Schlagwort-Archive: Coloretto

18.09.2013: Nichts Neues am Westpark, oder doch?

Kein Wort über unseren neuesten Erfahrung mit völkischen Antipathien in Ungarn, Griechenland und Deutschland. Kein Wort über unseren Meinungsaustausch zur Notwendigkeit bzw. Zulässigkeit von gesetzgeberischen Maßnahmen gegenüber individuellen Sexual-Praktiken aller Gewichtsklassen. Kein Kommentar zu Vodafone’s Abzock-Versuch, für weder vereinbarte noch zugelassene noch getätigte Internet-Aktivitäten hunderte (!) von Euros zu kassieren.

Lasset uns spielen!

1. “Yunnan”
Aaron’s Erstlingswerk ist unter Dach und Fach. Das Regelheft ist juristisch und erzählerisch hinreichend abgeklopft. Die Übersetzungen sind unter Dach und Fach. Der Druck ist beauftragt. Der Redakteur macht sich nur noch Gedanken über die Dreigaben für die Käufer in Essen.

Aaron wollte nochmals die Potenz des zweiten Bänkers unter die Lupe nehmen. Alles im Lot, weder Aufreißer noch Ausreißer.

Walter fand eine Super-Combo: Ein Teehaus gegen den Provinz-Kommisar in Sichuan und ein Kontor in Yunnan, um eine unzerstörbare Händerkette dorthin aufzubauen. Das reichte trotz unnötiger Investitionen in die Reichweite zu einem Kantersieg.

Moritz hatte den Eindruck, dass die ersten zusätzlichen Händler den Sieg bedeuten. Doch Hunderte von Studien aus der Testphase des Argentumverlages haben das Gegenteil gezeigt. Es gibt keine triviale Gewinnstrategie. Jede Führungsposition kann durch gezieltes Vorgehen der Mitspieler unterminiert werden. Doch auch einem vereinigten Anpinkeln durch die Mitspieler ist der Führende nicht schutzlos ausgesetzt. Auch ihm bieten sich jederzeit genügend Zugoptionen für Angriff und Verteidigung. Die Geheimnisse von „Yunnan“ sind noch lange nicht entschlüsselt. Eine der immer wieder reizvollen Herausforderungen des Spiels.

Noch keine WPG-Wertung für ein Spiel, das erst nächsten Monat auf den Markt kommt.

2. “Kampf der Gladiatoren”
Moritz durfte das nächste Spiel auswählen. Gladiatoren im alten Rom („wie geil!“), Schwerter und Lanzen („wie geil!“), Entscheidungskämpfe per Würfel (“wie geil!“) brachten den Ausschlag.

Gladiatorenbild mit Löwe
Gladiatorenbild mit Löwe

Wir bestücken unsere Plattformen mit Gladiatoren für mehr Würfel, für Würfel-Wiederholungen, für das Recht des ersten Würfelns und zum Blockieren gegnerischer Würfler. Und dann metzeln wir uns in ununterbrochenen Würfelkämpfen nieder, bis nur noch ein Spieler auf der Matte steht. Der Letzte macht das Licht aus.

Moritz bestückte seine Plattformen überwiegend mit Verteidigern. Welch eine Überraschung! Wo bleibt die jahrzehntelange Wargamer-Erfahrung? Ist diese frisch-fromm-fröhliche Kampfeslust etwa auf Walter übergegangen, der ausschließlich Angreifer auf seinen Plattformen ansiedelte? Aaron konnte nur kommentieren: „Wenn Du gewinnst, ist das Spiel kaputt!“

Das Spiel war nicht kaputt. Es ist ja auch nur ein Würfelspiel. Aaron gewann mit großem Vorsprung durch gute bis überdurchschnittliche Würfe, Moritz brachte reihenweise ausschließlich Nieten unter seinem Würfelbecher hervor. Mindestens fünfmal hintereinander bei ingesamt vielleicht 12 Würfeln! Ich glaube, wir sollten die Krone unseres ungekrönten (Un-)Würfelkönigs auf ein anderes Haupt setzen.

WPG-Wertung: Moritz blieb mit seinen 5 Punkten unter dem bisherigen Schnitt (stimmig, eines der thematischsten Spiele von Reiner Knizia, die Zusammensetzung der Gladiatoren-Teams ist die einzige freie Wahl im Spiel, und auch hier ist der Erfolg noch zufallsabhängig; der Rest ist trivial), Aaron reduzierte seine 7 Punkte aus dem Jahre 2002 um glatte 2 Stufen!

3. “Die Händler”
„Zu Dritt wird’s der Brüller“ unkte Aaron gleich zu Beginn. So war es dann auch. Das Herzstück des Spiels ist das blinde Bieten um den „Lademeister“ und das harte Feilschen um die Erlaubnis des Zuladen-Dürfens. Das ging uns schon letzte Woche bei der ersten Begegnung mit den Händlern auf den Keks. Diesmal auch. Und zwar sofort.

Letzte Woche spielen wir ziemlich destruktiv, rissen uns Kutschen unter den Nagel, ohne selber Waren aufladen zu können, verweigerten den Mitspielern sehr oft jegliche Zuladung und schickten aus lauter Miesnickeligkeit auch noch leere Wagen auf die Strecke. So gerieten wir in der Mittelphase des Spiels unisono an die Grenzen unserer Liquidität.

Heute spielten wir alle konstruktiv. Absprachen beim Bieten auf den Lademeister und faire Mitnahmepreise ließen uns alle recht schnell im Geld schwimmen. Es war für keinen Spieler ein Problem, die Repräsentationskosten zu zahlen und sich jeweils die Maximal-Steigerung auf der städtischen Rangliste zu leisten.

Allerdings hatten wir uns bereits in der ersten Runde – während des ungeliebten Feilschens um die Zuladungen – einvernehmlich auf ein vorzeitiges Spielende geeinigt. Die zuerst anvisierte Spieldauer mit einem Schluß nach der ersten Runde verlängerten wir um genau einhundert Prozent.

WPG-Wertung: Moritz blieb mit seinen 4 Punkten im Spektrum der WPG-Meinungen (nee, nee. Es tut sich zu wenig, nicht thematisch. Blindes Bieten ist einer der schlechtesten Spiele-Mechanismen. Zusammen mit dem langweiligen Handeln ergibt das eine Todeskombination).

4. “Coloretto”
Die Auswahl als Absacker in unserer Dreierrunde gewann „Coloretto“ gegen „Flaschenteufel“.

Erstmals probierten wir hier die violette Wertungstabelle aus, wo man für drei Karten einer Farbe ein Maximum von 8 Siegpunkten erhält, und für jede weitere Karte dieser Farbe einen Punkt weniger.
Diese Skala funktioniert nicht! Jeder Spieler sucht vom ersten Augenblick an, so wenig Karten wie möglich zu bekommen, denn die drei Karten einer Farbe in drei positiv gewerteten Farben bekommt man im Laufe eines Spiels ohnehin zusammen. Und alle weiteren Karten sind negativ.

Also griff jeder sofort zu, wenn auch nur eine einzige – passende oder unpassende – Karte in der Auslage war. Doch weil das alle machten, war der Spielablauf öd und lustlos, ein mechanistisches Tröpfeln des Zufalls. Haben wir das Pfiffige dieser Skala übersehen?

Bei der braunen „Original-Skala“ wird man bei seinen positiven Farben für überzählige Karten nicht bestraft. Man kann sich hier beliebig viele zulegen und – mit einem reizvollen Risiko – hoffen, dabei auch in anderen – gewünschten – Farben positiv werten zu können. Schnell und lustig.

Keine neue WPG-Wertung für ein 7,4 Punkte-Spiel.

4. “Waterwörx”
Eine neue Spielidee von Aaron. Nicht durchgespielt, sondern nur vorgestellt.

Seine „1830“-Vorliebe hat wieder Früchte getragen. Wir bauen ein Netz, allerdings nicht aus Gleisen, sondern aus Leitungsrohren. Statt der Lokomotiven gibt es Pumpen. Anstatt für Verkehrsverbindungen kassieren wir für den Wasserverbrauch. Es gibt auch Gesellschaften, Aktien, Direktoren und Dividenden. Aber alles ein bißchen anders als beim großen Spiel der Railroad-Tycoons. Und sehr viel schneller. Man darf gespannt sein.

WPG-Wertung: Noch nix zu werten.

11.09.2013: Vergängliches

Ach, heute war der 11. September. Keiner hat daran gedacht, keiner hat das Datum erwähnt. Das Säbelgerassel für den nächsten Angriffskrieg hat Gras über die alten Wunden wachsen lassen. Für Planungen, bei denen man noch in meiner Generation an den Galgen kam, verliert man heutzutage weder Ehre noch Friedensnobelpreis. Da will ich auch das 56te Weinglas nicht erwähnen, das heute seinen Segen über die Tischdecke am Westpark ergossen hat.

1. “Die Händler”
Schon dem Namen nach ein Handelsspiel für Krämernaturen und die ihnen seelenverwandten Akademikern. Wir kaufen Waren ein, verladen und transportieren sie zur nächsten Stadt, verkaufen sie dort zu globalen Preisen mit lokalen Aufschlägen, und von dem Erlös kaufen wir uns in immer höhere Ränge der städtischen Prominenz ein, wo wir schlußendlich als Ranghöchster gewinnen wollen. Der dicksten Geldbeutel ist Tiebreaker.

Der Warenkauf ist brav und bieder. Sechs verschiede Waren gibt es im öffentlichen Angebot. Solange der Vorrat reicht. Pro Runde liegen die Preise fest, können aber von jedem Spieler regelmäßig und willkürlich um jeweils eine Stufe nach oben werden.

Das Verladen der Waren ist ein eigener und komplizerter Prozess. Da kriegen wir später. Sind die Waren erst mal auf einem der drei Transportwägen verladen, entscheidet jeder Spieler reihum, in welche Richtung und um wieviele Schritte sich ein beliebiger Wagen in Richtung auf das Ziel bewegt. Dort wird zu gegebenen, ebenfalls beweglichen Preisen verkauft, und mit dem Erlös die bereits erwähnten Schritte zum Sieg finanziert.

Das Verladen! Zunächst wird pro Wagen ein „Lademeister“ ersteigert. Blind bietet jeder Spieler eine Summe, der höchste Bieter gewinnt. Er darf dann auch gleich drei Waren einer Sorte auf den Wagen laden, sofern er in dieser Stadt selbige bereits eingelagert hat.

Jetzt fängt das Geschachere an. Für jeden Mitspieler ist ebenfalls Platz auf dem Transportwagen vorgesehen, maximal für zwei Waren pro Spieler, aber nur für solche Warensorten, die der Lademeister nicht selber geladen hat. Das kann eine gewaltige Einschränkung sein. Doch das entscheidene Hindernis ist der Lademeister selber: er entscheidet ganz willkürlich für jeden einzelnen Spieler, ob er dessen Ware mitnehmen will und für welchen Preis. Eigentlich eine ganz normale Verhandlungssache unter ganz normalen Händlern.

Doch am Westpark läuft alles anders. Horst hatte sich gleich in der ersten Runde für 1000 (!) Gulden einen Transportwagen in einer Stadt ersteigert, in der er keine einzige Ware liegen hatte. Seine Zielsetzung: Den Wagen eine Runde lang leer in der Stadt zu stehen lassen, um sich erst für die nächste Runde dort entsprechende Waren zuzulegen und zu verladen. Entsprechend schlug er Aarons und Walters Transportgesuche ohne Wenn und Aber aus. Mittelfristig und händlerisch richtig kalkuliert, kurzfristig und psychologisch nicht. Walter nahm die in seinen Augen chaotische Herausforderung an und bewegte Horst’s leeren Wagen aus der Stadt hinaus. Tausend Gulden von Horst in den Sand gesetzt. Zugleich aber auch drei eigene und drei Waren von Aaron auf unabsehbare Zeit in einer Stadt ohne Transportwagen blockiert.

Wer konnte sich dabei ins Fäustchen lachen? Natürlich unser Seriensieger Günther! So war es dann auch. Allerdings war ein weiteres Abdriften in eine chaotische Grundstimmung war nicht mehr aufzuhalten.

Das Spiel hat nur dann eine Chance, wenn alle Spieler „vernünftig“ kalkulieren, d h. abwägen, was ein Aufladen-Lassen einbringt, was die Konkurrenz beim Aufladen gewinnen wird, und wie die Bilanz bei einer Weigerungshaltung aussieht. Ökonomisch und emotional. Weiterhin sollte man mehrere Vorgänge gleich auf einmal verhandeln: Hier ich, du dort; hier diese Warenarten, dort jene; du bekommst einen billigen Lademeister, dafür musst Du mich aber mitnehmen. Und an all diese Abmachungen muss ich ein jeder halten. Und die Außenstehenden dürfen dabei nicht in die Suppe spucken. Eine Menge Voraussetzungen. Alle passen nur schwer in die Spielergemüter der Westpark-Gamers.

WPG-Wertung: Aaron: 4 (ziemlich chaotisch), Günther: 6 (fast 7, man muss halt fair handeln, doch das ist unser Problem), Horst: 4 (unspannend und langweilig), Walter: 4 (mag diese langwierige und willkürliche Verhandelei nicht.)

2. “Kampf der Gladiatoren”

Volltreffer - aber nicht von einem Gladiator
Volltreffer – aber nicht von einem Gladiator
Jeder Spieler positioniert drei Teams von je vier „Gladiatoren“ irgendwo auf den siebzehn Feldern des Spielbretts. Es gibt es vier unterschiedliche „Waffengattungen“, die letztendlich aber alle in einen eleganten (O-Ton Moritz) oder auch öden (O-Ton Walter) Würfelkampf gegen einen beliebigen Nachbarn münden:

  • Die Anzahl Schwertkämpfe eines Teams bestimmt die Anzahld er Würfel, mit denen jeder Spieler würfeln darf.
  • Pro Zweizack darf man seinen kompletten Würfelwurf wiederholen.
  • Die größere Anzahl Speerwerfer entscheidet, wer anfangen darf.
  • Pro Netzwerfer darf man vor dem eigentlichen Würfelkampf noch einen beliebigen Gladiator des gegnerisdchen Team ausschalten.
  • Pro Schildträger kann man einen Treffer abwehren

Wer alle seine Gladiatoren verloren hat, darf mit den wilden Tieren der Umgebung weiterwürfeln. Immerhin besser als nur zuschauen.

Wie immer bei reinen Würfelspielen wurde über die unerwarteten, aber statistisch durchaus noch greifbaren Würfelergebnisse hefig gelacht. Nur mit einer solchen Einstellung kann man diese Spiele – im hohen Alter – genießen. Aber nur so.

WPG-Wertung: Schon vor 11 Jahren vergaben Aaron und Günther 7 bzw. 6 Punkte, heute: Horst: 7 (Fez-Spiel, macht ziemlich viel Spaß), Walter: 4 (spielt auch heute noch als Würfelspiel lieber „Mensch-ärgere-Dich-nicht“).

3. “Coloretto”
Horst ist von seiner Jubliäumsausgabe immer noch restlos begeistert. Auch für die anderen eine lustige lockere Entspannung mit einer gelungenen Kombination von Taktik mit Kartenglück.

Keine neue WPG-Wertung für ein 7,4 Punkte-Spiel.

03.09.2013: Bunte Brücken von der Mongolei bis nach Aztekistan

Liebesspiel
Habe gerade in einem kleinen ABC zur Liebe gelesen, dass das hübsche deutsche Wort „Liebesspiel“ in keiner der Autorin bekannten Sprache ein entsprechend-hübsches Pendant hat. „Make love“ klingt zu gewöhnlich, „faire l’amour“ riecht zu sehr nach Schweiß und „veneris usus“ läßt eher Assoziationen mit dem mechanischen „Nippel durch die Lasche ziehen“ aufkommen.

Die Autorin unterscheidet auch gleich ein paar Spielertpyen:

„Manche spielen mit der Liebe wie mit einem Ball, den sie sich zuwerfen, manche spielen künstlich bzw. künstlerisch wie in einem Dialog von Shakespeare oder einem Duett von Mozart, manche spielen die Liebe wie Schach mit dem Ziel, den anderen zu besiegen.“ Empfohlen wird ein „spielerisches Ausprobieren“, ein Vorgehen, das in der Brettspiel-Szenerie wohl nicht so leicht Anerkennung finden wird.

1. “Khan”
Letzte Woche haben wir in „Khan“ eine entscheidende Regel übersehen und dem Spiel dadurch eine völlig abwegige Wendung gegeben. Heute war die Ehrenrettung fällig.

Khan - diesmal richtig gespielt
Khan – diesmal richtig gespielt

Auf einer Spielfläche mit karierten Kästchen macht jeder Spieler abwechselnd ein neutrales und dann ein eigenes Kreuzchen. Er kann auch 0 oder sogar 2-3 eigene Kreuzchen machen, doch das ist eher die Ausnahme. (Weil wir in der Monoglei sind, heißt bei „Khan“ das Kreuzchen-Machen „eine Jurte legen“.) Die Position des neutralen Kreuzchens wird durch ein Zufallsverfahren bestimmt, die eigenen Kästchen kann man recht frei verteilen, aber doch nicht immer so frei, dass das ganze ein Kinderspiel wäre.

Wenn die Kreuzchen auf dem Blatt eine bestimmte zusammenhängende Form angenommen haben, kann der Spieler ein entsprechendes Plättchen darüber legen und die Fläche somit in Besitz nehmen. Dabei dürfen beliebige neutrale und sogar Kreuzchen der Mitspieler überbaut werden, sofern nur mehr eigene als fremde Kreuzchen darunter liegen.

Die Formen reichen von einfachen Zweier-Plättchen bis zu Winkeln, Haken und Kreuzen mit fünf Kästchen. Um dem sehr grüblerischen Spielfluß noch etwas Pepp zu geben, darf jeder Spieler insgesamt fünf mal im Spiel entweder einen Doppelzug machen, eigene oder neutrale Kreuzchen vor dem Überbauen schützen oder ein begehrtes Form-Plättchen eine Runde lang für sich reservieren.
Wer am Ende in Summe die meisten Flächen besitzt – wobei die größte zusammenhängende Fläche noch ein paar Bonuspunkte liefert – hat gewonnen.

Letzte Woche haben wir – regelungerecht –unverzüglich und blindwütig zuerst alle 5er Teile gelegt und dabei auch unbekreuzte Kästchen (das war der Fehler) überbaut. Diesmal ging es – regelgerecht – darum, sich die – teilweise auch zufällig – entstehende Flächen von neutralen Kästchen schneller unter den Nagel zu reißen, als das ein Mitspieler tut. Naturgemäß wurden dadurch zuerst die kleineren Plättchen verbaut. Von den großen Plättchen lagen die meisten bei Spielende noch herum und fanden in dem entstandenen Fleckerlteppich kein Unterkommen mehr.

Günther war besonders erfolgreich. Er brach auch mehrfach wie ein Wolf in Horsts fürsorglich gehegte Herde von eigenen und neutralen Kreuzchen ein und schnappte sich das Herzstück weg. Es ist vielleicht ein Minuspunkt in „Khan“, dass eine selbst nur mittelfristige Planung nicht möglich ist. Kurzfristig und opportunistisch die größte sich bietende bildende Fläche kassieren, das kennzeichnet das übliche Vorgehen. Die Hoffnung bzw. das Hinarbeiten auf Bonuspunkte für die größte zusammenhängene Fläche bleibt daneben eine eher vage Spekulation.

WPG-Wertung: Günther: 6 (für die erforderlichen Denkprozesse zuviel Zufall), Horst: 7 (solide, gute Unterhaltung), Walter: 7 (hübsche Spielidee für einen konstruktiven, kontemplativen Spielerkreis, der sich vor 100 Jahren mit „Halma“ vergnügt hätte)

2. “Aztlán”
Fünf Zeitalter lang setzen die Spieler je insgesamt 30 Stammesfiguren einzeln auf insgesamt 30 Landschaftsfelder des Aztekenlandes. Stammesfiguren verschiedener Spieler im gleichen Landschaftsfeld beschwören einen Konflikt. Diese Konflikte sind vorprogrammiert! Wie soll man bei drei Mitspielern auch 90 Stammesfiguren nicht-überlappend in 30 Feldern unterbringen? Wo es doch jedem darauf ankommt, nach Ablauf eines Zeitalters, a) möglichst viele Felder besetzt zu haben, b) alle Felder möglichst zusammenhängend zu haben und c) dabei in einem bestimmten – spieler- und zeitalter-abhängigen – Landschaftstyp (Dschungel, Wüste, Gebirge, Stadt, Reisfeld) ganz besonders häufig vertreten zu sein. Denn dafür gibt es Siegpunkte, aus teils linearen, teils quadratischen Quellen.
Im Konfliktfall kann der Stärkere den Schwächeren pro Landschaftsfeld kurzen Prozess machen und ihn ersatzlos eliminieren. Er kann aber auch auf den Völkermord verzichten und bekommt dafür als Belohnung eine „Kulturkarte“, die sich früher oder später in zusätzliche Siegpunkte ummünzen läßt.

Der „Stärkere“ auf einem Feld ist entweder der Mitspieler mit den mehreren Stammesfiguren darauf, oder der Spieler, der sich für seine Leute gerade den größten Kampfesfaktor gewählt hat: eine der Zahlenkarten von 4 bis 9, von denen man jede pro Spiel aber nur einmal – zunächst verdeckt – in Anspruch nehmen kann.

Theoretischer – nicht einmal abwegiger – Spielverlauf des ersten Zeitalters: Spieler-A verteilt als Startspieler seine acht Stammesfiguren der ersten Spielrunde fromm und friedfertig auf irgendwelche Feld-Wald- und Wiesenfelder. Spieler-B tut desgleichen. Beide haben für den Start eine noch relativ niedrige Kampfesstärke gewählt. Spieler-C, als erfahrener Harung unter den Spielern, hat gleich zu Spielbeginn die – mit größter Wahrscheinlichkeit – größte Kampfstärke gewählt und setzt als zuletzt Ziehender bei jedem Zug seine Stammesfigur auf das gleiche Feld wie Spieler-A. Anschließend schreckt er vor keinem Konflikt zurück und eliminiert Spieler-A vom Spielfeld. Total! Und Spieler-B geht als Dreigabe noch an all den Stellen hops, wo er sich in mehr oder friedlicher Absicht zu Spieler-A hinzugesellt hat.

Bei uns war es nicht so. Aber es wäre mit Sicherheit so gewesen, wenn wir die Mechanismen des Spiels gleich völlig durchschaut hätten. Doch nach zwei Zeitaltern war das weitere Aufmarschieren von unbekannten Waffengattungen mit anschließendem chaotisches Gemetzel klar vorauszusehen. Da halfen auch keine Verlockungen zu Konfliktverzicht über kulturelle Segnungen. Horst blies das Halali zum Abbruch. („Mir ist schon lange nicht mehr passiert, dass ich nach zwei Runden keine Lust mehr hatte zum Weiterspielen.“)

WPG-Wertung: Günther: 4 (man hat den Spielverlauf nicht im Griff; alles ist reiner Zufall), Horst: 3 (total unübersichtlich, voller Fummelei. Hat das Spiel auf Grund guter Kritiken in der Spielbox gekauft. Auch da muss er in Zukunft genauer hinschauen), Walter: 4 (das Spiel ist nicht „broken“, es funktioniert – aber eher schlecht als recht.).

3. “Brügge”
Schon (mindestens) zweimal bei uns am Westpark gespielt, für Günther einer der Favoriten des Jahrgangs und für uns alle im Juni 2013 immerhin „Spiel des Monats“.
Wir würfeln um Geld, Ansehen und Katastrophen, spielen Karten für Kanal- und Häuserbau sowie zur Dienstverpflichtung von Personen, und gewinnen (oder verlieren) aus all diesen Tätigkeiten Siegpunkte für den Sieg.

Günther gewinnt regelmäßig durch eine wohlüberlegte Auswahl von Personen und deren siegpunktträchtiges Wirken. Sein Brief- und Spielkompagnon Willi aus nördlicheren Kreisen Deutschlands meint, es ginge auch über den Kanalbau. Dazu sollten uns aber keine Mitspieler mit den gleichen Ambitionen in die Quere kommen und wir geraten in eine gewisse Abhängigkeit von der Kartenhand.
Katastrophen sind in jedem Fall katastrophal. Und naturgemäß ziemlich zufällig. Und leider noch dazu recht regelmäßig.

Keine neue WPG-Wertung für ein 7,2 Punkte-Spiel.

4. “Coloretto”

Das 55. Weinglas auf der Tischdecke am Westpark
Das 55. Weinglas auf der Tischdecke am Westpark

Bei uns schon vor 10 Jahren mit großem Vergnügen gespielt. Moritz fand in seinem Report vom 12.3.2003 für das Spiel sogar noch eine weitere Verwendung: als Ergänzung zu „6 nimmt“: Ausfüllen der (geringen, aber) unvermeidlichen Denkzeiten durch ein lockeres Ziehen und Anreihen von unbekannten bzw. Aufnehmen und Sammeln von bekannten Karten.

Vier Jahre später wurde aus der Coloretto-Idee mit „Zooloretto“ sogar ein ausgewachsenes Brettspiel gemacht, das dann von der Jury „Spiel des Jahres“ sogar zum Sieger des Jahrgangs 2007 gekürt wurde.

WPG-Wertung: Horst siedelte sich mit 8 Punkten in die Spitzengruppe der WPG-Wertungen an: lustig, locker, schnell und cool