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07.02.2018: Im Wandel der Zeiten – Das Kartenspiel

Jeder Wohneigentümer, der ein Stückchen Bürgersteig sein eigen nennt, kennt das Problem: den Schnee wegzuschippen, der uns auch in unseren heutigen klimagewandelten Zeiten zuweilen noch schauerartig vor die Füße fällt.

In unserem Reihenhaus am Westpark stehen etwa 6 Meter in unserer Verantwortung, und weil das Schneeschippen, zumindest zu einer Zeit, wo wir nichts Besseres zu tun haben, auch Spaß macht, nehmen wir gerne auch noch die 6 Meter des rechten und des linken Nachbarn unter unsere Fittiche.

Der rechte Nachbar ist ebenfalls verantwortungsfreudig, und schippt seinerseits auch für uns. Er morgens und wir abends. Manchmal nimmt er sogar noch den Bürgersteig unseres linken Nachbarn mit. Der linke Nachbar ist hingegen etwas bewegungsscheu; selten dass seine Schneeschaufel den Weg auch nach rechts findet, vor allem, wenn seine unbeeindruckten Kinder schippen. Noch seltener findet er den Weg bis zu unserem rechten Nachbarn, seinem rechten Übernachbarn. Dafür bedankt er sich aber lautstark für unser Schneeschippen, auch wenn das zufällig der Nachbar besorgt hat. Und wenn das dieser sogar mithört.

So lässt dessen Lust an der Linksorientierung gewaltig nach. Und ich stehe in Skrupeln da, wenn gerade unser Bürgersteig und der des rechten Nachbarn geschaufelt ist, der des linken Nachbarn aber nicht. Soll ich dann selber noch zur Schaufel greifen und beim Linken tun, was der Rechte verweigert hat?

Klarer liegt der Fall hingegen, wenn dieser Nachbar vorbeikommt und direkt um einseitiges Schneeschippen bittet, weil ihm gerade eine genähte Wunde am Rücken aufgeplatzt ist. Noch klarer, wenn der übernächste Nachbar vorbeikommt und uns um diese Gefälligkeit biettet, weil er gerade seine Hand verstaucht hat. Heute ist gleich beides vorgekommen. – Wie schön, dass wir gesund sind, und dass Schneeschippen Spaß machen kann.

Nebenbei: Aaron hat glaubhaft versichert, dass unsere Haftpflichtversicherung zahlt, wenn niemand geschippt hat, und ein braver Bürger sich auf unserem Bürgersteig den Hals bricht.

1. “Race to the Moon”

Günther zeigt Aaron den Weg zum Mond

Zur heutigen Einstimmung ließ uns Aaron die 0.4te Überarbeitung seiner Neuentwicklung kosten. Wir fliegen immer noch zum Mond. Das Thema wird es aber wohl nicht bis zum Ende durchhalten, bei „Mondlandungen“ winken die Verleger gleich ab; sie fordern reißerischere Themen. Welche betörende Neuentwicklung wird auf der Zielgeraden wohl den Mond verdrängen?

Hat die bisherige Konstruktion genug Substanz? Reicht es, im Spielablauf, so wie er sich bisher präsentiert, nur an ein paar Einstellungsschräubchen zu drehen, die gewollte asymmetrische Ausstattung zu Spielbeginn auszutarieren und eine funktionelle Siegpunkt-Balance einzustellen? Wohl kaum! Das Spiel besitzt zwar eine akzeptable Dynamik, d.h. eine im Laufe des Spiels sich steigernde Aktionspotenz und nichtlineare Siegpunkterlöse. Doch sollten z.B. nicht nur die bitter notwendigen, aber wenigen Würfel am Anfang und die statistisch überflüssig vielen Würfel am Ende noch in eine rundere Korrelation zueinander gebracht werden.

Wir haben vorgeschlagen, dass den Spielern eine Aktion angeboten werden solle, mit denen sie ein aktuelles Würfelergebnis bei Bedarf verbessern können. Doch der bezüglich seines Thema sehr puristische Aaron fragt, wie man diese Würfel-Modifikation thematisch in seinem Mondrennen unterbringen könnte. Habt Ihr eine Idee?

Das Spiel soll locker sein. Locker ist auch der augenblickliche Sudden-Death, wenn der erste Spieler eine bemannte Mondlandung fertig gebracht hat und mit den dadurch erhaltenen Siegpunkt-Prämien praktisch unschlagbarer Sieger wird. Doch dem Autor gefällt das nicht:

Wenn einer mit Besatzung kaum
geflogen ist durch Zeit und Raum
zum Mond, und glaubt, dass er nun Sieger wär;
so irrt sich der!

Noch keine WPG-Wertung für ein Spiel in der Entstehungsphase.

2. “Im Wandel der Zeiten – Das Kartenspiel”

Alle hundert Karten des Spiels haben eine A-Seite und eine B-Seite. Die A-Seite ist sozusagen Geld-wert, die B-Seite ist ideell. Die Karten werden pyramidenförmig auf den Tisch gelegt, die billigeren Karten auf den unteren Rängen. Jeder Spieler bekommt 5 dieser Karten als Startausstattung auf die Hand.

Pro Zug legt nun jeder Spieler je eine Handkarte auf die A- und eine auf die B-Seite vor sich aus. Mit den Geld-werten A-Seiten kann man, wenn man genug davon aufgedeckt hat, sich die unterste Karte der Pyramide kaufen. (Höher liegende Karten kann man ebenfalls kaufen, aber dafür muss man einen zusätzlichen Obolus bezahlen, und wer tut das schon freiwillig? Bei uns kam es heute nur ganz selten vor.) Die gekauften Karten müssen mit der B-Seite in die private Auslage gelegt werden. Der Kaufpreis wird entrichtet, indem die Karten von der A-Seite auf die B-Seite gedreht werden.

Beim Auslegen einer Handkarte auf die B-Seite löst man einen karten-spezifischen Effekt aus. Diese Effekte gehen im Wesentlichen in die Richtung: Lege eine oder zwei Karten von der B-Seite auf die A-Seite. Oder auch umgekehrt. Der Trick des Spiels besteht also darin, seine Karten in der richtigen Reihenfolge mit der richtigen Seite auszulegen, um möglichst viele (besser: die RICHTIGEN!) A-Seiten aufgedeckt zu haben, mit den man in der Pyramide shopping geht.

Günther fand noch eine weitere Verwendung: Auf der B-Seite gibt nämlich auch Angriffs-Effekte, mit denen man seine Mitspieler um siegpunkt-trächtige Weltwunder-Karten erleichtern kann, wenn sie diese gerade im Schweiße ihres Angesichts durch geniales A-B-Seiten-Taktieren an Land gezogen haben.

Günther war auch – wie üblich – der genialste Maschinenbauer, der sich mit seiner Seiten-Umkehr-Maschine den Lorbeerkranz holte. Mit genauso vielen Siegpunkten wie Aaron und Walter zusammen.

„Das Kartenspiel lässt euch die Geschichte der Menschheit in weniger als einer Stunde nachempfinden“, steht als Einführung im Regelheft. Da hat einer tatsächliche das triviale Agieren unserer Politiker seit Menschheitsdenken auf den Punkt gebracht: Sie drehen ständig die A-Seite auf die B-Seite und umgekehrt, heimsen dafür Diäten ein und nehmen zuweilen der Gegenseite ein Weltwunder ab.

WPG-Wertung: Aaron: 5 (mit Grüblern würde ich hier wohl wahnsinnig werden, nicht schlecht, aber nicht mein Spiel; die kleingedruckten Effekte machen das Spiel zäh), Günther: 6 (ich hab’s erst einmal gespielt; vielleicht ist es auch 7 Punkte wert), Walter: 3 (nicht mein Spiel, es ist nur ein läppisches A-Seite-B-Seite-Drehen, um damit möglichst gute Karte aus der Pyramide einkaufen zu können – und zwar bevor sie ein Mitspieler kauft).

Zur (vielleichtigen) Ehrenrettung des Spiel sei gesagt, dass wir nur die „Einführungsversion“ und nur mit der „leichteren“ Hälfte der Karten gespielt haben. Mit der „schwereren“ Hälfte kommen auch solche Effekte hinzu wie das Umdrehen der gegnerischen Karten von A nach B. Außerdem kann man in der Expertenversion neben den Karten in der Pyramide auch Karten in danebenliegenden Stapeln kaufen. Zumindest Walter wird diese Version niemals kennenlernen. Die Basisversion auch nicht noch einmal.

3. “Azul”

Zu jeder Zeit ein gefälliges Spielgefühl.

Bemerkenswert: Sowohl Aaron als auch Walter mussten je einmal eine ganze Latte von Steinen (6 oder 7 Stück) aus der Tischmitte nehmen und ALLE auf ihrem Strafkonto verbuchen. Nur Günther blieb von diesem Desaster verschont. Er wurde trotzdem nicht Erster! Was kann man daraus schließen? Nicht was Ihr jetzt denkt, dass „Azul“ ein Nobrainer wäre. Nein, das ist es keineswegs. Aber in diesem Spiel gilt zumindest eines:

Keine Angst vor Strafpunkten!

Keine neue WPG-Wertung für ein 8-Punkte-Spiel.

31.01.2018: Ungeborenes, Vergessenes und Erleuchtetes

„Trans Europa“, ein rundes Familienspiel und am Westpark zugleich ein beliebter Absacker, hält den 6ten Platz in unserer „ewigen Häufigsten-Liste“. 18 mal lag es bisher bei uns auf dem Tisch. „Und wie sieht hier die Grafik aus?“ wurde Aaron gefragt, als er zu Tür herein kam. Er wusste es genauso wenig wie der Gastgeber. Wenn das Spiel funktioniert, dann ist die Grafik eigentlich nebensächlich.

Nicht aber für Christof Tisch, Spielautor und Spielegrafiker, der heute unser Ehrengast war. Er hat nämlich den Auftrag bekommen, die Grafik von „Trans Europa“ für eine Neuauflage zu überarbeiten. Die Symbole auf den Städtekarten sind doch zu läppisch, von einer plakativen Gestaltung des Spielbretts ganz zu schweigen. Wir wünschen ihm dazu das gewohnte glückliche Händchen, damit das verdiente 8-Punkte-Spiel auf dem Markt noch erfolgreicher wird.

1. “Race to the Moon”

Christof studiert den Weg zum Mond

Eine Neuentwicklung von Aaron, die nicht nur für Christof, sondern auch für den Stamm der Westpark-Gamers noch unbekannt war. Christof hatte natürlich ein besonderes Interesse daran, zu erfahren, wie Aaron seine Spielentwicklung angeht. Aber auch für die anderen ist eine Neuheit jederzeit willkommen.

Wir sollen eine oder mehrere bemannte oder unbemannte Raketen zum Mond fliegen. Dazu müssen wir unsere Aktionsfreiheit dafür nutzen, die Teile für die verschiedenen Raketententypen zusammen zu fügen (Holzklötzchen), das nötige technische Know-How aufzubauen (Würfel) und geeignete Landeplätze ausfindig zu machen.

Als „spielerisches“ Beiwerk können wir anstelle von ordentlich arbeitenden Wissenschaftlern Spione einsetzen, die das Know-How nicht selber erarbeiten, sondern es von der Konkurrenz stehlen. Und wir können Gegenspione einsetzen, damit die Spione kein allzu leichtes Spiel haben, (Ein etwas unglückliches Design-Prinzip: Erst erfindet man einen mehr oder weniger guten Spielmechanismus und dann erfindet man einen weiteren Spielmechanismus, der den ersten konterkariert.)

Die Gesamtidee ist ganz schön, das Aufbauspiel hat die Entwicklungsphase 0.3 allerdings noch nicht hinter sich gelassen. Vieles läuft noch unrund und ist nicht ausbalanziert. Das ist in dieser Phase kein Wunder und kein Unglück. Aber damit das Spiel später mal am Westpark punkten kann, muss es einen klaren Charakter bekommen: Logische Aufbau-Strategien – „mehrere ganz verschiedene“ (Moritz) – mit kalkulierbarem Risiko oder das Gegenteil dazu, ein reines, lockeres Mitspieler- respektive Würfelchaos.

Es gibt noch viel zu tun. Aaron sollte sich auf seine riesige Spieler-, Spielekritiker- und Spielerdesigner-Erfahrung verlassen, und sich nicht allzuschnell von außeridrischen Beobachtern semi-funktionale Schnörkelelemente reindrücken lassen.

Keine WPG-Wertung für ein Spiel in der Entwicklungsphase.

2. “Patchistory”


„Patchistory“ – Moritz macht uns den Günther

Aaron holte das „bisher von uns noch ungespielte“ Spiel aus der Tasche und Moritz durfte die Regeln vortragen. Doch während Moritz die Patchwork-Elemente erklärte, mit denen wir unsere Einkommensverhältnisse gestalten, dämmerte Walter, dass wir das Spiel schon einmal gespielt haben mussten. Und zwar am Westpark, da hier die einzige Station ist, an er der Brettspiele spielt. Ständig pochte er auf das Wiedererkennen. Moritz widersprach eifrig, das Spiel müsse für uns absolut neu sein.

Was war die Lösung? Walters Altersdemens konnte es nicht sein! Da vergisst man ja eher etwas Bekanntes als dass einem etwas Unbekanntes einfällt. Und für Moritz in vollem Saft und Kraft seiner körperlichen und geistigen Fähigkeiten war es ebenfalls ausgeschlossen, dass er ein bereits gespieltes Spiel vergaß.

Aaron schaute in unseren Tabellen nach, und siehe da: Vor zweieinhalb Jahren, am 26.06.2015, war das Spiel bereits am Westpark gespielt worden. MIT Walter aber OHNE Moritz. So leicht reimt sich das zusammen.

Damals hieß es im Report: „Moritz würde seine helle Freude daran gehabt haben. Wir hatten sie nicht.“ – Ujj, ein ganz schlechtes Vorzeichen! Wollen wir uns nochmals durch die “Unmenge von Mechanismen“ hindurchquälen, “von denen ein Großteil aber nicht funktioniert“.

Nach zwei Spielzügen warf Walter das Handtuch. Zwei Stunden Kampf mit den Regel- und Verständnisschwächen, sowie mit den gerade zu Beginn äußerst limitierten Aktionsmöglichkeiten wollte er nicht auf sich nehmen, um danach gerade mal erst ein Drittel des Spiels absolviert zu haben. Bei der ersten Begegnung hatten wir nach dieser Zeit nämlich dem Spiel ein Ende gesetzt. „Ohne dass einer dazu aufgerufen hatte. Es war allen einfach genug.“

Heute ging es darum, dass Moritz und auch Christof ein neues Spiel kennenlernen sollten und wollten. Im Verein mit Aaron – der hinterher bekannte, ebenfalls gerne an dieser Stelle abgebrochen zu haben – spielten sie das erste Zeitalter zu Ende

WPG-Wertung: Den bisherigen 3,75 Punkte-Durchschnitt hoben Christof und Moritz mit ihren je 5 Punkten über die 4-Punkte Grenze. „Jedes Element hat man leider so ausgeschmückt, dass es nicht mehr funktioniert.“

Kleine Insider-Frage am Rande: Christof saß auf Moritz’ Platz und Moritz machte uns den Günther. Bei der Auswürfelung des Startspielers wurde eine 1 gewürfelt. Wer durfte jetzt anfangen?

3. “Abluxxen”

Für eine gelöste, positive, spielerisch-erfüllte Stimmung und als Abschluss eines „trotz allem“ gelungenen Spielabends noch ein paar Runden „Abluxxen“. Ein Super-Spiel, dass es auf unserer 1052 Einträge enthaltenden „ewigen Häufigsten-Liste“ schon auf den 8ten Platz geschafft hat. Weiter so! Ein zweiter Platz ist erreichbar; der erste Platz, 247 mal „Bluff“, hingegen eher nicht.

WPG-Wertung: Christof vergibt 10 Punkte. Vielleicht können sich unsere vielen 8-Punktigen hieran ein Beispiel nehmen und auch noch etwas aufstocken.