25.02.2009: Der “Flaschenteufel” als Kampfstern in der Galaxis

Aaron hat jetzt in alle unsere Rezensionen ein Feedback-Kästchen eingebaut: Jeder Leser hat die Möglichkeit, einen Artikel mit den Noten von 1 bis 10 abzukanzeln. Einfach auf die entsprechende Anzahl Sterne klicken, und schon hat man Lust oder Frust zum Ausdruck gebracht.
Achtung aufgepaßt: Jeder Absender kann pro Artikel nur einmal seine Stimme abgeben, dann wird keine Wertung mehr angenommen. Bitte also den richtigen Stern anklicken.
Bis jetzt sind die Rückflüsse noch sehr spärlich. Günther bekam für seine zweite Dominion-Analyse die Traumnote 9,9. Bei 7 Wertungen. Seine erste Analyse, die mit 36 Wertungen gerade die Hälfte aller Wertungen auf sich vereinigt, kommt immerhin noch auf die Note 8,6. Im Vergleich zu unseren eigenen Spielebewertungen wäre das ebenfalls noch ein Spitzenplatz: Hier liegt “1830” mit der Durchschnittsnote von 8,8 auf den vierten Platz.
Leser, Autoren und Verlage, nutzt die Gelegenheit, Euren Daumen zu heben oder zu senken! Rächt Euch mit schlechten Noten für schlechte Kritiken! Lieber wäre es uns allerdings, wenn Ihr Euch noch ein paar Worte einfallen läßt, und gleich einen richtigen Text-Kommentar abgebt. Gelesen wird alles. Nicht nur von uns. Mehr als tausend mal pro Rezension.
1. “Battlestar Galactica”
Ein kooperatives Spiel mit sehr viel Thema. Eine ganze Fernsehserie soll dazu Pate gestanden haben. Zumindest Moritz kannte sie. 12 aufrechte Menschen sind auf der Flucht aus dem Weltraum wieder zurück zur Erde. An allen Ecken und Enden tauchen feindliche Gebilde aus, die vernichtet werden müssen, bevor sie zuviel Schaden an Treibstoff, Nahrung, Moral oder Bevölkerung angerichtet haben. Ihre Vernichtung wird ausgewürfelt, elegant und berechenbar, zumindest nach dem Gesetz der großen Zahlen.
Zusätzlich treten regelmäßige Krisen auf, die ebenfalls die empfindlichen Ressourcen anfressen. Gemeinsam müssen sie gemeistert werden, wobei “gemeistert” heißt: alle Spieler zusammen legen verdeckt farbige Zahlenkarten auf einen Haufen, dann wird der Haufen aufgedeckt, und wenn die Summe der Zahlen größer ist als das Krisenpotential, dann verpufft die Krise ohne negative Effekte.
Leider ist diese Kartensumme nicht ganz so elegant berechenbar wie ein Würfel, denn erstens weiß keiner, welche Zahlen die Mitspieler gegen das Krisenmanagement geopfert haben, zweitens kommen von einem verdeckten Stapel auch noch unbekannte Modifizierkarten hinzu, die das Krisenpotential bis zu 50 Prozent auf- oder abwerten. Und drittens können Mitspieler sogar Karten mit Minuswerten zu dem Haufen legen, die bei der Summenbildung dann kontraproduktiv sind.
Warum sollten sie so etwas tun? Weil nicht alle Mitspieler gut sind! Es gibt unerkannt böse Verräter von der Rasse der Cylonen unter ihnen, die das Spiel gewonnen haben, wenn die Menschheit untergegangen ist. Es ist also ein Kampf der Guten gegen die Bösen, gegen zufällige Gefahren in zufälligen Größenordnungen mit zufälligen Abwehrmitteln und unbekannten Allianzen. Wer zufällige die richtigen Karte auf der Hand hat, darf auch noch darum würfeln, ob die unbekannte, zufällig oben liegende Krisenkarte mit der unbekannten, zufällig darunter liegenden Krisenkarte vertauscht werden darf. Sowas geht dann schon in Richtung Metazufall.
Moritz versuchte Stimmung zu erzeugen, indem er seine Mitspieler reihum als Cylon verdächtigte. Ist so ein Vorgehen tatsächlich ein wichtiger Bestandteil des Spielspaßes in der “Galactica”? Muß man seine Freunde ernsthaft verdächtigen, und müssen die sich dann ernsthaft verteidigen? Oder darf man das blindwütig einfach so aus lauter Jux und Tollerei tun, und die Verteidigung oder sogar Selbstanklage ist auch nur ein stimmungsfördernder Faschingsscherz? Sind hier vielleicht bewußt chaotisch gehandhabte, offensichtlich falsche Schlußfolgerungen bei den Verdachtsäußerungen besonders stimmungsfördernd? – Eine philosophische Frage. Moritz hatte damit in seinen anderen Spielkreisen angeblich Erfolg. In unserer rationalen Gesellschaft funktionierte diese einfache Lustprinzip nicht so durchschlagend. Eine offensichtlich falsche Verdächtigung ist nicht a priori lustig, sondern sie ist ein logischer Fehlschluß und damit ein Ärgernis. Im Gegensatz dazu wäre eine zutreffende logische Schlußfolgerung beispielsweise: ein Spieler, der sich in einer einzigen Runde nicht an der gemeinsamen Krisenbewältigung beteiligt hat, in der aber mindestens eine kontraproduktive Karte gespielt wurde, dieser Spieler kann kein Verräter sein, falls es nur einen einzigen Verräter gibt. Logisch, oder?
Walter dachte sehr früh an die letzte Strophe eines Kirchenliedes von Paul Gerhard: “Mach’ End’, o Herr mach’ Ende …” – doch dann dachte er an Fasching, an den Aschermittwoch, an den schlechten Ruf der sauertöpfischen Protestanten und an die gute Lust und Laune unseres Lustmolches und machte nur noch gute Miene zum bösen Spiel. So machten es alle anderen auch.
Im Nachspann fand Aaron noch den irgendwie passenden Spruch:
“Mal ist man Denkmal, mal ist man Taube”.
Diesmal fühlte ich mich eher als Denkmal, doch glücklicherweise hatte die Taube genügend Terpentin geschluckt.
WPG-Wertung: Aaron: 4 (Advanced “Mau Mau”), Günther: 4 (“nicht mein Fall”), Moritz: 9 (“ihr habt das Teamprinzip nicht verstanden”) , Walter: 4 (vermisst die Möglichkeiten “to have a plan”)
Bemerkenswert, daß in der Fernsehserie zu “Battlestar Galactica” im Vorspann jedesmal der markante Satz fällt: “And they have a plan!”
2. “Flaschenteufel”
Die Frage: “Spielt man oder wird man gespielt” steht immer unausgesprochen im Raum.
Zuerst wurde die Sitzordnung vertauscht, damit sich Moritz nicht mehr über die von Walter geschobenen bösen Karten ärgern konnte. Dafür ärgerte er (der M.) dann postwendend und gezielt den Günther mit der gelben Zwei. Tatsächlich erwarb Günther im letzten Stich mit seiner gelben Zwei auch den Teufelsstich und mußte mit Minus-17 Punkte ins Rennen gehen. Wird man beim “Flaschenteufel” also doch gespielt?
Mitnichten. Günther als Startspieler hatte gleich mit seiner ersten ausgespielten Karte den entscheidenden Fehler gemacht: Auf seine gelbe 22 wurde Moritz die blaue Vier und Aaron die gelbe Eins los. Walter mußte mit der gelben 18 den Stich übernehmen, doch das waren für ihn nur gerne gesehene Pluspunkte. Hätte Günther gleich als erste Karte die gelbe Zwei ausgespielt, dann wäre ihm todsicher im ersten Spiel der Teufelsstich erspart geblieben.
So diskutierten wir post mortem nach jedem Spiel die spielentscheidenden Fehler. Sie ließen sich immer identifizieren. Und alle hätten vermieden werden können! Also wird man im “Flaschenteufel” auch nicht gespielt. Q.e.d.