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06.01.2016: Lewis und Clark in Molthar

Keine Angst, liebe Spielkritiken-Leser-Gemeinde, die Westpark-Gamers sind noch nicht auseinandergebrochen. Es gibt halt noch andere Beschäftigungen auf dieser Welt, die das Leben schön und lebenswert machen. Aaron sielte sich erst in den Niederungen des Transvaal, jetzt im Augenblick auf dem Hochplateau der Spielwarenmesse in Nürnberg, Andrea schrieb ein neues Buch, Moritz eine neue Oper, und Günther eine neue Application zum Berechnen der WPG-Wertungsnoten für weniger als einmal gespielte Spiele. Walter schrieb gar nichts, denn er wartete vergeblich auf den Musenkuss. Bleiben noch Peter, der im Vatikan Leichen ausgräbt, und Horst arbeitet wie immer hart und zahlt die Steuern, die die Regierung momentan so dringend benötigt!

Immerhin bekam Walter jetzt doch endlich einen zaghaften Kuss. (Von der Muse!) Denn auch im Neuen Jahr haben wir schon einmal gespielt. Datum: siehe oben! Teilnehmer: ein Trio, siehe unten!

1. “Die Portale von Molthar”

Horst spielt – wie die meisten von uns – nicht nur am Westpark, sondern er hat noch private Kreise, in denen er seine Spielleidenschaft ausleben kann. Nicht immer wird dort ein so harte Gebräu verkostet wie am Westpark. Manche, wahrscheinlich die meisten Mägen der Kurz- oder Mittelstreckenspieler, sind nur leichtere Kost gewöhnt. Für so einen Leichtludistenkreis hat Horst im Internet zwei Spiele vom Autor Johannes Schmidauer-König bestellt, und sie am Westpark auf ihre Verdaulichkeit testen lassen.

“Die Portale von Molthar” ist ein zweistufiges Kartensammelspiel.

  1. Zuerst nehmen wir reihum vom offenen Auslagestapel eine “Zahlenkarte” nach der anderen auf die Hand,
  2. dann reservieren wir uns eine der beiden öffentlich ausliegenden “Siegpunktkarten”.(Dies geht auch in umgekehrter oder in gemischter Reihenfolge.)
  3. Und zum Schluss aktivieren wir unsere reservierten “Siegpunktkarten”, indem wir genau diejenigen “Zahlenkarten” hinblättern, die für die “Siegpunktkarte” gefordert sind, das kann sein:- eine oder mehrere Zahlenkarten mit fest vorgegebenen Wert

    – ein Paar, Drilling oder Vierling gleicher Zahlenkarten

    – Zahlenkarten, derer Werte zusammen eine vorgegebene Summe ergeben

    – drei gerade oder drei ungerade Zahlenkarten

    – und was der Zahlenkombinationen mehr sind

(Das sieht jetzt wie ein dreistufiges Spiel aus, ist es aber nicht. Die beiden Stufen sind: 1. Zahlenkarten sammeln und 2. für Zahlenkarten Siegpunktkarten kaufen.)

Ein paar Limits (für die Anzahl von Zahlenkarten auf der Hand und für die Anzahl reservierter Siegpunktkarten) lassen von dem breiten Weg zum Himmelreich nur noch einen schmalen Pfad übrig, ohne dass das Ganze aber zu einer hochgeistigen Herausforderung ausartet.

Aktivierte Siegpunktkarten haben zudem noch den angenehmen Nebeneffekt, z.B. dass wir damit an den Werten unserer Zahlenkarten drehen dürfen (aus fünf mach sex), oder dass wir damit automatisch für jeden Zug eine zusätzliche virtuelle Zahlenkarte mit einem festen Wert zur Verfügung haben.

Strategie? Das muss doch nicht sein! Manche Spielerkreise kommen auch ohne aus. Man zieht die Karten nicht vorausschauend planbar, sondern von der Hand in den Mund: die Zahlenkarten hoffnungsvoll je nach den Siegpunktkarten in der Auslage und die Siegpunktkarten illusionslos je nachdem, was man sich mit seinen Zahlenkarten gerade leisten kann.

Am Westpark uns könnte das schnelle Spiel (15 Minuten) für 2 bis 5 Mitspieler ab 10 Jahren (na ja!) zuweilen durchaus als Absacker in Aktion treten.

WPG-Wertung: Günther: 5 (in einer lockeren Runde mehr Punkte wert), Horst: 6 (abhängig von der Runde, in der man spielt; stellt keine großen Ansprüche, aber das ist nicht tragisch), Walter: 5 (schnell, locker, leichtgewichtig).

2. “Discoveries”

DiscoveriesDer Spielidee liegt die historische Expedition von Meriwether Lewis und William Clark zugrunde, die auf Anweisung von US Präsident Jefferson vom Mississippi bis zum Pazifik vordrangen. Und zurück. Diese Expedition war auch schon Vorbild für das Spiel „Lewis & Clark“ von Cédrick Chaboussit (WPG-Durchschnittsnote 5,8). Diesmal wird viel gewürfelt, mit fünf eigenen und mit einer variablen Anzahl neutraler bzw. von den Mitspielern temporär erbeuteter Fremdwürfel.

Jeder Spieler würfelt mit seiner aktuellen Würfelpopulation und platziert das Ergebnis in seinem Würfelvorrat. Danach nutzt er daraus alle Würfel mit einer frei wählbaren, einheitlichen Augenzahl (auf den Hexawürfeln sind dafür Symbole aufgedruckt) und platziert sie auf Aktionsfeldern in seinem Tableau, für die die entsprechende Augenzahl vorgesehen ist. Hat er in einem Aktionsfeld alle vorgeschriebenen Würfel platziert, darf bzw. muss er den damit definierten Zug ausführen.

Züge bestehen in der Regel darin, zu Fuß bzw. per Pferd ein paar Pfade an Land oder mit dem Kanu ein paar Flüsse zu erkunden. Schafft es ein Spieler, mit seinen Erkundungszügen die auf offen ausliegenden „Entdeckungskarten“ vorgeschriebene Anzahl von Land- und Fluß-Erkundungen in der richtigen Reihenfolge alle zu durchzuführen, darf er sich diese Entdeckungskarte aneignen. Aus den während des Spiels angesammelten Entdeckungskarten ergeben sich in der Endwertung die Spiegpunkte eines Spielers.

Neben den Erkundungszügen gibt es „Freundschaftszüge“ (anderen Augenzahlen zugeordnet), mit denen man sich Ratschläge von Indianern einholen kann. Diese bestehen aus Zusatzwürfeln (wie schön!) sowie aus Aktionskärtchen, die ganz analog wie die vorgegebenen Aktionsfelder auf dem Spielertableau zum Platzieren von Würfeln dienen. Die Herausforderung des Spieles besteht also darin:

  • gut zu würfeln
  • seine Würfel auf optimale Aktionsfelder zu platzieren
  • die Aktionsfelder in der richtigen Reihenfolge zu vollenden, damit daraus eines der ausliegenden Entdeckungskarten fällig wird
  • freundschaftlich zu den Indianern zu sein, um seinen Würfelvorrat zu vergrößern und weitere Aktionsfelder zu generieren
  • gut zu würfeln, um mit vielen einheitlichen Augenzahlen möglichst viele und zwar die richtigen Aktionsfelder komplettieren zu können.
  • siehe oben …

Das klingt vielleicht leichter als getan oder zufälliger als man planen kann, ist aber eine echte geistige Herausforderung, die beim ersten Spielen garantiert noch nicht beherrschbar ist. Beim Strecken nach der Decke (mit den geworfenen Augenzahlen) auch noch die richtigen Seiteneffekte der zusätzlichen Aktionskärtchen zu berücksichtigen, und sich auf diejenigen Entdeckungskärten zu konzentrieren, die in der Summe hinterher am meisten einbringen, überforderte alle unsere guten Geister.

Man kann grübeln, braucht aber nicht! Gelacht wird hingegen auf keinen Fall.

WPG-Wertung: Günther: 7 (schwankt zwischen 6 und 7, möchte die Herausforderungen des Spiels noch besser studieren), Horst: 8 (mag generell die Würfelkombinatorik, „ich liebe es, mit Würfeln zu hantieren“), Walter: 6 (schwankt zwischen 6 und 7, begrenzte Interaktion).

3. “Träxx”

Das hübsche, kleine Kartenspiel zum Ziehen der schnellsten Verbindungen zu lukrativen Zahlen und zum möglichst vollständigen Ausfüllen des farbigen Routen-Blattes lag am 18. November letzten Jahres zum ersten Mal auf. Horst kannte es noch nicht und durfte heute seinen Senf dazu geben. Es wurde sogar gelacht.

WPG-Wertung: Horst hob den bisherigen WPG-Schnitt von 5,5 mit einer glatten 7 über die 6-Punkte-Schwelle (simpel, schnell, ein Spiel für meine „andere“ Runde!).

18.11.2015: Porta Nigra und mehr

„Ich spiele nicht, um mir Freunde zu machen. Das Leben ist einfach zu kurz, um Züge auszulassen, die die anderen ärgern.“ (unknowns)

1. “Porta Nigra”

Ein ERC-Nachwuchs-Historiker erforscht die Porta Nigra
Ein ERC-Nachwuchs-Historiker erforscht die Porta Nigra

Die modernen Eurogame-Klassiker heißen nicht mehr „Paris“, sondern „Notre Dame“, nicht mehr „London“, sondern „Tower“, und nicht mehr „München“, sondern „Hofbräuhaus“. Ein ganz neues Namens-Portal tut sich da auf. Dahinter ist allerdings immer noch der alte Dreh: Wir sind Adelige, Architekten, Baumeister, Ritter oder Tod und Teufel und wetteifern um die siegpunktträchtigste Entwicklung in Stadt oder Land.

In „Porta Nigra“ lassen uns die Altmeister Kramer & Kiesling auf unserem Papppferd um den Marktplatz von Trier herumreiten. Jeder Schritt kostet einen Schilling. Wir kaufen in den vier verschiedenen Steinbrüchen rote, grüne, gelbe oder schwarze Bausteine und beteiligen uns damit an den vier Baustellen der Stadt. Jede Bausteinfarbe hat einen anderen Preis. Es ist genau vorgeschrieben, welche Bausteinpakete in Anzahl und Farbe an den verschiedenen Baustellen zulässig sind. Nach jeder durchgeführten Baumaßnahme bekommen wir unverzüglich Siegpunkte dafür, abhängig von der Anzahl und dem Wert der eingesetzten Bausteine. Zusätzlich werden bei Spielende alle unsere Beteilungen an allen Bauplätzen der Länge, Breite und Höhe nach mit denen unserer Mitspieler verglichen; wer in den verschiedenen Dimensionen die größte hat, bekommt weitere Siegpunkte; die zweitgrößte bekommt auch noch was, die anderen gehen leer aus.

Unter zwölf verschiedenen Mehrheiten gilt es, sich die besten herauszusuchen; kleckern bringt gar nichts, klotzen auch nicht, gerade mit minimaler Portion besser zu sein als die anderen und ansonsten lieber gar nicht beteiligt zu sein, darin liegt das Geheimnis zum Sieg. Aber welche Mitspieler halten schon so schön still und schenken uns Mehrheiten?

Wie wickeln wir unsere Züge ab? Jeder Spieler hat ein identisches Set von sieben Aktionskarten, die ihm zwei bis drei Aktionen pro Zug gestatten. Im Wesentlichen sind das a) Bausteine kaufen, b) Bausteine verbauen und c) Geld kassieren. Das Geld brauchen wir für den Bausteinkauf sowie für unseren Ritt um den Marktplatz. Im Unwesentlichen sind das d) Fackeln, mit denen wir eine weitere Aktion der Karte ausführen dürfen oder e) Nudelwalzen, die uns zum Sondereinkauf von Bausteinen, Geld, Fackeln, Bauhonorare oder Siegpunkte berechtigen.

Zu Spielbeginn mischt jeder Spieler seine Aktionskarten und zieht davon verdeckt zwei Stück zum Agieren. Pro Zug darf er eine davon nutzen; danach legt er sie ab und zieht verdeckt eine neue Aktionskarte nach. Bis alle sieben Karten durchgespielt sind. Für die letzte Karten gibt es natürlich keine Auswahlmöglichkeit mehr.

Jedes Kartenset wird zweimal durchgespielt. Nach dem ersten Durchspielen gibt es eine Zwischenwertung, in der der aktuelle Besitzstand ermittelt und in frei wählbarer Stückelung in Siegpunkten oder als Geld ausgeschüttet wird. „Wie bei Yunnan“ bemerkte Aaron. In leicht dödelnder Stimmung wurde „Porta Nigra“ als „Mischung aus Yunnan und Monopoly“ apostrophiert; aber man darf nicht alles ernst nehmen, was vom Westpark nach außen dringt.

Die Fülle an Siegpunktquellen in „Porta Nigra“ ist schlichtweg „unübersichtlich“, ein Begriff, der heute ganz deutlich von „chaotisch“ abgegrenzt wurde. Die genaue Begriffsklärung überlasse ich Peter, sinngemäß geht „unübersichtlich“ in die Richtung von „schwerfällig“, während „chaotisch“ durchaus auch noch ein spritziges Element enthält. Jedes Bauen in “Porta Nigra” löst eine ganze Reihe Nebeneffekten aus, die zwar logisch konstruiert und angenehm zu nutzen sind, ein erfolgreich-geplantes Spiel aber zu einer langweiligen (für die anderen) Rechnerei ausarten lassen.

WPG-Wertung: Aaron: 5 (zu viel, als dass es Spaß macht), Günther: 6 (etwas zu lang, sonst wäre das Spiel noch mehr Punkte wert), Peter: 5 (ein Eurogame [= positiv], aber ein modernes [= negativ]), Walter:5 (beim Mehrheiten-Wettlauf in 12 Disziplinen kommt ein älterer Herr leicht außer Atem; er bekommt immer mehr Sympathie für Moritz seine Bomben).

2. “Träxx”

Lebenslinien in Träxx
Lebenslinien in Träxx

Bingo mit Farben! Jeder Spiel bekommt eine Tafel, auf der 61 bunte Hexagons (rot, grün, gelb, blau, weiß und grau) mit einem Startpunkt aufgedruckt sind. Für alle Spieler sind die Tafeln identisch, die Startpunkte verschieden. Die meisten Felder der Tafel sind leer, einige Felder enthalten eine Zahl zwischen 2 und 10.

Jetzt wird von einem verdeckten Stapel jeweils eine Fahr-Karte gezogen, die vier bis fünf bunte Hexagons aufzeigt. Für jedes rote Hexagon auf der Fahr-Karte dürfen wir von unserem Startpunkt auf unserer Tafel aus (bzw. von den Endpunkten der Linie, die wir inzwischen gezogen haben) eine Linie zu einem benachbarten roten Feld auf unserer Tafel ziehen. Für jedes blaue Hexagon dürfen wir auf ein benachbartes blaues Feld ziehen, usw. Die Reihenfolge, in der wir die farbigen Hexagons der Fahr-Karte nutzen, ist beliebig. Wir dürfen farbige Hexagons auslassen, aber wir dürfen die Linie auf unserer Tafel nicht durch ein Feld ziehen, das auf der Fahr-Karte nicht angegeben ist.

Wer als Erster eines der Zahlenfelder auf seiner Tafel erreicht, bekommt den Wert als Pluspunkte gutgeschrieben, Wer erst zu einem späteren Zeitpunkt das gleichen Zahlenfeld erreicht, bekommt nur noch den halben Wert an Pluspunkten. Wenn alle 15 Fahr-Karten des Spiels gezogen sind, endet das Spiel. Die Summe der Punkte für die angefahrenen Zahlenfelder wird addiert und davon die Anzahl der unbefahrenen Felder auf der Tafel als Minuspunkte abgezogen. Wer die meisten Punkte hat, ist Sieger. Eine weit vorausschauende Planung auf der Farb-Topologie der Tafel zum Befahren möglichst aller Felder ist von Nutzen. Er kommt parallel einher mit dem möglichst schnellen Anfahren der höchsten Zahlenwerte einer Tafel. Spielerisch und anspruchsvoll! Weitaus anspruchsvoller als Bingo!

Walter fragte nach dem Glücksfaktor von „Träxx“ und warf gleich die Schätzung „80 %“ in die Waagschale. Günther war mit „70 bis 80 %“ dabei, und Aaron steuert noch kopflastige „110 %“ bei. Da konnte sich selbst Peter nicht zurückhalten, sein Schätzwert war Pi (π). Warum Pi? „Die Antwort würde Dich verunsichern!“ – Eine Universal-Antwort, die so manchen Klugscheißer aus den Angeln heben könnte …

WPG-Wertung: Aaron: 5 (schnelles Dödelspiel, für mich zu dödelig), Günther: 6 (netter Zeitvertreib), Peter: 5 (unterhaltsam, man kann es sogar alleine spielen!), Walter: 6 (100% mehr als „Bingo“; kann immer mal wieder Spaß machen, Punkteinbuße durch das Malen mit Spezialstiften auf die Papp-Tafel. Hat ihm schon bei „Dampfross“ nicht gefallen).

3. “Qwixx – Big Points”

Das hübsche, kleine Würfelspiel (siehe Spielbericht vom 2. Januar 2013) ist mit einem neuen Wertungsbogen versehen worden. Zwischen die aufsteigende rote und gelbe Zahlenreihe sowie zwischen die absteigende grüne und blaue Zahlenreihe ist jeweils eine weitere Zwischen-Zahlenreihe eingezogen werden, auf denen nach dem gleichen Schema Würfelergebnisse eingetragen werden dürfen wie auf den benachbarten Zahlenreihen auch. Einzige Einschränkung: ein Feld der neuen Zwischen-Zahlenreihen darf erst dann benutzt werden, wenn auf mindestens einer der beiden Nachbarreihen die gleiche Zahl bereits eingetragen ist.

Bei der Endwertung zählt jede Eintragung auf der Zwischen-Zahlenreihe für beide Nachbarzahlenreihen. Auf diese Weise kann man bei der quadratisch steigenden Wertungsskala leicht (oder auch nicht so leicht) auf Werte von über 100 Punkten kommen. Daher der Name „Big Points“.

WPG-Wertung: Das Spiel ist immer noch hübsch, und hat einen deutlich niedrigeren Glücksfaktor als „Träxx“. Allerdings hat das Spiel durch die zusätzlichen Zahlenreihen nicht wesentlich etwas dazugewonnen. Es bleibt beim Schnitt von 7,2 Punkten.