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26.07.2023: Pax Pamir für Outsider

“Pax Pamir 2. Ausgabe”

Zu diesem Spiel gibt es heute mal gleich zwei Betrachtungen: Zuerst die von Walter, dann die von Aaron.

Walter meint:

Chaotisches politisches Kriegsspiel um Dominanz und Siegpunkte im Afghanistan des 19ten Jahrhunderts.

Es gibt tausend verschiedene Rekrutierungskarten mit hunderttausend verschiedenen Eigenschaften und Spezialeffekten. Wir kaufen reihum jeweils eine davon und legen sie aus. Damit erzeugen und platzieren wir Stämme, Armeen, Spione und Brücken in den Regionen des Spielplans.

Man kann diese Karten auch sparen und später auslegen, und man kann, wenn man bereits ein Ensemble davon ausliegen hat, seinen Handlungsspielraum mit Aktionen bestreiten, die auf diesen Karten angeboten werden.

Bemerkenswert ist die „Loyalität“ zu den drei involvierten Parteien Afghanistan, England und Russland, die jeder Spieler spielerübergreifend in Konkurrenz oder Koexistenz zueinander für sich einstellen und ggf. – selten – durch definierte Rekrutierungskarten wechseln kann.

Ab und zu gibt es Dominanzwertungen, bei denen Spieler mit dem aktuell besten Besitzstand belohnt werden.

Moritz hatte sich geschickt sehr gute Rekrutierungskarten zugelegt und sie auch am konsequentesten genutzt, so dass er das reguläre Spielende herbeiführen konnte, indem er 5 Siegpunkte mehr auf seinem Konto aufweisen konnte als alle anderen. In der Tat: er besaß 6 Siegpunkte, während alle anderen noch bei 0 oder 1 Siegpunkten herumkrebsten. Das kann doch kein ausbalanciertes Spiel sein!

Aaron meint:

Wenn man das Spiel zum ersten Mal spielt, ist es schon schwierig – trotz der eher wenig komplexen Regeln – zu kapieren, was man eigentlich sinnvoller Weise in seinem Zug macht. Das liegt tatsächlich, wie Walter oben schreibt, an den „tausend Rekrutierungskarten“ (es sind 100 Hofkarten von den im Spiel zu viert insgesamt 54 im Spiel sind und man meistens eine Auswahl aus 12 davon ausliegen hat). Das Problem sind nämlich die vielen verschiedenen Eigenschaften auf den Karten (nicht hunderttausend aber immerhin 25 verschiedene, die in unterschiedlichen Kombinationen auftreten). Das macht es für den Neuling sehr schwer zu erkennen, welche Karte denn gerade für den eigenen Plan die wichtigste ist und wieviel man maximal dafür bezahlen sollte. Frustrieren wird es dann, wenn eine ultrawichtige Karte nicht bezahlbar ist, weil z.B. gerade die Preise verdoppelt wurden oder ein Loyalitätswechsel sinnvoll aber unmöglich ist, weil einfach keine passende Karte kommt, die dies erlaubt.

Das alles sieht vermutlich anders aus, wenn man nach mehreren Spielen die Verteilung der Eigenschaften über die Karten besser kennt und die Wahrscheinlichkeit abschätzen kann, welche Strategie/Taktik aktuell am sinnvollsten ist.

Diesmal, da unser erster Versuch mit Pax Pamir, war alles ein bisschen „Stochern im Nebel“ und viel ungewollte Interaktion (sprich: Mitspielerchaos). Um dem Spiel jetzt die Ballanciertheit abzusprechen bin ich zu bescheiden oder einfach nicht intelligent genug.

WPG-Wertung: Aaron: 6 (momentan; man kann beim ersten Spiel gegen drohende, unerwünschte Effekte zu wenig machen; zu viele Fesseln sind in Aktionen eingebaut), Günther: 6 (momentan; man muss aufpassen wie ein Luchs [WS: nicht für ein konstruktive Spiel, sondern um destruktive Spielzüge der Gegner zu verhindern]), Moritz: 8 (ein gutes Spiel, die Kartenauswahl und Handhabe gefallen mir), Walter: 5 (schon allein die ungezählten Karten mit leerem Flavourtext gehen mir gegen den Strich. Das unkontrollierbare, chaotische Schlagen und Verdrängen ist ein Nest voller Kingmakereffekte)

“Inside Job”

In dem Stichkartenspiel müssen mit jedem Stich besondere Bedingungen erfüllt werden, z.B. dürfen nur ungerade Karten im Stich enthalten sein, oder die erste und dritte Karte müssen von der gleichen Kartenfarbe sein und was man sich sonst noch alles als Bedingungen an die Stichstruktur ausdenken kann.

Eine Farbe ist Trumpf, und es besteht die Besonderheit, dass jeder Spieler durch Einsatz eines Stichpfandes eine beliebige seiner Karten in eine Trumpffarbe verwandeln kann. Das ist die grundlegend neue Idee im Spiel.

Ein zufällig bestimmter und a priori nicht-identifizierter „Insider“ muss versuchen, 4 Stiche (von 10 zu gewinnen), dann hat er einen Durchgang gewonnen. Die restlichen „Agenten“ müssen versuchen, noch schneller als der „Insider“ in 7 Stichen die Struktur-Bedingungen zu erfüllen. Konnte innerhalb von 10 Stichen keine Partei ihre Siegbedingungen erfüllen, dann muss abgestimmt werden, wer der Insider sein könnte. Finden die Agenten das mit Mehrheit heraus, haben sie gewonnen, andernfalls der „Insider“.

Das Vorgehen der Agenten ist brav. Die Kartenhand unauffällig und konform abzuspielen und dabei möglichst nicht aufzufallen. Der Insider wird früher oder später kontraproduktive Karten zugeben, unter der entschuldigenden Schutzbehauptung, das sei mit seiner Kartenhand leider zwangsläufig gewesen. Wenn er einmal eindeutig (?) als „Insider“ entlarvt wurde, muss er gute Restkarten haben, um noch zu seinen 4 Stichen zu kommen, denn die Agenten werden mit vereinten Kräften alles daransetzen, dies zu verhindern. Hat ein „Insider“ schlechte Karten, so hat er schlechte Karten und kann nur hoffen, dass die Agenten auch ohne sein auffälliges Zutun nicht ihre 7 Gut-Stiche bekommen.

WPG-Wertung: Aaron: 7 (ausreichend viele Punkte für ein Kartenspiel), Günther: 8 (lustig), Moritz: 7 (lustig), Walter: 6 (die Aktionsmöglichkeiten des Insider sind sehr begrenzt; die Marktschreierei einzelnen Agenten, wenn sie glauben, den Insider entlarvt zu haben, ist plebejisch-unwürdig; die Argumentation des Insiders, um den Verdacht von sich abzulenken, ist eine unlogische Haltet-den-Dieb-Lügerei; Wiederspielreiz fraglich).