Archiv der Kategorie: Spieleabende

09.01.2008: “Im Jahr des Drachen” durch “Trans Europa”

Wie heißt denn unser aktuelles Kalenderjahr nach dem chinesischen Kalender? Das Jahr des Drachen? Dann ist es kein Wunder, daß Mingde, unser chinesisches Urgestein aus der Gründungszeit der Westpark-Games, in diesem Jahr Vater wird. Denn nach Peters gewöhnlich gut unterrichteten Informationsquellen gehört zum guten Ton in China, im Jahr des Drachen einen Sohn zu zeugen. Hi Mingde, wir wünschen Dir viel Erfolg!
Oder haben wir jetzt das Jahr der Ratte? Wikipedia legt es nahe! Dann war wohl Moritz’ Milo Mingdes Motivation in diesem Jahr das hohe C anzusteuern!
Im übrigen wird der chinesische Kalender heute fast ausschließlich nur noch zur Berechnung von Festen benutzt; offiziell verwenden die Volksrepublik China wie auch die meisten anderen asiatischen Länder den gregorianischen Kalender.
Zur “Gregorianik” gibt es dieses Jahr auch in Deutschland eine Besonderheit. Wann ist bei uns eigentlich Muttertag? Wie jeder gewissenhafte Vater weiß, ist er am zweiten Sonntag im Mai. Aber wenn dieser Sonntag auf Pfingsten fällt, was dann?
Der Gesetzgeber hat dafür nichts vorgegeben. Deshalb haben sich Floristen ins Zeug gelegt und für diesen Fall eine Vorverlegung auf den ersten Sonntag im Mai gefordert. Schließlich stehen 130 Millionen Euro Blumenumsatz auf dem Spiel. Und viele eifrige Kalendermacher haben darauf Rücksicht genommen.
Aber nicht alle. Als Konsequenz dieser Inkonsequenz gibt es für das Jahr 2008 einige Kalender, in denen der Muttertag an Pfingstsonntag, dem 11. Mai eingetragen ist, und und andere, in denen er schon am 4. Mai gefeiert wird. Schaun wir mal, wie es Milo halten wird. Und wie der kleine Mao Ming De! Falls er denn rechtzeitig zur Welt kommen sollte!
1. “Im Jahr des Drachen”
Dieses Spiel wird wohl unser (über-)nächstes “Spiel des Monats”, denn es ist dem jetzigen (kommenden) Sieger nur im Tie-Break unterlegen gewesen.
In einem Wettkampf um die beste Entwicklung gegen Konkurrenz und knappe Ressourcen müssen die Spieler Geld, Reis, Feuerwerk, Mörser, Helme und Prämien scheffeln, sich gegen die regelmäßig auftretenden Kalamitäten wie Krankheiten, Kriege und Hungersnöte wehren und dazu in der richtigen Reihenfolge die fähigsten Mitarbeiter wie Bauern, Architekten, Geldeintreiber, Gelehrte und Bücherwürmer anwerben, um dabei möglichst wenig Federn zu lassen und die meisten Siegpunkte einzuheimsen.
Denken ist erlaubt und sogar notwendig. Man muß Schwerpunkte setzen, denn die progress steigenden Gewinne machen die konstanten oder höchstenfalls linear steigenden Verluste aus Mangelerscheinungen mehr als wett. Doch bei aller Logik verliert das Spiel nie seine spielerische Linie.
Peter hatte sein Spiel total auf Siegpunkte angelegt, ohne jeden Geldeintreiber. Seinen Geldmangel beseitigte er durch regelmäßiges Aussetzen, ansonsten saß er das Spiel aus und ließ dafür seinen Pöppel auf der Kramerleiste Runde für Runde die meisten Felder vorrücken. Das reichte zum Endsieg. Anschließend diktierte er mir für dieses Sessiontagebuch folgenden Satz in die Feder: “Nach einem souveränen Kantersieg lehnte sich Peter gähnend zurück und meinte:’An diesem Spiel kann man nur Spaß haben, wenn man nicht auf Sieg spielt!'” Entsprechend (relativ) mager war seine Wertungsnote.
Die anderen Mitspieler hatten das Spiel von vorneherein auf Aktionismus angelegt und schalteten und walteten an allen verfügbaren Hebeln der Macht. Das machte natürlich Spaß, und sie ließen das Spiel knapp unter “sehr-gut” ansiedeln.
Wenn Peter mit seiner “öden” Strategie recht hat und das langweilige Siegpunkt-Aussitzen wirklich die beste Strategie sein sollte, dann müssen wir unsere Notengebung nochmal überprüfen. Doch das Spiel scheint so gut ausbalanciert zu sein, daß man wohl mit einer ganzen Reihe verschiedener sowohl Extrem-Vorgehensweisen als auch Mischstrategien ebenfalls ganz vorne landen kann. Man muß nur konsequent genug agieren, dann kann jeder das “Jahr des Drachen” so angehen, wie es seinem Naturell entspricht.
WPG-Wertung: Günther: 8(nach 7), Loredana: 7, Peter: 6, Walter: 7 (fast 8)
Das Spiel ist eine Rezension wert.
2. “Trans Europa”
Ein konstruktives Aufbauspiel um Eisenbahnlinien in Europa. Jeder legt abwechselnd ein bis zwei Gleisstücke im Schienennetz zwischen Moskau und Lissabon. Die gebauten Linienabschnitte blockieren sich nicht gegenseitig, sondern sie sind gemeinsames Eigentum und jeder darf sie in seine Verkehrsplanung einbeziehen. Wenn der erste Spieler seine fünf vorgegebenen Städte verbunden hat, ist eine Runde beendet. Alle Mitspieler bekommen soviele Strafpunkte, wie Bauabschnitte zu ihren Zielbahnhöfen noch fehlen, und schon beginnt die nächste Runde. Wer am Ende die wenigsten Strafpunkte hat, ist Sieger.
Das ist ein feiner, schneller Wettkampf um den Streckenbau. Und absolut konstruktiv ist die Stimmung. Man kann den Konkurrenten ja nicht schaden sondern nur nutzen. Das ganze Bestreben geht allein darum, den anderen möglichst so wenig wie möglich zu nutzen. Da gibt es natürlich keine Tränen, sondern eitel Freude und Wonne.
Ein hübscher Spaß für alle großen und kleinen Amateure, und ein gelungener Absacker für alle Profis. Wir hätten spontan einen weiteren Rundenzyklus angesetzt, wenn als Alternative nicht unser Über-Absacker gewartet hätte.
WPG-Wertung: Günther: 7, Loredana: 8, Peter: 6, Walter: 8
Das Spiel ist eine Anschaffung wert.
3. “Bluff”
Keine besonderen Vorkommnisse. Günther verlor mit antizyklischen Erhöhungen hinter einem ehrlichen Walter und vor einer mißtrauischen Loredana Haus und Hof. Entweder lag er mit seinen eigenen individualistischen Vorgaben entschieden zu hoch oder die Würfel der Restgemeinschaft übertrafen seine ungläubigen Außenseitervorstellungen noch um Längen. Sein höchster Verlust waren fünf Würfel auf einen Streich, weil er zu früh (!!) angezweifelt hatte. Dabei besaß er selber aber nur noch einen einzigen Würfel. Beim nächsten Mal muß er mit Minus-Vier anfangen!

02.01.2008: Friedrichs

Im Zentrum des heutigen Spielabends stand “Friedrich”. Ein phantastisches Spiel, bei dem man über jeden einzelnen Verlauf ganze Romane schreiben könnte. Darauf will ich diesmal verzichten und stattdessen etwas ganz anderes tun. Schauen wir uns mal bei Google um, was es alles zu “Friedrich” zu sagen hat.
55.200.000 Worte-Einträge gibt es dazu und 1.220.000 Bilder. Mein Gott, wer hatte nicht alles diesen Vornamen, nicht nur der König von Preussen! Einige Kostprobe davon will ich hier zum Besten geben und wer Lust hat, kann damit ein heiteres Personenraten zum Neuen Jahr beginnen: Welcher Friedrich verbirgt sich hinter welcher Beschreibung? (Auf Anfrage versende ich die Lösungen.)
1. Friedrich: Heute ist eine Universität nach ihm benannt, in der es ihn jahrelang gehungert hat. Wortwörtlich hätte sie ihn “im Arsche lecken können”, wenn er wo anders seinen Lebensunterhalt hätte verdienen können.
2. Friedrich: Meist als erster Wagnerianer apostrophiert. Besuchte das Musiker Ehepaar woimmer es sich herumtriebschen mußte.
3. Friedrich: Deutscher Lyriker; wollte sich einen Begriff vom Objekt “Frau” machen, geriet dabei aber an die falsche Frau, bzw. an den richtigen Ehemann, der ihn zum Teufel jagte.
4. Friedrich: Großer Geist, der meistens mit dem Attribut “der alte” genannt wird. Stammt wie der älteste Geist der Westpark-Gamers immerhin aus Aschaffenburg.
5. Friedrich: Hat noch einen “Carl” vor seinem Friedrich und wird wegen seiner Summenformel eher mit dem Nachnamen genannt.
6. Friedrich: Donnerwetter! Nicht mehr lange blitzt er in München und Freising herum!
7. Friedrich: Fast gleichrangig mit dem Donnerer, von der Farbe aber eher lila als schwarz. Wir müssen ihn hier schon allein aus Proporzgründen anführen.
8. Friedrich: Landesherr eines Revoluzzers. Wenn er nicht gewesen wäre, dann gäbe es vielleicht heute noch in Westeuropa ausschließlich Parteigenossen unseres Benediktiners.
9. Friedrich: Stand 35 Jahre lang ganz oben und war ein Höhepunkt seiner Zeit, bis er leider ertrunken ist. Seit dem schaut er immer nach, ob die Raben noch fliegen. Besitzt auch eine eigenen Therme und dazu jede Menge Wasser.
10. Friedrich: Das “Erstaunen der Welt” genannt, war er hochgebildet und beherrschte mehrere Sprachen, unter anderem Italienisch, Französisch, Latein, Griechisch, Mittelhochdeutsch und Arabisch.
11. Friedrich: Hat den Schiller dransaliert. Und wenn er es nicht selber war, dann war es sein Vater! Doch dieses Faktum wird in seiner Biografie natürlich verschwiegen.
12. Friedrich: Eine Kaiserin! Kein Druckfehler, wirklich ein weibliches “in” am Ende. Auch sonst alles weiblich an ihr.
13. Friedrich: War entgegen allem Anschein kein König, sondern ein Buchdrucker und Erfinder der Schnellpresse.
14. Friedrich: Auch nur ein Bürgerlicher, aber immerhin ein Politiker, der knapp 6 Jahre lang so etwas wie die Nachfolge unseres vertriebenen Kaisers ausüben durfte.
15. Friedrich: Hat eine Stiftung gestiftet. Oder stiften lassen. Diese wiederum enthält eine virtuelle Akademie. Ich weiß nicht, ob da nur virtuelle Studenten studieren dürfen.
16. Friedrich: Beileibe kein Engel, ging aber als einer der Marx-Brothers in den roten Himmel ein.
17. Friedrich: Professor für Staatswissenschaften, Erfinder der Schutzzölle, was immer man darunter verstehen mag. Wird meist verwechselt mit einem Musiker, der aber noch ein unhörbares “Z” in seinem ansonsten gleichlautenden Nachnamen hat. Letzterer hieß mit Vornamen eigentlich Franz.
18. Friedrich: Bekannt durch einen Kreidefelsen, den heutzutage jeder Deutscher freizügig besuchen kann.
19. Friedrich: Heine nannte ihn “den großen Bettler”, und mutmaßte, er hieße jetzt Grobianus.
20. Friedrich: Wer kennt ihn noch, den Langen aus einer großen Elf? Vor kurzem noch von allen zugejubelt, jetzt schon fast allen entschwunden. Dabei blieb er fast ausschließlich hinten.
21. Friedrich: Der von ihm geprägte Begriff “Kindergarten” wurde unübersetzt in 22 Sprachen übernommen.
22. Friedrich: Er unterhält einen Podcast mit Erzählungen über das Leben und Wirken als Musiker bei den Berliner Philharmonikern; damit ist er fast schon so bedeutend wie unser Moritz.
23. Friedrich: Immerhin der Name einer Univerität. Doch der Namensgeber war kein einzelner Großer, sondern eher zwei kleine. Ihr könnt sie Euch ja bei Google heraussuchen.
24. Friedrich: Endlich der Namensgeber des Spiels vom heutigen Abend. Hat von der Geschichte noch andere Namen bekommen. Welche?
1. “Friedrich”
Für Peter und Loredana war dieses geniale Kriegsspiel aus dem Jahre 2004 noch Neuland, Hans und Walter waren alte Hasen. Da stellte sich gleich die Frage nach der Startaufstellung: Wer sollte welche Länder führen? Für die Preussen mit seinen 8 Armeen und tausenden notwendigen Winkelzügen im Fünf-Fronten-Krieg kam nur ein alter Hase in Frage, aber keiner der lange denkt: also Walter. Für die Franzosen, die nur ganz langsam mit sehr viel Geduld und Umsicht ins Spiel gebracht werden dürfen, kam auch nur ein alter Hase in Frage, einer der die langsame Entwicklung kennt und gleich von Beginn an auf die Endphase hinarbeitet: also Hans. Unser Peter ist eigentlich prädestiniert für die Österreicher: da hat er eine Menge Schalthebel in der Hand und kann in Angriff und Verteidigung das beste Timing ausbalanzieren. Er bedauerte auch sogleich, daß ihm auf preussischer Seite ohne Moritz der gleichwertige Gegner fehlt. Doch Loredana wollte sich aus weiblich-irrationalen Gründen die Reichsarmee nicht entgehen lassen; dafür nahm sie auch die Österreicher mit in Kauf. So blieben für Peter nur die Russen und die Schweden übrig.
Russland fing – nach eigenem lautstarken Bekunden – einen Stellvertreterkrieg an, um den Schweden zum Sieg zu verhelfen. Von dieser verbalen Drohung ließ sich Preussen täuschen und steckte viel Energie in einen Vernichtungskrieg gegen die Schweden. Zu viel Energie, denn die Schweden wurden durch die erste Ereigniskarte gleich in den Separatfrieden geschickt, und dafür brannte es in ganz Preussen an allen Ecken und Enden. Die Russen eroberten alle Städte in Ostpreussen und rückten in einer geschlossen Front nach Westen auf die Städte in Pommern und Brandenburg vor, es war nur eine Frage der Zeit, wie lange sie noch aufgehalten werden konnten. Österreich hatte langsam aber sicher die Vorherrschaft in Schlesien zurückgewonnen und war daran, im Süden seine Siegbedingungen zu erfüllen. Selbst die kleine Reichsarmee träumte trotz einer vernichtenden Niederlage in den ersten Scharmützeln wieder von einem Endsieg in Sachsen. Doch wie das Leben so spielt und wie es in “Friedrich” oft vorhergesagt wird: Frankreich konnte Hannover in die Knie zwingen und seine Siegbedingungen mit der Eroberung von Magdeburg vollenden, bevor noch Zar und Kaiser zum Schulterschluß kamen.
Peter mit 8 Punkten (“tolles Spiel, bin froh, daß ich es gekauft habe”) und Loredana mit nur 7 Punkten (ihr war wohl die Reichsarmee nicht schlagkräftig genug) drückten den WPG-Schnitt von bisherigen 8,6 auf immer noch sehr gute 8,3 Punkte.
Moritz und Walter haben schon eine Rezension geschrieben.
2. “Bluff”
Im ersten 2:2 Endspiel Loredana gegen Hans legte Hans den Standard 1 mal die Vier vor. Loredana zweifelte erbarmungslos an. Mit Recht: Keiner der vier Würfel war eine Vier. Der Rest war nur noch Formsache.
Im zweiten Endspiel lies sich Peter mit 4 Würfeln gegen Loredanas einen Würfel seine materielle Überlegenheit nicht mehr aus der Hand nehmen. Er hatte eine Eins, eine Zwei und zweimal die Fünf unter seinem Becher und begann mit 1 mal die Eins. Loredana hob auf 1 mal die Zwei. Für Peter war das genug Information: Loredana war ganz sicher nicht im Besitz einer Fünf. Mit 2 mal die Fünf machte er den Sack zu.
Das dritte Endspiel bestritt Peter gegen Hans mit Würfel-Gleichstand 2:2. Er begann langsam mit 1 mal die Eins, Hans hob auf 1 mal die Fünf und Peter steigerte auf 2 mal die Fünf. Jetzt schockte Hans mit 2 mal Stern!
Peter hatte eine Eins und einen Stern unter seinem Becher. Was tun?
Mit dem Mut der Verzweiflung legte er seinen Stern raus, hob auf 3 mal den Stern und würfelte nach: Einen Stern! Das war’s. Hansens Widerstand war zum zweiten Male gebrochen.