31.05.2017: Poppen mit Walküren

„Schrecklich, grauenvoll“ nannte Helmut den notgedrungen zerstörerische Umgang mit dem Spielmaterial. Da muss man doch tatsächlich ein nagelneues Spiel während des ersten und einzigen Gebrauches entsprechend den Anweisungen im Regelheft zerlegen, zerschneiden und zerkritteln, so dass selbst der Spiele-Eigentümer keine Träne mehr nachweint, wenn man die Trümmer hinterher den Flammen übergibt.

Die Experten unter uns, wissen, um welches Spiel es sich handelt. Die neugierigen Laien können in unserem Spielbericht vom 19.10.2016 nachschauen. Ich will den Spielenamen nicht nennen, weil ich den Herostrates-Effekt vermeiden will. Lieber Verbrennen und vergessen.

Jetzt aber haben die Juroren von SdJ dieses Spiel doch tatsächlich für das „Kennerspiel des Jahres 2017“ nominiert. Kann das wahr sein? – Langes Nachdenken. – Und dann kommt die Erkenntnis: Den Kennern quellen die Regale schon über mit den gesammelten Spielen ihres langen Spielerlebens. Für sie kann es doch nur eine Erleichterung sein, wenn die nächsten Spiele nach einmaligem Gebrauch regelgerecht in den Abfallkorb wandern. Ein höchst innovativer und notwendiger Trend. Die Richtung ist vorgegeben, der Startschuss gefallen. Spieleautoren und Spieleverlage, hört die Signale: das erste Gefecht soll zugleich das einzige und letzte sein!

1. “Räuber der Nordsee”

Günther kann mit seinem Fuß schon wieder in der Nordsee räubern

Die Szenerie ist eine fremde Küste mit Hinterland, darauf Ansiedlungen, Klöstern und Festungen. Wir sind Wikinger und wohnen in unseren räuberischen Brutstätten auf der gegenüberliegenden Wasserseite. Hier holen wir Luft, besorgen uns Mannschaft, Proviant und ein bisschen Gold (das hat schon Philipp von Mazedonien für ein geeignetes Kampfmittel gehalten), um dann loszuziehen und die friedliche Gegenseite zu überfallen, Häfen, Klöster und sonstige Ansiedelungen zu plündern und deren Hab und Gut in Form von Vieh, Eisen und Gold nach Hause zu bringen, um uns hier wieder für den nächsten Plünderungszug zu rüsten.

Um erfolgreich plündern zu können, müssen wir natürlich ausreichend stark, ausreichend viele und ausreichend versorgt sein. Das alles brauen wir uns in unseren Brutstätten nach einem Worker-Placement-Prinzip zusammen:

  • in der Silberschmiede gewinnen wir Silber
  • im Torhaus lassen wir uns neue Mannschaftsmitglieder gebären (M-Karten auf die Hand nehmen).
  • in der Baracke heuern wir gegen Silber neue Mannschaftmitglieder an (M-Karten aus der Hand auf unser Schiff bringen). Jedes Mitglied hat eigene Eigenschaften an Kraft, Überlebensfähigkeit, Austauschbarkeit, Provisionen und anderen hübschen Effekten.
  • in der Ratshalle nutzen wir die “rechts-unten” Eigenschaft einer M-Karte. Danach darf man u.a. der bösen Konkurrenz Ressourcen wegnehmen, sie zwingen, Ressourcen abzuwerfen oder eigenen Schotter gegen deren Gold einzutauschen. Mein Gott, musste das sein?!
  • in der Schatzkammer tauschen wir M-Karten in Gold oder Silber ein
  • in der Rüstkammer kaufen wir gegen Silber oder Eisen Stärke ein. Die Stärke hilft uns beim Plündern von Lokalitäten, sie bringt am Ende auch noch zusätzliche Siegpunkte ein.
  • in der Mühle oder im Langhaus besorgen wir uns Proviant, den wir für jeden Raubzug benötigen.

Bemerkenswert ist der Worker-Placment-Mechanismus: Jeder hat nur einen einzigen Pöppel auf der Hand, den er auf die gewünschte Arbeitsstelle schickt und dort den jeweiligen Ertrag abschöpft. Anschließend gehört dieser Pöppel nicht mehr dem Spieler, der ihn gesetzt hat, sondern der Allgemeinheit.

Als Zweites darf ein Spieler, nachdem er seinen einzigen Pöppel gesetzt hat, einen beliebigen anderen der inzwischen neutral gewordenen Pöppel auf die Hand nehmen, und ebenfalls den Ertag des Arbeitsplatzes, wo dieser Pöppel stand, abschöpfen.

Alles klar und durchsichtig. Leider mit vielen Hemmschuhen belastet. Wenn z.B. die Silberschmiede besetzt ist, kann ich mir dort keine Silberlinge besorgen, um dann anschließend in der Baracke Mannschaft anzuheuern, ich muss erst meinen Pöppel auf einen freien Platz setzen, und wenn ich gerade kein Geld habe, ist die Baracke für mich tabu.

Ein klar designtes Spielelement sind auch die verschiedenen Farben der Pöppel: es gibt schwarze, weiße und graue. Sie können nicht überall eingesetzt werden, an manchen Arbeitsplätzen, vor allem auf den Raubzügen, ist genau vorgeschrieben, welche Farbe der raubende Pöppel haben muss. Da ich aber jeweils nur einen einzigen Pöppel habe, ist es zum großen Teil Glücksache, ob der gerade für die gewünschte Aufgabe tauglich ist, oder ob ich – weniger lukrative – Tempozüge machen muss, um erst in der nächsten Runde die richtige Farbe auf der Hand zu haben. Schön und tricky, aber auch lästig. Eher lästig!

Was wir in Dörfern, Klöstern usw. jeweils plündern können, liegt offen auf dem Spielbrett. Darunter gibt es auch schwarzhäutige Walküren, die einigen unserer Mannschaftsmitgliedern den totsicheren Todeskuss aufs Auge drücken. Als Gegenleistung lassen sie uns dann aber auch Siegpunkte zurück. In der Anfangsphase ist eine Walküre deutlich kontraproduktiv. Hier lieber ein Walküren-Hafen auslassen und auf ein Walküren-freies Kloster hinarbeiten. Erst später, wenn man ohnehin in Mannschaftsmitgliedern schwimmt, bringt eine Walküre nur Wonnen. Selbst der Tod eines Mannschaftsmitgliedes (manches!) kann positive Früchte tragen.

Und wer gewinnt? Wer den Häuptling am meisten beeindruckt! Und womit? Mit Siegpunkten natürlich! Ran ans Plündern! Nach gut zwei Stunden ist das friedliche Feindesland bis zur Endebedingung leergeplündert.

WPG-Wertung: Aaron: 6 (bis 5, der Ressourcen-Mechanismus ist unnötig sperrig, Einschränkung weil zu lang), Günther: 6 (hätte nach den Beschreibungen im Internet mehr erwartet, am Ende keine Steigerung), Horst: 6 (ein paar hübsche Spielelemente, aber nur eine bescheidene Spannungskurve), Walter: 5 (bis 6, kaum Interaktion, das einzige, was einem in die Quere kommt, sind die geplanten Regelmechanismen. Er ist von den der Vielfalt der individuellen Effekte der hunderttausend Mannschaftskarten überfordert. Allerdings wieder einen obligatorischer Sympathiepunkt für das runde Design).

2. “Flamme Rouge”

Zum Absacken noch schnell ein Radrennen. Walter baute in Windeseile einen Parcours auf, aber leider mit gravierenden Fehlern: die sehr kurzen Bergstrecken und die Bergabfahrten lagen praktisch lückenlos nebeneinander („le Puy“ war ein untaugliches Vorbild), so dass deren Effekte gar nicht richtig zur Geltung kommen konnten. Vor allem aber war der Parcours viel zu kurz. Man musste seine Kräfte nicht einteilen, keinen Windschatten ausnutzen, keine Angst vor Erschöpfung haben. Günther spielte – in naiver oder berechnender, für den Original-Parcours in jedem Fall untauglicher Manier – für seinen gesamten Rennstall jeweils die stärkste Geschwindigkeit aus und wurde problemlos Start-Ziel-Sieger.

Wenigsten bekamen Günther und Horst einen groben Eindruck von dem hübschen Rennradln.

WPG-Wertung: Der bisherige (unisono) Schnitt von 7 Punkten blieb erhalten, nur die Streuung stieg: Günther: 6 (durch den falschen Parcours hatten wir mehr Gaudi als dem Spielcharakter angemessen), Horst: 8 (das Spiel vermittelt ein Realitätsgefühl, es ist schnell und besitzt einen hohen Wiederspielreiz)

24.05.2017: Rund um Ulm

Warum heißen die Ulmer „Spatzen“?

Zum Bau des Münsters karrten die Ulmer eines Tages einen besonders großen Balken herbei. Sie schafften es aber nicht, ihn durch das Stadttor zu bringen, da sie ihn quer transportieren wollten. Sie hatten schon beschlossen, das Stadttor einzureißen, da sahen sie einen Spatzen, der einen Zweig im Schnabel trug, um diesen in sein Nest einzubauen. Und dieser Spatz drehte den Zweig und schob ihn längs durch die Mauernische zu seinem Nest. Da ging dann auch den Ulmern ein Licht auf: sie legten den Balken der Länge nach auf ihren Karren und brachten ihn so durch das Stadttor. Tor und Münster waren gerettet!

Diese Geschichte und andere erzählt uns der Viel-Spiele-Autor Günter Burkhardt als Einstimmung in sein 2016 erschienenes bislang neuestes Werk

1. “Ulm”

„Ulm“ : im Vordergrund die hübsche, aber funktionslose Kathedrale, im Hintergrund kämpft Günther mit den beiden Regelheften

Gleich zwei Regelhefte werden uns angeboten: Eins mit acht (deutschen) Seiten zu Einführung, und eines mit achtzehn (deutschen) Seiten für die Details, einschließlich einer Einführung in die Ulmer Stadtgeschichte. Natürlich muss man beide Hefte gründlich gelesen haben, bevor man mit dem Spiel beginnen kann. Und bei Rückfragen muss man sich ebenfalls in beiden Hefte einigermaßen gut auskennen, um die Antworten zeitnah zu finden. Ein Mehrwert wird in dieser Spielregel-Erklärungs-Aufteilung nicht sichtbar.

Wir fahren mit unserer Zille (so hießen in Ulm bzw. im Donauraum die Kähne, mit denen sich die Fischer und andere Leute auf der Donau bewegten) in zehn Runden maximal 21 Donaufelder vom Start zum Ziel. Dabei gehört es aber nicht zum Sieg, als Erster die Gesamtstrecke zurückgelegt zu haben, sondern unterwegs unsere 13 Siegel optimal in den 10 Stadtbezirken verteilt zu haben, so dass wir mit ihnen die meisten Siegpunkte einheimsen konnten.

Genial ist der Zugmechanismus, nach dem ein jeder Spieler auswählt, was er in der nächsten Runde tut. Aus einem Säckchen ziehen wir verdeckt einen Aktionsstein. Diesen Stein müssen wir nach dem Prinzip des „Verrückten Labyrinths“ an einer beliebigen Seite eines quadratischen 3 mal 3 Rasters mit ebensolchen Aktionssteinen einschieben, so dass einer dieser Aktionssteine auf der anderen Seite herausgeschoben wird. Die bewegten, aber noch im Raster gebliebenen Aktionssteine einschließlich des eigenen, neu eingesetzten Aktionssteines bestimmen die drei Aktionen, die wir jetzt ausführen dürfen:

  • mit unserer Zille einen Schritt vorwärts fahren
  • eine Münzeinheit kassieren
  • Aktionssteine kassieren
  • gegen zwei Geldeinheiten ein Siegel in eines der umliegenden Stadtbezirke legen.
  • zwei Aktionssteine gegen eine Bonuskarte eintauschen.

Siegel bringen uns einmalige sofortige oder – mit Glück und Können – wiederkehrende Vorteile an Geld, Aktionssteinen, Aktionen oder Siegpunkten.

Bonuskarten bringen uns einmalige sofortige Vorteile an Besitztum oder, am Spielende, zusätzliche Siegpunkte, für unseren inzwischen angehäuften Besitz, teilweise sogar massenhaft welche.

Alles ist rund, alles ist schön. Es gibt Weichmacher beim Ziehen des verdeckten Aktionssteines, es gibt temporäre Vergünstigungen beim Bauen und Fahren, jeder Spieler hat zu jeder Zeit eine ganze Reihe von vorteilhaften Zugmöglichkeiten zur Auswahl. Aber welches sind in diesem Wettlauf um die beste Zugauswahl die Eckpfeiler, nach denen man seine Strategie und Taktik ausrichten soll? In welchen Stadtbezirken soll man seine ersten Siegel platzieren? Soll man schnell oder langsam mit seiner Zille die Donau abwärts fahren? Soll man den anderen vorauseilen, im Pulk fahren, oder darf man auch ungestraft hinterherschippern?

Als Neuling ist man hier selbstverständlich überfordert. Aber selbst für die ersten Spielwiederholungen – die am Westpark ja ziemlich selten sind – gibt es kein (vorsichtshalber ausgedrückt „kaum“) Licht im Dunkel des Züge-Tunnels. Zu vielfältig sind die Angebote und zu unmessbar klein die Unterschiede innerhalb der verschiedenen Vorteile.

Als gewiefter Spielmeister hatte Moritz selbstverständlich einen Plan. Die anderen hatten noch keinen, aber weil Moritz Startspieler war, konnten sie ihm problemlos alle Züge nachmachen. Sogar mit Vorteilen, weil man beim Schippern mit seiner Zille die anderen Ziller überspringen darf. Dafür war Moritz mit seinem zweiten Zug wieder an der Spitze und engagierte sich mit seinem Siegel beim Münzmeister, wodurch er im weiteren Spieleverlauf bei jeder Geldaktion noch eine zusätzliche Münze bekam. Walter schien das ein gewaltiger Vorteil zu sein und er moserte über den nicht ausbalanzierten Startspieler-Vorteil. Doch trotz dieses und jenes späteren ebenfalls phantastisch guten Zuges wurde Moritz nicht Erster. Er hatte ein unglückliches Mix von Bonuskarten gezogen.

Günther moserte nicht, machte auch keine besonders genialen Züge, aber er wurde Erster. Ja, ja, es ist nicht leicht auszumachen, was in „Ulm“ die gewinnbringenden Züge sind.

Einige Elemente haben wir überhaupt nicht genutzt: Kein einziger bekam das Privileg, sich neue Spatzen zu gebären. Zu schnell waren wird über die ersten Donaufelder hinweggeschippert. Kein einziges Mal legte ein Spieler ein Siegel, um dafür ein Wappen zu erhalten. Hier erschien allen der Bezirk hinter der Stadtmauer als viel lukrativer. Wäre es doch besser gewesen, langsam zu fahren und das Spatz- sowie das Wappen-Potential an Land zu ziehen? Wer weiß. Von uns wird es wohl keiner mehr erfahren. Vielleicht aber haben andere Spiele-Wissenschaftler diese Geheimnisse schon längst entschlüssel. Aber wenn man das hat, dann kann man – unserer Einschätzung nach – Ulm vollends links liegen lassen.

WPG-Wertung: Günther: 7 (fast 6, möchte es noch häufiger spielen, um es besser kennen zu lernen), Moritz: 5 (unplanbar, es gibt viele schönere Spiele am Fluß, z.B. Egizia; das Thema ist nur im graphischen Design vorhanden, in den Mechanismen überhaupt nicht; das Spiel hat weder mit Ulm noch mit dem Bau einer Kathedrale etwas zu tun. Die Papp-Kathedrale hat in Essen die Besucher angezogen: „Ujj, das müssen wir uns kaufen.“ Und hinterher ist das ein kontraproduktives Element, das für einen Teil der Spieler die bildliche Spielhilfe am entgegengesetzten Spielfeldrand verdeckt. Es fehlt total eine Punkteausschüttung für den Besitzstand am Ende. Dies dürfte nicht abhängig sein von den irgendwann mal zufällig gezogenen Bonuskarten, sondern das müsste als feststehende Regel mitgegeben sein; es gibt keine Strategie, die man einschlagen kann, deshalb wird das Spiel schnell spannungslos oder langweilig), Walter: 5 (fast 6, zu umfangreich in den Regeln, dafür zu minimal in den Effekten, kaum Interaktion, jeder spielt vor sich hin, repetitiv. 1 Sympathiepunkt für das runde Regelwerk, 1 Sympathiepunkt für die Einführung in die Stadtchronik von Ulm, und 1 Sympathiepunkt für das neuartige Zugauswahlverfahren. Bleiben aber trotzdem nur 5 Punkte für den spielerischen Eindruck).

2. “Weltausstellung”

Schon vor drei Monaten zum ersten Mal gespielt, aber erst letzte Woche beschrieben. Gleich heute für Walter die Wiederholung, für Günther und Moritz die Jungfernfahrt.

Ein Kampf um Exponate und um die Genehmigung, diese Exponate auch ausstellen zu dürfen. Aarons Seufzer vom ersten Mal: „Hat man Korn so fehlt’s am Winde, hat man Wind, so fehlt’s am Korn“ bewahrheitete sich auch in dieser Runde. Man hat massenweise Exponate der verschiedenen Kategorien, aber keine Genehmigung, oder man schwimmt in Genehmigungen, hat aber keine Exponate dazu.

Immerhin habe wir diesmal drei vollständige Sätze von Exponaten zusammenbekommen. Beim ersten Mal ist das keinem geglückt.

Günther wurde wieder Erster, also ist „Weltausstellung“ genauso wie auch „Ulm“ kein Glücksspiel“! Kleiner Taktik-Tipp: Für die erste Wertung sollte man nicht möglichst viele (ungenehmigte) Exponate zur Seite schaffen, sondern vielleicht nur ein oder zwei verschiedene, für die man aber zugleich auch eine Genehmigung erreicht. Damit kann man in den nächsten Runden versuchen, antizyklisch und damit konfliktfrei zu agieren. Denn der Kampf um Mehrheiten für die Genehmigung bindet nur unnötig viel Energie.

WPG-Wertung: Günther: 7 (bis 6, recht schön, schnell), Moritz: 7 (locker, nicht voll planbar, nicht länger als es sein muss), Walter: 7 (früher 6, schnell, erhebliche Freiheitsgrade, viel lockere Interaktion).

Februar bis Mai 2017: Gestern und vorgestern

Auch wenn unsere Seite zwischen dem 8. Februar und dem 17. Mai keine Sessions verzeichnet, hatten sich verschiedene Kreise doch noch mehrmals am Westpark zum Spielen getroffen. Entweder Krankheit oder mangelnder Musenkuss oder Urlaubsreisen oder Frühjahrsmüdigkeit verhinderte das Schreiben von Session-Reports.

Was noch an Notizen zusammengekratzt werden konnte, versuche ich hier jetzt unterzubringen.

1. “Alien Frontiers”

Alien Frontiers

Schönes stabiles Spielmaterial führt uns hinaus in den Weltraum. Goldmünzen und Silberquader unterstreichen die edle Ausstattung. Dazu gibt es noch 36 große dicke Würfel in sechs verschiedenen Farben, für jeden Spieler eine eigene Farbe. Die Spielausstattung verdient eine Eins.

Mit drei Würfeln fängt jeder Spieler an, würfelt und setzt die Würfel an die ungezählten aber abzählbar endlich vielen Baustellen, zu denen ihn die Augenzahlen (als einzelne Zahl, als Summer, als aufsteigene Folge oder als Zweier- oder Dreierpasch) berechtigen:

  1. beim „Solar Converter“ erzeugt man Treibstoff
  2. auf dem „Orbital Market“ tauscht man Treibstoff in Erze
  3. in der „Lunar Mine“ findet man kostenlos Erze
  4. auf dem „Shipyard“ bekommt man gegen Treibstoff und Erze Stück für Stück weitere Würfel bis zur Maximalzahl von sechs.
  5. beim „Colonist Hub“ erwerben wir uns kumulativ in mehreren Würfelschritten die Fähigkeit, auf dem „Maxwell Planeten“ eine neue Kolonie zu gründen; ein Dreierpasch erlaubt uns beim „Colony Construktur“ dies sofort zu tun; eine Sechs, ein Treibstoff und ein Erz erlauben uns an der „Terraforming Station“ das gleiche, allerdings muss man danach den benutzen Würfel in seinen Vorrat zurückgeben.
  6. am „Raider Outpost“ darf man Ressourcen von beliebigen Mitspielern stehlen. (Pfui!)
  7. bei „Alien Artifact“ bekommt man Privilegienkarten, die zusätzliche Resourcen oder Priviledigen einbringen, man darf einen Würfelwurf wiederholen, oder die Augenzahlen von Würfeln nach oben oder unten verschieben, ja sogar gegen Ressourcen eine beliebige Augenzahlen voreinstellen.

Soweit haben wir es bei „Alien Frontiers“ mit einem linearen Worker-Placement-Würfelspiel zu tun, ähnlich wie bei „Böhmische Dörfer“ von letzter Woche, nur ein wenig komplexer. Besonders auch die Würfel-Manipulationen mit Hilfe von Privilegienkarten potenzieren die verschiedenen Möglichkeiten eines gegebenen Würfelwürf. Darf man mit seiner Maximalzahl von sechs Würfeln würfeln, kommt es fast gar nicht mehr darauf an, was man konkret gewürfelt hat, praktisch jede Aktion ist möglich.

Walter hatte sich als erster alle seine sechs Würfeln erwürfelt – zusätzliche Würfel-Potenz gleich zu Beginn ist in Würfelspielen grundsätzlich ein erheblicher Vorteil. Im Folgenden schwamm er förmlich in Ressourcen, auch auf Grund – glücklich – zusammengestellter Privilegienkarten. Aaron und Moritz zogen zwar so schnell wie möglich nach, aber sie mussten schon eine ganze Weile der Potenz ihres Kontrahenten hinterhecheln.

Moritz war naturgemäß der erste „Raider“, er stahl Aaron vier Ressourcen und warf ihn damit mehr oder weniger in sein Steinzeitalter zurück. Es ist ja nur ein Spiel. Ein Würfelspiel.

Ach ja, es hat ja auch ein Ende und es gibt einen Sieger. Sobald ein Spieler seine vier Kolonisten auf den Kolonien des Maxwell-Planeten untergebracht hat, endet das Spiel. Gewonnen hat dann derjenige, der mit den Antagonismen Ausbreitung bzw. Konzentration seiner Kolonisten die beste Kombination erzielt hat.

Unsere Spielzeit von 1 Stunde und 10 Minuten (plus die Erklärungszeit von 50 Minuten) wäre angemessen gewesen, wenn es ein elegantes Kampfwürfelspiel gewesen wäre; so aber ist es lediglich ein früher oder später dröges Würfelgefummel um fast nix.

WPG-Wertung: Aaron: 4 (nicht vergnüglich, zu wenig Interaktion), Moritz: 8 (unterhaltsames Würfelgefecht. [AbN: Ich habe vergessen, ob Moritz hier in seiner Bewertung das Wörtchen „kein“ eingefügt hatte oder nicht]), Walter: 6 (nach zuerst 5: wegen der hohen Würfel-Kombinierbarkeit. Man freut sich immerhin schon auf seinen nächsten Zug. Horst hätte ein Mordsvergnügen daran gefunden)

Warum ist „Verflixxt!“ besser? Weil es in 10 Minuten erklärt und in 20 Minuten gespielt ist.

2. “Flamme Rouge”

Flamme Rouge

Der Name bedeutet nicht etwa „Rote Laterne“, weder als Hinweise auf professionelle Liebesspiele, noch im Sinne des in irgendeinem Bereich Letzten (abgeleitet von den Rücklichtern des letzten Waggons eines Zuges), noch als inoffizielle Auszeichnung für den letztplatzierten Fahrer in der Gesamtwertung der Tour de France; der Name bedeutet „roter Wimpel“, das Symbol für den Beginn des letzten Streckenkilometers bei Radrennen.

Wir sind also Rennfahrer bzw. Manager eines Rennstalls aus zwei Fahrern. Mittels Bewegungskarten müssen wir unsere Fahrer über den Parcours bringen. Aus einem verdeckten Set identischer Karten für alle Spieler ziehen wir jeweils vier Karten mit Entfernungsangaben (Zahlen zwischen 3 und 7), wählen zwei davon aus, und ordnen sie unseren Fahrern zu, die in der aktuellen Runde um die entsprechende Anzahl von Feldern vorwärts ziehen. Die genutzten Bewegungskarten werden abgelegt.

Nach dem Ziehen wird der „Windschatten“ ausgewertet: Von hinten beginnend schließt jeder Pulk von Fahrern, der genau ein Feld hinter dem nächsten Pulk liegt, an diesen Pulk an. Dadurch entsteht ein neuer, gemeinsamer Pulk, für den jetzt ebenfalls geprüft wird, ob er nur ein Feld hinter dem nächsten Pulk liegt, und schließt gegebenenfalls an dieses an. Auf dieser Weise können – bei glücklicher Staffelung – die hinteren Fahrer nochmals ganz schön nach vorne katapultiert werden. Das ist auch nötig, denn der Satz von ausgeteilten Bewegungskarten reicht keinesfalls aus, den kompletten Parcours zu bestehen.

Fahrer, die nach der Auswertung vom „Windschatten“ vor sich ein freies Feld haben, das gilt insbesondere für den das Gesamtfeld anführenden Fahrer, bekommen eine zusätzliche Bewegungskarte („Erschöpfungskarte“) in ihr Set, das später leider nur zwei Felder vorwärts bringt. Damit wird der Durchschnitt der restlichen Kartenwerte in einem Set ganz schön nach unten gedrückt. Es ist höchste Taktik vonnöten, natürlich auch vom Glück bzw. von den Ambitionen der Mitspieler abhängig, seine Bewegungskarten so einzusetzen, dass einem möglichst viel Windschatten zugute kommt, dass man dabei aber keinesfalls abgehängt wird, und dass man erst spät, aber nicht zu spät in Führung geht und Erschöpfungskarten auf sich nimmt, wenn man mehr oder weniger vor dem Zieleinlauf steht.

Die einzuschlagende Fahrtaktik wird noch durch besondere Streckenabschnitte verkompliziert. Auf Bergstrecken darf ein Fahrer maximal fünf Felder vorwärts ziehen. Ordnet ein Spieler einem Fahrer eine höhere Bewegungskarte zu, so verfallen die überzähligen Felder. Außerdem zählt auf Bergstrecken kein Windschatten. Auf abschüssigen Strecken hingegen zählt jede Bewegungskarte als mindestens fünf Felder. Hier kann man sehr schön seine Erschöpfungskarten loswerden.

Jedes Spiel bringt neue Erfahrungen über gute und schlechte Renntaktik. Wer das Spiel schon häufiger gespielt hat, kennt die Probleme, wenigstens ein paar davon, die es zu vermeiden gilt. Wir haben das Spiel zweimal hintereinander gespielt, soviel Spaß hat es gemacht und soviel Ehrgeiz war geweckt, den zweiten Durchgang besser zu gestalten. Aber immer noch gab es böse Überraschungen. (Leicht und locker zu nehmen!) Die Spielregel empfiehlt sogar, erfahrenen Spielern schon vom Start weg eine oder zwei Erschöpfungskarten mehr in das Set zu geben. Aber so weit werden wir üblicherweise am Westpark mit Flamme Rouge (leider!) nicht kommen.

WPG-Wertung: Aaron: 7 (locker und schnell), Moritz 7 (das Spiel funktioniert und ist bezüglich richtiger Einteilung der Kräfte und taktischem Positionieren was Radrennen betrifft recht realistisch, ich mag Rennspiele mit Kartenmanagement), Walter 7 (wenn man sich hinterher über seine Fehler im Klaren ist und das nächste Mal – noch – besser spiele will, spricht das für die Herausforderung des Spieldesigns).

3. “Futschikato”

Peter hat das FF-Spiel letzte Woche beschrieben, fand es aber für müßig, dem Spiel wegen einer „nur“ 4er Runde Noten zu vergeben. Es sollte zu mehreren gespielt werden; bis zu acht Mitspieler sind vorgesehen.

Was die mehreren Mitspieler für Mehrwert bringen sollen, ist mir nicht klar. Aus einem Handset von maximal 5 Karten spielen wir eine Karte, die eine Runde überlebt, wobei unsere Handset dann immer kleiner wird, oder nicht überlebt, wobei wir dann eine neue Karten in unser Handset aufnehmen müssen. Wir haben aber keinerlei Einfluß darauf haben, welche Karte es ist.

Besonders wenn man nur noch wenige Karten in der Hand hat, geht der Freiheitsgrad gegen Null. Da kann man auch in einer größeren Runde noch lange frustriert vor sich hindümpeln, Karte vom Stapel ziehen, eine Karte ablesen und beten. Natürlich kann man in „Futschikato“ auch ein bisschen Schadenfreude für sich reklamieren, aber wenn das alles ist, der Rest aber Frust …?

WPG-Wertung: Aaron: 6 (vom Spielwitz ähnlich wie „Alien Frontier“, nur bedeutend kürzer), Moritz: 4 (für Friedemann Friese eher ein mageres Spiel, 15 Minuten lang Karten auf den Tisch legen …), Walter 5 (keine Strategie, nicht mal der Ansatz einer Strategie, geringer Spielwitz, absolut kartenabhängig).

4. “Weltausstellung 1893”

Weltausstellung 1893

Das Spielfeld besteht aus einem Rondell (Riesenrad) mit fünf Gebieten. In jedem Gebiet liegt eine – mehr oder weniger – zufällige Anzahl von Wertungskarten der drei Typen

  • Exponate
  • Einflussreiche Personen
  • Midway-Tickets

Jeder Spieler setzt reihum einen Pöppel in ein frei wählbares Gebiet, nimmt sich die dort liegenen Wertungskarten und legt von einem verdeckten Stapel drei neue Wertungskarten aus: eine in das Gebiet, das er gerade beackert hat, sowie je eine in die beiden benachbarten Gebiete.

Die Exponate werden bis zum Spielende gesammelt, müssen allerdings noch „genehmigt“ werden, um bei Spielende Siegpunkte zu liefern. Die eingesammelten Einflussreichen Personen müssen jeweils in der nächsten Runde gespielt werden und bewirken, dass man weitere Pöppel in definierte Gebiete setzen oder gegnerische Pöppel versetzen darf. Die eingezogenen Midway-Tickets bringen ihren Besitzern direkte Siegpunkte, zugleich geben sie die Anzahl von Schritten an, die der Rundenzähler fortschreitet: nach einer festgelegten Anzahl von Schritten wird eine Wertung ausgelöst.

Bei der Wertung werden aktuelle Mehrheiten an Pöppeln in den fünf Gebieten honoriert.

Die Herausforderung des Spieles ist es, bei seinem Zug seinen nächsten Pöppel in das optimale Gebiet zu setzen, wo die meisten und/oder kurz- mittel- oder langfristig lukrativsten Karten liegen, dabei seine Pöppel auf wenige Gebiete zu konzentrieren, wo man eine Mehrheit erzielen kann, und zugleich zu diversifizieren, um möglichst verschiedenen Exponante zu erhalten, deren Wert in der Schlusswertung quadratisch mit ihrer Verschiedenheit wächst.

Wenn zwischen Konzentrieren und Diversifizieren eine optimale Balance erzielt worden ist, kann man gewinnen. Wenn ein böser Mitspieler allerdings durch den Einsatz von Personenkarten die sorgfältig berechnete Balance zerstört, dann war’s wohl nix.

WPG-Wertung: Aaron: 7 (das Spiel ist rund, das Mitspielerchaos gefällt mir weniger, mit den Personenkarten wird das Spiel unkalkulierbar), Helmut: 8 (das Spielmaterial ist hübsch, die Spielmechanismen sind zwar bekannt, greifen aber gut ineinander; das Spiel ist schnell und man kann dabei denken), Walter 6 (Personenkarten mit Ärgereffekten, z.B: fremde Pöppel entfernen oder verschieben, sind für mich heutzutage ein NO-GO).

5. “Barracuda”

Barracuda

Auf dem Tisch liegen 12 Karten symbolisch für je eine Bar. Die Karten sind verdeckt, d.h. man weiß nicht, um welche Bar es sich handelt, insbesondere nicht, wieviel Pacht für sie Runde für Runde bezahlt werden muss.

Zu Beginn des Spiel wählt jeder Spieler eine der verdeckten Bar-Karten und „eröffnet“ sie, indem er die Karte umdreht und einen seiner Barkeeper darauf setzt. Hat er Glück, dann hat er eine „billige“ Bar eröffnet, die ihn pro Runde nur 1000 Dollar kostet, Wenn er Pech hat, muss er pro Runde das sechsfache berappen.

Jetzt ist das Spiel eingeschwungen und jeder Spieler darf in seinem Zug (nachdem er die Pacht bezahlt hat) folgende Aktionen ausführen:

  • eine neue Bar eröffnen: er dreht eine weitere Bar-Karte um, ist erfreut oder entsetzt über die demnächst zu zahlende Pacht, und sieht mit Bangen auf seine schwindende Barschaft.
  • sich bei einem Mitspieler als Kompagnon einkaufen: man bietet einem Mitspieler – einschließlich sich selbst – eine Summe Geldes, die man als Einmal-Betrag entrichtet, und setzt dann einen zusätzlichen Barkeeper in die bereits eröffnete Bar. – Die Pacht dafür zahlt weiterhin nur der Besitzer.
    Nimmt der Mitspieler das Angebot als Kompagnon nicht an, so ist zwar die gebotene Summe futsch, der Mitspieler muss aber die gleiche wie die gebotene Summe an die Bank zahlen.
  • eine fremde Bar übernehmen: man bietet eine Summe Geldes für die Übernahme einer Bank. Nimmt der Mitspieler das Angebot an, ist alles klar.
    Nimmt er es nicht an, so muss der die angebotene Summe zurückgeben, und – als “Schutzgeld” – zusätzlich noch einmal die gesammte Summe drauflegen
  • eine eigene Bar versteigern: alle Mitspieler bieten verdeckt eine Summe, der Höchstbietende bekommt die Bar. Es sei denn, der Versteigerer ist mit keinem Mitspieler-Gebot zufrieden, er bezahlt 1000 Euro “Renovierungsgeld” und die Bar wird geschlossen. Höchst risikoreich.

Jeder Spieler bekommt 50.000 Euro Startkapital. Hat man zufällig als erstes die 6.000-Euro Bar erstanden, so kann man das – wenn man keinen weiteren Pfennig mehr ausgibt – 13 Runden lang durchhalten. Dann ist man pleite. Aber natürlich eröffnet man eine zweite Bar, dann dauert das Spiel maximal nur noch 8 Runden. Versucht sich ein böser Mitspieler auch noch für eine zu geringe Summe als Kompagnon einzukaufen, ist man schon wieder Geld los. Das Spiel geht rasend schnell zu Ende.

Wir wurden alle blitzschnell unsere Barschaft los. Fünf Barkeeper hätten wir irgendwo unterbringen müssen. Ich weiß nicht mehr, ob es einem Spieler geglückt ist, oder ob wir vorher schon alle pleite waren. Oder haben wir hier irgend etwas nicht verstanden?

WPG-Wertung: Aaron: 5 (zu dritt nicht wirklich gut. [Peter hätte demnach noch keine Noten ermittelt bzw. veröffentlicht]), Helmut: 8 (eigentlich ein Bluff- & Verhandlungsspiel; ich begreife es aber noch nicht), Walter 5 (Thema verfehlt: Bars macht man auf, um damit Geld zu verdienen, aber nicht, um damit Geld loszuwerden).

17.05.2017: Wir leben noch

(von Peter, Walter hat den Bericht nur ins Internet gestellt!)

Die Westpark Gamers trafen sich gestern in einer Besetzung, die es lange nicht mehr gegeben hatte. Günther, der auf Januar-Glatteis ausrutsche und dann lange Wochen in Krankenhaus und Reha verbrachte, war zum ersten Mal seitdem dabei. Loredana und Peter waren sogar im ganzen Jahr 2017 noch nicht in der Krünerstr. Der Spielabend begann mit einer ausführlichen Wehklage Walters über politische Diskussionen, die in fortgesetzter Nichtkommunikation enden, die dann auch das Persönlich-Nichtpolitische betrifft (Peter konnte dem nur beipflichten).

Peter hatte gehofft, dank Günthers immenser Spielesammlung die tollsten Neuheiten kennenzulernen (und hatte deswegen keine Spiele mitgebracht). Doch auch Günther hatte keine Spiele dabei (und besitzt laut eigenen Aussage noch nicht einmal die jüngste Hans-im-Glück-Neuigkeit Valletta!). Bei Walter stand noch ein Stoß neuerer Spiel herum, die aber laut Walter und Günther nur so-là-là seien.

Gleichwohl begannen wir mit einem solchen.

1. “Böhmische Dörfer”

Drei Gamers um Böhmische Dörfer

Es gibt ein gemeinsames Spielfeld für alle, das in einzelne Dörfer eingeteilt ist. In den Dörfern gibt es Gebäude, die Zahlen von 2 bis 12 besitzen. Man bekommt Siegpunkte, wenn man diese Gebäude mit eigenen Spielsteinen besetzt.

Wer dran ist, würfelt mit vier Würfeln. Dann setzt er entweder 1 Stein aus der Summe von zwei oder drei Würfeln, oder 2 Steine aus der Summe von jeweils zwei Würfeln (es ist nicht möglich, 1 Stein aus der Summe alle Würfel zu setzen oder 1 Stein zu setzen, dem nur ein Würfel zugrunde liegt). Setzen ist im Prinzip immer gut. Es ist klar, dass dieses Verfahren mittlere Würfelzahlen begünstigt; auch etwas die hohen (weil man ja mal drei Würfel aufaddieren kann); die niedrigen Zahlen (also etwa 2) sind eher selten, aber nicht brutal selten (man hat ja vier Würfel, um den Zweierpasch zu erzielen).

Bei manchen Gebäudetypen gibt es Punkte, wenn man möglichst viele gleiche hat; bei einem anderen, wenn man möglich viele verschiedene hat; bei einem dritten gibt es in der Runde Punkte (sobald alle besetzt sind, kommen die Pöppel zurück). Usw.

Spielt sich genauso zufallsbestimmt und öd, wie hier beschrieben. Ist aber immerhin kurz. Ein jeder gab fünf Punkte, war nicht sauer (das Spiel war ja kurz …), und freute sich aufs nächste Spiel.

WPG-Wertung: Ein jeder (Günther, Loredana, Peter & Walter) gab fünf Punkte, war nicht sauer (das Spiel war ja kurz …), und freute sich aufs nächste Spiel.

2. “Rumis”

Eigentlich war es gar nicht soooo schlecht, dass niemand keine Spiele dabei hatte, so konnte Walter sein original eingeschweißtes Rumis zweiter Auflage auspacken, das er sich nur gekauft hatte, weil es das „Westpark Gamers Spiel des Monats“-Wapperl aufgedruckt hat (neben dem Mensa-Wapperl, übrigens).

Rumis mit seinen Auszeichnungen

Sehr schade, dass dieses wunderbare Spiel mittlerweile vergriffen ist; immerhin wird es bei Ebay zu moderaten Beträgen gehandelt.

Highlights: Günther hat „illegal“ gebaut (d.h., Höhengrenze überschritten), ohne dass man es gemerkt hätte. Peter beim Zählen: „das sind … 7 Punkte“, Walter: „nein, nein, das sind 6 Punkte!“, Peter: „was? wie? nee, ich seh 7“, Walter: „schau doch her, 3 plus 2, das ist 6!“ (korrekt war tatsächlich fünf). Das Alter setzt bei uns allen (jedenfalls fast allen) ein.

WPG-Wertung: Loredana vergab 10 Punkte, Peter hob seine einstige Wertung von 5 (als ihn die Mechanik geistig komplett überforderte) auf 9 (mittlerweile hat es verstanden, aber trotzdem verloren; immerhin nicht letzter).

3. “Transeuropa”

Wir wollten alle Transeuropa spielen, was zunächst beinahe daran gescheitert wäre, dass Walter immer „Zug um Zug“ sagt und bereits dieses Spiel ausgepackt und die Spielsteine verteilt hatte, bis er seinen Fehler bemerkte (und dem armen Günther die „Zug um Zug“-Partie gestrichen wurde). Die nächste Hürde bestand darin, dass Transeuropa verschwunden schien. Peter verdächtigte Einbrecher, Günther die Enkelkinder, Walter suchte und suchte (schließlich fand er es heruntergefallen hinter seinem Regal). Transeuropa ist und bleibt ein verdammtes Glücksspiel (man gewinnt ja nur, wenn die eigenen Städte in der Nähe von Fremdstädten liegen, wo ein andrer netterweise hinbaut), macht aber einen Heidenspaß, vor allem weil es kurz ist.
WPG-Wertung: Keine Änderung der nahe bei 8 Punkten liegenden Wertung.

4. “Zoff im Zoo”

Klar – sind Loredana und Peter da, gibt es kein Einkommen vor Zoff im Zoo. Bemerkenswert war nur, dass die beiden komplett untergingen (und Loredana mit Abstand letzte wurde). Die Mechanik dieses kleinen Kartenspiels ist einfach fantastisch.

WPG-Wertung: Keine Änderung der bei über 8 Punkten liegenden Wertung.

5. “Futschikato”

Peter fragte, ob dieses nette Kartenspiel mit „Gift“ da wäre. Man braut da irgendwie Gift und jubelt anderen Leuten Minuskarten unter. Sehr farbig. Günther meinte … „keine Ahnung“; nach viel überlegen: „War es vielleicht kein Gift, sondern Zaubertränke?“ Peter zögerlich: „Ja klar, schon, so genau erinnere ich mich nicht.“ Günther: „Na, dann war’s wohl Poison“. Brachte aber auch nix, denn ob toxisch oder nicht, das Spiel war nicht da.

Was da war, war Futschikato, eine Friedemann-Friese-Spiel, das so eine Art Abluxxen für Arme ist. Es gibt Zahlenkarten von 2 (viele!) bis 20 (nur eine). Wer dran ist, legt eine Karte vor sich ab. Liegen grad Zahlenkarten anderer Spieler mit niedrigeren Werten aus, müssen diese anderen Spieler ihre ausliegenden Arten abwerfen und dafür eine auf die Hand nachziehen. Es liegt immer keine oder genau eine Karte vor einem, denn wenn man wieder dran ist, ohne dass die eigene Karte überboten (und man damit zum Abwurf mit Nachziehen gezwungen wurde), wirft man sie ohne Nachziehen ab. Gewonnen hat der, der alle Karten losgeworden ist.

Eine einzige Besonderheit: Gleiche Zahlenkarten addieren sich auf. Will heißen: A legt eine 5. B legt eine 3. C legt auch eine 3 – addiert sich auf mit der anderen 3 zu „sechs“, die 5 ist geschlagen, A wirft sie ab und zieht nach. D spielt eine 7, das ist höher als „sechs“, B und C werfen ab und ziehen nach. Hätte D hingegen auch eine 3 gespielt, hätte das dann schon als „neun“ gegolten.

Futschikato ist sehr schnell erklärt, spielt sich schnell, und funktioniert mit bis zu acht Spielern. Für vier Spieler gibt es aber sehr viel interessantere Spiele. Es mit vier Spielern zu werten, ergibt für mich keinen Sinn; es ist ein Spezialspiel für große Runden.

WPG-Wertung: Eine Wertung muss her! Da werden wir wohl die Noten vom letzten – nicht reportierten – Spielabend ausgraben müssen.

6. “Bluff”

Macht nach so vielen Jahren stets wieder einen Heidenspaß. Zum Beispiel, als Günther mit 5 Würfeln und Walter mit 3 Würfeln im Endspiel standen und Walter den Günther Würfel um Würfel auf 0 runterzockte.

[Walters Einschub bei Nachschschrift: Es zeigte sich mal wieder die unendliche Überlegenheit der Immer-4-Strategie.]

Keine neue WPG-Wertung für ein Super-Spiel.

08.02.2017: Tresore in „Vaults“

1. “Saami”
Auch auf der Messe 2017 in Nürnberg wurde „Saami“ noch nicht veröffentlicht. Mit Mitarbeitern des Verlages sowie auch unter der Hand dreht Aaron unverdrossen an den Schräubchen seines Zweitlingswerkes. Wir drehen mit.

Nach dem aktuellen Design bleiben die Belohnungen für die Boykotteure bis fast zum Ende jeder Runde verborgen. Kein Wunder, dass sich heute alle drei Mitspieler mehr oder weniger gleichmäßig an die öffentlich bekannten Siegpunkt-Belohnungen für die erfolgreiche Bekämpfung der Naturkatastrophen heranmachten. Entsprechend gleichförmig schritten sie auf der Siegpunkteleiste voran, und entsprechend dicht lagen sie nach der Schlusswertung beieinander. Etwas unbefriedigend.

Wenn man das Kernstück des Spiels, nämlich die gegensätzlichen Interessen für Erfolg oder Misserfolg bei der Bewältigung von Herausforderungen, zur Geltung kommen lassen will, müssen die Konsequenzen des jeweiligen Ausgangs von Anfang an klar bekannt sein. Nur Harakiri-Spieler werfen ihr gesamtes Schicksal in eine Waagschale, von der sie nicht wissen, ob am Ende der Himmel oder die Hölle Belohnung sein wird.

Noch keine WPG-Wertung für ein Spiel in der Entstehungsphase.

2. “Vaults”

“Vaults”: Welche Potenzen besitzt Humphrey Kindle’s Bande und welchen Tresor könnte sie damit knacken?

In diesem Kickstarter-Projekt von 2015 sind wir Gangsterbosse, rekrutieren Bandenmitglieder und besorgen uns Werkzeuge, bis wir stark genug sind, Tresore zu knacken und uns deren Inhalt einzuverleiben. „Tresore“ sind dabei offen ausliegende Karten, die in drei Kategorien (nennen wir sie jetzt: Kraft, Technik und Erfahrung) jeweils definierte Zahlen-Anforderungen für ihre Überwindung stellen. Wir, unsere Mitglieder und unsere Werkzeuge besitzen in den gleichen Kategorien jeweils bestimmte Zahlenwerte, und wenn wir in Summe in allen Kategorien größere Werte als ein Tresor aufweisen, können wir ihn knacken.

Welche Schätze uns damit zufallen, ist zufallsabhängig. Schwer zu knackende Tresore beinhalten natürlicherweise auch höherwertige Inhalte, aber jeder Tresore kann u.U. auch mit nur Nieten gefüllt sein. Dann haben wir unsere Mannschaft vergeblich werkeln lassen.

Immerhin behalten wir in der Regel unsere Mannschaft bei und können sie im nächsten Zug sofort auf den nächsten Tresor loslassen. Nur bei Fehlschlägen kann es passieren, dass ein Teil von uns ins Gefängnis wandert.

Drei zu knackende Tresore liegen jeweils offen aus. Statt in den öffentlichen Tresorräumen auf Raub auszugehen, dürfen wir lukrative Schätze auch bei unseren Mitspielern an Land ziehen. Hier sogar ohne Fehlschlag-Risiko. Und ohne jede negative Konsequenz, es sei denn in der Sympathie des Mitspielers. Es soll ja lustig sein.

Wie rekrutieren wir Mannschaft und Werkzeuge? Wir ziehen sie einfach eine nach der anderen von einem verdeckten Stapel.

Damit auch noch mehr spielerische Effekte geboten werden, besitzt jedes Bandenmitglied eine individuelle Fähigkeit, z.B. „ziehe gleich noch einmal“ oder „tausche ausliegenden Tresore aus“. Und es gibt auch noch ein potentes “Disrupt” Kartendeck, z.B. “Knacke mit deiner Mannschaft jeden beliebigen Tresor”, um weitere Variabilität ins Spiel zu bringen.

Die richtigen Karten gezogen, bei den Tresoren auf keine Nieten gestoßen, von den Mitspielern nicht bestohlen worden zu sein, und schon haben wir gewonnen. So geschah es mit Walter, der gleich von Start weg mit potenten Mitgliedern ausgestattet worden war, keine einzige Niete zog, und mit dem Inhalt von vier Tresoren das Sieglimit überschreiten konnte. Helmut, der beim Knacken dreimal Fehlschläge einstecken musste, bedauerte, dass er bei seinem letzten Versuch nicht Walter angebohrt hat. Er hatte geglaubt, das Schicksal hätte ihm dafür noch einen Zug länger Zeit gelassen …

WPG-Wertung: Aaron: 5 (es funktioniert, aber wer schlecht würfelt, zieht auch schlechte Karten), Helmut: 7 (ganz nett, unbalanciert, aber das ist hier Methode, die Beschreibung der Spielregeln ist ziemlich problematisch), Walter: 5 (nicht stimmig, die kalkulatorischen Anforderungen passen nicht zu den zufälligen Erfolgen beim Knacken und Klauen).

538 Kickstarter-Geldgeber wurden im Regelheft namentlich erwähnt. Und auch 39 Tester. Was musste man in „Vaults“ eigentlich testen?

25.01.2017: Maria sackt in Petersburg ab

Aaron musste sich vom Autorentreff in Ruppichteroth erholen, Peter werkelt mittwochs regelmäßig an seinem Forschungsauftrag in Bamberg, und Horst bringt den Innendienst auf Vordermann. Günther kann eigentlich immer, nur diesmal war ihm zu wohl und er hatte sich aufs Eis begeben. Zwölf Spangen im Unterschenkel versuchen, ihm in den nächsten Wochen wieder auf die Beine zu helfen. Gute Besserung!

1. “Maria”

Das Politik-Tableau von „Maria“

Immerhin haben heute noch zwei gestandene Wargamer ihren Weg zum Gastgeber am Westpark antreten können. „Friedrich“ war angesagt worden, aber Moritz war noch klüger, er brachte Friedrichs jüngere Schwester „Maria“ mit, beide nicht mehr ganz jung, beide vom gleichen Vater Richard Sivél.

„Friedrich“ lag schon 8 mal am Westpark auf dem Tisch und konnte auf Anhieb Begeisterung auslösen. „Maria“ war erst einmal, kurz nach ihrem Erscheinungsjahr 2009, hier. Da sie aber nur zu dritt gespielt werden kann, und wir damals eine Viererrunde waren, musste Moritz seine Neuerwerbung unverrichteter Dinge wieder mit nach Hause nehmen. Jahrelang ruhte sie da jungfräulich in seiner Spiele-Schatzkammer. Heute packte er die Friedrich-Ankündigung beim Schopfe und küsste stattdessen „Maria“ aus ihrem Dornröschenschlaf. Wir durften sie auspöppeln.

Leider hatte er keine Zeit gefunden, sich mit den Spielregeln zu beschäftigen. So mussten wir uns aus dem Stegreif durch ein zwar logisches, teilweise auch bereits bekanntes, in vielen Maria-Details aber neuartiges und komplexes Regelwerk einarbeiten. Glücklicherweise verstand Helmut als Experte von „Lieber bairisch sterben“ sofort den Kampfmechanismus. Auch bewies er ausreichend abwartende Geduld bei den Elementen, die in der Stegreif-Einführung gar nicht klar rüberkommen konnten, sonst wären wir heute spielerisch im Nirwana gelandet.

„Friedrich“ und „Maria“ sind beides historische Kriegsspiele im mitteleuropäischen Raum. Beide basieren thematisch auf den ewigen Kriegshandlungen zwischen Preußen und Österreich als Hauptakteuren, Franzosen, Sachsen und dem Reich als Nebenakteuren, sowie ein paar Nachbarländern als Beiwerk.

Topologisch sind beide Spielbretter sehr ähnlich: es sind geographisch getreue Landkarten von der Ostgrenze Frankreichs bis zur Westgrenze Polens; Städte und Dörfer, Festungen und Armeequartiere sind mit Straßen und Wegen verbunden. Darauf ziehen die Generäle der verschiedenen Kriegsparteien, erobern feindliche Städte, um damit Siegesbedingungen zu erfüllen, rückerobern eigene Städte, um die gegnerische Erfüllung wieder rückgängig zu machen, sichern sich ab, requirieren neue Armeen, und versuchen, die ihnen gegebenen Mittel je nach Lage und Aufgabenstellung optimal einzusetzen.

In „Friedrich“ muss der Alte Fritz nur lange genug überleben und seine Feinde im Zaum halten, um Sieger zu werden; seine Feinde hingegen hätten gewonnen, wenn sie eine Anzahl vorgeschriebener Städte erobert haben. In „Maria“ gewinnt jede Partei durch das Erobern von Städten.

Der Kampfmechanismus ist in beiden Spielen identisch. Und zwar äußerst elegant! Jede Partei erhält pro Runde eine definierte Anzahl von „Taktik-Karten“ eines (fast normalen) französischen Kartenspiels; die kann sie zurückhalten und sammeln, bis sie genügend zur Verfügung hat, um den Gegner an einer passenden Stelle anzugreifen. Dann spielt man bis zur bitteren Neige die Karten einer Kartenfarbe solange auf den Gegner aus, bis der nichts mehr dagegensetzten kann. Allerdings sollte man sich dabei kann nicht verspekuliert haben. Der Gegner kann nämlich parieren und seinerseits durch das Ausspielen seiner Taktik-Karten zurückschlagen. Wessen Karten am Ende in Summe die meisten Augenzahlen besitzt – zuzüglich eines Wertes für die eingesetzten Generäle – hat gewonnen. Der Gegner verliert Armeen – bis zur totalen Ausschaltung – und muss sich mit seinen Rest-Armeen zurückziehen.

In beiden Spielen benötigen Generäle im Ausland einen eigenen Tross, der sie versorgt. Der Tross muss immer in greifbarer Nähe, sonst geht eine Armee unter. Die Vernichtung eines feindlichen Trosses ist ein vorzüglicher Coup, um eine leichtfertig dahintrabende feindliche Truppe schnellstens zur Heimkehr zu veranlassen, wenn sie damit nicht sogar gleich tödlich getroffen wurde.

„Maria“ ist eine Weiterentwicklung von „Friedrich“, in der das „einfache“ Karten-Kampfgeschehen durch eine Reihe von lang- und mittelfristigen „politischen“ Entscheidungen aufgebauscht wurde, die alle einen direkten Einfluss auf das Kartenmanagement haben. Jeder Spieler kann in jeder Runde eine Taktik-Karte dafür opfern, damit er irgendwann mal pro Runde eine Taktik-Karte mehr oder ein Gegner eine Taktik-Karte weniger bekommt. Wem das frühere Karten-Kämpfen zu „roh“ war (war es aber nicht!), kann jetzt von langer Hand eine Schädigung seiner Gegner herbeiführen.

In „Maria“ bekommen die Österreicher auch noch zwei Husaren-Truppen zur Verfügung, mit der sie feindliche Armeen von ihrem Tross abschneiden können. Ein Balance-Element für Maria Theresia, damit sie ihren Gegnern, das freie Herumtollen auf österreichischem Staatsgebiet etwas erschweren kann. Dieser Störfaktor hat aber nur eine begrenzte Wirkung, da die vom Tross abgeschnittenen Armeen durch den Einsatz von Taktik-Karten diesen Husaren-Eingriff neutralisieren können.

Fazit, das klare, eindimensionale Taktieren mit den Taktik-Karten (sowie das vieldimensionale Taktieren mit Generälen, Trossen, Angriffen und Rückzügen), ist durch ein politisches Karten-Klimbim aufgepäppelt und zerrissen worden. Für manche Spielerseelen ist die längerfristige Karten-Planung ein positives Element, für andere dagegen eher ein Interruptus. Selbst ein Richard Sivél konnte es nicht allen rechtmachen.

In unserem Spiel führte Moritz die Maria mit ihren Österreichern, Helmut die Preußen, die Sachsen und die Pragmatische Armee, und Walter die Franzosen mit den bayrischen Hilfstruppen. Die französischen Bayern suchten ihr Heil in den Bierstädten von Budweis bis Pilsen, die französischen Franzosen hingegen vernachlässigten die ihnen zustehende Beute in Luxemburg und Belgien. Nachdem sie auch noch zwei blutige Schlachten in Österreich und bei Trier verloren hatten, krochen sie auf dem Zahnfleisch zu Kreuze. Preußen und Österreich lieferten sich Runde für Runde an der Neisse wohlkontrollierte Scharmützel. Nachdem Österreich aber seine Kräfte massiv bei der Abwehr der Bayern verpulvert hatte, konnte es den Preußen nicht mehr genügend entgegensetzen. Knall auf Fall durchbrachen Helmuts Preußen die schlesischen Linien, erreichten ihre Kriegsziele und beendeten die Karten-Schlacht als Sieger.

WPG-Wertung: Helmut: 9 (ganz, ganz toll. Fürchtete nach der etwas konfusen Einführung schon das größte Regel-Durcheinander, doch die klare Logik der Spielzüge brachten beim learning by doing schnell ausreichend Linie ins Spiel; “es gibt keinen Grund, nicht 9 Punkte zu vergeben”), Moritz: 9 (elegantes Design, war von den Maria-spezifischen Erweiterungen sehr angetan), Walter: 8 (wäre ohne den Interruptus glücklicher gewesen).

2. “Sankt Petersburg”

Eine weitere Stunde wollten Helmut und Moritz noch spielen, ein Absacker war gewünscht. „Bluff“ unter drei Experten ist langweilig, auch „Abluxxen“ entfaltet seine Schönheiten erst in einer größeren Runde. „Verflixxt!“ ward gewogen und für die aktuelle Stimmung als zu leicht empfunden. „Sankt Petersburg“ bekam den Zuschlag, das gute, alte Original-StP, und zwar als ABSACKER! Und das ging gut.

Jeder kannte die Regeln, jeder konnte sich am einfachen und schnellen Spielaufbau beteiligen. Nur die Expansion-Karten für die 5-Mitspieler-Version mussten aussortiert werden. Wilhelms Dermaleinst-Gabe von festen Abacus-Geldscheinen erleichterte die Geschäfte.

Locker, flüssig und schnell wurden sie abgewickelt. Alle wussten mit Geld, Kartenlimit, Upgradern und den vielen hübschen taktischen und strategischen Elementen von „Sankt Petersburg“ umzugehen.

Moritz gewann. Er hatte die Refinanzierung mittels Handwerkerkarten geradlinig bis weit über die Hälfte der Spieldauer durchgezogen, konnte recht früh den Baumeister-Upgrader aktiveren, der ihm eine reichlich sprudelnde Geldquelle unter den Adeligen sicherte, und konnte auch recht früh die Hofmeisterin auf seine Seite ziehen, so dass neben dem Geld auch noch regelmäßig erklecklich viele Siegpunkte auf seinem Konto anfielen. Bei der Schlussabrechnung blieben ihm sogar noch 60 Rubel nicht mehr ausgebbares Barvermögen übrig.

Walter hatte sich gleich in der Anfangsphase sehr stark bei den Handwerkern eingekauft. Auch seine frühe Sternwarte wurde konsequent für weitere Handwerker eingesetzt. Dann allerdings nahm er zu früh sein Engagement hier zurück. Auch verwechselte er die Effekte von Hofmeisterin und Zarin: die erstere ist in der Anfangsphase Gold wert, die letztere erst dann, wenn das Geld seine enorme Anfangsbedeutung verloren hat.

Als jüngster Mitspieler war Helmut in der ersten Runde der Startspieler bei den Handwerkern. Aber anstatt mit den billigen 3-Rubel-Holzfällern zu beginnen, kaufte er den einzigen ausliegenden 9-Rubel-Bauern, dessen teuer erkaufter Vorteil ein einziger Siegpunkt pro Handwerkerrunde war. Moritz und Walter hielten die Luft an, aber Helmut war kein Anfänger, den man mit guten Ratschlägen vor Schaden bewahren musste. Vielleicht lag darin ja eine Methode. Lag aber nicht. Die Mehrausgaben von 6 Rubel konnte er bis zur letzten Runde nicht mehr reinholen. In geldlicher Hinsicht verzeiht Sankt Petersburg keinen Fehler.

Erst beim Zusammenräumen fiel auf, dass der Bauer gar nicht zur Original-Ausstattung gehört, sondern eine Expansion-Karte der 5-Mitspieler-Version ist. Wir hatten sie beim Aussortieren übersehen. Hallo Helmut, Dein Start-Ziel-Handicap verdankst Du also lediglich einem Flüchtigkeitsfehler von uns allen. Sankt Petersburg ist unschuldig.

WPG-Wertung: Helmut blieb mit seinen 8 Punkten exakt im bisherigen Durchschnitt (eigentlich nur 7 Punkte, aber ich habe das Spiel immer sehr gemocht, 1 Sympathiepunkt).

18.01.2017: Aarons Insel und Martins Schiffe

Wenn man das letzte Spiel aus dem Eigenverlag des begnadeten Martin Wallace in der Hand hat, und weiß, dass der Autor seine Zelte in Europa abgebrochen und sich für immer nach Neuseeland begeben hat, dann ist das doch ein Grund, mal etwas über Neuseeland nachzulesen.

Es ist ein Inselstaat im südlichen Pazifik, bestehend neben vielen kleineren Inseln aus einer nördlichen und einer südlichen Hauptinsel, die von Touristen gewöhnlich in einer Achter-Schleife durchreist werden. Die Amtssprache ist Englisch (wer hätte das gedacht?), daneben Maori, aber auch noch die neuseeländische Gebärdensprache! Damit können alle gleichzeitig reden, ohne sich ins Wort zu fallen.

Staatsoberhaupt ist Königin Elisabeth.

Neuseelands „Human Development Index“ (Index der menschlichen Entwicklung, HDI) beträgt 0.913 … Hoppla, was ist denn der HDI?
Hier die Formel:

Dabei ist:
LE = Lebenserwartung zum Zeitpunkt der Geburt
BNEpk: Bruttonationaleinkommen pro Kopf
DSD = Durchschnittliche-Schulbesuchsdauer
VSD: Voraussichtliche Schulbesuchsdauer

Man sieht auf den ersten Blick, wenn die Menschen eines Landes durchschnittlich 85 Jahre alt werden, eine Kaufkraft von 75 Tausend Dollar pro Jahr in der Hand haben, in ihrer Jugend 15 Jahre zur Schule gegangen sind, und als heute gerade schulpflichtig gewordenes Kind 18 Jahre lang gehen müssten, so hat das Land den HDI von 1,0.

Übrigens: Deutschland hat einen HDI von 0,915 und liegt damit ganz knapp vor Neuseeland

1. “Loot Island”

Aaron wollte mal wieder die vorletzte Version seiner Eigenentwicklung vor der Vorstellung auf der Messe in Nürnberg am Westpark testen lassen. Alle machten ohne Zögern bereitwillig mit.

Wir graben immer noch nach Schätzen. Wie im richtigen Leben finden wir immer noch große oder kleine Schätze, wie im Märchen sind viele unsere Schätze immer noch verflucht, und wir müssen einen Teil unserer Energie dafür aufwenden, diese Flüche zu bannen.

In Zusammenarbeit mit „What’s Your Game“, dessen Devise es ist, Spielerfrust bereits beim Design möglichst zu vermeiden, hat Aaron eine ganze Reihe von Spielelementen eingeführt, wie den Flüchen besser beizukommen ist. Sie sind heute schon eher so etwas wie Handelsware, die man nur richtig behandeln muss, damit sie sich unter unseren Händen in Gold verwandelt.

Im jetzigen Zustand bietet „Loot Island“ mal wieder eine gerade richtige Mischung aus Mitspielerchaos und Planungsmöglichkeiten resp. Planungsanforderungen. Es gab eine Menge Spielspaß, nicht zuletzt durch die Super-Schätze, die wir selber gefunden haben und durch die relativen Semi-Nieten, die den Mitspielern zufielen.

Eine Stunde lockeres Denken, lockeres Agieren, lockeres Glück.

Noch keine WPG-Wertung für ein Spiel in der Entstehungsphase.

2. “Ships”

Sheep-Pulk in „Ships“ zwischen dem Zeitalter der Wickinger und der Hanse

Mit diesen Spiel wollte Marin Wallace die Geschichte der Schifffahrt zu spielerischem Leben erwecken. Sehr hübsch hat er deshalb um den Spielfeldrand herum Bilder von typischen Schiffen ihrer Zeit drapiert, angefangen von phönizischen Galeeren bis zum Schlachtschiff „Lexington“. Doch das ist fast alles, was uns an Schifffahrtshistorie mitgeben wird. Mit diesem Thema gibt er uns sogar ein falsches Bild vom Spielablauf und den Aktionen, die wir durchführen können und müssen, um ein gutes Spiel zu machen.

Eher haben wir es hier mit einer Herde von Schafen zu tun. Alle unsere Schafe bewegen sich in einem einzigen Pulk, in dem gekennzeichnet ist, wem welches Schaf gehört. Gemeinsam, mehr oder weniger dicht beieinander, ziehen wir den vorgezeichneten Kreislauf. Wir Spieler sind die Hunde und drängen unsere Schafe auf immer neue und bessere Weidegründe. Die vorderen Schafen müssen zuweilen Weidezäune durchbrechen, bekommen dann allerdings als Erster die saftigsten neuen Gräser zum Fressen. Die Hinteren müssen sich schicken, den Anschluss nicht zu verpassen. Den Letzten beißen die Hunde, oder er wird einfach geschlachtet.

Verlassen wir also die Ships-Terminologie und bleiben wir weiter bei der Sheep-Terminologie, so gebären unsere Schafe immer wieder neue Schafe auf dem aktuellen Weidegrund, bis sich das erste dazu entschließt, den Zaun zu durchbrechen und den nächsten Weidegrund zu betreten. Das Durchbrechen kostet Energie (in Form von „Navigationsmarkern“), aber wenn auf dem aktuellen Weidegrund bereits viele Schafe beisammen sind, erzeugen sie einen solche Druck, dass die Zäune schon fast von selber umfallen. Nur wer einsamer und extremer Vorreiter sein will, muss sich dafür mit reichlich Innovations-Energie ausstatten.

Wer einen Weidezaun durchbricht, bekommt eine recht hohe Siegpunkt-Belohnung, anschließend erfolgt eine Bilanzierung des gesamten Herdenbestandes. Die Schafe auf dem noch aktuellen Weidegrund bleiben ungeschoren; für Schafe auf einem Weidegrund zurück muss der Besitzer einen Siegpunkt bezahlen („Hundeobolus“). Für Schafe auf zwei Weidegründen zurück, sind sogar zwei Siegpunkte Strafe fällig, anschließend werden diese Schafe von den wilden Tieren der Umgebung gefressen.

Ich hoffe, dass sich den Spielekennern von Wallace’ “Ships” bei dieser Ver-Schaf-ung jetzt nicht die Haare sträuben. Ich will diese Projektion auch nicht weiter treiben, selbst wenn für die weiteren, recht abstrakten Aktionen und Abläufe, die in „Ships“ präsentiert sind, mindestens genauso gut auch korrespondierende Elemente aus der Schafzucht passen würden. Also zurück zur Original-Terminologie.

Für jedes neu gebaute oder bewegte Schiff darf der Spieler entscheiden, ob es ein Handels- oder ein Kriegsschiff ist (Futterschaf oder Wollschaf!). Der einzige Unterschied zwischen beiden ist, dass der Spieler hinterher im einen Fall einen eckigen Handelsstein, im anderen Fall eine runde Eroberer-Scheibe auf ein definiertes Feld im aktuellen Wirtschaftsgebiet legen darf. Für die Handelssteine erhält er Waren (Korn, Öl, Wein, Metall oder Tuch), für die Scheiben bekommt er Geld, Siegpunkte, Zusatzaktionen und andere Vergünstigungen.

Waren müssen in der privaten Vorratskammer platziert werden. Wer hier keinen Platz hat, muss sie augenblicklich für einen Spottpreis verscherbeln. Geld kommt in den Tresor; wer hier keinen Platz hat, muss es augenblicklich zum relativ reelen Kurs von 2:1 in Siegpunkte verwandeln. Indirekt wirkt sich hier ein weiterer Unterschied zwischen der Wahl von Handels- oder Kriegsschiff aus: bei jedem Kriegsschiff wird das Fassungsvermögen von Vorratskammer bzw. Tresor um eine Einheit vergrößert, bei einem Handelsschiff tut sich in dieser Beziehung nichts.

Eine sehr pfiffige Idee in „Ships“ ist die Verwendung der Handelssteine. Sie sind nämlich nicht nur zum Ablegen innerhalb der Wirtschaftsgebiete gedacht, sie markieren auch die Aktionen, die ein jeder Spieler ausführen darf. Und wenn die Steine für Aktion oder Handel erst einmal platziert sind, dann bleiben sie an Ort und Stelle liegen, bis sie explizit wieder zurückgeholt werden. Das muss man rechtzeitig tun. Wer nämlich am Zug ist und alle seine eckigen Steine „verspielt“ hat, dem bleibt nichts anderes übrig, als einen „freien“ Zug zu opfern, um die Steine eines Gebietes wieder zurück in seine Verfügungsmasse zu holen; der restliche Aktionsspielraum geht verloren.

Was kann man in „Ships“ noch alles tun?

  • eine der ausliegenden Sonderkarten nehmen, die ähnliche Vergütungen erbringen bzw. Aktionen erlauben, wie sie auch sonst im Spiel gegeben sind, nur etwas mehr, etwas billiger, etwas mächtiger.
  •  Geld von der Bank einziehen. Einer der schlechtesten Züge überhaupt.
  •  Navigationsmarker nehmen. Ein damit gefülltes Portemonnaie ist Gold wert.
  •  Waren verkaufen. Alles hat seinen Preis: Tuch bringt das meiste Geld, Gewürze die meisten Siegpunkte, und Öl schmiert einen Zusatzzug.

Es ist alles rund und schön, was in „Ships“ zusammengebastelt ist. Alles kann konstruktiv gespielt, aber viel mehr noch als eine große planerische Herausforderung angesehen werden, denn überall stößt man auf Engpässe. Mal hat man keinen Platz in der Vorratskammer, mal fehlt das Korn für ein Kriegsschiff oder ein Navigationsmarker für den nächsten Fortschritt. Für bestimmte Aktionen muss man Geld bezahlen, auch das ist immer knapp, besonders da der eigene Tresor nur ein geringes Fassungsvermögen hat. Und natürlich gehen die eckigen Handels-/Aktionssteine aus und man muss Züge verpulvern, um sie wieder zurückzuholen.

Alles ist perfekt ausbalanziert. Alles funktioniert. Alles ist gut. Wer sich zwei bis drei Stunden lang an einem einzigen Spiel mit Ackerbau und Schiffzucht laben möchte, ist mit „Ships“ bestens bedient.

Für mich ist das Spiel eine zu große intellektuelle Herausforderung. Ich kann weder die Formel lösen: Ist (n – delta) Runden vor Schluss das Reaktivieren von e1 toten Ecksteinen aus dem Handelsgebiet A besser als das Reaktivieren von e2 zirkulierenden Ecksteinen aus meine Aktionskeller, noch kann ich beurteilen, ob der Platz in meiner Vorratskammer oder in meinem Tresor mehr wert ist, und ob ich in nächster Zeit Wein besser verwenden kann als Öl. Drei Stunden lang. Und drei Stunden lang denen hinterherlaufen, die das besser verstehen, ist auch nicht gerade mein Fall.

Die Industrie mit ihrem Segen wurde von keinem von uns geschätzt. Wir haben ihren Effekt alle noch nicht verstanden. Auf die Nützlichkeit der Tauschbörse, ein weiteres sehr hübsches Spielelement, sind wir auch erst in den letzten Zügen gekommen. OK, OK, Wallace schreibt selber: “it will take a few plays to master”. „Ships“ bietet außerordentlich viel. Grabt nur danach!

WPG-Wertung: Aaron: 8 (es hat mir von Stunde zu Stunde besser gefallen, eine hübsche Mischung aus Planung & Aufbau mit Interaktion bzw. Konkurrenz), Günther: 7 ([ohne Worte; was hat ihn wohl gehindert, 8 oder gar 9 Punkte zu vergeben?]), Walter: 7 (fast ein 8 oder 9 Punkte-Spiel, eine große Herausforderung an ein ständiges Balanzieren von Optionen, Notwendigkeiten und Mitteln, aber die lange Spieldauer ist für die zwar vielseitigen, schlussendlich aber doch repetitiven Spielzüge ein erhebliches Manko).

11.01.2017: Great Western Trail

Was macht Spaß? Lassen wir die von der Evolution herausgearbeiteten biologischen Späße wie Flirten, Liebelei und Sex mal außen vor, so werden von einigen Westpark-Gamers mindestens noch Sport, Musik, Fotografieren, Kochen, Lesen, Analysieren und Forschen, sowie PC-Spielereien als Freude bzw. Spaß bringende Freizeitgestaltung praktiziert.

Und was macht beim Brettspielen Spaß? Hier hat natürlich jedes Individuum seine eigenen Vorlieben. Die Welt spielt Monopoly, Moritz mag Spiele mit Themen, Günther mag Planung und Organisation, Horst Würfeln und Wuseln und Peter „gutes deutsches Spielgut“. Aaron und Walter mochten vor dreißig Jahren die neuen abendfüllenden Spiele, für die Avalon Hill ein Pionier war. Und alle zusammen mögen wir Eisenbahnspiele mit Aktien.

Die heutigen komplexen Workerplacement-Spiele machen aber zumindest den beiden Senioren keinen Spaß mehr. Wir sind doch schon in Rente! Wir möchten am Spieltisch doch keine Arbeiter mehr beauftragen, keine Erbsen mehr zählen, und keine umfangreichen Excel-Tabellen mehr im Kopf durchrechnen. Kein Blut, Schweiß und Tränen sind angesagt. Eine spritzige Spielidee und die Interaktion miteinander, das macht Spaß.

Bei Wikipedia findet man den Satz: „Ein häufiger Begleiter des Spaßes ist die Forderung, ihn zu vermeiden.“ Könnte das denn das Motto der heutigen Generation von Spieleautoren sein? (Hallo Ihr Autorenfreunde, Ihr seid alle explizit davon ausgenommen!)

Jetzt also Spaß beiseite!

1. “Great Western Trail”

„Great Western Trail“ : Was soll ich jetzt tun?

Das Spiel hat 2016 in Essen riesigen Anklang gefunden und bekam innerhalb der Spielbox-Spielergemeinde sensationell gute Noten. Es ist auch alles rund und schön, professionell designed, gut ausbalanciert, hübsch ausgeführt und gefällig produziert.

Dem Thema nach sind wir Viehzüchter, treiben unsere Rinderherden von Texas nach Kansas City, wo wir sie in Waggons aufladen und auf die Reise zu den Verbrauchsstädten im Westen senden. Durchschnittlich sieben mal pro Kopf und Spiel, bringen wir unsere Herde in Kansas City an, immer wieder auf dem gleichen Weg, für den es abschnittsweise immer zwei Alternativen gibt.

Pro Zug dürfen wir mit unserer „Herde“ ein bis vier Felder vorwärts gehen, wobei die Anzahl der zurückzulegenden Felder auf dem Spielbrett von Runde zu Runde wächst. Bei Spielbeginn gibt es nur ein paar wenige öffentliche Felder (Dorf-Plättchen) auf dem Spielplatz, wo wir anhalten und unsere großen oder kleinen Geschäfte erledigen können. Im Spielverlauf bauen (legen) alle Spieler weitere Dorf-Plättchen an beliebigen Stellen der Gesamtstrecke, die dem jeweiligen Besitzer eigene Geschäfte ermöglichen, insgesamt aber die zurückzulegende Felderanzahl erhöhen und damit das Vorwärtskommen für alle Spieler verlangsamen.

Als „Geschäfte“ dürfen wir auf jedem Feld feldspezifische Aktionen durchführen:

  • Rinder kaufen (fünf verschiedene “teure” Rinderrassen stehen zur Auswahl)
  • Rinder verkaufen (auf jedem Feld wird eine bestimmte Rasse verlangt)
  • Mitarbeiter (Cowboys, Handwerker oder Ingenieure) einstellen
  • Dörfer bauen
  • die Eisenbahnstrecke von Kansas-City zu den Verbrauchstädten ausbauen
  • Zertifikate erwerben (die über gewisse Engpässe hinweghelfen)
  • Gefahrenstellen beseitigen (bringt Siegpunkte ein und räumt lästige Felder innerhalb der Wegstrecke nach Kansas City ab)
  • Handel mit den Indianern treiben (bringt Siegpunkte und hilft beim Erfüllen von Aufträgen)
  • Hilfsaktionen durchführen (Das besteht anfangs nur darin, einen Dollar von der Bank einzustreichen. Pro Rinder-Lieferung in Kansas City können wir unser Repertoire an Hilfsaktionen aber erweitern, was später eine gewisse Unabhängigkeit von den feldspezifisch vorgesehenen Aktionen einbringt).

Ein wesentliches Spielelement ist die Kartenhand, mit der jeder Spieler auf die Reise geht. Aus seinem Kartendeck, das zu Spielbeginn aus vierzehn „billigen“ Rindern von vier verschiedenen Rassen besteht, nimmt sich jeder Spieler für seinen nächsten Zug vier Karten auf die Hand. Damit bestreitet er seinen Zug, insbesondere das lokale Verkaufen von Rindern, um zu Geld zu kommen. Man muss für seinen Zug keine Rinderkarten aus der Hand verbrauchen, aber es schadet in der Regel nicht, sie auszugeben, weil man umgehend nach jedem Zug seine Kartenhand wieder auf vier auffüllen darf. Ganz im Gegenteil, durch geschicktes Abgeben und Nachziehen von Rinderkarten kann / sollte man dafür sorgen, dass die „Herde“, die man in Kansas City abliefert, einen möglichst hohen Wert hat. Und den hat sie, wenn alle Rinderkarten in der Hand unterschiedlich sind. Nur unterschiedliche Rassen werden gezählt und bestimmen die Reichweite gegen Westen, bis wohin unsere Rinder im Waggon maximal transportiert werden können.

Je größer die Entfernung, desto mehr Siegpunkte wirft unsere Herde ab. Dabei gibt es kleine Randbedingungen zu beachten: Jede Westernstadt darf nur einmal beliefert werden. Und wenn die Zugstrecke, die wir inzwischen gebaut haben, nicht bis zu unserem Zielbahnhof reicht, müssen wir für den letzten Teil der Reise auch noch Weggebühren an die Bank zahlen.

So drehen wir also gleichmäßig mit unseren Rindern unsere Runden vom Start zum Ziel und zurück, bauen Dörfer, heuern Mitarbeiter an, verlängern unsere Eisenbahnstrecke, pflegen unsere Rinderkartenhand und liefern möglichst hohe, oder zumindest passende Rindermengen ab. Wir können langsam gehen um die Aktionen möglichst vieler Zwischenfelder zu nutzen, oder schnell, wenn die Herde in unserer Kartenhand bereits optimal besetzt ist.

Und wofür brauchen wir die Mitarbeiter?
Cowbows schaffen uns erhebliche Preisnachlässe beim Rinderkauf, mit Handwerkern können wir schneller bessere Dörfer bauen, und mit Ingenieuren beschleunigt sich der Ausbau unserer Eisenbahnstrecke.

„Great Western Trail“ bietet eine Menge Strategien, nach denen wir unser Spiel gestalten können, z.B.

  1. mittels Cowboys die reichsten Rinderherden in unserer Kartenhand zu haben;
  2. mittels Handwerkern alle unsere Dörfer gebaut und hochgerüstet zu haben;
  3. mittels Ingenieuren die gewaltigen Punktesummen ganz am Ende der Eisenbahnstrecke einzustreichen;
  4. mit Aufträgen zu spekulieren und die Auftragsbedingungen (Indianerhandel / Gefahrenstellen) zu erfüllen suchen;
  5. mit wenigen Zwischenstops schnelle Runden zu drehen, um durch die damit hinzugewonnen Hilfsaktionen eine deutlich gesteigerte Spielpotenz zu gewinnen.

Beim ersten Spielen ist natürlich noch nicht klar, welche dieser Strategien am erfolgversprechendsten ist. Nach dem ersten Augenschein zu urteilen, scheint das Spiel aber gut ausbalanciert zu sein, d.h. alle Strategien könnten den Sieg bringen. Wichtig ist nur, dass man sich auf bestimmte Richtungen konzentriert, weil die progressive Siegpunktausschüttung den Zuwachs am Ende jeder Fahnenstange besonders belohnt. Wer überall ein bisschen dabei ist, landet auch bei der Siegpunktausschüttung, in der 11 ( ELF) verschiedene Besitz- und Ausbaustände bewertet werden, im Mittelmaß.

Alles ist schön, alles ist gut durchdacht, alles ist konstruktiv an diesem Spiel. Der Hype in Essen und gemäß der Spielbox-Wertung ist durchaus verständlich. Wir haben aber leider auch ein paar gewichtige Haken gefunden. Z.B. besitzt das Spiel fast keinerlei Interaktion. Sehr gut kann es ein Spieler ganz alleine spielen, dabei beliebig viele Mitspieler simulieren, und für jeden eine eigene Strategie wählen. Hinterher kann er sich an der Erkenntnis freuen, welches die beste Strategie war.

Was bei uns aber am wenigsten angekommen ist, war der ungeheure Zeitverbrauch. Eine Stunde dauerte allein der Spielaufbau mit der Erklärung der Elemente. Eine knappe weitere Stunde brauchten wir für die Erklärung der weiteren Elemente und des Spielablaufs insgesamt. Immerhin gilt es, ein Regelheft mit 16 Seiten didaktisch wunderschön aufgebauten Regeln zu erarbeiten. Zweieinhalb Stunden dauerte dann unser Spiel, was ziemlich genau der Angabe auf der Spielschachtel entspricht, was für das sich wiederholende Spielgeschehen aber doch recht happig ist. Eine weitere halbe Stunde dauerte das Wegräumen des vorzüglichen Spielmaterials zurück in die Schachtel. Ersteres und Letzteres wird auch nicht bedeutend kürzer, wenn man das Spiel schon ganz genau kennt. Heute also insgesamt 5 Stunden Western-Unterhaltung. In dieser Zeit hätten wir schon ein komplettes „1830“ über die Bühne gebracht.

WPG-Wertung: Aaron: 6 ([bis 7], wegen der langen Dauer, ein braves Spiel, das keine Fehler bestraft), Günther: 7 ([bis 6], es hat Spaß gemacht, ich könnte es noch ein paarmal spielen, weil man hier vieles ausprobieren kann), Horst: 8 ([und ab zur letzten U-Bahn]), Walter: 7 (es gibt viele Schienen, auf denen man gut fahren kann, aber zum Gewinnen erfordert jede eine elende Optimierung, würde es – mit Spaß – allein deshalb noch einmal spielen, um extreme Spielweisen zu testen).