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14.03.2012: Catan im 20. Jahrhundert

“Pastinaken”
Am Westpark werden nicht nur Spiele gespielt und bewertet, sondern auch Kochrezepte ausprobiert und kommentiert. Diese Woche gab es einen „Pastinaken-Spinat-Gratin“ nach Vorschlag vom „Chefkoch“. Hier die Kritik des Hausherrn:

Das Rezept ist mein erstes und letztes Rezept mit Pastinaken. Schon beim Schälen der Wurzel erinnerte mich der Geruch an die Wasserrüben, die wir als Buben auf dem Heimweg von der Schule aus den umliegenden Rübenäckern ausgerissen haben. Die Assoziation an den Bubenstreich war positiv, die Assoziation an den damaligen Gourmet-Genuß eher nicht. Der Verdacht auf einen heute zumindest problematischen Kochversuch erhärtete sich beim Kosten der vorgedampften Scheiben: hart, harsch, scharf und bitter. Doch tapfer wurde das Rezept buchstabengetreu durchgestanden. Vielleicht gibt die Hitze im Ofen ja erst den richtigen Genuss?

Am Ende kam zwar ein hübsch anzusehender Auslauf aus der Backröhre, doch genießbar war er nicht. Lediglich der Spinat gab, nachdem wir die Pastinakenscheiben alle herausgepuhlt hatte, zu Reis und Schlemmerfisch eine akzeptable Beilage. Tröstlich war meine Frau, die sich diesmal mit expressiv Kritik an meiner Kochkunst einfühlsam zurückhielt, sondern mich eher um meine vergebliche Koch-Liebesmühe bedauerte.

Nachdem zu diesem Rezept hier auf dieser Internet-Seite so viele zustimmende Kritiken zu lesen sind, frage ich mich, ob ich a) etwas falsch gemacht habe, ob b) mein Gemüsehändler mich mit seinen Pastinaken verschaukelt hat oder ob c) man über Geschmack halt nicht streiten kann.

Vom Chefkoch kam bisher noch keine Antwort. Deshalb die Frage an unsere Leserschaft: Wer von Euch hat schon einmal in seinem Leben Pastinaken zubereitet und war hinterher mit dem Ergebnis zufrieden?

1. “Carrée” und “Ming Mang”
Günther steckte zwischen Starnberg und Fürstenried in einem Unfallstau und kündigte per Handy eine Stunde Verspätung an. Dieweil griffen Horst und Walter in die historische Schatzkiste des Wünnenberg Verlags (Gott hab’ ihn selig) und zogen sich auf die Schnelle zwei 2-Personen-Spiele rein. Bei Gefallen hätte sie Horst zu seiner Birgit mit nach Hause nehmen dürfen.

„Carrée“ wurde eigens für die Wünnenberger Spielreihe entwickelt. Nach Art des Mühlespiele setzen wir zu Spielbeginn unsere Spielsteine abwechselnd auf freie Positionen im Spielbrett. Dann ziehen wir mit den Steinen und versuchen dabei die gegnerischen Steine zu schlagen. Auf einer knappen DIN-A5-Seite sind die Regeln dargelegt. Mit den beiden lapidaren Sätzen:

  • Die Steine ziehen horizontal und vertikal über beliebig viele freie Felder

und

  • Spielzüge können über den Spielfeldrand hinausgehen, wenn das im rechten Winkel angrenzende Feld unbesetzt ist.

haben wir bereits 50% der Regeln hinter uns gebracht. Leider aber noch nix verstanden. Horst befand: „Es ist eine Kunst, in einer so kurzen Anleitung so viele Fragen offen zu lassen!“ Oder ist das vielleicht gerade keine Kunst? Nach dem ersten Versuch mit dem Trivial-Ablauf „Schlägst du meine Tante, schlag ich deine Tante“ dämmerte uns, das wir vieles falsch gemacht haben mußten. Doch wir verzichteten auf eine detailierte Fehler-Analyse.

Das zweite Spiel war das alte tibetanische Spiel „Ming Mang“. Auch hier ist das Spielziel das Schlagen aller gegnerischen Steine.

  • Geschlagen wird ein Stein, wenn er auf zwei Seiten von gegnerischen Steine eingeschlossen ist, ohne Rücksicht auf dazwischenliegende freie Felder.

Sehr schnell hatten wir eine Dead-Lock-Situation erreicht, wo jeder Spieler in seinem Schneckenhäuschen unbehelligbar hin-und-her-ziehen konnte, ohne dass er dabei vom Gegner eingeschlossen und geschlagen werden konnte. Auch hier müssen wir einiges nicht verstanden haben.

Inzwischen hatte Günther den Stau hinter sich lassen können und hinderte uns daran, in den 43900 Google-Treffern zu „Ming-Mang“ nach den tibetischen Strategie-Geheimnissen zu suchen. Horst verzichtete auf ein Mitbringsel für seine Frau.

2. “Das 20. Jahrhundert”
In dem Spiel von Vladimír Suchý geht es nicht – wie bei dem gleichnamigen Spiel von unserem Moritz – um die Kriegsbewältigung des letzten Jahrhunderts (neben den beiden Weltkriegen gab es da noch tausendfach weiteren Mord-und-Totschlag zwischen zivilisierten Nationen), sondern um die Weiterentwicklung des technologischen Fortschritts unter der Vermeidung von Müll. Wir ersteigern Landschaftplättchen mit Quellen für Geld, Fortschritt und/oder Siegpunkten und mit „Recycling-Anlagen“. Damit bauen wir uns eine Landschaft zusammen, die uns mit den zivilisatorischen Glücksgütern versorgt. Zwangsläufig erzeugen wir dabei auch mehr oder weniger Müll und deshalb betreiben wir eifrig unsere Recycling-Anlagen – sofern wir welche erstanden haben – , um den Müll wieder los zu werden.

Der Kampf gegen den Müll ist die dominante Auseinandersetzung im „20. Jahrhundert“. Immer wieder spuckt uns das Regelwerk Müllpakete in die Landschaft und wir müssen rudern, um darin nicht zu ersticken. Über sechs Runden geht der Kampf. Jedes Landschaftsplättchen, auf dem danach noch eine Menge Müll liegt, bringt Minuspunkte ein. Dagegen stehen dann die kumulierten Werte aus unseren Siegpunkt-Quellen und weitere Prämierungen unseres Besitzstandes bei Spielende. Wer dann in dieser Gewinn-Verlust-Rechung die meisten Siegpunkte auf seinem Konto hat, ist Sieger.

Für den Erfolg in dieser ansprechenden Optimierungsaufgabe müssen wir

  • die beiden Versteigerungsprozesse um Gewerbe und Fortschritt kostengünstig abwickeln
  • uns einen optimalen Mix von Landschaftsplättchen zulegen, wobei das Optimum sich während des Spielverlaufs verschiebt
  • zugreifen können, wenn die Mitspieler schwächeln
  • bescheiden sein können, wenn die Kosten-Nutzen-Relation ins Negative abgleitet. (Es gilt also nicht das in vielen Wirtschaftsspielen obligatorische „Keep fully invested!“)
  • die notwenige Handlungsfreiheit beim Fortschritt einkaufen, um für Feuerwehr-Einsätze bei Müll und Produktion gewappnet zu sein
  • das richtige Timing für unsere Feuerwehr-Einsätze einhalten.

Es gibt viel zu rechnen im „20. Jahrhundert“. Am Westpark eine willkommende Herausforderung. Zugleich aber auch ein Fluch, wenn zuviele Denker mit ihren mechanischen Rechenmaschinen ans Werk gehen. Heute waren wir nur glücklicherweise nur zu dritt. Die Stimmung war gelöst. Keiner verlor die Contenance. Und das war gut so.

WPG-Wertung: Günther: 7 (gute Mischung aus gemeinschaftlichem Bieten und solitärer Optimierung), Horst: 7, Walter: 8 (bei drei Mitspielern, sonst weniger).
Horst hatte sich im Vorfeld in die Spielregeln eingearbeitet und möchte darauf hinweisen, dass das 12-seitige Regelheft keine Unklarheit offen gelassen hat. Und dass die deutsche Übersetzung der tschechischen Original-Spielregeln eine sehr saubere Arbeit ist.

3. “Die Siedler von Catan – das schnelle Kartenspiel”
Ein Art von Quartettspiel mit Ärgerfaktor. Wir ziehen Rohstoffkarten, tauschen sie auf dem offenen „Markt“ oder mit dem verdeckten Nachzugsstapel oder bei verdutzten Mitspielern gegen andere Rohstoffkarten, und legen sie gebündelt als „Catanische Quartetts“ in unsere Siegpunkt-Speicher. Ziegel und Holz ergeben eine Straße, Stein, Schaf und Korn ergeben einen Ritter, 3 mal Stein und 2 mal Korn ergeben eine Stadt, und was sonst noch alles als Ablage-Paket möglich ist. Glücklich gezogenen Karten ergeben glückliche „Quartette“.

Und damit das ganze nicht zu linear abläuft, darf man von seinen Mitspielern fertige Quartette stehlen. Anstatt eine Straße beim Tiefbauer in Auftrag zu geben, nimmt man sie einfach entschädigungsfrei aus dem Besitzstand eines Mitspielers. Manche mögen’s lustig.

WPG-Wertung: Günther: 5 (schnelles Familienspiel), Horst: 5 (freut sich auf ein Siedlerspiel mit seinem Sohn), Walter: 5 (reiner Zeitvertreib, mag’s nicht so lustig.)