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14.10.2015: Geld für Land, Würfel für Schläge, Zahlen für Punkte

Enkelkinder sind schön. Enkelkinder sind süß. Enkelkinder sind ein Geschenk Gottes. Alles richtig, alles wahr. Doch in einer tagelangen 24 stündigen Betreuung sind Enkelkinder auch eine Belastung, die am Abend bei den Großeltern ziemlich leere Batterien zurücklässt.

Günthers Ausbeute aus Essen
Günthers Ausbeute aus Essen

Letzte Woche sind Aaron und Günther mit dicken Paketen und vielen Eindrücken von der Spiel-2015 in Essen zurück- und am Westpark eingekehrt. Es gab einen reichhaltigen Spielabend. Doch dank der leeren Enkelkinder-Batterien gibt es erst heute den zugehörigen Session-Report.

1. “Isle of Skye”

Jeder Spieler baut aus quadratischen Plättchen, die in einem systematischen Muster Wasser-, Wald- und Wiese-Flächen aufweisen, vor sich einen Landschaftsgarten auf. Die Plättchen, die in einer Runde prinzipiell für alle Spieler zur Verfügung stehen, werden verdeckt aus einem Säckchen gezogen. Jeder Spieler zieht drei Plättchen und legt sie offen vor sich aus. Verdeckt kennzeichnet er dann ein Plättchen, das er auf den Müll werfen will, und bietet auf die anderen beiden Plättchen je einen beliebigen Betrag, den er bezahlen wird, wenn das Plättchen nach der nun folgenden Kaufrunde noch ihm gehört.

Gleichzeitig werden von allen Spielern die verdeckten Gebote offengelegt, und reihum darf jeder Spieler genau ein Plättchen eines seiner Mitspieler kaufen. Dafür muss er mehr bieten, als der Mitspieler selbst dem entsprechenden Plättchen zugeordnet hat. Wer Pech hat, bekommt alle beide seiner ausliegenden Plättchen abgekauft, hat dann zwar Geld aber weniger Land; wer Glück hat, darf seine beiden Plättchen behalten und kann sich zudem noch ein drittes Plättchen von einem Mitspieler kaufen. Im Durchschnitt kann jeder Spieler pro Runde zwei neue Plättchen legen.

Inhalt und Struktur jedes Landschaftsgartens bringen Runde für Runde Einkommen und Siegpunkte. Für die zu vergebenden Siegpunkte sind eine Reihe von Kriterien vorgesehen, von denen pro Spiel vier Stück zufällig ausgewählt werden; z.B. gibt es Siegpunkte für jedes Plättchen, das über eine Straße mit dem Zentrum verbunden ist, oder für jedes abgeschlossene Gebiet aus Wasser, Wald bzw. Wiese oder für je drei Plättchen, die in einer Reihe nebeneinander liegen.

Das Spiel geht über fünf oder sechs Runden, und jedes Wertungskriterium kommt in verschiedenen Runden insgesamt dreimal zur Geltung. Alle Spieler können von vorneherein abschätzen, wann und wofür die Siegpunkte ausgeschüttet werden. Allerdings sind wir bei dem konkreten Plättchen, das wir bei uns einbauen können, nicht Herr unseres Schicksals. Die eigenen Plättchen können wir uns nicht sichern, weil mit einer entsprechenden Geldsumme sie jeder Spieler wegkaufen kann. Geld alleine macht aber nicht glücklich, auch nicht auf der Isle of Skye. Auch ein bestimmtes, begehrtes fremdes Plättchen steht nicht 100 %ig zur Verfügung: ein Spieler, der vor uns in der Zugreihenfolge dran ist, kann sich ebenfalls dafür interessieren und es wegkaufen, bevor wir es tun können.

Fazit: Die richtige Summe auf unsere eigenen Plättchen setzen und die richtigen Plättchen von unseren Mitspielern abzukaufen, dass ist der ganze Witz des Spiels. Doch was ist hier schon richtig? Das einfache Setzen und Abkaufen macht das Spiel schnell (wenn wir erst einmal unsere eigenen Plättchen richtig taxiert haben), doch das optimale Auswählen der Plättchen bei den Mitspielern, d.h. das Ausrechnen, wie viele Siegpunkte jedes der sechs ausliegenden Plättchen beim Einbau in unseren Garten in dieser oder einer der nächsten Runden einbringen wird, und welche additiven Chancen es für zukünftige Erweiterungen eröffnet, das ist mühselig und keineswegs spielerisch.

WPG-Wertung: Aaron: 7 (das Spiel funktioniert, auch wenn es nicht gerade wahnsinnig originell ist. In Essen gab es übrigens überhaupt keine wahnsinnig originellen Spiele!), Günther: 7 (alles ist offen, es gibt massig was zu berechnen, man muss auf Neben- und Chaos-Effekte höllisch aufpassen), Horst: 6 (das locker-flockige Spiel dauert nicht lange, es bietet allerdings nur beschränkte Einflussmöglichkeiten), Moritz: 7 (das Spiel hat mir gut gefallen [dieses Statement hat er von Loredana abgekupfert], die Biet- und Carcassonne-Elemente sind hübsch, wenn auch – zugegebenermaßen – nicht gerade originell), Walter: 6 (das Spiel ist sauber durchkonstruiert und alles funktioniert, er selber hat aber keinen nennenswerten Spaß an der Punkteklauberei).

2. “Auge um Auge”

Nach dem Fehlversuch in einer 3er Runde vor knapp zwei Monaten haben wir es diesmal in einer spielbaren 5er Runde gespielt. Wir würfeln, um uns bzw. unsere Bandenmitglieder gegenseitig totzuschlagen. (Im zivilen Europa reichen zwei blaue Augen, um eine Person außer Gefecht zu setzen.) Der Angreifer kann Mitspieler zum Draufschlagen (Draufwürfeln) einladen, der Angegriffene auch. Blaue Augen gibt es, wenn mehr Angreifer-Würfel mit einer bestimmten Zahl geworfen wurden als Angegriffenen-Würfel. Der Angegriffene tut gut dran, sich nicht zu verteidigen, d.h. die Angreifer-Würfel nicht auszupatten, sondern lieber seinerseits auf die Angreifer einzuschlagen. Denn nicht die heilen eigenen Bandenmitglieder zählen am Ende, sondern nur die Treffer auf fremdes Personal. Wer als Erster innerhalb aller sporadisch zu Gegnern deklarierten Mitspielern (egal ob es Angreifer oder Angegriffene waren) acht blaue Augen erzeugt hat, ist Sieger.

Mit Würfelmodifikationsoptionen (Neu-Würfeln, Augenzahl erhöhen oder erniedigen, Würfel auf beliebigen Wert setzen u.ä.) wird das Würfelglück eliminiert und zu einem uniformen Modifikationsbrei verschmiert. Wie gesagt: Es gewinnt der schnellste Blau-Äugler, wobei es ihm zugute kommt, wenn die Mitspieler ihrerseits – warum auch immer – am wenigsten auf ihn einschlagen.

WPG-Wertung: Aaron: 5 (ein echter Strategiebrüller: wir haben doch ein paarmal gelacht), Günther: 4 (mehrere Leute hatten am Ende gleichviel Punkte, das ist ein selbstverständliches Ergebnis dieses unzufälligen Würfelns), Horst: 3 (keinerlei Fun; für einen Nobrainer zu unlustig), Moritz: 5 (vom Würfelsystem her gar nicht so unausgewogen; die Kingmakereffekte sind allerdings nicht zu übersehen), Walter: 2 (gute Würfelidee, aber im dem angebotenen Würfelbrei einfach nur ein Zeitvertreib mit Zeittotschlagen).

3. “Qwinto”

Trotz einer Menge neuer Mitbringsel von der Spiel-2015 legte Günther ein Spiel aus dem Jahre 2003 (1994) auf. Rundum würfelt einer für alle. Jeder Spieler wählt dabei, ob er mit einem, zwei oder allen drei verschiedenfarbigen Würfeln würfelt. Es wird die Summe gebildet, die jeder ein seinem individuellen Formular vermerkt. Der aktive Würfler muss die Augensumme eintragen, die Mitspieler dürfen es, müssen es aber nicht.

In jedem Formular gibt es drei Zeilen mit neun Kästchen für die einzutragenden Augenzahlen. Die Augenzahlen müssen in jeder der drei Zeilen so eingetragen werden, dass eine streng aufsteigende Zahlenreihe entsteht. Wer eine Augenzahl nicht mehr in seinem Formular unterbringen kann, es als aktiver Würfler aber müsste, bekommt Strafpunkte.

Wenn der erste Spieler zwei seiner drei Zahlenreihen in seinem Formular komplett füllen konnte, ist das Spiel beendet. Dann werden die ausgefüllten Muster in jedem Formular nach einem vorgegebenen Punktesystem bewertet. Es gibt Sonderpunkte für Vollständigkeit sowie für bestimmte vertikale Eintragungs-Kombinationen. Wer die meisten Punkte bekommen hat, ist Sieger.

Das Spiel besitzt leider eine Regel für Warmduscher: Wer als aktiver Würfler sein Ergebnis nicht eintragen kann, oder wenn es ihm nicht gefällt, darf mit allen Würfeln nochmals würfeln. Eine unnötige Verlangsamung. Es wird doch gewürfelt, da sollte jeder Spieler problemlos mit Zufall, Risiko und Glück zurechtkommen können.

Das Spiel ist dem älteren „Choice“ aus dem Jahre 1989 verdammt ähnlich. Kein Wunder, hat es doch den gleichen Vater: Sid Sackson, einen genialen Spieleautor aus den 70er bis 90er Jahren. (Nach der Biographie bei Luding hat er mehrere hundert Spiele erfunden, von denen gut fünfzig in der ganzen Welt veröffentlicht wurden; u.a. bekam er 1993 für sein „Acquire“ die „Essener Feder“.)

Ich persönlich sehe in „Qwinto“ den erheblichen Nachteil, dass bewusste oder unbewusste Fehleintragungen der Spieler in ihrem individuellen Formular nicht entdeckt werden können. Auch wenn wir alle ehrlich spielen (wollen), so kann sich doch jeder irren, was bei den vielen Eintragungen in Qwinto sehr leicht geschehen kann. Eine solche Fehlerquelle darf in einem guten Spieldesign nicht enthalten sein. Bei „Choice“ konnte man wenigstens noch anhand der Anzahl aller eingetragenen Zahlen und anhand ihrer Summe, die in jedem Formular identisch sein musste, erkennen, ob ein Irrtum vorliegt.

WPG-Wertung: Aaron: 7, Günther: 8, Horst: 7, Moritz: 8 (besser als „Choice“; [hi, ist Dir klar, dass Du für „Choice“ nur 5 Punkte vergeben hast?!]), Walter: 8.

Als kleines Schmankerl gibt es ein Video mit unserer Abschlussdiskussion über die beiden letzten Spiele:

02.09.2015: Verhexte blaue Hamsteraugen

1. “Farbige Sprache”

Da nennt ein schwarzer Minister einen anerkannten Parteifreund ohne jeglichen Arg völlig zutreffend einen „Neger“, und schon erhebt sich ein gewaltiger Proteststurm in öffentlichen Netzen. Man spricht von einer „Verrohung unserer Sprache“, und ein Roter fordert gar den Rücktritt des Ministers. Kant, Herder, Schiller und Kleist haben den Begriff „Neger“ ganz neutral ohne jegliche Rassendiskriminierung verwendet, und meine Mutter hat es mich mit dem gleichen Zungenschlag gelehrt wie „Chinese“ und „Eskimo“. Wer ist es eigentlich, der uns einen inhaltlich veränderten Gebrauch unserer Muttersprache so aggressiv vorschreiben will?

Das Meyersche Konversationslexikon von 1897 definiert schlicht: „Neger: (von lat. niger = schwarz) alle afrikanischen Völker vom Südrande der Sahara südwärts bis zum Gebiet der Hottentotten und Buschmänner mit dem gemeinsamen Merkmal einer beharrlichen Dunkelung der Haut in vielen Abstufungen vom rötlichen Braun bis zum tiefsten Dunkelbraun.“ Und dazu sollen wir jetzt „Schwarzer“ oder „Farbiger“ (= rot und grün und gelb und blau …) sagen? Wenn es um die Hautfarbe geht, wäre „Brauner“ noch am angemessendsten, aber diese Farbe haben schon andere Weiße für sich in Beschlag genommen.

Wir lesen auch heute noch „Es war einmal eine süße kleine Dirne, die hatte jedermann lieb“, obwohl sie keinesfalls das horizontale Gewerbe betrieb und sich höchstenfalls von einem Wolf hatte vernaschen lassen.

1. “Auge um Auge”

Henning Poehl nimmt sich für seine Spieleideen gerne realistische Allerweltsthemen vor, seien sie nur unappetitlich („Popeln“) oder religiöse Wahnvorstellungen („Hexenhammer“). In „Auge um Auge“ geht es um halbstarke Schlägerbanden, die sich gegenseitig die Augen blau schlagen. Jeder Spieler führt eine Bande aus sechs Mitgliedern, jeder darf auf jeden draufschlagen, Angreifer und Verteidiger dürfen dazu jede Mitspieler-Bande zum Mitschlagen einladen.

"Auge um Auge": Günther weist dezent auf den gemeinsamen Feind hin
“Auge um Auge”: Günther weist dezent auf den gemeinsamen Feind hin

Der Kampf wird über Würfel ausgetragen. Für jedes Bandenmitglied, das noch mindestens ein nicht-blaues Auge besitzt, kommt ein Würfel ins Spiel. Der Angreifer würfelt, kann mit Hilfe von Zaubereigenschaften seiner Bandenmitglieder noch ein bißchen an den Augenzahlen herumdrehen, und entscheidet dann aus freien Stücken, mit welcher Augenzahl er ein der Augenzahl zugeordnetes Bandenmitglied des Gegners bearbeitet. Alle assoziierten Banden würfeln jetzt gleichfalls und müssen mit allen gleichen Augenzahlen wie der spielführende Erst-Angreifer auf das gleiche gegnerische Individuum einschlagen. Dagegen würfelt jetzt der Verteidiger sowie die ihn unterstützenden Banden und patten mit jedem Würfel, der die gleiche Augenzahl wie die Angreifer aufweist, einen Angreiferwürfel aus. Bleiben am Ende nicht-ausgepattete Angreiferwürfel übrig, bekommt das angegriffene Bandenmitglied des Verteidigers ein bis zwei blaue Augen und ist entsprechend gehandicapt: Er geht seiner Zaubereigenschaft verlustig oder scheidet sogar ganz aus den folgenden Kämpfen aus. Der Angreifer und/oder die unterstützenden Banden bekommen Siegpunkte. Wer zuerst acht Siegpunkte errungen hat, ist Sieger.

Das Spiel ist als Würfelspiel ordentlich komponiert. Der Verteidiger kann sich gegenüber einer erdrückenden Angreiferzahl kampflos zurückziehen und bekommt dafür nur ein einziges blaues Auge. Er darf dann auch frei wählen, welche der angreifenden Banden den Siegpunkt bekommt; damit kann er versuchen, Zwietracht unter seine Gegner zu säen. Wer am meisten lädierte Bandenmitglieder hat, hat bei den in die Kämpfe eingeschobenen Phasen des Wunden-Leckens auch statistisch gesehen die größte Chance, seine blauen Augen wieder zu heilen. Es geht also mit einem schwächeren Spieler nicht automatisch immer steiler bergab. Auch können die Angreifer u.U. alle die gleiche Augenzahl werfen und damit nur einem einziges Mitglied des Gegners Schaden zufügen.

In unserer Runde gab Günther per Fingerzeig gleich zu Beginn das Motto aus: „Alle gegen Aaron“. Walter griff das Motto willig auf, es gibt ja noch einige offene 1830-Rechnungen gegen Aaron zu begleichen. Außerdem kann es ja wohl nicht moralisch verwerflich sein, als gestandener Opa ein Schlägerei-Spiel für Halbstarke etwas atypisch bis absurd anzugehen. Aaron wehrte sich zwar tapfer, hatte aber gegen seine vereinigten Gegner keine Überlebenschance. („Was für ein Scheiß-Spiel!“) Bis ihm dann auf dem Titelbild des Regelheftes der rettende Satz ins Auge fiel: „Auge um Auge“ geht nur für 4 bis 6 Spieler. Als Trio waren wir nicht nur vom Alter her a priori die falsche Besetzung.

WPG-Wertung (über eine Extrapolation auf die zulässige Spielerzahl): Aaron: 5 (aus Sympathie für Henning und sein Bier- & Bretzelspiel; „man kann es nur spielen, wenn man ordentlich was intus hat“), Günther: 5 (eigentlich nur 4, aber mit einer Zaubereigenschaft auf 5 gedreht), Walter: 5 (ein paar hübsche, neue Ideen beim Würfelkampf; man könnte ja mal ordentlich was intus haben).

2. “Hexemonia”

Das alte Griechenland oder eine Bantusteppe, was spielt das schon für eine Rolle! Jeder Spieler baut um seine Heimatbasis herum eine Fläche aus hexagonalen Landschaftsteilen zusammen, und wer am Ende die siegpunkt-trächtigste Fläche beisammen hat, ist Sieger.

Von den zu bauenden Landschaftsteilen liegen jeweils vier offen aus. Pro Zug dürfen wir ein bis zwei Stück davon auf die Hand nehmen und anschließend aus der Hand beliebig viele an unseren Landbesitz anlegen. Wir müssen dafür nur die notwendigen Rohstoffe in Form von weißen, roten oder gelben Holzwürfeln beisammen haben. Einen dieser Würfel dürfen wir uns pro Zug kostenlos aus der offenen Börse nehmen, die anderen müssen auf unseren ausliegenden Ländereien bereits irgendwo vorhanden sein; wir dürfen beliebig viele davon über beliebig weite Strecken zu den jeweils neu angelegten Landschaftshexagons hintransportieren.

Rohstoffe wachsen zu unterschiedlichen Quanten und in unterschiedlicher Zusammensetzung auf unseren verschiedenen Ländereien. Dazu müssen wir in der Aktionsphase unseres Zuges die Option „Produzieren“ wählen. Es produzieren aber nur die „aktiven“ Felder, d.h. die Felder, auf denen wir eine vorgeschriebene Art und Anzahl von Holzwürfeln platziert haben. Beim Zusammenkratzen der Rohstoffe auf den neu zu bauenden Feldern machen wir in der Regel allerdings eine erhebliche Anzahl unserer Landschaftsteile „inaktiv“.

Anstelle des Produzierens können wir auch die Option „Strategie“ wählen und damit die Rohstoffe so verteilen, dass möglichst viele aktive Felder entstehen. So können wir dann beim nächsten „Produzieren“ maximal viele neue Rohstoffe generieren.

Wer kriegerisch veranlagt ist, kann seine Rohstoffe unter der Option „Strategie“ aber auch auf einem einzigen Feld konzentrieren, um im nächsten Zug von dort aus einen „Krieg“ zu beginnen. Damit kann er in der Aktionsphase beliebig viele Gegner sequentiell angreifen und ihnen je ein schwach verteidigtes Landschaftshexavon wegnehmen und seinen eigenen Ländereien einfügen.

Wir waren alle sehr friedlich gestimmt und bauten alle sehr autistisch an unseren eigenen Ländereien, ohne uns groß um das Gehabe und das Besitztum der Mitspieler zu scheren. Wir lächelten über die drei Seiten im Regelheft, in denen die Kriegführung detailliert beschrieben wird, genauso wie wir über die einhundert Milliarden Euro im Militärhaushalt der Bundesrepublik schon lange nicht mehr lächeln.

Nur im allerletzten Zug nutzte Aaron seine herumlungernden Krieger, um Günther noch eine Mythenlandschaft (Verlust: 8 Siegpunkte resp. 38 Prozent seiner Gesamtsiegpunktzahl), und um Walter noch einen Stadtlandschaft (Verlust; 4 Siegpunkte resp. 19 Prozent seiner Gesamtsiegpunkte) zu rauben. Aaron wurde Sieger. Günther landete weit abgeschlagen auf dem letzten Platz. Was sagt das über „Hexemonia“? Was sagt das über Günther?

Wir haben das Spiel beim ersten Kennenlernen alle (zumindest ich) schlichtweg sehr anfängerhaft gespielt. Wir haben sehr vorsichtig agiert, und in unseren Aktionen eher geklunkert als geklotzt. Wer produzieren will, muss bereits im vorhergehenden Zug die „Strategie“-Option wählen und möglichst viele seiner produktiven Landschaftsteile auf aktiv setzen. Im nächsten Zug darf man dann ggf. auch gar nicht bauen, sondern muss alle seine vorher aktivierten Felder im Zustand aktiv halten. Das spätere Bauen ist überhaupt kein Problem, denn, wie gesagt, wir können in jedem Zug ja beliebig viele neue Landschaftsteile anlegen. Was wir immer auch tun sollten. Einen Rohstoff statt eines Feldes zu nehmen, sofern das nicht unbedingt notwendig ist, erscheint deutlicher weniger opportun.

Vielleicht hat Aaron alles richtig gemacht. Er hat zwar in seinem letzten Kriegszug selber keine Punkte hinzugewonnen, sondern lediglich seinen Kontrahenten welche weggenommen, aber er hat ganz systematisch seine Ländereien erweitert, ständig seine Produktionen am Laufen gehabt, und konnte bis zu seinem Sieg sogar zweimal erhebliche Verluste durch Revolutionen verkraften.

Wir hätten seine ungeschützten Ländereien häufiger angreifen sollen. Kriege führen bzw. mit Krieg zu drohen ist ein verdammt guter Zug. Allerdings besteht das Spiel dann zu 95 Prozent der Spielzeit darin, die ständig wachsende Anzahl von Feldern mit sich ständig extrem ändernder Potenz komplett nach leicht angreifbaren Feldern abzuscannen, um die eigenen besser zu schützen und die fremden nahezu verlustfrei zu erobern. Vielleicht macht das Spaß. Wir müssen das noch einmal verifizieren.

WPG-Wertung: Aaron: 6 (viele Optionen, Downtime bei mehr Mitspielern grenzwertig), Günther: 6 (knapp), Walter: 6 (entweder ist das Spiel stark autistisch und ohne echte Interaktion, oder es versandet in einer permanenten Bilanzierung von Stärken und Schwächen der ausliegenden Felder).

3. “Hamsterbacke”

In einem flotten kleinen Kartenspiel nehmen wir Karten von der offenen Auslage auf die Hand, legen sie zu Sets ab und punkten mit abgelegten Sets. Das ist der ganze Witz.

Acht offene Stapel liegen kreisförmig in der Mitte des Tisches. Jeden von ihnen dürfen wir komplett auf die Hand nehmen. Dann wird an deren Stelle sofort eine neue Karte vom verdeckten Nachziehstapel hingelegt. Zusätzlich erhalten die beiden im Uhrzeigersinn folgenden Stapel ebenfalls eine Karte.

Auf den Karten sind die Ziffern 1 bis 4 aufgedruckt. Eine Karte mit der Ziffer 1 ist bereits ein komplettes Set, zwei Karten mit der Ziffer 2 und drei Karten mit der Ziffer 3 ebenfalls. Frage: Wie viele Karten mit der Ziffer 4 bilden ein Set?

Aus unserer Hand können wie beliebig viele Sets auf einmal offen auslegen. Die Sets werden aber erst gewertet, wenn wir in einem eigenen Zug das Set umdrehen. Dann muss als Nebeneffekt der Mitspieler mit den meisten Handkarten uns noch so viele Karten abgeben, wie die oberste Karte der umgedrehten Sets angibt.

Es geht also darum:

  • möglichst viele Karten aus den offenen Stapeln auf die Hand zu nehmen, damit man Verfügungsmasse auf der Hand hat
  • möglichst gleichartige Karten aus den offenen Stapeln zu nehmen, damit man unverzüglich komplette Sets ablegen kann
  • möglichst Karten mit hohen Zahlenwerten aus den offenen Stapeln auf die Hand zu nehmen, damit man beim Werten der eigenen offenen Stapel von einem Mitspielern möglichst viele Karten abstauben kann.

Die einfachen Auswahlkriterien beißen sich mit dem Bestreben, möglichst wenig Karten auf der Hand zu haben, damit man beim Werten der Stapel eines Mitspielers nicht selber geschröpft wird.

Alles locker, alles leicht, alles schnell, alles rund. Und wenn man in der Stimmung ist, ist alles auch lustig. Man behauptet, Glück und Strategie sollten sich bei “Hamsterbacke” die Waage halten. Einen Vergleich mit dem ungekrönten Absackerkönig “Bluff” wollen wir hier aber lieber nicht anstellen.

WPG-Wertung: Aaron: 7 (für das, was es ist, ist es lustig), Günther: 7 (locker, kein Skat), Walter: 7 (angenehm schnell, eine Planung ist leider immer nur für einen Zug voraus möglich, darunter könnte der Wiederspielreiz leiden.).