17.12.2008: Durch die Grube zum römischen Ruhm

Moritz hat seine Spielentwicklung zum “20. Jahrhundert” abgeschlossen. Jetzt ist der Verlag dran. Natürlich kann das Spiel nicht sofort in die Produktion gehen. Jetzt stehen noch viele Monate harter Arbeit auf dem Prüfstand an, um das Spiel rund und schön zu machen.
Unser Mitwirken ist nicht mehr gefragt. Wir bleiben aber am Ball und werden mit Interesse verfolgen, welche Schritte bis zur Serienreife eines Spieles noch alle getan werden müssen.
1. “Cavum”
Ein Brettspiel erschienen beim amerikanischen QWG-Verlag, der bekanntermaßen Außenseiterideen eine Chance gibt. Es überrascht, daß ausgerechnet der Altmeister Wolfgang Kramer als Spielautor hier untergekommen ist.
Nach einer Art “Zug um Zug” müssen wir mit Hexagons Strecken über das Spielbrett bauen, allerdings keine Eisenbahnlinien, sondern Grubenbahnen in Diamantenfelden, mit denen wir die geschürfte Ausbeute zum Markt transportieren. Wo die Edelsteine entdeckt werden, das darf jeder Spieler in eigener Regie bestimmen. Abbauen dürfen alle Spieler von allen Fundstellen, sofern sie nur eine geeignete Gleisanschlußstelle haben.
Der Spielaufbau ist nix für Grobmotoriker. Allein auf ein kleines Hexagon in der Mitte müssen 9 gelbe Diamanten in Form von mickrigen Pappscheiben aufeinandergeschichtet werden. Sowohl das Aufstapeln als auch das Nicht-runter-fallen-Lassen stellen erhebliche Anforderungen an die Zitterfreiheit unserer Hände. Sicherlich hatte der Autor hier mal richtige Edelplastiksteine als Spielmaterial im Sinn gehabt, doch wohl aus Kostengründen ist diese Umsetzung unterblieben.
Der Spielablauf besteht aus 3 Phasen a 12 Aktionen, darunter ist das Bauen von Strecken, das Bauen von Ladestationen, das Entdecken von Edelsteinfeldern und das Zünden von Sprengstoff, mit dem man dem Gegner einen lukrativen Streckenbau wieder wegpusten kann.
Bemerkenswert ist die Aktions-Dynamik: Jeder Spieler darf wählen, ob er pro Zug 1, 2, 3 oder gar 4 Aktionen ausführt. Ein voreiliger Spieler hat in minimal 3 Zügen seine 12 Aktionen verbraucht und muß dann warten, bis die Trischler in 12 Zügen a einer Aktion ebenfalls mit ihren Zügen fertig sind. Wer schnell ist, kann sich gegebenenfalls gute Strecken unter den Nagel reißen, er kann aber nicht mehr auf die Diamantenfunde seiner Mitspieler reagieren. Hier ist ein echtes Abwägen gefordert.
Ach ja, “Cavum” erfordert in jedem Zug ein Abwägen und Austüfteln: Wie kann ich meine Streckenbau sinnvoll erweitern? Wo lege die die Diamantenfundstätten hin? Wie kann ich den Mitspielern den Zugang zu den lukrativsten Stellen versperren? Wo können sie mit den Zugang versperren und wie kann ich das verhindern? Hier prallt eine gewaltige Menge Interaktion aufeinander. Moritz bezeichnete das Geschehen sogar als eine Art von “Go”.
Leider geht “Cavum” für bis zu vier Personen! Stellt Euch mal ein Go-Spiel für vier Personen vor! Wäre dabei noch der geringste göttliche Funke des kaiserlichen Denkspiels übrig geblieben? Wohl kaum! Was für zwei Spieler ein edler Denksport ist, versinkt als Mehrpersonenspiel unweigerlich im Chaos. So ist es auch bei “Cavum”. Am Westpark tüftelt zudem noch jeder Spieler wie ein Weltmeister, um doch noch ein Licht am Ende des Chaos-Tunnels zu entdecken. Und das ist tödlich. Besonders weil man nicht denken kann, wenn man nicht dran ist.
45 Minuten brauchte Günther, um uns und sich selbst die 10 Seiten Regelheft zu verklickern. Genauso lange brauchten wir für ein Drittel des Spiels, d.h. für genau eine Phase. Dann ließen wir uns noch von der ersten Wertungsorgie überraschen und brachen ab. Immerhin diskutierten wir hinterher noch eine halbe Stunde über die Mechanismen des Spiels. Das spricht schließlich für seine Qualität. Die hat es ganz gewiß, nur nicht zu viert am Westpark.
WPG-Wertung: Aaron: 5 (zuviel Tüftelei), Günther: 7 (denkt ohnehin gerne), Moritz: 4 (vermißt Spaßfaktor), Walter: 7 (für das 2-PS)
2. “Glory to Rome”
Auf der Schachtel steht “Das ernsthaft strategische Strategie-Kartenspiel”. Kartenspiel ist richtig, “Strategiespiel” ist vielleicht auch noch richtig, aber “ernsthaft” ist sicherlich verkehrt.
Jeder Spieler bekommt eine Kartenhand mit unterschiedlichen Arbeitern zugeteilt, die beim Errichten von Bauwerken unterschiedliche Rollen übernehmen. Ein Architekt wird für den Plan benötigt, Arbeiter tragen das Material zusammen, Handwerker bauen auf und der Patron wirbt zusätzliche Hilfskräfte an.
Für jedes errichtete Bauwerk erhält man Vorteile für das weitere Vorgehen, z.B. braucht man dann weniger Material zur Vollendung ein Bauwerk, oder anstelle eines bestimmten kann ein beliebiges Material zum Bauen eingesetzt werden. Manche Vorteile tragen dabei solch extrem progressive Effekte in sich, daß das Spiel damit aus den Fugen gerät. Moritz nannte sie “abartig”.
Wenn man konsequent auf diese Vorteile hinarbeiten könnte, dann könnte man die “ernsthafte Strategie” vielleicht noch gelten lassen. Da aber sicherlich zu mehr als 50% das zufällige Kartenangebot das Spielgeschehen beherrscht, kann das “ernsthaft” nicht ernsthaft gemeint sein.
WPG-Wertung: Aaron 6, Günther: 6 (nicht richtig ausbalanciert), Moritz: 6 (hätte einfacher realisiert werden können), Walter: 6 (immerhin besser als Mau-Mau)
3. “Flaschenteufel”
Moritz konnte seine Haßliebe in eine reine Liebe umwandeln. Nachdem er im ersten Spiel gewohnheitsgemäß mit Minus 13 Punkten in den Keller gewandert war, konnte er sich nach einer Serie von drei tollen Punktausbeuten mit 91 Punkten an die Spitze setzen. Mit Sonne im Herzen enteilte er zur U-Bahn.