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06.04.2011: Wunder um die Ost-Erweiterung

Seit gut 10 Jahren veröffentlichen wir Berichte und Kommentare zu Brettspielen. Das genaue Datum der ersten Veröffentlichung liegt im Dunkeln, lediglich Aarons Eintrag: „Zusätzlich zu den Informationen über die Spiele der 18xx-Reihe habe ich Kritiken über Spiele, die wir bei den Westpark Gamer Treffen gespielt haben, eingebaut. Als kleine Besonderheit besprechen wir englische Spiele in deutsch und deutsche Spiele in englisch.“ ist mit dem Datum 14.3.2001 genau festgehalten.
Seit diesem Datum ist die Zusammensetzung unserer Gruppe ziemlich stabil. Moritz und Peter haben inzwischen ihre Mitspielerinnen geheiratet. Damit soll aber nicht gesagt sein, dass die Westparkgamers ein Heiratsmarkt wären. Ihre Anvertrauten haben sie selber in die Westpark-Gemeinschaft eingebracht. Die Sitzungen hier waren lediglich eine der Prüfungen, die die Heiratskandidatinnen zu absolvieren hatten.
Die Handhabung der Sprachen englisch/deutsch ist auch schon längst nicht mehr so, wie mal angedacht. Wenn Politiker, ja sogar ganze Parteien schon klüger werden können – mal schneller, mal langsamer -, dann fällt das uns vergeistigten Spielerseelen doch gleich tausendmal leichter.
1. “7 Wonders”
Walter hing das Spiel schon seit seinem Hochgejubelt-Werden in Essen zum Halse heraus. Doch Günther ist ein eifrige Puscher davon und hat es seit Wochen jedesmal in seiner Tasche, wenn sich am Westpark ein größerer Teilnehmerkreis abzeichnet. Und wenn Günther eine positive Wertung abgibt, dann ist Peter nicht mehr zu halten und Walter überstimmt. Für dieses stramme Sich-Durchsetzen als Alpha-Tierchen bekam Peter von seine Anvertrauten den Kosenamen „Kurkanoi“. Klingt sicherlich liebevoller als „Diktagoge“.
Doch schon beim Verteilen der Spielertableaus mußte „7 Wonders“ bei unserem Historiker ein paar Federn lassen. Beim Mausoleum von Halikarnassos fehlen in der Graphik die Statuen zwischen den Säulen. Hier hat der Designer schlichtweg geschlampt.
Das Spiel tröpfelt mit dem jeweiligen Ausspielen einer Wertungekarte und dem Weitergeben der übrigen Handkarten an den rechten bzw. linken Nachbarn so vor sich hin. Na ja, langsam geht das nicht, eher flott – glücklicherweise -, doch ein mächster Spielstrom mit Planung, Finten und Interaktion entsteht dabei auch nicht. Eigentlich spielt jeder Spieler für sich allein. Keiner hat eine Ahnung, wer die direkten Konkurrenten sind, das läßt schon die umfangreiche Schlußwertung nicht zu. „To have a plan“ ist nur für Traumtänzer möglich. Bei den ersten Karten heißt es notgedrungen, diejenigen zu wählen, bei denen man sein vorhandenes Potential am besten ausnutzt. Später gilt das immer noch, nur ein kleines bißchen weniger notgedrungen. Eine Freude für Liebhaber von konstruktiven Aufbauspielern mit minimaler Feindeinwirkung.
Die größte Stärke des Spieles ist, dass es auch mit 7 Mitspielern funktioniert. „Ich will aber nicht mit 7 Leuten spielen.“ Am Westpark schon gar nicht! Von wenigen, begründeten Ausnahmen abgesehen liegt unser Maximum bei 5.
Als Schlußresummee forderte Peter im Protokoll seine Aussage: „Walter hatte recht!“ Hier ist sie.
WPG-Wertung: Loredana mit 7 und Peter mit 5 Punkten siedelten sich am unteren Ende unserer Wertungsskala an.
2. “Hansa Teutonica – Die Osterweiterung”
Während Günther sich auf seine Rolle als Erklärer vorbereitete und intensiv Regelheft und Erweiterungsseiten studierte, wurden Fakten und völkische Vorurteile (Jodtabletten und verstrahlte Lebensmittel) des GAUs in Fukushima diskutiert. Lordana erweiterte die Szenerie um ein paar tausend Kilometer in unsere Richtung: Sie konnte sich nicht daran erinnern, dass die Havarie von Tschernobyl bemerkenswerte Spuren im rumänischen Alltagsleben hinterlassen hätte. Damals war sie allerdings noch keine 5 Jahre alt!
Dann kam die Frage an unseren Doktor über das Thema Nummer 1 aus der Vor-Fukushima-Zeit. Hier seine wesentlichen Beiträge zum Plagiat und zum Ghostreiten:

  • Juristen lernen vom ersten Tag des Studiums an, fremde Texte zu kopieren, um sie für die eigene Lebensarbeit zu nutzen. Das ist legitim bis notwendig.
  • Ein Ghostwriter schreibt einen einheitlichen Stil, und zwar seinen eigenen. Es sei denn, der Stil des Klienten wäre bekannt und leicht zu kopieren.
  • Ein Ghostwriter würde maximal nur 200 Seiten schreiben, aber keine 475. Das kostet nur unnötig Geld, das man natürlich nicht hat, wenn man noch Frau und Kinder ernähren muß.
  • Die daraus zwangsläufig resultieren Schlußfolgerungen für den Geist des Kindes überlassen wir den Lesern.
  • Übrigens findet Google zu den drei Stichwörtern: „Gbg“ + „Doktorarbeit“ + „Seitenzahl“ zur Zeit genau 487.000 Einträge.
    Günther konnte mit seinen Ausführungen zu „Hansa Teutonica“ beginnen. Wir haben ein neues Spielbrett, das nach Osten bis Königsberg und Krakau erweitert wurde. Die beiden lebenswichtigen Städte, wo wir die Anzahl unserer Aktionen und unsere Nachschubkapazitäten erweitern können, ist auf eine einzige Stadt mit drei Zugängen konzentriert. Das ist jetzt das Herzstück des Spielplans. Hier spielt die Musik der ersten Runden. Doch durch Blockierungen und Verdrängen entsteht eine absolut neue Startszenerie mit größtenteils nicht vorhersehbaren Entwicklungen. Keiner kann behaupten, dass dieser Ablauf zu deterministisch wäre. Es gibt jede Menge Strategien und Gegenstrategien, jeder spielt jederzeit mit und gegen jeden, ein Höchstmaß an spielerischer Interaktion.
    Es gibt viele verschiedenartige kräftige Siegpunktquellen, man kann nur einen Teil davon anzapfen. Manche wirken sofort, andere langfristig. Wer erst aufrüstet, um dann später mit geballter Kraft den Stadtplan von „Hansa Teutonica“ von hinten her aufzurollen, wird von denjenigen in Schach gehalten, die auf ein schnelles Ende drängen.
    Peter hatte sich – als Startspieler, mit klarer Planung und dank glücklicher Umstände – blitzschnell die Höchstzahl an zulässiger Aktionen und die totale Regenerierungsfähigkeit entwickelt und sah wie der sichere Sieger aus. Doch in der Zwischenzeit hatte Günther alles vorbereitet, um aufs Tempo zu drücken und den Sudden Death zum Spielende auszulösen. Mit weitem Vorsprung wurde er Sieger.
    WPG-Wertung: Aaron: 8 (bleibt), Günther: 8 (bleibt), Loredana: 8 („will ich nochmals spielen“), Peter: 8 („es macht Spaß, die verschiedenen Möglichkeiten des Spiels zu entdecken“), Walter: 9 (bleibt).
    PS: Hallo Argentum Verlag: Leipzig liegt zweifellos nicht an der Seehandelsroute der Ost-West-Verbindung. Aber wahrscheinlich haben diesen Fehler in der Regelerweiterung andere Spieler auch schon mokiert.
    3. “Bluff”
    Peter stand mit 2:1 Würfeln im Endspiel gegen Günther. Günther legte gemäß seiner Immer-5-Strategie 1 mal die Fünf vor. Peter hatte zwei Sterne unter dem Becher und hob mit 5/6-Siegesgewißheit auf 2 mal den Stern. Doch Fortuna stand mit seiner 1/6 Wahrscheinlichkeit auf Günthers Seite und hatte ihm auch einen Stern gegeben. Mit seiner 3 mal Stern-Antwort konnte er Peter den ersten und bald auch den zweiten Würfel abnehmen.
    Hinterher gab es eine breite Diskussion, ob Peters Hebung auf 2 mal Stern die optimale Chancen-Ausbeute war. Wäre nicht 1 mal Stern viel besser gewesen? Wenn Günther darauf mit 2 mal Zahl geantwortet hätte, wäre 2 mal Stern sicherlich mit einer höher als 5/6-Wahrscheinlichkeit der Sieg gewesen. Und wenn Günther mit 2 mal Stern geantwortet hätte, dann wäre 3 mal Stern eine gute Wette gewesen. Walter Argumentation fanden Günther und Aaron nicht schlüssig genug. Wer hilft uns, darüber Klarheit zu gewinnen?
    Zumindest konnten wir uns auf das Fazit einigen: Günthers Immer-5-Strategie war hier wohl nicht der besten Anfang. Mit der Vorgabe 1 mal Vier hätte er viel mehr von Peters Superwurf erfahren können! Oder wird das auch schon wieder bestritten?
    In allen diesen Berechungen schaffen die Bluffs in Vorgaben bzw. Antworten einen Graubereich, der mathematisch nur schwierig zu erfassen ist.
    Keine neue WPG-Wertung für ein Super-Spiel.