Sicilianos Cover
Autor Czarnè
(Frank Czarnetzki)
Verlag Zoch Verlag
erschienen 2004
Spielerzahl 3-6
Spielzeit 45 Minuten

Sicilianos

rezensiert von Walter Sorger

Ein frech-fröhliches Kartenspiel mit dem Charakter eines Stichspiels. Die Spieler erwürfeln sich reihum Karten verschiedener Stärke (Zahlenwerte 1 bis 11) in sechs verschiedenen Farben. Sobald ein Spieler glaubt, in einer bestimmten Farbe stärker zu sein als alle seine Konkurrenten in beliebigen anderen Farben, kann er zu einem Stich ansetzen. Er spielt verdeckt eine Karte seiner Dominanz-Farbe vor sich aus und legt einen Geldschein als Einsatz dazu. Jeder Spieler ist jetzt aufgefordert,

  1. um diesen Stich zu kämpfen oder

  2. zu passen und nicht mehr ins Spielgeschehen eingreifen, bis der Stich entschieden ist.

Den Kampf um den Stich aufzunehmen heißt, eine Karte in einer anderen Farbe auszuspielen und ebenso einen Geldschein als Einsatz dazu zulegen. Die Stich-Kämpfer können jetzt reihum einzeln solange Karten in der von in ihnen begonnenen Farbe dazulegen, wie sie Lust haben. Wer am Ende die stärksten Karten (Summe der Zahlenwerte) ausgelegt hat, gewinnt den Stich. Als Belohnung darf er sich seinen Geldschein-Einsatz auf seinem Siegpunkte-Konto gutschreiben lassen. Zusätzlich gewinnt er eine Bonus-Karte, die ihm in der Schlußabrechung weitere Siegpunkte bringt.

Die Verlierer des Stich-Kampfes gehen leer aus, alle ausgespielten Karten werden eingezogen und die Runde wird mit einem neuen Stich oder mit dem Erwürfeln neuer Karten fortgesetzt.

Bis hierher klingt das alles sehr brav und harmlos. So ist es aber dann doch nicht. Nicht, daß die einzelnen Karten "Mitglieder von sizilianischen Mafia-Clans" sein sollen, und daß der Kampf um den Stich als "Bandenkrieg" tituliert wird, bringt die Spannung. Es sind ein paar Elemente eingebaut, mit denen gewollt und gekonnt Pfeffer ins Spiel gebracht wird.

Dieses chaotische Stichkampf-Kartenspiel enthält mehr taktischen Elemente, als es das billige Erwürfeln und Ausspielen von Karten im ersten Augenblick vermuten lassen.

  1. Es ist natürlich immer von Vorteil, ein gutes Gedächtnis zu haben. Wie viele Karten und von welcher Farbe die Konkurrenten jeweils in der Hand halten, ist offen sichtbar. Ob aber hohe oder niedrige Werte darunter sind, das kann man u.U. aus den in der Vergangenheit gespielten Karten ableiten. Es hilft jedenfalls in der Bewertung der Gewinnchancen bei einem Bandenkrieg.

  2. Kartenpflege: Immer wieder mal hält man ein absolutes Looser-Blatt in der Hand. Das kann man nur aufbessern, wenn man sich eifrig in Bandenkriegen beteiligt. Schließlich bekommt jeder Spieler am Anfang 10 Geldscheine zugeteilt, die er ohnehin bis zum Spielende aufgebraucht haben muß, ansonsten zählen sie negativ. Die kleineren Wert davon gezielt einsetzen, um schlechte Karten loszuwerden und um die Gegner in verlustreiche Kriege zu ziehen, gehört zu gutem Spiel.

  3. In einer 5-er Runde kann jeder nur 2-3 Bandenkriege gewinnen. Hier muß man unbedingt auf die richtigen Pferde zu setzen, d.h. man muß entweder geduldig auf den richtigen Zeitpunkt sparen oder unverzüglich eine ausgeblutete Nachkriegssituation bei den Mitspielern ausnutzen. Dann aber mit voller Kraft, d.h. mit dem höchsten Geldbetrag in den Kampf ziehen.

  4. An den ausgelegten Primärkarten einer Farbe und am eingesetzten Geldschein kann man (vielleicht) ablesen, welche Ambitionen die Gegenspieler in einem angefangenen Bandenkrieg haben. Die "richtige" Reihenfolge beim Ausspielen der Karten einzuhalten, z.B.:

    ergibt schon reichlich Spielraum sowohl zum Protzen als Goliath als auch für Finessen a la David.

"Sizilianos" wird die Denker unter den Spielern nicht befriedigen können. Doch es spielt sich flott, witzig und spannend. Chaos, Kampf, Mauschelei, Verrat und ein bißchen Taktik bestimmen das Geschehen. Kingmakerei ist ein natürlicher Bestandteil der Spielregeln, wird aber keineswegs als anrüchig oder ärgerlich empfunden, sondern als passend integriert in den Spielablauf. Das sagt doch schon ziemlich viel über den Charakter des Spieles.

Am Tisch: Aaron, Basti, Loredana, Peter, Walter

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