Fünferrunden in Eintracht versammeln können.

Ein Spieltipp: Baut Häuser und legt euch, falls angeboten, die Jupiter-Aktionskarten zu. Rein theoretisch winken Euch damit 120 Siegpunkte; mehr als Peter heute zum Sieg gereicht haben. Oder besiedelt verschiedene Provinzen und haltet Euch an Saturn. Im Extremfall warten dann 84 Siegpunkte auf euch. Und wenn ihr alle Euere Kolonisten aufs Spielbrett gebracht und alle Mars-Aktionskarten an Land gezogen habt – eine der leichteren Übungen – dann wird das mit 60 Siegpunkten belohnt.

Günther ging das Spiel ungewohnt locker an. Er propagierte sogar mehrfach die Lockerheit zur ersten (für ihn zweiten) Kennenlernpartie. Das war sein Fehler. Ganz locker hatte er alle Kolonisten aktiviert, aber ebenso locker den Mars komplett an sich vorüberziehen lassen. Zwei winzig kleine Mars-Karten hätten ihm zum Sieg genügt.

WPG-Wertung: Günther: 7 (man kann es locker spielen [WS: wenn man nicht unbedingt gewinnen will]) , Moritz: 6 (das Spiel sieht interessanter aus, als es ist. Letzlich ist es vollkommen wurscht, was man tut. Es fehlt ein Rondell!), Peter: 6 (genau! Es fehlt ein Bordell!) Walter: 6 (rund und schön und ausgelutscht).

2. “Verflixxt!”
Ein simples Würfelspiel. Es funktioniert fast wie das bald tausendjährige „Mensch-ärgere-Dich-nicht!“ Wir würfeln unsere drei Pöppel vom Start zum Ziel. Dabei können wir uns nicht gegenseitig rauswerfen und nicht der erste hat gewonnen, sondern wer unterwegs die meisten, besten Spielfelder abgeräumt hat. Das ganz normale (und im Sinne einer lockeren Spielerei auch wünschenswerte)) Würfelglück ist gepaart mit einer gerade richtig großen Handlungsfreiheit für taktische Rechnereien. Freude bei kleinen Zwischenerfolgen gemischt mit Schadenfreude beim Vermaseln solcher Erfolge bei der Konkurrenz addieren sich, ohne auf der Gegenseite Frust auf kommen zu lassen.

Keine neue WPG-Wertung für ein 7,5 Punkte Spiel. (Wenn Peter wüsste, dass er vor 9 Jahren nur 6 Punkte vergeben hat, würde er das schleunigst ändern.)

3. “Bluff”
Moritz fiel auf: „Irgendwann landen wir immer bei Fünf.“ Walter: „Schade, dass wir mit Bluff nicht bei Sex landen können.“ Peter: „Ich möchte zu Protokoll geben: Günther begann frivol zu stöhnen!“

Keine neue WPG-Wertung für ein Super-Spiel.