29.10.2008: “Comuni” – Kommunen auf Italienisch

Unsere Essen-Fahrer sind von der Spiel-2008 zurück. Günther hat folgende Spiele erstanden (alphabetisch geordnet): “Burg”, “After the Flood”, “Condomi”,”Cravum”,”Le Havre”, “Steel driver”, “Sylla”, “Uptown”, “Via Romana” und “Winsome-Paket”. Die Spiele von Hans-im-Glück werden erst in München beschafft. Moritz hat sich wie üblich verstärkt auf dem amerikanischen Markt umgesehen. Daneben hat er sich mit dem geplanten Verleger seine Eigenentwicklung besprochen; vielleicht kann das Spiel schon im nächsten Jahr auf dem Markt gebracht werden. Doch noch wird daran gefeilt, z.B. morgen bei den Westpark-Gamers. Heute lagen in modifizierter Runde real-existierenden Spiele von diesem Jahrgang auf dem Tisch.
1. “Comuni”
Eine italienische Entwicklung von Tenki-Games, die in Essen lange Zeit an erster Stelle der Beliebtheit (Fair-Play-Liste) gelegen hat und am Ende immer noch mit einem beachtlichen dritten Platz abgeschlossen hat. Die Spieler plazieren sich als Bieter für ausliegende Bauprojekte und verdrängen sich gegenseitig durch goldige Höchstgebote von den lukrativsten Plätzen. Sie realisieren die Bauprojekte mit verschiedenen Gebäudetypen und kassieren die Erträge für ihre Bausubstanz.
Es gilt eine ganze Reihe von Randbedingungen in den Griff zu bekommen:
– Kartenhand mit den Bauprojekten pflegen: das enge Handlimit beachten und trotzdem immer eine spielbare Karte auf der Hand zu haben.
– Gold sammeln, um beim Bieten mithalten zu können.
– Handwerker horten, um die Handlungsfreiheit beim Bauen zu erhöhen
– Armeen rekrutieren, um gegen Plünderungen gewappnet zu sein
– Pilger anwerben, die zu Beweglichkeit und Flexibilität beitragen.
Periodisch fällt der Kaiser mit seinen Plündererhorden in Italien ein und muß mit vereinten Kräften abgeschlagen werden. Die gemeinsame Bündelung der Verteidigung ist höchst bemerkenswert: Warum sollte ich meine militärische Potenz zum Nutzen der Allgemeinheit einsetzen, wenn ich den gleichen Nutzeffekt für mich alleine haben kann? Über diese Frage wurde lange diskutiert. Die Bonus-Siegpunkte für das höchste gemeinnützige Verteidigungsengagement erscheinen als eine recht geringe Entschädigung.
Nach 1 ½ Stunden (neunzig Minuten!) war Günther mit der Spielregel durch. Doch es lag nicht allein an seinem für ihn ungewohnten Stegreifvortrag. Aarons Viagra-Witze, Peters Flugmeilen-Euphorie und die Erörterung von Hansens ungewöhnlichem Rücktritt von der Teilnehmerliste nahmen auch breiten Raum ein. Die Trödelstimmung wurde auch während des Spieles nicht mehr abgelegt. Zwei weitere Stunden brauchten wir für ein eigentlich flottes Spiel, bei dem man denken kann, auch wenn man nicht dran ist und bei dem man das Denken auch sein lassen kann, wenn man dann endlich wieder dran ist.
Günther wurde von Aaron von einem guten Bauprojekt verdrängt, konnte anschließend auf ein noch besseres Bauprojekt ausweichen und es bei unserer üblichen Sitzreihenfolge auch gleich realisieren. Peter fand dies ungerecht, weil er sich gerne selber dieses Projekt unter den Nagel gerissen hätte. Er lastete es den Spielregeln negativ an, daß man vom Sonnenschein ins Solarium gelangen kann. Günther fand sich gemüßigt, das Spiel zu verteidigen und mußte sich dafür anhören: “Du benimmst Dich wie der Moritz, der bringt auch immer schlechte Spiele mit, und muß sie dann verteidigen!”
Doch das war weit über das Ziel geschossen. “Comuni” ist kein schlechtes Spiel. Es enthält ein große Menge spielerischer Handlungsfreiheiten und dabei ein dosiertes Quantum Chaos, liebenswürdiges italienisches Chaos. Die Teutonen hätten sich hierin etwas mehr Balancing gewünscht, aber diese Kritik entspringt eher ihren bekannten nordischen Charakterschwächen.
Aaron: “Man hat den Eindruck, man könnte mehr machen, aber ich glaube, man kann nicht mehr machen.” Noch ist das nur ein Eindruck und ein Glaube. Es sollte auf alle Fälle nochmals verifiziert werden. Walter hält das Spiel für ein “beherrschbares Chaos-Spiel”. Aaron konterte: “So ungefähr wie die italienische Regierung!”
WPG-Wertung: Aaron: 5, Günther: 7, Loredana: 6, Peter: 6, Walter: 8
Vielleicht wird Walter eine Rezension schreiben.
2. “Bluff”
Loredana war nicht teamfähig, vor allem nicht gegenüber dem Gastgeber. Selbst die solidesten Vorgaben zweifelte sie an und hatte immer Recht. Aber nur weil die anderen den gleichen Schrott gewürfelt hatten wie sie selber.
Peters faßte zusammen: “Das erste war ein Glücksspiel, das jetzige ist ein Denkerspiel!”
Keine neue WPG-Wertung
3. “Uptown”
Als Loredana und Peter schon in der U-Bahn saßen, zog sich das zurückgebliebene Trio noch ein “Uptown” rein. Wir hatten das Spiel schon vor genau einem Jahr einmal gespielt, als es W. Eric Martin von Boardgame News noch druckfrisch aus der amerikanischen Presse mitgebracht hatte. Jetzt kam es taufrisch von der Spiel-2008.
Jeder Spieler bekommt einen Satz von Plättchen, die reihum auf je eines der 9 mal 9 Felder des Spielbretts gelegt werden müssen. Dabei ist für jedes Plättchen vorgeschrieben, ob es in eine bestimmte waagrechte Reihe (Buchstaben A bis I), oder in eine senkrechte Reihe (Zahlen 1 bis 9) oder in ein mit Bildsymbolen gekennzeichnetes 3×3 Felder großes Quadrat gelegt werden muß. Ziel dabei ist es, mit seinen Plättchen möglichst eine einzige zusammenhängende Kette zu bilden. Wer am Ende die wenigsten getrennten Ketten hat, hat gewonnen.
Man darf beim Legen ein bereits vorhandenes Plättchen seiner Mitspieler entfernen; das bringt bei der Schlußabrechnung aber nur Minuspunkte ein, und dem Gegner schadet es nicht: die absolute Zahl übrig gebliebener Plättchen auf dem Spielbrett hat keinen Einfluß auf den Sieg.
Das Ergebnis ist ein locker, kurzweiliger Denksport. Und seelisch gesund ist es auch noch: das spielerische Legen von Plättchen auf ein Spielbrett im immer eine therapeutisch-wertvolle Handlung.
Der damalige gute WPG-Schnitt von 8 Punkten wurde heute auch von den neuen Spielern bestätigt: Aaron und Günther vergaben je 8 Punkte (neu), Walter blieb bei seinen 8 Punkten (alt).