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Autor Michael Schacht
Verlag Abacus Spiele
erschienen 2009
Spielerzahl 3-5
Spieldauer 60 Minuten
Wertung red starred starred starred starred starred stargray stargray stargray stargray star

Valdora

rezensiert von Aaron Haag

Wer Modeleisenbahner in seinem Bekanntenkreis hat wird es kennen: das Bedürfnis, die vorhandenen Gleise weiter auszubauen, zu verbessern und so die ganze Anlage noch naturgetreuer aussehen zu lassen und zu betreiben. Am besten lässt sich dieses Verhalten mit dem Begriff "empire building" umschreiben, und als anspruchsvolles Brettspiel kann man diesen Bekannten durchaus ein Spiel der 18xx-Reihe empfehlen. In der Schar dieser Modeleisenbahner findet sich gelegentlich auch jemand, der neben dem Ausbau seines Miniaturreichs weitergehende Herausforderungen beim Betrieb seiner Bahn sucht. Die "Logistiker" versuchen zum Beispiel mit möglichst wenigen Rangiervorgängen Wagenverbünde umzusortieren oder zusammenzustellen. Diese Modeleisenbahner finden sicherlich auch Vergnügen an "Valdora".

Der zentrale Mechanismus in "Valdora" ist das Aufsammeln und die Ablieferung von Waren und es gilt, seine Aktionen so zu optimieren, dass am Ende ein maximaler Ertrag erzielt wird. Nur geht es hier nicht um das geschickte Rangieren mit Eisenbahnwagons sondern um das Einsammeln von Edelsteinen, um sie mit vorher beschafften Ausrüstungsgegenständen an Auftraggeber zu liefern.

Das "Goldtal" ist recht dicht besiedelt und bietet dem Spieler immer ausreichend viele Handlungsoptionen. So finden sich dort fünf Städte, in denen sich Ausrüstungsgegenstände, Aufträge, Proviant oder Edelsteine beschaffen lassen. Aber auch auf den reichlich vorhandenen Wegen zwischen den Städten lohnt sich das Verweilen, denn dort finden sich Edelstein- und Silberminen, Häfen mit Edelsteinhändlern sowie die Häuser der Auftraggeber.

Unsere Aufgabe als Spieler ist es, lukrative Aufträge in einer Stadt zu erwerben, die vom Auftraggeber geforderten Edelsteine aufzusammeln, in unserer Ausrüstung zu verstauen und beim Auftraggeber abzuliefern. Erledigte Aufträge bringen uns bei Spielende Siegpunkte.

Aufträge zu erledigen ist nicht weiter schwierig, hat man erst einmal die notwendigen Ausrüstungsgegenstände erworben, denn mit den meisten lässt sich immer nur ein Edelstein einer bestimmten Farbe transportieren. Da man jeden Ausrüstungsgegenstand nur einmal besitzen darf, ergeben sich schnell Engpässe, wären da nicht das Wagen und das Pferd, mit denen sich ein beliebiger Edelstein transportieren lässt. Hier liegt der Reiz des Spiels: seine Züge so zu optimieren, dass man mit einem Minimum an Zügen ein Maximum an Auftragssiegpunkten verdient und dabei möglichst noch die eigene Ausrüstung weiter komplettiert.

Aufträge und Ausrüstung liegen nicht beliebig in den Städten aus sondern müssen aus "Katalogen" ausgewählt werden. Diese Kataloge sind mittels einer Holzablage und einem darauf liegenden Kartenstapel realisiert; ein neuer Mechanismus der optisch und haptisch sehr gelungen umgesetzt wurde. In diesen Katalogen kann beliebig geblättert werden, allerdings ist nur das erste Umblättern kostenlos. Hat man den gesuchten Auftrag oder Gegenstand gefunden, kann man ihn (d.h. die Karte) gegen Bezahlung von Silber erwerben. Es zahlt sich also ein gutes Gedächtnis aus, um unnötiges Hinundherblättern in den Katalogen zu vermeiden.

Neben einer optimalen Wegewahl ist die Reihenfolge der Auftragserledigungen ein weiteres Optimierungselement, denn es gibt als bisher noch nicht erwähnte Spielelemente die Handwerker und deren Werkstätten. Hat ein Spieler einen Auftrag erledigt, erhält er sofort einen Handwerker in der entsprechenden Auftragsfarbe. Jede unterschiedliche Handwerkerfarbe bringt bei Spielende wiederum Siegpunkte. Zusätzlich bekommt derjenige Spieler, der als Erster eine bestimmte Anzahl Handwerker einer Farbe gesammelt hat, die Werkstatt in dieser Farbe, von denen die meisten Siegpunkte einbringen. Wichtiger aber ist, dass nun jeder erledigte Auftrag einer Farbe, von der man eine Werkstatt besitzt, noch einmal Extrasiegpunkte einbringt. Die kreisförmige Anordnung der sieben Handwerkerplättchen mit unterschiedlicher Anzahl je Farbe kombiniert mit der Regel, dass bei ausverkauften Handwerkerplättchen einer Farbe das jeweils im Uhrzeigersinn nächste erworben wird, fordert den Taktiker im richtigen Augenblick seine Aufträge zu erledigen.

Valdora ist ein mittel-komplexes Optimierungsspiel rund um den "pick-up and deliever" Mechanismus. Einfaches Einsammeln von Edelsteinen führt zwar zu erledigten Aufträgen aber der geschickte Optimierer zieht schnell den anderen Spielern davon, wenn er ungestört agieren kann; es gilt also die Pläne der anderen Spieler immer im Auge zu behalten. Ein gewisser Ärgerfaktor gehört deshalb dazu, indem man einem Mitspieler schnell noch den von ihm dringend benötigten Auftrag einer Farbe vor der Nase wegschnappt. Auch das Timing der Auftragserledigung will gut durchdacht sein, denn es ist gar nicht selten möglich, mit einem Zug gleich mehrere, unterschiedliche Handwerker zu ergattern. Schnappt man damit noch einem Mitspieler die letzte Möglichkeit zum Werkstatterwerb weg lässt sich ein hämisches Grinsen kaum verbergen.

"Valdora" bietet bei einem mittleren Grübelfaktor eine Vielfalt an Handlungsoptionen und eine kurzen Spielzeit. Gerade die verschiedenen Handlungsmöglichkeiten lassen das Gefühl aufkommen, immer mehr tun zu müssen als man gerade tun darf - insbesondere wenn wieder mal ein Mitspieler die eigene Planung durchschaut hat und mit geschicktem Agieren diese durchkreuzt. Wer hierzu mehr erfahren möchte, sei auf Michael Schachts Webauftritt zu "Valdora" verwiesen. Dort finden sich Strategietipps von Manfred Kries, die sieben verschiedene Wege zum Ziel genauer beleuchten.

Alles in allem ist "Valdora" ein Spiel, das Dank seiner einfachen Spielmechanismen einen schnellen Einstieg ermöglicht aber trotzdem dem versierten Spieler genügend Herausforderung bietet, um immer wieder auf den Tisch zu kommen.

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