Spielbericht & Review 07.05.2003

Autor: Walter

am Tisch: Aaron, Andrea, Günther, Hans, Moritz, Peter und Walter

auf dem Tisch: Outpost, 6-Tage-Rennen, Bluff

  1. OutpostOutpost

    Eine lauschige Mai-Nacht auf der Terrasse am Westpark bedeutet schon eine deutlich erhöhte Lebensqualität. Wenn dazu noch alle WPGs versammelt sind und wir mit Lust und Laune unsere Spielsession durchziehen können, kann ich nur konstatieren: "La vita e bella!" Auch wenn die hohe Teilnehmerzahl eine Einschränkung in der Spieleauswahl mit sich bringt.

    Mit Outpost fing der Abend an. Zu Einzelheiten der Spielregeln verweise ich auf unseren Session-Report vom 29.1.2003 oder auf die Literatur im Internet. Hier will ich zunächst mal ein paar Tips abgeben, die aufzeigen, dass dieses Spiel in jedem Fall sehr stark strategisch orientiert ist und nicht so sehr vom Zufall abhängt, der einem bei der Zuteilung der Gewinn-Scheine innerhalb gewisser Schwankungsbreiten bevorzugen oder benachteiligen kann.

    1. Verachtet mir die kleinen Karten nicht. Leistet euch bei jeder Gelegenheit auch Mitarbeiter für die Erz-Gruben. Die jeweiligen Einnahmen zwischen 1 und 5 Dollar sind besser als gar nichts. Und wenn dieser Betrag jede Runde ausgeschüttet wird, summiert er sich schnell weit über die zehn Dollar hinaus, die für einen Arbeiter ausgegeben werden müssen.

      Auch in der Endphase sind die kleinen braunen Erz-Karten nützlich, dienen sie doch vorzüglich dazu, die geforderten runden Summen für alle Arten von Anschaffungen exakt aufzubringen, ohne unnötige Überzahlungen machen zu müssen.

    2. Spart kein Geld! Bis auf die Schlußrunden lohnt sich das in den seltensten Fällen. Jeder ist in der Lage, mit seinen laufenden Runden-Einnahmen die für ihn notwendigen Investitionen zu tätigen. Dann lieber mit dem übrigen Geld noch einen Mitarbeiter (vor allem!) oder noch ein Wasserwerk kaufen. Die tragen bereits in der nächsten Runde Früchte und haben sich in kürzester Zeit amortisiert.

    3. Kauft immer die teuersten Fabriken, die ihr euch von euerem aktuellen Runden-Einkommen leisten könnt. (Spart aber nicht darauf; siehe oben.) Je teurer die Fabriken, desto höher der relative Ertrag. Eine Erzgrube kostet einschließlich Arbeiter 20 Dollar und bringt durchschnittlich 3 Dollar, das sind 15% Rendite. Ein Wasserwerk bringt bei 7 Dollar Einnahmen rund 21% Rendite, eine Titanfabrik bei 10 Dollar Einnahmen etwa 23%. So steigt das immer weiter, auch wenn die Kosten für die notwendige Infrastruktur (Sonderkarten) anteilig berücksichtigt werden müssen.

    4. Geht nicht zu früh auf Titan aus, denn dazu müßt ihr vorher noch die notwendige Heavy Machinery Investition tätigen, die euch finanziell bemerkbar zurückwirft. Wenn man diese Anschaffung nämlich voll in die Renditenrechnung der ersten Titan-Fabrik eingehen läßt, so wirft diese nur gut 15% ab, dafür steht dieser Wert für jede weitere Titan-Fabriken dann bei 25%.

    5. Kauft die frühen Sonderkarten genau in der Reihenfolge, wie ihr sie braucht. Nodule geht vor Warehouse, denn die Mitarbeiterzahl müßt Ihr konsequent nach oben fahren können. Dagegen bringt ein erweitertes Handlimit gar nichts, da ihr eure Einnahmen sowieso konsequent wieder reinvestiert.

    6. Achtet in jedem Fall auf die gerade im Handel befindlichen, und auf die jeweils noch verfügbaren Sonderkarten. Ihr braucht unbedingt eine Möglichkeit, eure Mitarbeiter-Anzahl zu erhöhen, d.h. ihr braucht ein Nodule. Überlaßt diese nicht eueren Konkurrenten für billiges Geld. Oder deckt euch damit ein, sobald sie wohlfeil sind.

    7. Es gibt für jeden Spieler genau einen optimalen Zeitpunkt für den Erwerb eines Nodules: Ihr müßt schon am oberen Mitarbeiter-Limit sein und solltet über gute Einkünfte verfügen, d.h. 3 Wasserwerke und 2 Titan-Fabriken besitzen. Ist das allgemeine Interesse an den Nodules sehr hoch und sie gehen weg wie warme Semmeln, müßt auch ihr schneller zugreifen. Dann sind simple 4-5 Wasserwerke eine ausreichende Finanz-Basis. Man sollte sie leicht nach 5 Runden erreicht haben können, während die Titanisten dazu mindestens 2 Runden länger brauchen.

    8. Sind euch aus wohl kalkulierten Finanzbetrachtungen aber alle Nodules durch die Lappen gegangen, dann müßt ihr schleunigst Robots anstreben, um die fehlenden Arbeiter durch Roboter ersetzen zu können. Liegen keine Robots vor, dann hilft nur noch die Outpost-Karte.

    9. Ein kleiner psychologischer Trick beim Versteigern der Sonderkarten: Seid ihr erste in der Spielerreihenfolge, dann bietet auf Karten, die ihr zwar gebrauchen könntet, die aber nicht unbedingt eurer vorrangiges Wunschobjekt sind. Der Mensch ist auf nichts so gierig wie auf das, was die anderen haben wollen. Wenn er einem etwas Wegschnappen kann, verliert er dabei leicht die rationale Kontrolle über sein Handeln. Ergebnis: der gierige Erwerber hat erstens erhöhte Summen ausgegeben und scheidet zweitens auf grund seiner geschwächten Finanzkraft als Konkurrent für das wahre Objekt euerer Begierde aus. (Aber das wissen sicherlich schon alle!)

    In den fortgeschrittenen Runden gibt es dann mehr Finanzkämpfe um die Art zu ersteigernder Karten, um die taktische Beteiligung daran, um den Preis, auf den man hochtreibt und dergleichen trockene Überlegungen. Dazu sind die üblichen Versteigerungstechniken zu beachten. Das ist eigentlich alles. Wenig? ZU wenig?

    Selten hat ein Spiel in unseren Reihen so gravierende Fronten gezogen zwischen Befürwortern und Gegnern. Moritz war bereits in der Anfangsphase ins Hintertreffen geraten und ließ mit wachsendem Rückstand keinen guten Faden an dem Spiel. 3 vergebene Punkte drücken seine tiefste Verachtung aus. Aaron war auch nicht gnädiger. Da er der einzige Neuling war, entzogen sich notwendigerweise viele spielentscheidende Feinheiten seiner Aufmerksamkeit. Aus diesem Grunde sind seine 3 Punkte noch verständlich. Günther ist ein erfahrener Stratege und deutlichster Propagandist für dieses Spiel. Obwohl er nur auf einem Mittelplatz landete, vergab er hervorragende 8 Punkte. Dem schloß ich mich auch an, obwohl oder weil wir noch in der Lernphase sind. Wenn wir es alle im Detail verstanden haben, wird es für mich sicherlich einen Teil seines Reizes verlieren.

    Es gab hinterher eine erbitterte Diskussion unter den verschiedenen Parteien, die ich hier unbedingt subjektiv kommentieren möchte. Stellvertretend für die Gegner steht der Name Moritz.

    1. Moritz behauptet, das Spiel sei in den ersten drei Runden entschieden. An der dann erzielten Reihenfolge werde sich bis zum Ende nichts entscheidendes mehr ändern, insbesondere ist der Führende nicht mehr von seiner Spitzenposition zu vertreiben.

      Stellungnahme: Dies ist nur bedingt richtig. Natürlich hat das Spiel exponentiell steigende Umsätze, wer schon früh vorne ist, kann seine Vorteile leicht immer weiter ausbauen. Aber:

      1. Normalerweise sind die Unterschiede in den ersten Runden keineswegs gravierend. Wie fängt denn eine zielgerichtete Outpost-Session unumstößlich an?

        In der ersten Runde passiert nichts, die Einnahmen zwischen 10 und 15 Dollar reichen für jeden weder zu einem neuen Wasserwerk noch zu einer Erz-Grube plus benötigtem Arbeiter. In der zweiten Runde reicht es für jeden genau zu einem Wasserwerk und für einige weinige Glückliche noch zu einem Arbeiter. Bei allen Spielern erlösen jetzt die 2 Wasserwerke und die 1-2 Erzgruben ca. 20 Dollar. Normalerweise kann sich jeder noch ein drittes Wasserwerk leisten. Aber keinen weiteren Mitarbeiter. Er wirtschaftet in der vierten Runde mit genau 3 Wasserwerken. Wer extrem Pech hat, erzielt in der dritten Runde nur 13 Dollar und kann sich kein weiteres Wasserwerk mehr leisten. Dafür aber einen zusätzlichen Mitarbeiter. Er wirtschaftet dann mit 2 Wasserwerken, 2 Erzgruben und 4 Mitarbeitern. Diese Differenz kann nicht sehr groß sein, alle Spieler liegen nach der vierten Runde immer noch sehr dicht beieinander.

      2. Deutliche Positions-Unterschiede in den ersten Runden sind nicht zufallsbedingt, sondern resultieren aus deutlichen Fehlern. Nur wer hier gegen elementare Grundsätze verstößt, gerät ins Hintertreffen. Das ist ein allgemeines Prinzip bei streng strategischen Spielen, daran kann ich nichts Anrüchiges finden.

      3. Strategische Spiele sind immer so, dass Anfangsvorteile ins Ziel gebracht werden können, und sich nicht irgendwann im Spielablauf in Luft auflösen. Das ist doch klar! Nur bei stark zufallsabhängigen Spielen oder bei Kingmaker-Spielen ist die Anfangsposition nicht von Belang. Da versteckt man sich auch mal gerne hinter einer schwach-erscheinenden Maske, nur um die Neider und Kämpfer auf andere Kriegsschaupätze zu locken.

        Ich finde es gut so, daß eine erfolgreich erkämpfte Spitzenposition auch mit Geschick gehalten werden kann. Wohlgemerkt: mit Geschick! Nicht quasi von alleine. Auch bei Outpost muß der Spitzenreiter immer höllisch aufpassen, um auf die gerade anstehenden Herausforderungen auch angemessen zu reagieren. Seine Konkurrenten können ihn bei Versteigerungen durchaus auch mal bluten lassen. Geschenkt bekommt er nichts. Aber auch nicht von Spells, Orcs, Würfeln oder Kingmakern weggenommen. Das spricht eher für das Spiel.

      4. Output hat die schöne Spielregel, daß nach jeder Runde die Gewinnposition der Spieler ermittelt wird und damit die Spielreihenfolge der Spieler bestimmt. Bei uns hat die Reihenfolge unter den ersten 3 Spielern bis zum Schluß oft genug gewechselt. Auch Kommentare anderer Spielgruppen berichten von diesem Phänomen. Da kann doch an der obigen Behauptung nicht viel dran sein.

    2. Moritz findet, daß das Spiel zu "solitär" abläuft, d.h. jeder Spieler wurstelt so vor sich hin, und unter den Spielern findet zu wenig Interaktion statt.

      Stellungnahme: Natürlich kennt das Spiel keine Koalitionen, keine Kämpfe (außer bei Versteigerungen), man kann niemandem berauben, erobern oder totschießen. Und wenn es um den Erwerb von Fabriken und Belegschaften geht, kann jeder unabhängig vom andren für sich seinen Zug zu Ende führen. Aber:

      1. Sind Versteigerungen nicht a priori ein Spielelement mit Interaktion, das keineswegs "solitär" abläuft? Bis der allerletzte Spieler seinen Zug abgeschlossen hat, kann man bei Outpost an allen Versteigerungen mitmischen (es sei denn, man hat frühzeitig sein Pulver verschossen), die Preise hochtreiben und versuchen, sich selbst noch ein Schnäppchen zu erwerben. Das läuft durchaus eine gehörige Portion Interaction ab.

        Mein lieber Moritz, ich kann sogar bösartig feststellen, gerade weil Du dich "solitär" mit mir über die Qualitäten dieses Spieles gestritten hast, hast Du es verpaßt, in die Versteigerung zwischen Aaron und Andrea einzugreifen. Das war eine schlichte Fehleinschätzung. (Daß Du dabei regelwidrig ganz übergangen wurdest, steht auf einem anderen Blatt!)

      2. Auch wenn man nichts mehr erwerben kann, muß man immer ein Auge darauf werfen, welcher Spieler welche Karten für wieviel Geld ersteigert oder nicht bekommen hat. Daraus kann man ungefähr ihre nächsten taktischen Maßnahmen ableiten, wieviel Geld sie haben und welche von den übrig gebliebenen Karten einen immer höheren Beliebtheitsgrad, sprich Versteigerungswert haben.

    Das ist zwar nicht so viel Interaktion, wie wenn ich mit körperlichen und geistigen Drohgebärden, mit Verlockungen, Versprechungen oder Jammerei die Mitspieler zu meinen Gunsten beeinflussen kann. Aber es ist trockene, strategische Selbstverständlichkeit.

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    Die unterschiedlichen Meinungen prallten unvermittelt aufeinander. Wenn die laue Mai-Nacht die Gemüter nicht so euphorisch gestimmt hätte, wären unschönen Szenen nicht ausgeblieben. So aber standen immer die gemeinsame Spielfreude und der Wille zur konstruktiven Auseinandersetzung im Vordergrund. Hans konnte am nächsten Tag sogar das Resümee ziehen: "Ich fand es einen schönen Abend, gerade weil wir so lebhaft diskutierten".

  2. 6-Tage Rennen6-Tage Rennen
    Es war schon 23 Uhr, und bevor wir uns an ein Absacker-Spiel machten, konnten wir noch ein "ernsthaftes" 7-Personenspiel angehen. Wir entschieden uns für das "6-Tage-Rennen", ein Promotionsspiel des Radrennenveranstalters Holtmann V.I.P.

    Eine sehr gute Analyse dazu, die sich absolut mit unseren Erfahrungen deckt, findet man bei Fairplay.

    Bei 7 Spielern läßt es sich nicht vermeiden, daß sich das Feld gleich in der zweiten Runde auseinanderzieht. Mindestens 3 Spieler stehen nebeneinander auf dem gleichen Feld, und wem es gelingt, mit einen großen Satz auf dieses Feld zu gelangen, der wird gleich nochmals um das Dreifache seines Einsatzes weiterbefördert. Das reicht für die erste Sprint-Wertung und manchmal auch noch für die zweite. Dann aber muß man sparen. Alleine schafft man das Ziel nicht. Hoffentlich kann sich noch ein weiterer Mitfahrer auf eine ähnliche Höhe katapultieren, so daß man dann gemeinsam das Ziel anvisieren kann.

    Mir gelang der erste große Satz über insgesamt 21 Felder. Dann kam, o Glück, sogar noch Günther in meine Nähe und wir hätten uns gemeinsam absetzen können. Ich war aber etwas zu geizig. Die gemeinsame Fortbewegungsgeschwindigkeit hängt nämlich vom Abstand der beiden Fahrer ab, den ich diesmal einstellen konnte. Weil ich Günther nicht die zweite Sprint-Wertung gönnte, wählte ich nur einen Abstand von drei Feldern, die uns gemeinsam zu langsam vorwärts brachte; die Meute holte uns wieder ein.

    Was ist das Fazit? Das Ergebnis hängt stark von der Reihenfolge an, in der man antritt. Und auch von der Gutmütigkeit eines Mitspielers, einem anderen einen super Zug zu ermöglichen. Wer tut das schon?

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    Der Rest ist für mich ziemlich undurchsichtig, zumindest unkalkulierbar. Ganz anders als ein richtiges 6-Tage-Rennen.

  3. Bluff
    Zum Ausklang gab es noch ein paar Runden Bluff. Im ersten Durchgang schafften wir gemeinsam 24 Fünfer, ehe Aaron zu Unrecht anzweifelte und einen Würfel abgeben mußte. Peter konnte vor seinem frühzeitigen Aufbruch mal wieder gewinnen.

    Ansonsten gab es einige enttäuschte Gesichter bei Spielern mit glücklichen Würfen, die ihrem Wurf entsprechend hohe Vorgaben machten, die der Nachfolger aber nicht akzeptierte. Das übrige Feld lag auch statistisch ziemlich daneben und als "glücklicher" Startspieler mußte man gleich drei Würfel abgeben.

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    Moritz kam dabei die Idee, Strategie-Vorschläge zu Bluff zu verfassen! Der Tenor geht in folgende Richtung: die eigenen freiwilligen Vorgaben müssen so positioniert werden, daß der Nachfolger sie noch für plausibel hält, der Rest der Runde aber nicht. Das erstere ist leicht, das letztere hingegen nicht. Schaun mer mal.