Unser Spielzimmer am Westpark hat eine Grundfläche von etwa 30 qm. Eine Wand ist schräg, geht aber dann bis zu einer Höhe von 3 m. Der Raum fasst also etwa 60 cbm. Im Winter ist die Luft ziemlich trocken. Aaron fängt nach kurzer Zeit das Niesen an, obwohl schon sein Jahren keine Katze mehr ins Haus kommt; der Gastgeber hat regelmäßig ab Dezember eine verstopfte Nase. Jetzt hat er sich einen Luftbefeuchter zugelegt. Wieviel Wasser sollte er regelmäßig in dieses Gerät einfüllen?
Aaron hat mit einem Luftfeuchtigkeitsrechner im Internet (https://rechneronline.de/barometer/luftfeuchtigkeit.php) ausgerechnet, dass
– wenn in einem Raum von 60 m3
– bei einer Raumtemperatur von 22 °
– Luft von 25% relativer Feuchte hereinkommt
– und diese ohne Luftaustausch auf 50% luftbefreuchtet werden soll
dass dabei 291 ml, also weniger als ein Drittel Liter Wasser benötigt wird.
Wenn jetzt aber 4 Spieler 6 Stunden lang in diesem Zimmer sitzen, dabei 3 Liter Wasser, 1 Flasche Rotwein und 100 ml Whisky verbrauchen, um wieviel Liter Wasser wird dann der Luftbefeuchter entlastet?
1. “Santa Maria”
Ein Workerplacementspiel mit Würfeln. – Haben wir das nicht gerade gehabt? Natürlich, letzte Woche mit „Lorenzo, dem Prächtigen“. Und kurz davor mit „Rajas of the Ganges” ebenfalls! Was hat Aaron damals dazu gemeint? „Dieses Spiel hat es nicht gebraucht, solche Spiele gibt es wie Sand am Meer.“ Was wird er wohl diesmal zu „SM“ sagen?
Offiziell sind wir Kolonialherren des 16ten Jahrhunderts und senden Kolonisten und Missionare aus, um Gold aus dem Boden zu holen und um Christengold in die Seele der Indios einzuhauchen. Von dieser Geschichte ist, um es gleich vorweg zu sagen, rein gar nichts zu spüren. Das Spiel ist eine rein abstrakte Rechnerei. Moritz meinte: „die schlechteste Themenumsetzung meines Leben“.
OK, nicht alle brauchen ein Thema, um an einem Spiel Spaß zu finden. Ein hübsch designtes, ausbalanziertes Worker-Placement-Spiel ist allemal ein gute Ingenieursleistung. „Santa Maria“ ist zweifellos auch eine solche.
Herzstück ist eine 6 mal 6 Quadrat-Felder große Landschaftsfläche auf den individuellen Spielertableaus. Von vornherein sind hier bereits ein paar Aktionsfelder aufgedruckt. Weitere hier passgerecht einzufügende Landschaftsteile müssen sich die Spieler Stück für Stück nachkaufen. Bezahlt wird mit Holz oder Getreide, das man entweder für Geld kaufen, oder – viel günstiger – in seinem Landschaftsgarten abernten kann.
Dazu kommen jetzt die Würfel ins Spiel. Zu Beginn des Spiels besitzt jeder Spieler einen privaten Würfel, den er würfelt und dessen Augenzahl ihm allein gehört. Zusätzlich gibt es für alle Spieler nochmals je drei öffentliche Würfel, die alle zusammen einmal pro Runde geworfen werden, und woraus jeder Spieler bei Bedarf und Gefallen pro Zug jeweils einen Würfel an sich nehmen und die entsprechende Würfelaktion ausführen darf.
Diese besteht darin, entsprechend der Augenzahl (die man auch noch per Geld beliebig nach oben oder unten verschieben kann) eine Spalte bzw. eine Reihe in seinem Landschaftgarten auszuwählen und alle daraufliegenden Aktionen auszuführen. Das kann sein:
- Holz fällen
- Getreide oder Zucker ernten
- Edelsteine ausbuddeln
- Kolonisten ausschicken (die finden früher oder später Gold und bringen bei Mehrheit in jeder Runde Siegpunkte)
- Missionare aussenden (die bringen zusätzliche private Würfel und machen Missionare, mit denen man sich Privilegien oder Siegpunkte-Prämien in der Endwertung sichern kann)
- Schiffe ausrüsten (die pro Rundenende Geld, Siegpunkte, Kolonisten oder Missionare einbringen und am Ende nochmals Siegpunkte; für Schiffe werden Gold, Edelsteine und Zucker gebraucht, so dass der Run auf diese Güter durchaus lohnenswert ist).
Der Puls der Lebens in „Santa Maria“ geht also darum, über Geld oder Ernte Rohstoffe zu beschaffen, mit Rohstoffen Landschaftsplättchen für seinen Landschaftsgarten zu erwerben, über die Würfel bestimmte Ernte-, Kolonisten- oder Missionars-Aktionen in seinem Landschaftsgarten zu aktivieren, Schiffe auszurüsten und nach insgesamt drei Runden die meisten Siegpunkte auf seinem Konto zu haben.
Es gibt eine Menge Knobelmöglichkeiten:
- Welche Würfel ziehe ich in welcher Reihenfolge auf meine Seite?
- Wie verfahre ich mit meiner Liquidität beim Kauf und Verkauf von Rohstoffen und beim Modifizieren von Würfelergebnissen?
- Nach welcher STRATEGIE fülle ich meinen Landschaftsgarten; die End-Topologie hat nämlich erheblichen Einfluss auf Siegpunkt-Prämien?
- Und einiges mehr.
Als alle bereits gepasst hatten, überlegte Moritz allein zehn Minuten an seinen allerletzten Zügen, um noch die richtigen Rohstoffe zu kaufen und verkaufen, mit seinem Restgeld die richtigen Sonderaktionen in seinem Landschaftsgarten zu finanzieren, und noch zwei siegpunktträchtige Schiffe vom Stapel zu lassen. Mit 73 Punkte reichte es zum Sieg über Walter, der durch einen mehr oder weniger glücklichen Landschaftsausbau und Kolonisten-Mehrheiten auf 72 Punkte gekommen war.
Moritz schaute auf das Spielmaterial mit den riesigen ausgelobten Siegpunkten und meinte: „die 100-Punkte-Siegpunkt-Chips machen mich krank“! – Für diese Summen hätten wir insgesamt halt noch mehr als die 2 Stunden und 5 Minuten planen und nachdenken müssen, als wir es heute nach der 1 Stunde und 10 Minuten Regeleinführung getan haben.
WPG-Wertung: Aaron: 5 (einschließlich 1 Punkt für die Balance; „nach der ersten Runde hatte ich schon keine Lust mehr“, das Kleinzeug müsste unbedingt thematisiert werden), Günther: 7 (langatmig, der Würfelmechanismus ist hübsch, höchst thematisch kann ich Mönche beten und Kolonisten ackern lassen), Moritz: 7 (fickerich, Null-Thematik; es gibt Spiele, deren Thema den Einstieg in das Spiel erleichtern, hier nicht), Walter: 6 (einschließlich 1 Punkt für die Balance, zu lang).
Wie wichtig ist die Thematik für ein Spiel? Im Prinzip nicht unbedingt notwendig. Bei einem Worker-Placement-Spiel, vor allem bei der Fülle von Spielen dieser Art, die in dieser unserer Spielewelt ihr Dasein fristen, muss ein Spiel aber schon reichlich thematische Analogien aufweisen, um bei uns punkten zu können.
„Sante Maria“ brachte uns jetzt sogar soweit, darüber zu philosophieren, warum wir überhaupt spielen. Mit offenem Ergebnis.
2. “Azul”
Nach dem trockenen Knobel-Kampf mit Seiner Majestät lechzten wir alle nach einem lockern, leichten, spielerischen Absacker. Da kam uns „Azul“ gerade zurecht. Welch ein Glück, dass es Günther heute wieder dabei hatte.
Natürlich haben wir diesmal wieder die „Anfängerversion“ gewählt. Eine vorgegebene Farbschablone ist viel spielerischer und lässt die Spieler sich auf den Kern des höchst interaktiven Kachel-Sammel- und Einpass-Mechanismus konzentrieren.
Unsere Diskussion über die Deadlockmöglichkeiten (siehe Spielbericht vom 13.12.2017) ging hinter den Kulissen noch weiter. Walters dortiger Beweis für das Non-Deadlocking war viel zu kurz geschossen. Inzwischen haben wir eine Füllung gefunden, wo gerade mal 13 Felder des 5 mal 5-Quadrates gefüllt sind, und kein weiterer Stein mehr gelegt werden kann (siehe Bild) Gibt es noch extremere Einfüllungen?
Ich halte Azul für eines der schönsten Spiele dieses Jahrgangs und werde es mir unverzüglich zulegen, so dass es Günther nicht immer Hin- und Herschleppen muss. Das Spiel ist für jung und alt gleichermaßen geeignet; demnächst kommen die Enkelkinder dran. Allerdings deutet das Internet an, dass das Spiel nicht mehr lieferbar ist. Bei Amazon gibt es schon Angebote für 99 Euro und mehr, für ein Spiel, das im Herbst letztes Jahres in Essen für glatte 40 Euro zu erstehen war.
WPG-Wertung: Keine Änderung für ein 7,5 Punkte-Spiel.
Azul Neuauflage ist angekündigt für März, dann wieder für unter 40 EUR.
Das freut mich sehr!