Marchants d'Empire cover
Designer Régis Bonnessée
Verlag Hexagames
erschienen 2002
Spielerzahl 2 - 4
Spielzeit 60 Minuten

Session Report 22.10.2003

at the table: Walter, Hans, Aaron, Moritz

on the table: Marchants d'Empire (Merchants Of Empire)

Der Spielanleitung gemäß befinden wir uns, Jahrtausende zurück, im Landes des allmächtigen Gottes Phaos. Nach der braunen Wüstenfarbe des Spielfeldes, der Ausstattung mit Handelsstraßen und Edelsteinen usw. könnte es aber genausogut im mittelalterlichen vorderen Orient spielen. Der Name "Euphrat und Tigris" war halt schon vergeben und "Bagdad" hat im Augenblick keinen so guten Klang wie zu den Zeiten von 1001 Nacht.

Auf den Spielplan sind größere und kleinere Städte um eine Hauptstadt herum plaziert und mit Straßen verbunden. Zufallsverteilt werden auf einige Städte verschiedenfarbige Glaskugeln (sinnbildlich für Kohle, Bronze, Silber, Edelsteine und Gold) und Vertragskarten gelegt. Die Spieler haben je einen Pöppel (genannt Karawane), mit dem sie sich über die Handelstraßen von Stadt zu Stadt bewegen, Glaskugeln aufnehmen und damit die Verträge einlösen.

Die Bewegungen der Spieler werden nach dem Robbo-Ralley-Prinzip abgewickelt: Jeder Spieler besitzt 6 Aktionskarten, die entweder die Richtung vorgeben, in der sich ein Spieler bewegen will (muß), oder die eine Handlung anzeigen, die der Spieler in der Stadt ausführen will. Die Aktionskarten muß jeder Spieler für sich ordnen und verdeckt vor sich hinlegen. In einer Spielrunde werden die Karten dann einzeln in der eingestellten Reihenfolge aufgedeckt und der Spieler führt die entsprechende Aktion aus. Entweder bewegt er sich oder er nimmt eine Glaskugel auf oder er erfüllt einen Vertrag.

Als Erfüllung des Vertrages kann der Spieler:

  1. die Vertragskarte behalten und den aufgedruckten Wert (2-9 Punkte) Kapital gutschreiben lassen.
  2. die Vertragskarte abgeben und dafür einen Tempel errichten, mit dem er sich himmlische Schätze erwirbt.
  3. die Vertragskarte abgeben und dafür Repräsentanten in den umliegenden Gebieten aufstellen, mit denen er seinen politischen Einfluß erweitert.

Wenn jeder Spieler seine 6 Aktionskarten aufgedeckt und ausgeführt hat, ist eine Runde vorbei. Für jeden erfüllten Vertrag und für jede Stadt, deren Glaskugeln vollständig entfernt wurde, wird gewürfelt, wo ein neuer Vertrag bzw. wo ein neuer Satz von Glaskugeln aufs Spielbrett gebracht wird. Wer Glück hat, bekommt die Güter dieser Welt gleich vor die Nase gesetzt; wer Pech hat, muß erst meilenweit dafür gehen.

Nach 12 Runden ist das Spiel zu Ende und es wird der Sieger ermittelt. Hierzu wurde ein bemerkenswertes mehrstufiges Filterverfahren entwickelt, bei dem jeweils immer ein Spieler durchfällt. Der am Schluß übrig bleibende Spieler ist der Sieger. Die ganze Siegesstrategie besteht also darin, bei allen Ausscheidungskriterien nicht der letzte zu sein.

Als erstes scheidet der Spieler mit den wenigsten Tempeln aus. Dabei zählen nicht alle Tempel gleich, sondern Tempel in größeren Städten liefern mehr Punkte. Bei insgesamt Punktegleichheit scheidet der Spieler mit dem kleinsten Tempel aus. Herrscht auch hier Gleichheit, scheidet der Spieler mit den wenigsten Tempeln aus.

Als zweites verabschiedet sich der Spieler mit dem geringsten politischen Einfluß. Hier gibt es genaue Rechenverfahren, wie die Mehrheit der Repräsentanten in den jeweiligen Gebieten in Polit-Punkte umgerechnet wird. Und es gibt ebenfalls Unterregeln, die bei Unentschieden angewendet werden müssen, um doch noch einen Verlierer zu bestimmen.

Als dritter und letzter scheidet der Spieler mit dem geringsten Kapital aus. Das Kapital setzt sich aus den gesammelten Vertragspunkten sowie aus einer ganzen Reihe von anderen Punkten zusammen, die man nach jeder Runde als Monopolist von Glaskugeln erwerben konnte. Für Unentschieden gibt es hier bis zu 9 Unterkriterien (z.B. die Mehrheit im Besitz von Glaskugeln einer Farbe), die mit Sicherheit zu einer Endausscheidung führen. Wer hier dann die Nase vorn hat, ist Sieger.

Wir habe bei unserem ersten Spiel gleich zwei entscheidende Spielregeln übersehen und damit unabsichtlich dem Spiel einen Großteil seines gewollten Konkurrenzkampfes genommen.

  1. Es sollen nur dann nur neue Sätze von Glaskugeln aufs Spielbrett gebracht werden, wenn ein Satz vollständig abgeräumt wurde. Wir dagegen haben für jede einzelne abgeräumte Glaskugel gleich einen neuen Satz plaziert. (Bis der Vorrat leer war!) Das hatte zur Konsequenz, daß die Glaskugeln nie eine verknappte Ressource darstellten, um die wir kämpfen mußten. Sie fielen uns eher wie die gebratenen Tauben im Schlaraffenland einfach so in die Hände.
  2. Wenn neue Glaskugeln auf Spielbrett gebracht werden, so soll auf jedem Fall die Hauptstadt eine Portion davon abbekommen (falls sie keine mehr hat). Damit soll der Kampf um das privilegierten Zentrum gefördert werden. Wir verteilten ausnahmslos alle Kugel-Sätze zufällig über das ganze Brett. So erzielten wir natürlich eine viel größere Streuung, und jeder konnte sich ziemlich unbehindert von den Mitspielern ein Gebiet heraussuchen und es abgrasen.
  3. Tatsächlich waren es sogar drei Fehlinterpretationen, da wir das Eliminierungsverfahren ebenfalls nicht ganz korrekt angewendet haben - ansonsten hätte ich nämlich den zweiten statt des dritten Platzes belegt [ah].
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Nur bei Befolgung der Original-Regeln entsteht im Zentrum ein Kampf um Prioritäten und Mehrheiten, der ein wesentliches Element dieses Spieles ausmacht. Bei uns waren alle Güter in Hülle und Fülle vorhanden und unsere Überlegungen beim Spielablauf bezogen sich ausschließlich auf die komplexen Siegbedingungen. Dafür, daß es keine Anzeigetafel gibt, auf der die Zwischenstände aufgezeichnet sind, tappt jeder Spieler bei seinen Planungen doch ziemlich im Dunkeln. So schätzten wir am Ende den Zufallseinfluß dieses Spieles auf bis zu 70 % ein, ein Wert, der für die trivialen Zugmöglichkeiten entschieden zu hoch ist. Wir müssen das Spiel unbedingt noch mal mit genauer Regelbeachtung wiederholen.

Inzwischen haben wir Marchands d'Empire noch einmal mit der korrekten Regelauslegung gespielt. Unsere Erfahrung damit beschreibt Walter hier.

Westpark-Gamers Wertung: 6,25

©2003, Walter Sorger