Archiv der Kategorie: Spieleabende

23.09.2009: Weiche Landung bei Prinzessinnen

Es gibt Tage, da kann ein beliebig-mieses Spiel auf den Tisch kommen, trotzdem ist die Stimmung gelöst, locker, konstruktiv und der Abend hinterläßt eine spielerische und emotionale Befriedigung. Es gibt aber auch Tage, da liegt Spannung, Kratzbürstigkeit und Aggressivität in der Luft, die Spiele werden abgebrochen und bekommen schlechte Noten. Wenn dann die Gummibärchen nicht so nahrhaft wären, würde ein jeder hungrig nach Hause gehen.
Woran das liegt, das ist noch nicht ermittelt. Sicherlich spielt die individuellen Zusammensetzung der Runde eine gewisse Rolle. Doch weitere Details bedürfen noch einer gründlicheren Analyse. Packen wir’s an.
1. “Genji”
Autorenname Dylan Kirk und Verlag Z-Man Games sind amerikanisch, doch das Thema, in dem sich “Genji” tummelt, ist absolut japanisch: “Eine romantische Flamme aus der Hochzeit der Heian Epoche”, so lautet der Untertitel in der Spielregel.
Wir müssen an 12 Höfen die Prinzessinnen mit Gedichten becircen. Dazu erhält jeder Spieler pro Runde 5 Karten mit Gedicht-Anfängen oder Gedicht-Enden. Lesen können wir die japanischen Zeichen natürlich nicht, und auch die amerikanischen Übersetzungen sind beim Spielen nicht von Bedeutung. Wichtig ist, daß die Gedichte zur gerade herrschenden Jahreszeit und zu den Vorlieben der jeweiligen Dame passen, und das ist an entsprechenden Piktogrammen eindeutig abzulesen. Manche Damen bevorzugen Melancholie, andere Romantik oder Naturliebe.
Jeder Spieler zieht mit seinem Pöppel von Hof zu Hof und legt seiner Dame entweder eine Karte mit einem halben Gedicht oder zwei Karten mit einem ganzen Gedicht zu Füßen. Er kann dabei auch mit einem besser passenden Gedicht die Gedichtskarten seinen Vorgänger verdrängen. Man braucht nicht alle Höfe zu besuchen, sondern darf weniger attraktive oder unpäßliche Objekte überspringen. Sobald der erste Spieler wieder an seinem Ausgangshof angekommen ist, ist eine Runde zu Ende und die ausliegenden Gedichte werden gewertet. Der Besitzer des besten Gedichtes bekommt 2 Siegpunkte; Gedichte, mit denen man die Kirschen in Nachbars Garten pflücken konnte, bringen je 1 Siegpunkt ein. Wer vom Rest noch die meisten Gedichte bei seinen Favoritinnen unterbringen konnte, bekommt sogar 3 Siegpunkte.
Vier Männer mit einem Gesamtalter von über 200 Jahren lassen bei diesem Thema natürlich ihrer Phantasie freien Lauf. Flachlegen, beschlafen, beischlafen und Hörner aufsetzen stammen noch aus dem Sprachgebrauch der Gebrüder Grimm. Doch auch das weitaus modernere Poppen wurde weidlich zitiert. “Ist eine Runde zu Ende, wenn man alle gepoppt hat?” Diese Frage muß natürlich mit “Nein” beantwortet werden, man darf ja einige Höfe auslassen. “Dreimal gut gepoppt ist besser als viermal schlecht!” Diese Lebensweisheit gilt auch in “Genji”.
Die Spielregel fordert im Gedenken an gute japanische Kulturtradition auf, den Pinsel in die Hand zu nehmen, um eine wankelmütige Prinzessin rumzukriegen. Im alten Europa scheint das ebenfalls eine lange Tradition zu haben. Ansonsten sind bei uns die Anforderungen an den “Master of the Quickies” schon etwas höher. “Genji” weist in bezug auf Ausgewogenheit doch erhebliche Defizite auf.
1) Pro Runde erhält jeder Spieler ganze fünf halbe Gedichtkarten. Wenn sie nicht zur aktuellen Jahrezeit passen oder gar nur Gedicht-Anfänge aber kein einziges Gedichte-Ende enthalten, wird man damit wohl keinen Stich machen. Hier unterscheiden sich die zufälligen Grundausstattungen der verschiedenen Mitspieler in ihrem Stichpotential leicht um mehrere 100 Prozent.
2) Der Startspieler hat die größten Chancen, sich als erster durch alle Höfe gepoppt zu haben. Jetzt wird sofort gewertet, ohne daß die anderen Spieler noch zum Zug kommen dürfen. Ist das gerecht? Doch widersinnig ist geradezu, daß der Startspieler nicht reihum wechselt, sondern daß derjenige, der die Runde als erster beendet, auch noch bestimmen kann, wer der nächste Startspieler wird. Muß das sein? Hätte nicht problemlos jede Runde zu Ende gespielt werden können?
Es gibt viele Möglichkeiten, bei “Genji” punkten zu wollen. Doch alle diese Vorgehensweisen sind weitgehend zufallsabhängig und risikoreich-unkalkulierbar. Die einzige plausible Technik ist, immer hinter einem Spieler her zu gehen, denn gemachte Betten sind wärmer. Hans wurde Sieger. Er hatte nach seinen eigenen Worten “unumstrittene Frauen gesucht und ihnen halbseidenen Gedichte vorgesetzt”.
Aaron träumte von einer Erwachsenen-Version. Sicherlich in Wort und Bild mit aller Schärfe unseres libertinistischen Kontinents.
WPG-Wertung: Aaron: 4 (nix kalkulierbar), Hans: 5 (weil er’s hat), Moritz: 4 (einschließlich Graphik-Bonus), Walter: 3 (Zeitvertreib).
2. “Soft Landing”
Aaron hat sich das Spielbrett aus dem Internet beim “Blacksbury Tactical Research Center” runtergeladen. Selbst für hunderte von Pöppeln gab es Vordrucke, doch hier hat sich Aaron die Schneide- und Klebearbeit gespart und die Steine vom Flohspiel als Anleihe genommen.
Jeder Spieler ist Herrscher über einen eigenen Teil der Welt und muß durch Produzieren, Handeln, Investieren und Planen den wirtschaftlichen Konkurrenzkampf gegenüber seinen Mitspielern bestehen. Es gibt einen gemeinsamen Markt mit gemeinsamen Preisen, die sich auf Grund von Käufen und Verkäufen systematisch verschieben. Man kann auch auf “Markt-Manipulation” setzen und darf dann willkürlich an der Preiseschraube drehen.
Jeder Weltteil hat unterschiedliche wirtschaftliche Fähigkeiten: den einen fällt die Produktion fast von alleine in den Schoß, die anderen müssen gut würfeln, um Industrie, Technik, Lifestyle, Ressourcen und Reserven in Schwung zu halten. Die Schwächen in der Produktion werden durch erhebliche Vorsprünge auf der Siegpunktskala ausgeglichen. Z.B. fängt Westeuropa mit 3 Siegpunkten an, Indien bekommt gleich 16 Stück davon. Bei einem erwarteten Finale in der Größenordnung von 30 Siegpunkten ist das mehr als die Hälfte. Im Großen und Ganzen sind die Vor- und Nachteile zwar ausbalanciert, doch wer mit einer hohen Punktzahl anfängt, hat so wenig Handelsfreiheiten, daß das Spielgeschehen im Wesentlichen an ihm vorbeigeht: keine Produktion, kein Handel, nur Beteiligung an den unausweichlichen Katastrophen.
Nach drei Runden hatte sich Indien von 16 auf gerade mal 19 Siegpunkte hochgearbeitet, während Westeuropa von 3 Startpunkten ausgehend bereits bei 13 Punkten angelangt war. Ähnlich lagen die Verhältnisse in Osteuropa. Bei jeglicher Art von Umweltkatastrophen waren sie mit Mehrheit beteiligt. In den nachfolgenden vier Runden schwankten alle Spieler zwischen 17 und 20 Punkten: Was über Militäreinsätze gewonnen wurde, ging durch die Katastrophen wieder verloren.
Unser indischer Moritz fiel immer mehr aussichtslos zurück. Doch er plädierte nicht für einen Spielabbruch. Schon aus Prinzip spielt er jedes Spiel ohne Murren zu Ende. Diesmal war von ihm nur ab und zu ein leichtes verlangendes Stöhnen nach der letzten erlösenden Katastrophe zu hören. Doch als sie dann endlich eintrat und die Schlußrunde einläutete, wurde er mit einem Schlag in eine unanfechtbare Siegesposition gehievt: Er hatte jegliche Produktion in die “New Era Research” gepumpt und bekam dafür in der Schlußabrechnung 9 zusätzliche Siegpunkte gutgeschrieben. Gut gebrüllt, Löwe! “Aber das Spiel war für mich total langweilig. Diese Strategie hätte auch ein 3-Jähriger verfolgen können.”
Es war aber auch ein bißchen Glück dabei. Westeuropa hätte das Spielende auch durch zwei Mega-Katastrophen auslösen können. Dann wäre der “New Era Research”-Bonus erst gar nicht nicht mehr ausgezahlt worden. War das ein noch kalkulierbares Risiko?
Bleibt noch zu sagen, daß Aaron durch einen Verstoß gegen die Spielregel deutlich benachteiligt wurde: Seine unzureichenden Produktionskapazitäten zwangen ihn unaufhörlich, Flohsteine in die Katastophenerwartungsgebiete abzugeben, so daß er schnell überall die Mehrheit hatte und von den ausgewürfelten Katastrophen ständig als Hauptschuldiger betroffen wurde. Er hätte aber pro Katastrophe einen Flohstein wieder zurücknehmen dürfen und so deutlich größere Chancen aufs Überleben gehabt. Er trug’s mit Fassung.
Das Spiel hat ein paar gute Ideen, aber es holpert noch. Der Würfel, der zu 80% die Produktionsvorgänge bestimmt, macht aus dem Wirtschaftsplanspiel ein Roulette. Die Handelsphase braucht mehr Bewegungsfreiheit und die Fesseln im Markt-Lager-Mechanismus müßten gelockert werden. Immerhin hat der Autor Greg Porter auf der notwenigen Strecke von 99% Transpiration zu einem guten Spiel schon ein erhebliches Stück erfolgreich zurückgelegt.
WPG-Wertung: Aaron: 4 (Abwertung wegen Würfelglück), Hans: 3 (für jedes Foul 1 Punkt weniger), Moritz: 5 (er steht über der Langeweile), Walter: 5 (für die guten Ansätze).
3. “Bluff”
Nein, heute kein Bluff. Moritz mußte mit seinem Radl noch durch die Bierleichen vom Oktoberfest kommen.

16.09.2009: Seltsame “Liberté”

Der Abend hatte etwas Seltsames. Unverkennbar waren die Entzugserscheinungen nach der Urlaubspause. Erbitterte Auseinandersetzungen um richtige und falsche Regelauslegungen. Erstmaliges Gefecht um die Ausrichtung des Spielbretts auf dem Tisch. Semiöde Spiele, die den Kopf wachhalten, doch den Fuß einschlafen lassen. Verbale Träume über die Einführung der Guillotine in der bundesdeutschen Politik.
Doch alles der Reihe nach.
1. “Tulipmania”
Zwei alte Hasen gegen drei Frischlinge. Aaron durfte erklären und wurde dabei mehrmals von Walter angezweifelt. Zu Recht und zu Unrecht. Am Ende hatten wir alle fünf ständig Merkprobleme zu den eigentlich ganz einfachen Regeln.
Reihum ist jeweils ein Spieler der “aktive Spieler”, der eine Tulpe an seine Mitspieler verkauft, eine Tulpen-Vorkaufskarte vom offenen Stapel zieht, und aus der Gärtnerei eine neue Tulpe erwirbt. Welcher Mitspieler die verkaufte Tulpe bekommt, entscheidet sich daraus:
a) wer sie überhaupt kaufen will (will ein jeder)
b) wer genug Geld dafür hat (hat ab der zweiten Runde ein jeder)
c) wer den Tie-Break gegen die Mitspieler gewinnt. Das entscheidet eine Tie-Breaker-Karte, die rund um den Tisch wandert.
Auf Grund dieser An- und Verkaufs-Aktionen ändert sich ständig der Preis der verschiedenen Tulpensorten. Erreicht dieser Preis einen Höchstwert, platzt die Spekulationsblase und holter-di-polter werden alle Tulpen dieser Sorte zu rapide fallenden Preisen verschleudert.
Man darf ein bißchen taktisch spielen. Man muß die Tulpenpreise vorsichtig in der richtigen Reihenfolge nach oben schrauben und darf dabei keinem Mitspieler freiwillig zu hohe Spekulationspreise zukommen lassen. Man kann dem schärfsten Kapital-Gegner sogar gekonnt den großen Reibach vermasseln. Vor allem mit vereinten Kräften. Und das ganze ohne direkte Kingmakerei!
Allerdings kann auch eine einzige mehr oder weniger zufällig erworbene Tulpen-Vorverkaufskarte einen Ertragsunterschied von 3000 Gulden nach sich ziehen. Das ist mehr als 10% des Gesamterlöses im Spiel. Gilt dieser Zufallseinfluß noch als ausbalanciert?
WPG-Wertung: Aaron: 7 (ein Punkt mehr, Peter kommentierte das mit “Altersstarrsinn”), Loredana: 5 (“porcărie” – nicht was ihr schon wieder denkt!), Moritz: 3 (“öd, repetitiv, dumm”), Peter: 4 (“ziemlich Sch…”) , Walter: 7 (bleibt, “leider ist das Endspiel ziemlich einförmig”).
2. “Liberté”
Parteienkampf im Frankreich des 18. Jahrhunderts. Es geht nicht um Schwarze, Rote, Grüne und Blaue, es geht um Royalisten, Bürgerliche und Sansculotten. Wir ziehen Einflußkarten, die es erlauben, mit 1,2 oder 3 Abgeordneten einer bestimmten Fraktionen auf ein bestimmtes Departement Einfluß auszuüben. Dieses Prinzip hat “El Grande” bereits vorexerziert. Die Auswirkungen sind hier allerdings etwas komplexer. Ein bißchen. Aber immer noch viel zu einfach, als daß man “Liberté” ein “Die Macher – light” nennen könnte.
Wenn alle Abgeordneten einer Fraktion in den Departements plaziert sind, kommt es zur Wertung. Der Spieler mit der relativen Mehrheit erhält einen Einflußstein. Wer von einer Fraktion die meisten Einflußsteine hat, bekommt pro Runde Siegpunkte.
Hat in einem Departement kein Spieler die relative Mehrheit, so bekommt keiner etwas und alle Abgeordneten werden entfernt. “Guillotiniert” nennt dies die Spielregel. Was wäre, wenn wir im deutschen Bundeswahlrecht eine ähnliche Regelung einführen würden. Hätten wir dann bald keine schlechten Politiker mehr?
Peter bekam gleich als Startausstattung drei tolle Einflußkarten, mit denen er pro Runde insgesamt 8 bürgerliche Abgeordnete in Frankreich verteilen konnte. Damit war er unangefochten Chef der Bürgerlichen und heimste die dickste Siegpunkt-Prämie ein. Walter hatte ein ähnliches Glück mit den Royalisten und kassierte die zweitdickste Prämie. Nachdem jeder Spieler seine besten Karten von einer Runde in die andere mitnehmen kann, wiederholte sich diese Reihenfolge in jeder Runde und Peter war schnell unangefochten an der Spitze.
Loredana fragte: “Bleibt das Spiel jetzt so?” Offensichtlich. Moritz versuchte zu argumentieren, daß es Sonderkarten gäbe, die die Siegbedingungen total auf den Kopf stellen würden. Doch das zog nicht. Denn das würde als Konsequenz bedeuten: Erst erkämpft man sich mit glücklichen Einflußkarten einen Vorsprung, und dann wird man durch unglückliche Einflußkarten vielleicht noch Letzter. Kann man das ein rationales Spieldesign nennen?
Es gibt Sonderkarten, mit denen man einem beliebigen Mitspielern eine beliebige Einflußkarte vernichten kann. Das ist hundertprozentige Kingmakerei, auch wenn es ein notwendiges Korrektiv gegen die Glücksausstattung des Führenden ist. Doch der Zweck heiligt nicht die Mittel. Durch ein verwerfliches Korrektiv kann man keine Fehler im Grundsätzlichen ausbügeln. Schon allein die 300% Effizienzunterschiede in den zufälligen Einflußkarten, ob ich z.B. nur einen einzigen Abgeordneten oder derer gleich drei in die Politik schicken darf, sind eklatante Verstöße gegen Moritz’ anerkanntes Cthulhu-Prinzip.
Zu einer genialen Erfindung gehören wie zu einem genialen Spiel 1 Prozent Inspiration und 99 Prozent Transpiration. Martin Walace und Warfrog habe es sich etwas zu leicht gemacht. Peter konstatierte: “Bei Hans-im-Glück wäre das nicht passiert!”
Der Führende stellte den Antrag zum Spielabbruch und keiner erhob Widerspruch.
Nicht einmal die handwerkliche Produktion konnte befriedigen. Muß man denn unbedingt Spiele in einem Billig-Lohn-Land herstellen lassen, wenn man dort nicht mal in der Lage ist, die notwendige Farbübereinstimmung zwischen Einflußkarten und Departements auf dem Spielbrett zu gewährleisten?
WPG-Wertung: Aaron: 4 (“extremer Glücksfaktor durch die Karten”), Loredana: 5 (gutmütig, wollte keine Tulpen-Partei ergreifen), Moritz: 7 (“nicht das Beste von Walace, aber …”) Peter: 3 (“Null Inspiration, null Transpiration”), Walter: 4 (“Viel Lärm um Unberechenbares”).
3. “Bluff”
Neue Erkenntnisse:
1) Wer gut würfelt, braucht nicht zu bluffen.
2) Wer hinter einem nicht bluffenden guten Würfler sitzt, sollte nicht anzweifeln.
3) Den Nicht-Bluffer kennt man nach 10 Jahren Westpark-Gamers, den guten Würfler nicht. Das ist Stärke und Schönheit von von “Bluff”
Moritz wollte unbedingt eine Kostprobe davon sehen, wie man ein Endspiel mit 1:5-Würfelrückstand gewinnt.
Ganz einfache Demonstration: Der Dicke legt nach der bewährten Immer-4-Strategie 1 mal die Vier vor. Der Dünne hebt auf 3 mal die Vier. Der Dicke legt zwei Vierer heraus, hebt auf 4 mal die Vier und würfelt mit den restlichen 3 Würfeln nach.
Mit 70% Wahrscheinlichkeit hat jetzt der Dicke gewonnen.
Und wenn der Dünne auf 5 mal die Vier hebt? Ich kann um diese Uhrzeit nicht mehr die Wahrscheinlichkeit für den Erfolg dieses Zuges ausrechen, doch heute war es erfolgreich.
Nur noch 4 weitere solche Streiche, und man hätte gewonnen.
Keine neue WPG-Wertung für ein Super-Spiel.

01.09.2009: Mit “Tulipmania” aus dem Urlaub

Cannes, Malediven, Plattensee, wie reimt sich das zusammen?
In Cannes der Peter seine Loredana braucht,
auf den Malediven der Aaron in die Tiefe taucht,
am Plattensee der Walter sich sein Kreuz verstaucht –
so reimt sich das zusammen.
Die Urlaubssaison ist hoffentlich vorüber. Der Westpark ist wieder zum normalen Spiele-Alltag zurückgekehrt.
1. “Tulipmania”
Ein einfaches, hübsches Wirtschaftsspiel. Die einzige Schwierigkeit gab es am Anfang, als jeder Spieler 5 Hundert-Gulden-Scheine ausgeteilt bekommen sollte, im Spielmaterial aber insgesamt nur 24 Hunderter vorhanden waren.
Wir handeln und spekulieren mit Tulpen. Jeder Spieler muß reihum eine Tulpe aus seinem Besitztum verkaufen, in Konkurrenz zueinander bieten die anderem darum, sie zu kaufen. Entsprechend verändert sich der Kurs der gehandelten Tulpensorte. Bei einem “normalen” Kauf steigt der Aktienwert um ein paar Prozente an, bei einem “Spekulationskauf” vervielfacht sich ihr Wert.
Fünf verschiedene Tulpensorten gibt es; ihr Kurswert geht praktisch ununterbrochen nach oben, dynamisch und dennoch friedlich, folgerichtig und dennoch chaotisch. Bis der Kurs einen Höchstwert erreicht und die Spekulation platzt. Jetzt müssen alle Spieler alle Tulpen dieser Sorte auf den Markt werfen. Die Erlöse gehen dabei schrittweise drastisch in den Keller. Wer passende Marktkarten gesammelt hat, ist bei den Spitzenpreisen dabei, wer hier zu kurz gekommen ist, muß seine Restbestände für einen Appel und ein Ei verkaufen.
Bemerkenswert noch der Bietprozeß um die angebotene Tulpe: Jeder zieht verdeckt eine Aktionskarte über Kauf oder Spekulation, über Eigenerwerb oder Verkauf an die Bank. Wer die höchste Aktionskarte gezogen hat, macht den Deal. Bei Gleichheit entscheidet eine um den Tisch wandernde Prioritäts-Karte darüber, wer den Deal macht.
Am Anfang, wenn das Geld noch knapp ist, sind die Aktionen der Spieler recht zurückhaltend; da sind Interessen und Marktverhalten der einzelnen Spieler noch sehr unterschiedlich und die Aktionskarten mit ihren abgestuften Wertigkeiten machen Sinn. Doch unweigerlich schwimmen früher oder später alle im Geld. Dann spielt jeder zwangsläufig nur noch die höchstwertige Aktionskarte. In dieser Phase entscheidet allein die Prioritäts-Karte das Spiel. Schade.
WPG-Wertung: Aaron: 6 (“hat Potential”), Birgit: 5 (“nicht aufregend”), Günther: 6 (störte sich an der Ungerechtigkeit der Prioritäts-Karte), Horst: 7 (“hübsch, aber nicht planbar”), Walter: 7 (“interessant”).
2. “Adel verpflichtet”
Eigentlich war “Automobile” als Hauptspeise des heutigen Abends vorgesehen. Doch der Tulpenhandel hatte – einschließlich einleitendem Palaver – über anderthalb Stunden gedauert, und Birgit und Horst dürfen nicht mit der vorletzten U-Bahn nach Hause fahren, sondern müssen schon um halb zwölf im Bettchen liegen. So begnügten wir uns mit einem bewährten Gericht aus dem letzten Jahrtausend.
In “Adel verpflichtet” wählen wir mittels verdeckter Karten, ob wir ins Auktionshaus oder ins Schloß gehen. Alle Spieler, die in das Aktionshaus gegangen sind, wählen in einer zweiten verdeckten Entscheidung, ob sie dort einen Kunstgegenstand kaufen oder als Dieb den Kaufpreis klauen. Mehrere Diebe im Auktionshaus neutralisieren sich, keiner kriegt den Barscheck. Alle Spieler, die ins Schloß gegangen sind, wählen, ob sie dort ihre bisher ersteigerten Kunstgegenstände ausstellen, oder ob sie dort als Dieb die Ausstellungen beklauen, oder ob sie als Detektiv die evtl. vorhandenen Diebe ins Gefängnis bringen.
Für erfolgreiche Ausstellungen sowie für das Dingfestmachen von Dieben gibt es Siegpunkte. Am Ende bringen die wertvollsten Sammlungen nochmals Bonuspunkte ein. Wer dann die meisten Siegpunkte hat, ist Sieger.
Birgit und Walter kooperierten erfolgreich im Auktionshaus. Einer erwarb einen Kunstgegenstand, der andere klaute den Kaufpreis. Immer abwechselnd. Bis Günther dazwischenfunkte und mit seinem eigenen Dieb das Klauen neutralisierte und die Schecks in der Bank verschwanden. Birgit und Walter machten sich nun auf in das Schloß, um auch hier in Absprache zueinander abwechselnd Ausstellungen durchzuführen und dafür Punkte zu kassieren bzw. sich zu beklauen. (Daß sie beide davon hätten profitieren können, wenn jeder eine Ausstellung organisiert, das ist ihnen im Eifer des Gefechts entgangen.) Doch auch hier störte Günther wieder das einvernehmliche Techtelmechtel und zerbrach mit seinem Detektiv die schöne Harmonie.
Inzwischen hatte sich Aaron ganz klammheimlich eine unschlagbare Kunstsammlung zusammengeklaut, sattelte zielgerichtet in eine ehrbare Galeristenlaufbahn um und wurde unangefochten Sieger.
1990 wurde dieses Spiel zum “Spiel des Jahres” gekürt. Auch heute ist es in vieler Beziehung immer noch modern. Zumindest was seine Eignung als pfiffiges Familienspiel betrifft.
WPG-Wertung: Aaron: 6 (“ein Spiel der 80er Jahre” – Das gilt als Einschränkung!), Birgit: 7 (“lustig, aber geistig nicht besonders anspruchsvoll” – Halt wie ein Spiel des Jahres), Günther: 7 (“gelungenes Familienspiel”), Horst: 9 (“ein glatter Neuner”), Walter: 7 (“auf Dauer vielleicht etwas kantig”).
3. “Poison”
A la “6-nimmt” legen wir jeweils eine Karte aus der Hand an ausliegende Kartenstapel auf dem Tisch an: jede Karte (rot, blau, violett) muß zum passenden gleichfarbigen Stapel gelegt werden. Überschreitet die Summe der Kartenwerte eines Stapels den Wert 13, so muß der Spieler alle Karten dieses Stapels an sich nehmen.
Am Ende zählen alle kassierten Karten Minuspunkte, nur die Karten einer Farbe, von denen ein Spieler mehr als seine Mitspieler hat, sind kostenfrei.
Das Spiel ist ein schneller, gelungener Absacker. Wer glaubt, darf sich bei der Zugabe seiner Karten sogar tiefschürfende Gedanken machen. Wer weniger glaubt, lebt von der Hand in den Mund und hofft, daß ihm am Ende gar nichts oder die Mehrheit einer Farbe in den Schoß fällt.
Günther hatte eine Strategie. Verraten hat er sie allerdings nicht. Immerhin wurde er Sieger.
WPG-Wertung: Aaron: 6 (“6 nimmt” ist besser), Birgit: 7 und Horst: 8 (“perfekter Absacker”) konnten mir ihren Noten den bisherigen WPG-Durchschnitt nur um einen Zehntel Punkt nach unten drücken.
4. “Bluff”
Günther war in Zweifellaune. Aaron hatte das schnell durchschaut und Günther bekam Gegenwind. Bei insgesamt 12 Wertungswürfeln zweifelte er 9 mal die Fünf an. Zu früh. Jetzt wollte er mit dem Kopf durch die Wand und hob Aarons 4 mal Vier auf Fünf mal Zwei. Das war sein letztes Gebot des Abends.
Im Endkampf Walter gegen Aaron lies sich mit einer 5:1-Ausrüstung leicht Katz und Maus spielen.
Keine neue WPG-Wertung für ein Super-Spiel.

12.08.2009: Zweimal Gift am Westpark

“Es ist ein schöner Zug der neueren Zeit, daß man in den größeren Zirkeln eingesehen hat, daß das Spiel eigentlich nur eine Schulkrankheit oder ein modischer Deckmantel für Geistesarmut ist. Man hat daher Whist, Tarock, Pharao und dergleichen den älteren Herren und einigen Damen überlassen, die nun einmal die Konversation nicht machen können.
In Frankreich freilich spielen in Gesellschaften Herren von zwanzig bis dreißig Jahren, es sind aber nur die armseligen Wichte, die sich nach einem englischen Dandy gebildet haben, oder die selbst fühlen, daß ihnen der Witz abgeht, den sie im Gespräch notwendig haben müßten.”
Das schrieb der sterbliche Dichter des unsterblichen “Kleinen Muck”. Von Märchen hat er mehr verstanden!
(Gralsfrage: Wurde damals etwa schon “Monopoly Deal” gespielt?)
1. “Veleno”
Das Spielbrett sieht aus wie das Innere eines Halmaspieles (oder wie ein “Abalone” bzw. ein “Einfach Genial”). Auf jedem Schnittpunkt der Linien liegt eine Glaslinse in den Farben weiß, rot, grün, gelb oder blau. Eine davon ist der “Beweger”. Jeder Spieler darf in seinem Zug diesen Beweger auf ein benachbartes Feld schieben und die dort liegende Glaslinse an sich nehmen. Wenn in der unmittelbaren Nachbarschaft des Bewegers keine Linse mehr liegt, ist das Spiel zu Ende.
Die Wertung ist einfach, aber doch bemerkenswert: Für jede weiße Kugel bekommt man 10 Siegpunkte, für jede andere Farbe bekommt man das Quadrat der Linsen-Anzahl, die man hiervon gesammelt hat. Doch das total Neue innerhalb der Abrechnung ist: Für jeden Spieler zählen die eigenen Siegpunkte plus die Siegpunkte des rechten Nachbarn. Es geht also nicht nur darum, selber die lukrativsten Glaslinsen zu ernten, man muß auch seinem nächsten Mitspieler möglichst viel gönnen und allen anderen nicht. Der nächste Mitspieler wiederum nimmt nicht einfach, was ihm zugeschustert wird, sondern er versucht seinerseits die eigene Ausbeute plus die des rechten Nachbarn zu maximieren.
Drei Spieldurchgänge zu je drei Minuten Spielzeit spielten wir mit wachsenden taktischen Überlegungen: immer mehr Altruismus für die Rechten und immer mehr Miesnickeligkeit für die Linken. Wenn Hans dabeigewesen wäre, hätte er sicherlich das Matt in 10 Zügen berechnen wollen. (Und vielleicht können.)
WPG-Wertung: Günther: 6 (“einfache Regeln, originelle Partnerschaft”), Moritz: 5 (“Das Spiel ist zu kurz. Es sollte auch bin bißchen komplexer sein.”), Walter: 5 (“Die Kürze ist ein Vorteil, das Deterministische ein Nachteil”)
2. “Cosmic Encounter”
Neueste Version: Veränderte Zielvorgaben, neue Kampfkarten, ganz neue Technologie-Karten. Moritz konnte zudem noch mit unserer aktuellen Spieleranzahl locken: “Zu dritt ist das chaotische Element deutlich reduziert.” Bei den Monopoly-Deal-gestählten Chaoten regte sich keinerlei Widerspruch.
Jeder Spieler siedelt mit seinen 20 Pöppeln auf einer eigenen Galaxie und hat gewonnen, wenn er auf fremden Galaxien insgesamt fünf Pöppel-Basen errichtet hat. Diese Fremd-Basen bekommt man durch Kampf, den man pro Zug ganz willkürlich vom Zaune bricht und dabei Mitspieler einlädt, sich an der Aggression zu beteiligen. Der Angegriffene kann ebenfalls Mitspieler zur Verteidigung einladen. Sind die Truppenstärken auf beiden Seiten festgelegt, wird der Ausgang des Kampfes ermittelt. Entscheidend für Sieg oder Niederlage sind die Kampfkarten, die das Schicksal ganz zufällig unter den Spielern ausgeteilt hat. Wer Glück hat, bekommt die Kämpfstärke 40, wer Pech hat, nur eine Kampfstärke von 0 (in Worten: Null!). Durch weitere zufällige Zusatzkarten kann man anschließend den eigenen Kampfeinsatz leicht erhöhen, durch besondere, ebenfalls zufällige Technik-Karten die Kampfstärke des Gegners gravierend dezimieren.
Moritz als alter Haudegen, der schon tausende von “Cosmic Encounter”-Partien absolviert hat, wußte natürlich, “Man muß darauf achten, welche Karten die anderen haben.” Das ist aber keine Gedächtnisleistung, das ist ein intuitiver Geniestreich, den nur erfahrene Cosmictiker im Repertoire haben.
Für den Spielausgang sind weiterhin die individuellen Charaktere bestimmend, die jedem Spieler zufällig zugeteilt werden und Vorteile verschiedenster Art mit sich bringen. Walter war z.B. Nekromant und konnte als solcher jeden verstorbenen Pöppel zur eigenen Truppenstärke hinzuzählen. Nachdem sich Walhall schon sehr früh mit ganzen Heerscharen erschlagener Krieger angefüllt hatte, war er im Kampf praktisch nicht mehr zu schlagen. Frohgemut machte er sich auf ins letzte Gefecht, da hatte Günther eine Technik-Karten gezogen, die Walters Nekromantie neutralisierte und nix wars. Moritz zog unmittelbar darauf auch noch die Wiederauferstehungskarte, die alle Toten wieder zum Leben erweckte und damit war – in Verbindung mit lauter Luschen als Kampfkarten in Walters Hand – der Spielausgang nochmals offen.
Moritz bekam jetzt Oberwasser. Nach einem deprimierenden Start, bei dem er nahezu keinen einzigen Kampf gewinnen konnte, und den nur er dank seiner tausendfachen Erfahrung überhaupt mental verkraften konnte, errichtete er jetzt erfolgreich Basis für Basis und lud zum Schluß sogar Günther in einem ungewohnten Kampfgenossen-Schulterschluß dazu ein, gemeinsam die fünfte und letzte Basis zu errichten. Vielleicht hatte er auch Walters Luschen nicht hundertprozentig auszählen können.
In jedem Fall war es ein “entspanntes, interaktives Dreierspiel”! Kein Kampf um Leben und Tod, sondern lustiges Ringen mit dem Zufall. Im Gegensatz zu “Monopoly-Deal” bewirken die mächtigsten Zufallskarten in “Cosmic Encounter” ja auch nicht, daß einer sofort gewinnt, sondern daß ein anderer Spieler sofort nicht gewinnt. Und das ist qualitativ doch etwas ganz anderes!
WPG-Wertung: Günther: 6 (nicht mein Freakspiel), Moritz: 10 (ein Muß), Walter: 6 (gelungenes Chaos)
3. “Poison”
Das Spiel besteht aus 50 Karten in 3 Farben mit Zahlenwerten zwischen 1 und 7, und einer weiteren Jokerfarbe mit lauter Vierern. Die Karten werden unter die Spieler verteilt und anschließend spielt jeder reihum jeweils eine Karte aus.
Liegen bereits Karten der ausgespielten Farbe auf dem Tisch, so muß die Karte hier angelegt werden, liegt noch keine Karte davon aus, wird damit ein neuer Stapel angefangen. Eine Karte von der Jokerfarbe darf an jeden der ausliegenden Farbstapel angelegt werden.
Überschreitet die Summe der ausgelegten Zahlenwerte eines Stapels den Wert 13, so muß der Spieler diesen Stapel einstreichen. (Leichte Ähnlichkeit mit “6-nimmt”.) Am Ende zählt hier jede Karte einen Minuspunkt, jede Jokerkarte sogar zwei Minuspunkte. Ausnahme: Wer von einer Kartenfarbe mehr Karten als die Mitspieler einstecken mußte, bekommt dafür überhaupt keine Minuspunkte.
Das Bestreben eines jeden Spielers muß es demnach sein:
a) Möglichst gar keine Karten zu bekommen.
b) Wenn sich Ziel a) nicht erfüllen läßt, dann die meisten Karten einer Farbe zu bekommen (und darunter möglichst keine Jokerkarten zu haben).
Zunächst wirkt der Spielmechanismus ziemlich einfach und im wesentlichen von der ausgeteilten Kartenhand bestimmt. Moritz schlug zur Würze sogar vor, einen Dummy-Spieler einzuführen, der regelmäßig eine zufällige Karte dazugibt und damit die Entwicklung der Kartenstapel auf dem Tisch etwas aufmischt. Doch ganz schnell kamen wir darauf, der Ablauf “ist gar nicht so dumm”, und keiner wollte mehr von Moritz’ Modifikationswürze etwas wissen.
Jeder muß seine ausgeteilte Kartenhand bewerten und dabei abwägen, in welcher Farbe er wohl unvermeidlich mindestens einen Stich bekommt. In dieser Farbe sollte er dann gleich die Mehrheit an Karten anstreben. Doch darf er seine Lieblingsfarbe nicht zu früh verraten, damit ihm die Mitspieler hier nicht alle Joker-Minuspunkte hineinhauen. Den strategischen Ambitionen sind nach oben hin keine Grenzen gesetzt.
WPG-Wertung: Günther: 8, Moritz: 7, Walter: 7.
4. “Rumis”
Kurz vor Mitternacht eine erneute Begegnung mit dem zweiten “Spiel des Monats” in der Geschichte der Westpark-Gamer. Erstmals hatten wir alle Schwierigkeiten, die Bauklötzchen ineinander zu legen, ohne das dabei entstehende Gebilde umzuwerfen. Schließlich sind wir alle fünf Jahre älter geworden und die Feinmotorik hat nachgelassen. Vielleicht lag das aber auch an den Temperaturen draußen auf der Terrasse am Westpark.
Weiterhin Freude und Entspannung. Unsere Wahl aus dem Jahre 2004 bekommt immer noch die volle Zustimmung.
5. “Monopoly Deal”
Günther hat endlich bekannt, warum er diesem geilen Spielderivat ein paar Wertungspunkte gegeben hat: “Man kann Monster plattmachen!” Gegönnt haben wir ihm und uns diese Freude allerdings nicht mehr.
Keine neue WPG-Wertung für ein Nullsummenspiel.

05.08.2009: Spiele von Günther

Die Vordiskussion bestimmte das Thema “Monopoly”. Dieses Spiel lag zwar noch nie am Westpark auf dem Tisch und es wird wohl auch niemals den Weg dorthin schaffen, doch Diskussionen, ob und wie man in diesem Spiel sein Schicksal beeinflussen kann, gibt es immer wieder.
Im Internet gibt es Statistiken, welche Felder im Spiel am häufigsten betreten werden und welche Straßen und Gebäude demnach die größten Siegchancen bieten. Irgend jemand hat ausgerechnet bzw. behauptet, daß man mit den Bahnhöfen anfangen soll und später auf die hellblaue Elisenstraße umsteigen soll. Walter hegt hier erhebliche Zweifel, ob die Randbedingungen auch richtig positioniert sind. Wie steigt man überhaupt von einem Besitzstand auf einen anderen um? Braucht man da einen Dummen, der auf Roßtäuschertricks reinfällt?
Nach allgemeiner Erfahrung wird in der Einschwingphase das Besitztum an Straßen und Gebäuden vergeben, dann folgt eine kurze bis einmalige Tauschphase, in der getauscht wird, so daß jeder mindestens eine vollständige Straßengruppe besitzt, und dann wird gewirtschaftet und monopolisiert, bis am Ende nur noch einer übrigbleibt. Da gibt es keine Umschichtung mehr. Oder habt ihr das anders in Erinnerung?
Auf lange bzw. unendliche Sicht gesehen ist Schloßallee und Parkstraße mit Häusern und Hotels voll gespickt wertvoller als alle 4 Bahnhöfe. Mit Bahnhöfen allein kann man innerhalb der 3-Sigma-Grenzen keinen in die Knie zwingen, sehr wohl aber mit den dunkelblauen Prachtstaßen. Will das jemand bezweifeln?
Moritz pochte strikt auf die Bahnhofsstatistiken im Internet. Schließlich hat er sich sehr intensiv mit der Materie beschäftigt, weil er bei “Galileo” dazu ja auch Spieltips zu besten geben mußte. Da stecken offensichtlich ganz andere Spielerfahrungen dahinter. Einig waren wir uns immerhin, daß Wasserwerk und Elektrizitätswerke die schlechtesten Investitionen des ganzen Spiels sind.
1. “Nofretete”
Auf dem Spielbrett gibt es vier Märkte, zu denen jeder Spieler seine Diener hinschicken kann. Ist der Markt gefüllt – dazu muß eine bestimmte Kombination von Dienern vorhanden sein – wird der Markt gewertet: Jeder Spieler darf jetzt für jeden seiner Diener bestimmen, ob er einen definierten Geldbetrag in die Marktkasse bezahlt und dafür eine Siegpunktkarte nimmt, oder ob er die Hälfte des Geldes, das sich gerade in der Marktkasse befindet, an sich nimmt und dafür auf eine Siegpunktkarte verzichtet.
Es gibt verschiedene Typen von Siegpunktkarten mit unterschiedlichen Werten. Am meisten bekommt man für einen Kartentyp, wenn man ihn ganz alleine besitzt. Der Wert sinkt, je mehr Spieler von diesem Kartentyp Anteile haben.
Mit manchen Siegpunktkarten auf dem Markt erhält man zusätzlich ein “Siegel”, mit dem man in einem seiner nächsten Züge Aktionskarten aktivieren kann: z.B. asynchron eine Siegpunktkarte vom Markt nehmen, Siegpunktkarten mit einem Spieler tauschen, oder Siegpunktkarten mit erhöhter Prämienausbeute sofort in Siegpunkte verwandeln.
Man kann lange nachdenken,
a) auf welchen Markt man seinen Diener schickt
b) welchen Rang (Zugreihenfolge beim Werten) der Diener dort einnehmen soll
c) ob der Diener bei der Abrechnung Geld gegen Karten hingeben oder Geld gegen nix herausnehmen soll.
d) in welcher Spielphase man sein Siegel einsetzen soll
e) für welche Aktionen man sein Siegel einsetzen soll.
Kein Zug baut auf dem anderen auf. Jedesmal, wenn man an die Reihe kommt, steht man vor einer neuen Marktsituation mit neuen konkurrierenden Dienern und einer neuen Verteilung von Siegpunktkarten in der Hand der Mitspieler. Mensch, kann man da rechnen! Jedesmal.
Das fiselige Denken ist nicht nach jedermanns Geschmack. In einer lockeren Familienrunde aus dem Bauch heraus gespielt, ist es ein schönes Spiel. Dazu paßt vorzüglich, daß unser Marathondenker Letzter und der Blitzbauchagierer Erster geworden ist!
WPG-Wertung:
Günther: 7 (“einfaches Spiel, hab’ aber doch manche Komplexität nicht überblickt.” Seine Strategie bestand darin, alle 8 Stühle zu besetzen, doch im Mittelspiel ging ihm dann das Geld aus.)
Hans: 6 (zu komplex für zu wenig Strategie, die Züge bauen nicht aufeinander auf, sondern jeder Zug erfordert einen neuen Opportunismus, unabhängig von der Vorgeschichte).
Moritz: 7 (wurde an “Amun Re” erinnert; verfolgte 2 Strategien: viel Geld zu machen und bei den Siegpunktkarten zu diversifizieren, um damit den Mitspielern den großen Reibach zu vermaseln).
Walter: 6 (Für jeden Zug kann man eine neue elende Optimierungrechnerei anstellen. Das ist am Westpark tödlich.)

2. “Fits”
Ein Spiel aus der diesjährigen Vorschlagsliste zum Spiel-des-Jahres, also ein Pflichtprogramm am Westpark.
Jeder Spieler hat den gleichen Satz von Bauklötzchen, wie wir sie von “Tetris” her kennen. Pro Runde muß jeder Spieler seine Bauklötzchen mehr oder weniger lückenlos auf seinem Spielbrett einsortieren. Die Klötzchen fallen allerdings nicht von Himmel, sondern die Reihenfolge, in der sie – von allen Spielern simultan – verwendet werden müssen, wird zufällig bestimmt, und jeder hat beliebig lange Zeit darüber nachzudenken, wie er das jeweils nächste Klötzchen auf dem Spielbrettboden verbaut.
Die Spielbretter enthalten ein Karomuster, auf dem bestimmte Kästchen markiert sind. Wenn diese Kästchen am Spielende frei geblieben sind, gibt es dafür Punkte, positive oder negative. Wer nach einer bestimmten Anzahl von Runden am Ende die meisten Pluspunkte gesammelt hat, ist Sieger.
Die sattsam bekannten Mechanismen von Tetris sind die Basis des Spieles. Dazu gibt es eigentlich nichts weltbewegend Neues. Doch die Gestaltung als Gruppenspiel ist gelungen und kann in einer geometrisch-ausgerichteten Patchwork-Familie viel Freude bereiten.
WPG-Wertung:
Günther: 7 (ein Muß für ihn als Allesspieler. Viele Grüße an Unna!)
Hans: 6 (die geometrische Herausforderung sollte ihm eigentlich liegen)
Moritz: 5 (zu wenig Aktionismus)
Walter: 6 (für die unbekannteFamilie)

3. “Monopoly Deal”
“In diesem atemlos schnellen Spiel kann das Glück von einer einzigen Karte abhängen.” Damit protzt die Spielanleitung. In der “Banana Republik” hat man dieses Prinzip mit der simplen Karte “Schröder’sche Neuwahl” realisert. Wer dort diese Karte zieht und ausspielt beendet das Spiel und ist Sieger. Am Westpark kann so ein Prinzip nicht punkten. Überhaupt nicht. “Monopoly Deal” kam heute auch nur deshalb auf den Tisch, weil eine lockere Dödelstimmung herrschte.
Das Kartenspiel versucht die Prinzipien von “Monopoly” zu nutzen und die Spieler mit dem Besitztum von Schloßallee und Parkstraße zu beglücken.
Es gibt kein Spielbrett und keine Pöppel, die hier ihre Würfelrunden drehen, sondern man zieht Karten vom verdeckten Stapel und erhält damit entweder Geld, oder Bahnhöfe, oder Straßen oder Häuser, oder Hotels, oder man kassiert Miete (die man von einem beliebigen Mitspieler fordern darf!) oder man kann irgendwelche Phantasiesummen von irgendwelchen Mitspielern eintreiben.
Das funktional Beste ist noch die “Zwangstausch”-Karte, die es erlaubt, ein beliebiges Grundstück mit einem Mitspieler zu tauschen. So eine Ereigniskarte fehlt im Original-Monopoly, denn dann brauchte ein Spieler, der in der Einschwungphase keinen vollständigen Straßenzug erhalten hat, die Hoffnung auf einen solchen bis zu seiner endgültigen Pleite nicht aufzugeben.
Nach Erklärung der verschiedenen Karten hätte Walter das Spiel am liebsten gar nicht erst begonnen. Zufällig irgendwelche verdecken Karten zu ziehen und damit seinen Reichtum zu fördern bzw. den Mitspielern etwas wegzunehmen, bis einer die Siegbedingung erfüllt hat, kommt doch wohl gleich hinter einem reinem Zeittotschlagen. Doch Moritz, der grundsätzlich für jede spielerischen Idee aufgeschlossen ist, drängte auf den Start: “Besser als Snuff”!
Das Schicksal rächte sich bitterlich. Er bekam keine einzige Geldkarte auf die Hand und mußte reihum seine wenigen anvertrauten Pfunde auch noch an die gnadenlos wuchernden Mitspieler abgeben. Seinen einzigen Trost mußte er im vielgeschmähten Wasser- und Elektrizitätswerk suchen! Ziemlich sicher fand er ihn dort auch nicht!
Hans hatte fast die Siegbedingung erfüllt, als Günther die Karte zog, mit der er Hans einen vollständigen Straßenzug wegnehmen durfte. Hans konnte zwar noch mit einer “Nix da”-Karte kontern, doch Günther konnte diese Abwehr mit einer eigenen “Nix-da”-Karte unterlaufen. Mit einer weiteren Jokerkarte komplettierte er noch die Bahnhöfe und beendete das Spiel als Sieger. Das erste und letzte “Quasi-Monopoly” am Westpark.
WPG-Wertung:
Günther: 4 (in memoriam Unna! “Es gibt andere Monopoly-Derivate, die wirklich grottenschlecht sind!”)
Hans: 2 (kein Kommentar)
Moritz: 1 (“Aus dem Thema hätte man was machen können!”)
Walter: 1 (“nix für mich”)

Es gibt nur 4 von weit über 500 Spielen, die am Westpark schlechtere Noten bekommen haben.
4. “Flaschenteufel”
Moritz durfte zwischen “Flaschenteufel” oder “Bluff” wählen. Er entschied sich für sein 9 Punkte gegenüber seinem 8 Punkte Spiel.
Keiner der Spielrunde hatte Zweifel darüber, daß jeder im “Flaschenteufel” sein Schicksal selber in der Hand hat. Auch wenn bestimmte Kartenkonstellationen das Leben schwer machen können.
Jeder ertrug seine Niederlagen mit Fassung, jeder konnte auch plausibel begründen, wegen welchen spieltechnischen Fehlern er den Teufelsstich nicht mehr losgeworden ist. Fast so analytisch wie im Individual-Bridge.
5. “Bluff”
Trotz des späten Abend entstand bei diesem Spiel die größte Spielfreude und es wurde am meisten gelacht.
Keine neue WPG-Wertung für ein Super-Spiel.

29.07.2009: Der Westpark in der Isarvorstadt

Die Moritzens sind umgezogen und luden die Westparker zur vorläufigen Wohnungseinweihung auch gleich in die neue Wohnung ein: eine wunderschöne Etagenwohnung in der Isarvorstadt, mit einladender Gastronomie direkt vor der Tür. Baugerüste vor den Fenstern und Dixi-Klo vor der Haustür müssen noch abgeräumt werden, aber das Spielzimmer ist schon perfekt: rund herum bis unter die Decke ist die umfangreiche Spielesammlung auf die hohen Altbauregale verteilt, und zwei wunderschöne Spieltische lassen alle Teilnehmerbegrenzungen vergessen machen.
Natürlich sind die Parkplätze knapp und die Anreise per Auto ist problematisch. Unser ländlicher Autofahrer ist zuhause geblieben und die innerstädtische Gäste standen bei der Wahl zwischen Fahrrad oder U-Bahn plus Fußweg zwischen Scylla und Karybdis: Was an U-Bahn gewonnen wird, geht an Fußweg verloren, denn die Isar fließt halt nicht neben der U6. Doch sowohl die jungen als auch die älteren Herrschaften verzichteten heute trotz des herrlichen Sommerwetters aufs Fahrrad.
1. “Schatten über Camelot”
Ein kooperatives Spiel, bei denen die Spieler gemeinsam gegen die Unbilden des Kartenzufalls antreten müssen und in Kämpfen gegen Drachen und Magier, Sachsen und Pikten, Verzweiflung und Trostlosigkeit punkten und über die Runden kommen müssen.
Entschieden werden die Kämpfe über zufällige gezogene Karten, die die Mitspieler rechtzeitig in richtiger Anzahl und Nomination an die verschiedenen Turnierplätze transportieren müssen. Gewinnen sie die einzelnen sich zufällig aufbauenden Herausforderungen, bekommen sie weiße Schwerter und neue Leben, verlieren sie diese “Quests”, so gibt es schwarze Schwerter und Lebenspunkte werden abgezogen. Sind bei Spielende mehr weiße als schwarze Schwerter auf dem Brett, dann haben alle zusammen gewonnen.
Einer der Mitspieler kann verdeckt und zufällig die Schurkenrolle zugeschustert bekommen. Er kann dann den Guten im Kampf gegen das Böse auch noch Knüppel zwischen die Beine werfen, und er gewinnt, wenn die Guten ihre Siegbedingung nicht rechtzeitig erfüllen können. Das schafft einen gewollten Mißtrauensfaktor: es gilt herauszufinden, ob der Schurke dabei ist und wer es ist. Wenn er identifiziert wurde, sind seinen Aktionen eingeschränkt.
Zufällig war in unserer 7er Runde der Schurke nicht dabei. Verdächtigungen gab es natürlich trotzdem. Warum hortet einer Aktionskarten in der Hand, anstelle sich am Kampf gegen die Ossis zu beteiligen? Warum reißt sich einer das Excalibur unter den Nagel, obwohl doch andere Spieler die Vorarbeiten dazu geliefert haben? Warum quasselt einer so fahrig, obwohl er das Rentenalter noch nicht erreicht hat? Überzeugende rationale und irrationale Indizien für unfehlbare Hexenprozesse!
Die tödlichen Siegbedingungen des Bösen konnten leicht abgewehrt werden, und der Siegeszug der Guten war mehr oder weniger ein ungefährdeter Durchmarsch. Eigentlich eine unglückliche Konstellation.
Obwohl solche kooperativen Spiele in der Mehrheit nicht zu unseren Lieblingsspeisen gehören, und obwohl auch der erweiterte Spielerkreis erhöhte Anforderungen an die zeitliche Geduldstoleranz stellte, blieb die Stimmung gut. Die Hauseinweihung hatte den Ausschlag gegeben. Glücklicherweise. Jeweils fünf Minuten zu warten, um einen Zug tun zu dürfen, der im Prinzip von Anfang an feststeht, dafür muß man seine spielerischen Ambitionen schon recht deutlich zurücknehmen. Es funktioniert nur, wenn Gesellschaft und Kommunikation im Vordergrund stehen. Wie heute.
WPG-Wertung: Aaron gibt zwei Punkte mehr (war das ernsthaft?), Walter einen Punkt weniger. Die anderen äußerten sich nicht explizit.
2. “Die Erben von Hoax”
Die Spieler bekommen verdeckt Rollen zugeteilt und müssen versuchen, diese ihre Rolle so lange wie möglich geheim zu halten.
Jeder Mitspieler darf sich jede Rolle anmaßen und deren Privilegien genießen, z.B. Brot, Wein oder Gold von der Bank einzustreichen, diese Gaben von den Mitspielern wegzunehmen oder sie zu tauschen. Jeder Mitspieler darf den anderen diese Anmaßung streitig machen. Der “Baron” erklärt es für illegal, der “Richter” verurteilt das, der “Mönch” verzeiht es, der “Magier” ist gegen alles immun, der “Dieb” kümmert sich einen Scheißdreck darum und der “Bauer” hat eh keine Rechte.
Wenn einem Spieler mehrheitlich angezweifelt wird, ob er eine bestimmte Rolle besitzt, und die Mehrheit hat recht, dann darf er diese Rolle nicht mehr einnehmen. Hat die Mehrheit unrecht, dann bekommt dieser Spieler Siegpunkte und scheidet für diese Runde aus dem Spiel aus. Zwangsweise müssen die Spieler nach und nach ihre Rolle offenbaren und scheiden aus, bis zum Schluß nur noch einer übrigbleibt und dafür Siegpunkte bekommt.
Ein wesentlicher Bestandteil von gutem Spiel besteht darin, seine zugeteilte Rolle so lange wie möglich zu verbergen. Wie macht man das?
Nimmt man jetzt immer die gleiche Rolle ein, um nichts zu verraten oder nimmt man aus dem gleichen Grunde statistisch verteilt alle möglichen verschiedenen Rollen ein? Meldet man sich oft genug vorlaut gegen die Rollenspiele der anderen, um mit Gewinn daraus hervorzugehen, oder hält man sich vornehm zurück und wartet auf das Endspiel?
Peter legte vorzügliche Bluffs hin, die durch ihre metaphysische Undurchsichtigkeit dann doch wieder durchsichtig wurden. Loredana sonnte sich mit soviel Selbstzufriedenheit in ihrer Immunität als Magier, daß ihr auch dies zum Verhängnis wurde. Genauso ging es Walter mit seinen Rollen-Emotionen als Richter und Dieb. Nur mit Hans taten sich alle schwer. Und was war sein Geheimnis? Dreimal dürft ihr raten! – Er dachte über seinen jeweiligen Zug so lange nach, bis den Mitspielern einfach die Lust verging, seine Denkvorgänge auch nur ansatzweise nachzuvollziehen. So blieb er bis zum Schluß der große Unbekannte. Ein probates Mittel um “Hoax” gewinnen. Vor allem, wenn die Konkurrenten nervös werden, weil sie zu vorletzten U-Bahn abdüsen müssen.
Keine neue WPG-Wertung für ein 6.5 Punkte Spiel.
Aaron und Walter konnten zum ersten Mal am eigenen Leib nachvollziehen, was es heißt, zur vorletzten U-Bahn aufbrechen zu müssen.

22.07.2009: Nach der Flut ging es um Kopf und Kragen

Sonnenfinsternis in China und Moritz fährt mit dem Fahrrad zum Westpark. Wie reimt sich das zusammen?
Ganz einfach: Die Sonne zieht ihre Kreise um die Erde und manchmal kommt ihr der Mond in die Quere. Moritz zieht mit Sack und Pack um in die Isarvorstadt und ihm kommt leider niemals eine U-Bahnstation in die Quere.
Doch mit dem Fahrrad schafft er den Weg in 12 Minuten. Ab sofort wird Peter alleine zur vorletzten U-Bahn hetzen müssen.
Moritz' Frau hofft dagegen bis jetzt immer noch vergeblich auf ein Pedelec. In letzter Sekunde sagte sie die Tour d’ Ouest ab und überlies den Westpark einem unverdrossenen männlichen Trio.
1. “After the flood”
Vor weniger als einem halben Jahr zum ersten Mal gespielt, konnte sich heute keiner mehr an die Regeldetails erinnern. Moritz mit dem englischen Regelheft und Aaron mit der deutschen Version durften mit vereinten Kräften sich und dem einsamen Zuhörer die Regeln vortragen. Nach kaum einer Stunde war die allseitige Wiederholung bewältigt.
Im alten Sumerien müssen wir Reiche gründen und entweder durch Tauschen und Bauen oder durch Mord und Totschlag Siegpunkte erwerben. Während sich Aaron und Walter noch mit dem Polieren ihrer Pflugscharen die Zeit vertrieben, hatte Moritz im Nu daraus Schwerter geschmiedet und die Welt erobert. Nach der ersten Runde hatte er bereits den vierfachen Punktevorsprung vor dem Zweiten und einen Unendlichfachen vor dem dritten Spieler.
In der zweitem Runde war er nicht so erfolgreich, und wir durften wieder hoffen, daß die kommerzielle Variante der sumerischen Welteroberung der militärischen vielleicht doch noch Parioli bieten könnte. Immerhin gibt es sogar noch einen goldenen Mittelweg: Wer weder als Eroberer noch als Krämer direkt punkten kann, der kann seine Aktionen aufs Sparkonto einzahlen und auf eine ertragreichen Zukunft bauen.
In jedem Fall gilt, daß lukrative Reiche den Mitspielern so teuer wie möglich gemacht werden müssen. Wer hier allerdings seine Mittel verpulvert und trotzdem den kürzeren zieht, hat sich selbstlos für die Konkurrenz aufgeopfert. Gedankt wird es ihm nicht.
Weiterhin gibt es Landstriche, z.B. dort, wo der blaue Lapislazuli eingehandelt wird, die für den Sieg quasi unverzichtbar sind. Wer sich hier festsetzt, hat den Sieg auch schon halb in der Tasche. Nach unseren bisherigen Erfahrungen konnte sich immer relativ früh einer der Spieler irgendwo irgendwie eine uneinholbare Monopolstellung erwerben. War das Können oder ist der Glückliche hier jedesmal zufällig in eine Balance-Schwäche des Spieldesigns gefallen?
WPG-Wertung: Aaron: 6 (“nicht ausbalanciert”) , Moritz: 8 “stimmige Thematik, Kampfsituation für 3 Spieler sehr gut gelöst”), Walter: 7 (“für mehr Punkte etwas zu trocken”)
2. “Um Krone und Kragen”
Moritz’ erstes selbst-entwickeltes Brettspiel harrt noch seiner Publizierung, “Um Krone und Kragen” verdankt ihm immerhin schon seinen Namen.
Jeder würfelt mit einer ständig steigenden Anzahl von Würfeln. Damit erwürfelt man sich Bonuskarten, die beim weiteren Würfeln helfen sollen, noch bessere Würfelergebnisse zu erzielen. Entweder darf man damit zusätzliche Würfel einsetzen oder ein bißchen an den Würfelergebnissen herummanipulieren. Wer am Ende das allerbeste Würfelergebnis hinlegt, wird Sieger.
Wenn man die Bonuskarten alle kennt, kann man sich vielleicht eine optimale Bonuskartenerwerbsstrategie zulegen. Wenn Fortuna dann auch noch die notwendigen Würfelkombinationen gewährt, hat man gewonnen. Wenn die Glücksgöttin einen Spieler allerdings schon ganz am Anfang übersieht, hat sie Schwierigkeiten, diesen Fehler wieder gutzumachen. Wahrscheinlich ist ihr das aber egal.
Aaron wurde unangefochten Sieger. Wo blieb da sein sprichwörtliches Würfelpech!
WPG-Wertung: Moritz: nimmt dem Spiel einen Wertungspunkt, Walter gibt ihm einen. Die Summe bleibt gleich. Der Durchschnitt auch.
3. “Flaschenteufel”
Haben wir nicht gespielt, aber Moritz hat es nachdrücklich gefordert und als eines seiner Lieblingsspiele apostrophiert. Aaron und Walter waren platt! Haben sie doch tatsächlich seine Hebung auf 9 Punkte übersehen. Wurde ja auch schon vor mehr als einem Jahr bekanntgegeben.
4. “Bluff”
Paradoxien in der Wahrscheinlichkeit. Wie hoch ist die Wahrscheinlichkeit, mit 2 Würfeln eine Fünf zu würfeln? Zwei Drittel? Moritz bestand auf “Zweimal ein Drittel!” Ist das nicht das gleiche? Mindestens zwei Drittel der Mitspieler waren verblüfft. Schlußendlich war einer von zwei Würfeln unter Moritz’ Becher eine Fünf und Aaron hatte verloren.
Der Faden wurde noch weitergesponnen. Im Gegenzug gelang es ihm nicht, mit 4 Würfeln eine Zwei zu würfeln, obwohl die Wahrscheinlichkeit dafür schon bei Einhundertdreiunddreißig Prozent lag! Und schließlich mußte Moritz einen Würfel abgeben, weil von 6 Würfeln keiner ein Stern war. Obwohl auch dafür die Chance hundertprozentig war.
Lag das vielleicht an der Fragestellung? Hätten wir etwa danach fragen sollen, wie hoch die Wahrscheinlichkeit ist, mit einer bestimmten Anzahl von Würfeln KEINE Zwei zu würfeln?
Keine neue WPG-Wertung für ein Super-Spiel.

15.07.2009: Spielen mit Willi

Willi ist ein begnadeter Viel- und Alles-Spieler aus dem hohen Norden (Deutschlands). Seine Spiel-Vorlieben decken sich nicht hundertprozentig mit den Schwerpunkten am Westpark. Dann gibt es harte Diskussionen über die weichen Formulierungen in unseren Spielberichten und Kritiken.
Willi vertritt mehr die schweigende Mehrheit der Spieler und hat auch für Wenig- und Gelegenheitsspieler immer einen guten Kauftipp auf Lager.
Sein größtes Verdienst um die Welt des Spiels ist sein konsequentes Bemühen, allen seinen Schülern vor dem Abitur wenigstens die Grundzüge vom “Doppelkopf” beizubringen. Wenn er sich mit der gleichen Leidenschaft auf die Einführung in das Bridgespiel verlegen könnte, wäre ihm gewiß schon das Verdienstkreuz des Deutschen Bridgeverbandes verliehen worden.
Alle paar Jahre wagt er sich in den Freistaat am Fuße der Alpen und kommt dann auch für einen Abend am Westpark vorbei. So auch heute.
1. “Automobile”
Das Thema ist der Automobilbau mit seinen Problemen von Weiterentwicklung, Produktion und Absatz. Wir bauen Fabriken, engagieren Manager mit unterschiedlichen Vertriebskompetenzen, heuern Verkäufer an, produzieren Wagen und setzen sie ab. Wer am Ende das meiste Geld damit verdient hat, ist Sieger.
Aaron und Günther hatten letzte Woche schon eine Proberunde gedreht, heute durften sie die Neulinge mit den Geheimnisse der Globalisten vertraut machen. Aber ganz vorsichtig, den kleinen Wissensvorsprung darf man ja nicht so leichtsinnig herschenken. Auf die Frage nach dem besten Manager rückte keiner mit der Sprache heraus. Doch als sich Willi intuitiv für Mister Howard entschieden hatte (“sells two cars”), tönten sie sofort: “Den hätte ich auch genommen!”
Es ist eine ziemliche betriebswirtschaftliche Herausforderung, den wechselnden Marktbedarf (zufallsabhängig) und die unterschiedlichen Produktionskapazitäten und Produktionsambitionen der Mitspieler mit seinem eigenen Potential unter einen Hut zu bringen. Jeder Zug bietet einen riesigen Handlungsspielraum, bei jedem Zug könnte man unendlich rechnen, um Kosten und Gewinne zu optimieren. Oft genug wird die Produktion nicht voll ausgereizt, weil man Absatzschwierigkeiten fürchtet, oft genug hat man Überkapazitäten nicht berücksichtigt und bleibt unter hohen Verlusten auf seiner Produktion sitzen. Das richtige Timing ist alles.
Die Zugreihenfolge wechselt nach strategischen Überlegungen. Der Startspieler hat bei allen Zugalternativen den Vorteil der freien Auswahl, die nachfolgenden Spieler können dafür schon leichter den Trend erkennen und Marktnischen erspähen. Die wirtschaftlichen Überlegungen sind ähnlich vielschichtig wie bei “1830”. Was an Streckenbau verloren geht, wird an Warenumsatz gewonnen.
Wir brauchten einschließlich der halbstündigen Einführung knappe drei Stunden für ein Spiel, das nur aus vier Runden von etwa zehn Aktionen pro Runde besteht. Solange die neu zu entdeckenden Abläufe fesselnd sind, ist das tragbar. Später könnten ungeduldige Spieler schon mal ihre Probleme damit bekommen. Damit das ganze ein Spiel bleibt und nicht in eine Übungsaufgabe für BWL-Studenten ausartet, sollte man unbedingt die Denkzeit limitieren und alles, was darüber hinausgeht, durch Geldbußen bestrafen!
Willi dachte garantiert nicht am längsten nach, aber durch eine harmonische Investitions-, Produktions- und Absatzpolitik wurde er – als Neuling! – Sieger. Ein Kompliment an den guten Geist des Nordens! Allerdings wäre er nicht auf das Siegespodest gekommen, wenn Fortuna in der letzten Runde für den Absatz von Mittelklasselimousinen nicht einen Wert nahezu beim Minimum vorgegeben hätte. Das stimmt natürlich bedenklich: Sollte ein dreistündiger Wirtschaftskampf durch einen einzigen zufälligen Würfelwurf entschieden werden? Dabei gäbe es dafür leicht Abhilfe: Warum werden die zufallsbestimmten Absatzzahlen einer Runde nicht schon aufgedeckt, bevor man mit Managern und Verkäufern in die Marktsituation eingreift? Damit die geborenen BWLler bei ihren Zügen nicht noch länger nachdenken?
WPG-Wertung: Aaron: 8 (bleibt), Günther: 7 (“hätte auch 8 sein können”), Walter 7 (“8 Punkte mit Schachuhr und eingeschränktem Zufall”), Willi: 5 (“habe 3 Stunden meines Lebens geopfert”)
Die Rotweinflecken auf dem Spielgeld stammen nicht von der heutigen Runde am Westpark, sondern von letzter Woche in Aarons Hauptquartier.
2. “Flaschenteufel”
Die alte Diskussion, ob Flaschenspiel nur ein Chaos-Spiel ist, wurde durch Willi wieder neu angefacht. Doch wie fast immer, mußte der Vertreter der Chaos-Fraktion einsehen, daß das hier dominierende “Größte-Kleinere”-Prinzip durchaus eine Logik besitzt. Wenn etwas schief geht, liegt es nicht an der Unberechenbarkeit des Spiels, sondern am falsch zugrunde gelegten Axiomensystem.
WPG-Wertung: Willi: 4 (“ich möchte es nicht nochmals spielen”. Kein Kommentar vom Rest der Westparker.)
3. “Bluff”
Willi demonstrierte, daß man selbst beim Bluff lange nachdenken kann. Manchmal sogar mit Erfolg. Das hätte er mal beim “Flaschenteufel” tun sollen. Und zwar im richtigen Axiomensystem!
WPG-Wertung: Willi lag mit seinen 10 Punkten voll im Trend.

08.07.2009: Spielen mit Autos

Wer die Westpark Gamers kennt weiß, dass eines unserer beliebtesten Spielethemen Eisenbahnen sind. Also wieso kam jetzt ein Spiel über Autos auf den Tisch?
Eine seltene Koinzidenz sorgte dafür, dass die Probleme mit der Produktion (falsche Weitergabe der Wunschkonfiguration) und der Auslieferung (fehlende Freigabe der Finanzierungsbank) des neuen Leasingfahrzeugs eines unserer Spieler zusammentrafen mit der überaus erfolgreichen Freigabe des thematisch verwandten “Automobile” von Martin Wallace. Was lag da näher als die druckfrische Ausgabe auf den Tisch zu bringen…

“Automobile”
“Automobile” ist in Martin Wallace’s Verlag Treefrog wie immer in kleiner Auflage von 1500 Stück erschienen und war innerhalb weniger Tage vergriffen. Wie schon die anderen Spiele aus dem gleichen Verlag ist auch “Automobile” ein Spiel dessen Thema nicht aufgesetzt ist sondern im Gegenteil ein wesentlicher Bestandteil des Spiels mit dem Anspruch eine mehr oder weniger realitätsnahe Simulation zu sein. Das große Spielbrett und die über 350 Holzteile als Spielmaterial tun ihr Übriges, um eine angemessene Spielatmosphäre entstehen zu lassen.
Die Spieler haben die Aufgabe einen Automobilkonzern zu managen, angefangen bei der Errichtung von Fabriken über die Entscheidung, in welche Marktsegmente investiert wird bis hin zur Produktion und dem Vertrieb der erzeugten Automobile. Beim ersten Erklären der Regeln hatten wir schnell den Eindruck, dass Wallace diesmal versucht hat eine Simulation des Automobil-Marktes für BWL-Studenten zu entwickeln, so facettenreich sind die Spielmechanismen und so feinverzahnt sind die einzelnen Spielelemente und die daraus resultierenden betriebswirtschaftlichen Entscheidungen. Beim Spielen zeigte sich dann, dass die Simulation nicht trocken ist und Grübeln das Spielgeschehen dominiert sondern im Gegenteil jeder Spieler zu jeder Zeit eingebunden ist und unmittelbar auf die Entscheidungen seiner Mitspieler reagieren kann und muss.
Unsere Viererrunde stolperte schnell über die Tücken der richtigen Markteinschätzung und der katastrophalen Auswirkung von Überproduktionen. Hier bestraft das Spiel hart, denn jegliche Überkapazität wird gnadenlos verschrottet ohne einen Pfennig zurück in die Kasse zu spülen und gleichzeitig wird man dauerhaft für die entstandenen Verluste bestraft. Gleiches gilt für einen zu mächtigen Vertriebsapparat oder mangelnde Innovation in den eigenen Fabriken. Wer hier nicht aufpasst und rechtzeitig in die Forschung investiert zahlt schnell viel zu viel Geld für eine unproduktive Organisation. Wie hier richtig gespielt wird, erschloss sich uns beim ersten Spiel noch nicht wirklich, zu stark hängen die eigenen Aktionen von denen der Mitspieler ab. Moritz meinte streckenweise das Zitat aus dem Film War Game “the only winning move is not to play” würde die Gewinnstrategie am besten beschreiben.
“Automobile” ist ein elegantes Design ohne Schwächen und wird sicherlich noch öfter auf den Tisch kommen.
WPG-Wertung: Moritz: 7 (etwas repetitiv), Günther: 7 (keine Schwächen), Hans: 7 (elegant), Aaron: 8 (super Umsetzung des Themas).

24.06.2009: Spielen mit Lisi

Heute war Walters Hochzeitstag. Er hatte dieses Jubiläum bereits gestern in den Tag hineingefeiert und heute mit einem feierlichen Champagner-Abendessen abgeschlossen. Die Tischdecke bekam auch ein Gläschen ab. Die Westpark Gamers konnten ohne eheliche Gewissensbisse empfangen werden.
Aaron brachte auch einen Schaumwein mit. Damit durften wir seinen letzte Woche erfolgreich unterschriebenen Vorruhestands-Vertrag begießen. Zunächst mal nur in den jeweiligen Kehlen. Günther steuerte ein B0027JTCN8 bei : “Leitfaden für Spieleerfinder und solche die es werden wollen.” Moritz wird Konkurrenz bekommen!
Lisi, eine junge Nachbarin, war heute auch mit von der Partie. Ihr Debut am Westpark hatte sie bereits in den neunziger Jahren des letzten Jahrtausends gegeben. Damals war sie halb so alt wie heute, aber schon durchaus ein ernsthafter Konkurrent bei unserem Patronatspiel “1830”. Ihr Lieblingsspiel praktiziert sie allerdings auf der Geige. Meisterhaft. Mit bereits vielen Debuts in allen Teilen Europas.
1. “Trans Europa”
Walter durfte erklären. Kurz, knapp, zwingend! Einfach Spitze. Keine einzige Rückfrage zu den Regeln, nicht mal von Lisi. So genial erklärt? Oder so genial verstanden?
Wir bauen Gleise von Madrid bis Moskau und von Sankt Petersburg bis Yspahan. Jeder für sich und im Grunde doch alle gemeinsam. Sobald der erste Spieler seine fünf Pflichtstädte verbunden hat, ist eine Runde zu Ende. Für alle Streckenabschnitte, die den Mitspielern zu ihren Pflichtstädten noch fehlen, gibt es Minuspunkte. Wer nach mehreren Runden die wenigsten Minuspunkte hat, ist Sieger.
Zuerst spielten wir ohne die Expansion mit den privaten Gleisabschnitten. Sie bringt im Prinzip kein neues Element ins Spiel, sondern verlangsamt nur durch Einbau leicht-überwindbarer Schikanen.
Nach drei Runden lagen wir immer noch alle dicht beieinander, und Aaron schlug vor, jetzt doch die Expansion hinzuzunehmen. Durch geeignetes Abschotten teuerer Bauabschnitte kann der am glücklichsten operierende Spieler den anderen noch ein paar zusätzliche Minuspunkte aufdrücken. Die Siegpunkt-Differenzen werden größer.
Nach wie vor ist die Frage ungeklärt, ob man besser im Zentralbereich oder in der Peripherie anfängt.
WPG-Wertung: Lisi bliebt mit 7 Punkten leicht unter dem bisherigen Durchschnitt.
2. “Dice Town”
Aaron muß noch eine Rezension schreiben. Da kommt jede Gelegenzeit zum Üben recht. Er durfte auch das Spiel erklären, ist er doch “einer unser besten Erzähler, besonders, wenn er vorliest!”
Jeder muß sich mit Spezialwürfeln eine optimale “Pokerkombination” zusammenwürfeln. Anschließend wird – im Gegensatz zu Poker – nicht das beste Ergebnis bewertet, sonder alle Blätter (Würfelkombinationen) bringen ihrem Besitzer irgend etwas Nützliches ein: Goldnuggets, Dollars oder Sonderkarten. Entweder bekommt man das von der Bank oder man darf es von den Mitspielern stehlen. Wie lustig! Am Ende wird die gesamte zusammengeraffte Habe in Siegpunkte umgerechnet.
Die Fitzeligkeit , d.h. die Betrugsmöglichkeit mit dem heimlichen Würfeln und Würfel-Zusammenstellen ist nach wie vor ein deutlicher Kritikpunkt. Die Freude am randomisierten Chaos verebbt schnell, leider sehr viel schneller als die Spieldauer lang ist. Wie schon beim ersten Versuch brachen wir nach ca. 1 Stunde Spieldauer ab. Es tut sich nichts Neues mehr. Gleichförmiges Würfeln und den Mitspielern Sonderkarten Wegnehmen verliert am Westpark schnell seinen Nährwert.
Wir trösteten uns mit Aaron Cremant, so erfolgreich, daß auch diesmal wieder Tisch und Bänke etwas davon mitbekamen. Wie diese Substanz dabei auch in Walters Augen geriet, ließ sich nachträglich nicht mehr genau rekonstruieren. Wenigstens fand er dabei eine neue Wette für Thomas Gottschalks berühmte Sendung: “Wetten, daß ich alle Schaumweine der Welt am Brennen in meinen Augen erkennen kann!”
WPG-Wertung: Lisi konnte auch mit gnädigen 6 Punkten den WPG-Durchschnitt nicht über die 5 Punkte-Hürde heben.
3. “Wind River”
Aaron strapazierte wieder von vorneherein die geringen Kingmaker-Kapazitäten dieses tadellosen strategischen Meisterwerkes des Jahres 2009. “Ich spiele so, daß ich möglichst schnell einen Spieler eliminiere” bekannte er, als sein auffällig asymmetrisches Agieren kritisiert wurde. Wen hatte er “zufällig” wieder als Opfer ausgesucht? Natürlich weder den heeren Strategen Günther noch den attraktiven Sonnenschein Lisi. Es war Walter, der selbst an seinem Hochzeitstag seinem Schicksal nicht entgehen konnte.
Der hielt (und hält) diese Spielweise für “bescheuert”, widerspricht sie doch dem Kantschen kategorischen Imperativ: “Handle so, dass die Maxime deines Willens jederzeit zugleich als Prinzip einer allgemeinen Gesetzgebung gelten könne.” Wenn wir in “Wind River” alle danach streben würden, möglichst schnell einen Spieler zu eliminieren, geht das sehr schnell gegen den schwächsten, der gegen die vereinigte Übermacht niemals eine Chance hat. Zumindest für diesen wird das Spiel dann a priori frustrierend! Auch so kann man ein Super-Spiel kaputtmachen.
Walters Menetekel: “Du hast noch keine Wind River Partie gewonnen, du wirst auch in Deinem ganzen Leben keine mehr gewinnen. Solange ich mitspiele”.
WPG-Wertung: Lisi lag mit 8 Punkten ziemlich genau im WPG-Durchschnitt
4. “Flaschenteufel”
Walter durfte wieder erklären. Ein Kartenspiel, das auf den ersten Blick chaotisch abläuft, das in seiner inneren Struktur aber klare logische Schlußfolgerungen erfordert. Dann kann man auch überdurchschnittlich oft gewinnen.
Nach vier Spielen mit hohen Umsätzen hatte Lisi gewonnen. Lag es an ihrer spielerischen Genialität oder lag es auch diesmal wieder an Walters genialem Regelvortrag?
5. “Bluff”
Mit einem umwerfenden Lächeln auf den Lippen legte Lisi einen Riesenbluff aufs Parkett und schickte Aaron damit ins Grab: Vier Würfel auf einen Streich reduzierten seine Lebensflamme auf ein spärliches Flackern, das der nächste Windhauch gänzlich ausblies. Balsam auf Walters Wind-River-Wunden.
Keine neue WPG-Wertung für ein Super-Spiel.