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01.04.2015: Altes, Neues und Ungeborenes

Warum hieß der gestrige Sturm eigentlich „Niklas“?

Dass die Tief- und Hochdruckgebiete Namen haben, wurde erst 1990 in der Bevölkerung so richtig wahrgenommen, als der Orkan „Wiebke“ über Deutschland wütete, und die Medien sich groß und breit darüber ausließen. Seit 1954 werden diese Namen in Deutschland vom Meteorologischen Institut der Freien Universität Berlin vergeben.

Zu Wibkes Zeiten hatten alle Tiefs noch weibliche Vornamen. Ab 1998 wurde diese Namensvergabe als eine Frauendiskriminierung betrachtet und ein jährlicher Wechsel von weiblichen und männlichen Vornamen beschlossen.

2015 waren mal wieder die Männer an der Reihe und für den vierzehnten Sturm des Jahres wurde „Niklas“ festgelegt. Und der war jetzt gestern am Ruder. Wer will, kann für € 379,61 eine Namenspatenschaft übernehmen. Bei Niklas war das ein Herr Niklas Meyer aus Lübeck. Die Paternschaft für das einundzwanzigste Tief dieses Jahres , das mit dem Buchstaben „U“ beginnt, wird per Ebay versteigert! (Das ist kein Aprilscherz!)

Stürme im nördlichen Atlantischen Ozean (nicht zu verwechseln mit deutschen Tiefs) werden durch das National Hurricane Center der Vereinigten Staaten benannt. Dafür wurden sechs verschiedene Namenslisten zusammengestellt, in denen sich männliche und weibliche Vornamen streng abwechseln. Die Listen werden wrap-aroung verwendet, 2015 war wieder die Liste 1 dran, und der Name des vierzehnten Sturm darin heißt „Nicholas“. (Namen von Stürmen, die aufgrund ihrer Sachschäden oder Opferzahlen sehr schwerwiegend waren, können durch die World Meteorological Organization aus den ewigen Listen gestrichen werden.)

Dass der vierzehnte Berliner mit „Niklas“ und der vierzehnte Amerikaner mit „Nicholas“ den nahezu gleichen Namen tragen, ist mehr oder weniger zufällig, schließlich wechseln die Berliner ja nur jährlich zwischen Männlein und Weiblein, die Amerikaner aber von Sturm zu Sturm. Der nächste Deutsche wird Oskar heißen, die nächste Amerikanerin Odette.

Das sechszehnte Tief und der sechzehnte Sturm heißen nach beiden Tabellen wieder gleich: Peter! Hallo Peter, blase schon mal Deine Backen auf, damit Du uns und der Welt lange genug in Erinnerung bleiben wirst. Du musst Deine allergrößten Kräfte ja nicht unbedingt in München rauslassen!

1. “Medici”

Seit 1998 auf dem Markt, vier Jahre später zum ersten Male am Westpark gespielt und im Jahresabstand noch zwei weitere Male. Nach Luding ist die aktuelle Auflage aus dem Jahre 2007 immer noch käuflich.

Ein ausgereiftes Auktionsspiel mit abstrakten Karten. Die Karten zeigen einfache Zahlen von 1 bis 5 in fünf verschiedenen Farben. Die Spieler ersteigern die Karten in Paketen, bis jeder pro Durchgang genau fünf Stück davon hat. Dann werden die Siegpunkte verteilt. Für jede Karte einer Farbe steigt ein Spieler in der entsprechenden Farb-Kategorie um eine Stufe nach oben. Wer in einer Farbe am höchsten steht, bekommt 10 Siegpunkte, der Zweite bekommt 5. Der Dritte und alle weiteren gehen leer aus. Hier kommt es also darauf an, bei wenigen Farben an der Spitze zu stehen und nicht überall ein bisschen beteiligt zu sein.

Zusätzlich wird gewertet, wer in der Summe die höchsten Kartenzahlen ersteigert hat. Hierfür gibt es Siegpunkte in der Staffelung 30-20-10-5. Neben der richtigen Farbwahl ist es also auch lukrativ – höchst lukrativ – , sich hohe Zahlenkarten zu ersteigern.

Doch das Spiel hat noch einen dritten Pfiff: Für die Versteigerung ist reihum jeweils ein Spieler verantwortlich, der nach beliebigen Gutdünken ein, zwei oder drei Karten vom verdeckten Stapel als Paket auf die Börse wirft. Die Mitspieler geben im Uhrzeigersinn je ein Gebot dafür ab, und am Ende entscheidet er, ob er dem meistbietenden Mitspieler die aufgedeckten Karten überlässt oder ob er sie – um einen Dollar mehr – selber ersteigert. Die Anzahl schon ersteigerter Karten ist ein Handicap beim weiteren Bieten, denn jeder darf nur maximal fünf Karten erwerben. Wer z.B. schon drei Karten in Besitz hat, kann nicht mitsteigern, wenn ein Paket von drei Karten aufgerufen ist. Kleiner Pfiff, aber immerhin.

Peter wurde Sieger und zeigte mit Stolz auf seinen dreifarbigen Kartenbesitz, wo er in zwei Farben kein einziges Geld und Gut verschwendet hatte.

WPG-Wertung: Aaron, Günther und Moritz blieben bei ihren schon vor zehn Jahren vergebenen 7 Punkten (uralt, hat sich aber nicht ausgespielt; mit wenig Mitteln viel erreicht), Peter blieb bei seinen 8 Punkten und Walter hob seine früheren 6 Punkte jetzt auch auf 7.

2. “Parade”

Parade : Anlegen und Nehmen von Karten
Parade : Anlegen und Nehmen von Karten
Ein kleines, hübsches Kartenspiel, bestehend aus je elf Zahlenkarten mit den Werten 0 bis 10 in sechs verschiedenen Farben. Jeder Spieler hat fünf Karten auf der Hand und legt legt reihum eine beliebige davon an das rechte Ende der Parade-Reihe. Anschließend muss er eine definierte Anzahl von Karten aus der Parade-Reihe nehmen und als Minus-Karten offen vor sich auslegen. Der Rest der Parade wird wieder zusammengeschoben.

Welche Karten muss man nehmen? Einfache Logik, trotzdem haben alle Mathematiker unter uns erst einige Fehltritte getan, bis sie das Prinzip verinnerlicht hatten.

  1. Links von der neu angelegten Zahlenkarte sind soviele Karten “geschützt” (d.h. sie brauchen nicht genommen zu werden), wie die Zahl auf der gelegten Karte angibt.
  2. Von den “ungeschützten” Karten müssen alle Karten der gleichen Farbe genommen werden.
  3. Von den “ungeschützten” Karten müssen alle Karten genommen werden, deren Zahl kleiner oder gleich der neu ausgelegten Karte ist.

Nach seinem Zug zieht der Spieler vom verdeckten Stapel eine Karte nach. Ist der Stapel aufgebraucht, so ist das Spiel zu Ende. Jeder Spieler legt noch zwei beliebige Karten aus seiner Hand zu seinen angesammelten Minus-Karten, dann wird gewertet. Von den Farben, in denen ein Spieler die Mehrheit hat, zählt jede Karte einen Minus-Punkt. Von den anderen Farben zählt jeder Zahlenwert entsprechend viele Minuspunkte.

Welche Freiheitsgrade hat ein Spieler bei seinen Aktionen?

  • Er kann immerhin aus 5 Karten wählen, welche er auslegt. Würde nur ein einziger Zug gespielt, so wäre es allerdings absolut trivial (wenn auch kein no-brainer) zu bestimmen, welches hier die beste Karte ist.
  • Ein Spieler kann versuchen, Kartenpflege zu betreiben, um für das dicke Ende möglichst viele, gute Optionen zu haben. Das beißt sich natürlich ein bißchen mit der obigen Einzel-Zug-Optimierung. Außerdem ist “Kartenpflege” hier wohl eher ein beschönigender Ausdruck, denn es gilt nicht, eine vollständige, bekannte Kartenhand zu optimieren, sondern eine zukünftige Kartenauswahl, deren Zusammensetzung weitgehend vom Zufall bestimmt und deshalb unbekannt ist.
  • Er kann vorausberechnen (vorausahnen, blindwütig vorauserraten – siehe oben unter “Kartenpflege”), von welcher Farbe er wohl die meisten Karten bekommen wird, und möglichst immer hier zuschlagen. Das ist aber nur eine Nebenstrategie zur Einzel-Zug-Optimierung.
  • Er kann alle Karten sichten, die irgendwo ausliegen (bei sich, in den Minus-Stapeln der Mitspieler, in der “Parade” und in seiner eigenen Hand), und er kann daraus ermitteln, welche Karten er noch nicht kennt, die dann (zum Teil!) noch nachgezogen werden; er kann die Züge der Mitspieler auswerten, um daraus zu schließen, welche Farben sie wohl favorisieren; er kann für jeder Farbe analysieren, wie groß seine Chancen sind, hier Mehrheiten zu bekommen; er kann … Aber das gilt alles nur für Genies, nicht für Normalsterbliche.

Im Grunde ist alles weitgehend unberechenbar. Wenn Walter solche Eindrücke als Faktum oder sanfte Kritik äußert, hakt Günther sehr gerne ein und bringt “Bridge” als Gegenbeispiel, das doch ganz ähnlich sei, und das doch als berechenbar gilt. Entschuldige bitte, lieber Günther, hier spricht ein Blinder von der Farbe! Ich bitte alle Großen Denker unter den Freunden der Westpark-Gamers um konkrete Hinweise, wie man

  • mit hohen, mittleren oder niedrigen Karten
  • der verschiedenen Farben
  • von denen man keine, einige oder schon viele Karten
  • mit niedrigen oder hohen Zahlenwerten in seinem Minus-Besitz angesammelt hat
  • unter Berücksichtigung der Auslage der Mitspieler
  • und den – teilweise – bekannten Restkarten im Nachziehstapel

umgehen soll. Ich weiß es nicht. Ich schlage vor, bei jedem Zug lediglich mehr oder weniger nach der Einzel-Zug-Logik vorzugehen. Das ist fast noch spielerisch, und damit kann man zumindest noch Vorletzter werden. Ujj – jetzt sehe ich gerade auf der Siegerliste: wie hast Du, Peter, denn das fertig gebracht, auf dem Platz zu landen, wo Du gelandet bist … ?

WPG-Wertung: Aaron: 7 (das Spielprinzip ist ein bisschen sperrig, das Kartenhandling auf dem Tisch etwas mühsam), Günther: 6, Peter: 6 (langweiliges Überlegen, macht nicht wirklich Spaß), Walter: 6 (nicht lustig, bedingt pseudo-intellektuell)

3. “Nobiles”

In Aarons Neuentwicklung wurden einige lästige Nebenzweige im Regelwerk zurechtgeschnitten und der Rest wieder stärker auf die Grundidee des Spiels ausrichtet: auf den Kampf um Mithilfe oder Behinderung beim Lösen von gemeinsamen Aufgaben, um hinterher als politisch Engagierter am Erfolg beteiligt zu sein oder als Nicht-Engagierter den Politikern die leichten Lorbeeren aus dem Rachen zu reißen.

Kooperation wird benötigt, und dazu in jedem Fall auch – die am Westpark verpönte – Diplomatie. Es erhob sich wieder die Frage, ob Absprachen über gemeinsames Vorgehen grundsätzlich eingehalten werden müssen, oder ob man jeden mündlich vereinbarten Kuhhandel auch platzen lassen darf. In Spielen über wenige Runden ist das eine durchaus problematische Fragestellung.

Wenn einer dazu aber noch so irrational Harakiri spielt, wie heute der Gastgeber, dann wird jegliche – unabgesprochene – Planung über den Haufen geworfen. Peter schlug als Punkt in der Spielregel vor: „Walter darf nicht mitspielen.“

Aaran fragte sich: „Ich weiß nicht, was ich von dem Spiel halten soll, wenn Günther total abkackt.“ Immerhin hat Peter gewonnen, und das ist zweifellos ein positiver Hinweis auf die intellektuelle Ausrichtung und Planbarkeit des Spiels.

Keine WPG-Wertung für ein Spiel in der Entstehungsphase.

4. “Bluff”

Frage: Wenn Du im 1:1 Endspiel einen Stern unter dem Becher hast, und Dein Kontrahent mit 1 mal die Fünf anfängt, was tust Du dann? Anzweifeln bringt nichts. Du musst auf … jawohl … 2 mal die Fünf erhöhen. Mit etwa zwei Drittel Wahrscheinlichkeit hast Du verloren.

Schlussfolgerung: Wenn Du im 1:1-Endspiel eine Eins, Zwei oder Drei gewürfelt hast, dann setze auf 1 mal die Fünf und hoffe auf einen Stern beim Gegenüber. Du hast sogar auch dann gewonnen, wenn er eine Fünf gewürfelt hat. (Oh Gott, dass ist ja Günthers Immer-5-Strategie!)

Nachdem Walter diese Schlussfolgerung aus dem Endspiel von Aaron und Peter gezogen und notierte hatte, war er mit 1:1 im Endspiel gegen Aaron und bekam eine Drei unter dem Becher. Er begann mit 1 mal die Vier, Aaron hob auf 1 mal die Fünf und das war es dann auch.

Merke:

  1. Es ist immer schwer, aus eingefahrenen Gleisen auszubrechen, besonders wenn dahinter liebgewordene Gewohnheiten und Theorien stecken (Immer-4-Strategie).
  2. Es ist leichter, eine Theorie zu notieren als sie zu befolgen.

Keine neue WPG-Wertung für ein Super-Spiel.