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03.09.2013: Bunte Brücken von der Mongolei bis nach Aztekistan

Liebesspiel
Habe gerade in einem kleinen ABC zur Liebe gelesen, dass das hübsche deutsche Wort „Liebesspiel“ in keiner der Autorin bekannten Sprache ein entsprechend-hübsches Pendant hat. „Make love“ klingt zu gewöhnlich, „faire l’amour“ riecht zu sehr nach Schweiß und „veneris usus“ läßt eher Assoziationen mit dem mechanischen „Nippel durch die Lasche ziehen“ aufkommen.

Die Autorin unterscheidet auch gleich ein paar Spielertpyen:

„Manche spielen mit der Liebe wie mit einem Ball, den sie sich zuwerfen, manche spielen künstlich bzw. künstlerisch wie in einem Dialog von Shakespeare oder einem Duett von Mozart, manche spielen die Liebe wie Schach mit dem Ziel, den anderen zu besiegen.“ Empfohlen wird ein „spielerisches Ausprobieren“, ein Vorgehen, das in der Brettspiel-Szenerie wohl nicht so leicht Anerkennung finden wird.

1. “Khan”
Letzte Woche haben wir in „Khan“ eine entscheidende Regel übersehen und dem Spiel dadurch eine völlig abwegige Wendung gegeben. Heute war die Ehrenrettung fällig.

Khan - diesmal richtig gespielt
Khan – diesmal richtig gespielt

Auf einer Spielfläche mit karierten Kästchen macht jeder Spieler abwechselnd ein neutrales und dann ein eigenes Kreuzchen. Er kann auch 0 oder sogar 2-3 eigene Kreuzchen machen, doch das ist eher die Ausnahme. (Weil wir in der Monoglei sind, heißt bei „Khan“ das Kreuzchen-Machen „eine Jurte legen“.) Die Position des neutralen Kreuzchens wird durch ein Zufallsverfahren bestimmt, die eigenen Kästchen kann man recht frei verteilen, aber doch nicht immer so frei, dass das ganze ein Kinderspiel wäre.

Wenn die Kreuzchen auf dem Blatt eine bestimmte zusammenhängende Form angenommen haben, kann der Spieler ein entsprechendes Plättchen darüber legen und die Fläche somit in Besitz nehmen. Dabei dürfen beliebige neutrale und sogar Kreuzchen der Mitspieler überbaut werden, sofern nur mehr eigene als fremde Kreuzchen darunter liegen.

Die Formen reichen von einfachen Zweier-Plättchen bis zu Winkeln, Haken und Kreuzen mit fünf Kästchen. Um dem sehr grüblerischen Spielfluß noch etwas Pepp zu geben, darf jeder Spieler insgesamt fünf mal im Spiel entweder einen Doppelzug machen, eigene oder neutrale Kreuzchen vor dem Überbauen schützen oder ein begehrtes Form-Plättchen eine Runde lang für sich reservieren.
Wer am Ende in Summe die meisten Flächen besitzt – wobei die größte zusammenhängende Fläche noch ein paar Bonuspunkte liefert – hat gewonnen.

Letzte Woche haben wir – regelungerecht –unverzüglich und blindwütig zuerst alle 5er Teile gelegt und dabei auch unbekreuzte Kästchen (das war der Fehler) überbaut. Diesmal ging es – regelgerecht – darum, sich die – teilweise auch zufällig – entstehende Flächen von neutralen Kästchen schneller unter den Nagel zu reißen, als das ein Mitspieler tut. Naturgemäß wurden dadurch zuerst die kleineren Plättchen verbaut. Von den großen Plättchen lagen die meisten bei Spielende noch herum und fanden in dem entstandenen Fleckerlteppich kein Unterkommen mehr.

Günther war besonders erfolgreich. Er brach auch mehrfach wie ein Wolf in Horsts fürsorglich gehegte Herde von eigenen und neutralen Kreuzchen ein und schnappte sich das Herzstück weg. Es ist vielleicht ein Minuspunkt in „Khan“, dass eine selbst nur mittelfristige Planung nicht möglich ist. Kurzfristig und opportunistisch die größte sich bietende bildende Fläche kassieren, das kennzeichnet das übliche Vorgehen. Die Hoffnung bzw. das Hinarbeiten auf Bonuspunkte für die größte zusammenhängene Fläche bleibt daneben eine eher vage Spekulation.

WPG-Wertung: Günther: 6 (für die erforderlichen Denkprozesse zuviel Zufall), Horst: 7 (solide, gute Unterhaltung), Walter: 7 (hübsche Spielidee für einen konstruktiven, kontemplativen Spielerkreis, der sich vor 100 Jahren mit „Halma“ vergnügt hätte)

2. “Aztlán”
Fünf Zeitalter lang setzen die Spieler je insgesamt 30 Stammesfiguren einzeln auf insgesamt 30 Landschaftsfelder des Aztekenlandes. Stammesfiguren verschiedener Spieler im gleichen Landschaftsfeld beschwören einen Konflikt. Diese Konflikte sind vorprogrammiert! Wie soll man bei drei Mitspielern auch 90 Stammesfiguren nicht-überlappend in 30 Feldern unterbringen? Wo es doch jedem darauf ankommt, nach Ablauf eines Zeitalters, a) möglichst viele Felder besetzt zu haben, b) alle Felder möglichst zusammenhängend zu haben und c) dabei in einem bestimmten – spieler- und zeitalter-abhängigen – Landschaftstyp (Dschungel, Wüste, Gebirge, Stadt, Reisfeld) ganz besonders häufig vertreten zu sein. Denn dafür gibt es Siegpunkte, aus teils linearen, teils quadratischen Quellen.
Im Konfliktfall kann der Stärkere den Schwächeren pro Landschaftsfeld kurzen Prozess machen und ihn ersatzlos eliminieren. Er kann aber auch auf den Völkermord verzichten und bekommt dafür als Belohnung eine „Kulturkarte“, die sich früher oder später in zusätzliche Siegpunkte ummünzen läßt.

Der „Stärkere“ auf einem Feld ist entweder der Mitspieler mit den mehreren Stammesfiguren darauf, oder der Spieler, der sich für seine Leute gerade den größten Kampfesfaktor gewählt hat: eine der Zahlenkarten von 4 bis 9, von denen man jede pro Spiel aber nur einmal – zunächst verdeckt – in Anspruch nehmen kann.

Theoretischer – nicht einmal abwegiger – Spielverlauf des ersten Zeitalters: Spieler-A verteilt als Startspieler seine acht Stammesfiguren der ersten Spielrunde fromm und friedfertig auf irgendwelche Feld-Wald- und Wiesenfelder. Spieler-B tut desgleichen. Beide haben für den Start eine noch relativ niedrige Kampfesstärke gewählt. Spieler-C, als erfahrener Harung unter den Spielern, hat gleich zu Spielbeginn die – mit größter Wahrscheinlichkeit – größte Kampfstärke gewählt und setzt als zuletzt Ziehender bei jedem Zug seine Stammesfigur auf das gleiche Feld wie Spieler-A. Anschließend schreckt er vor keinem Konflikt zurück und eliminiert Spieler-A vom Spielfeld. Total! Und Spieler-B geht als Dreigabe noch an all den Stellen hops, wo er sich in mehr oder friedlicher Absicht zu Spieler-A hinzugesellt hat.

Bei uns war es nicht so. Aber es wäre mit Sicherheit so gewesen, wenn wir die Mechanismen des Spiels gleich völlig durchschaut hätten. Doch nach zwei Zeitaltern war das weitere Aufmarschieren von unbekannten Waffengattungen mit anschließendem chaotisches Gemetzel klar vorauszusehen. Da halfen auch keine Verlockungen zu Konfliktverzicht über kulturelle Segnungen. Horst blies das Halali zum Abbruch. („Mir ist schon lange nicht mehr passiert, dass ich nach zwei Runden keine Lust mehr hatte zum Weiterspielen.“)

WPG-Wertung: Günther: 4 (man hat den Spielverlauf nicht im Griff; alles ist reiner Zufall), Horst: 3 (total unübersichtlich, voller Fummelei. Hat das Spiel auf Grund guter Kritiken in der Spielbox gekauft. Auch da muss er in Zukunft genauer hinschauen), Walter: 4 (das Spiel ist nicht „broken“, es funktioniert – aber eher schlecht als recht.).

3. “Brügge”
Schon (mindestens) zweimal bei uns am Westpark gespielt, für Günther einer der Favoriten des Jahrgangs und für uns alle im Juni 2013 immerhin „Spiel des Monats“.
Wir würfeln um Geld, Ansehen und Katastrophen, spielen Karten für Kanal- und Häuserbau sowie zur Dienstverpflichtung von Personen, und gewinnen (oder verlieren) aus all diesen Tätigkeiten Siegpunkte für den Sieg.

Günther gewinnt regelmäßig durch eine wohlüberlegte Auswahl von Personen und deren siegpunktträchtiges Wirken. Sein Brief- und Spielkompagnon Willi aus nördlicheren Kreisen Deutschlands meint, es ginge auch über den Kanalbau. Dazu sollten uns aber keine Mitspieler mit den gleichen Ambitionen in die Quere kommen und wir geraten in eine gewisse Abhängigkeit von der Kartenhand.
Katastrophen sind in jedem Fall katastrophal. Und naturgemäß ziemlich zufällig. Und leider noch dazu recht regelmäßig.

Keine neue WPG-Wertung für ein 7,2 Punkte-Spiel.

4. “Coloretto”

Das 55. Weinglas auf der Tischdecke am Westpark
Das 55. Weinglas auf der Tischdecke am Westpark

Bei uns schon vor 10 Jahren mit großem Vergnügen gespielt. Moritz fand in seinem Report vom 12.3.2003 für das Spiel sogar noch eine weitere Verwendung: als Ergänzung zu „6 nimmt“: Ausfüllen der (geringen, aber) unvermeidlichen Denkzeiten durch ein lockeres Ziehen und Anreihen von unbekannten bzw. Aufnehmen und Sammeln von bekannten Karten.

Vier Jahre später wurde aus der Coloretto-Idee mit „Zooloretto“ sogar ein ausgewachsenes Brettspiel gemacht, das dann von der Jury „Spiel des Jahres“ sogar zum Sieger des Jahrgangs 2007 gekürt wurde.

WPG-Wertung: Horst siedelte sich mit 8 Punkten in die Spitzengruppe der WPG-Wertungen an: lustig, locker, schnell und cool

28.08.2013: Der Khan im Morgenland

Die Westpark-Gamers leben noch, auch wenn jetzt zwei Wochen lang kein Spielbericht erschienen ist. Es wurde sogar gespielt. Zweimal. Im privaten Kreis. Doch der notorische Protokollführer war in Urlaub, und bei der Sommmerhitze hatte keiner der Hinterbliebenen Lust, jeweils Spieler, Spiele und Ergebnisse zu notieren.
Bei Moritz spielten Andrea, Günther und Moritz „Nothing Personal“ ohne Wertung. Bei Peter spielten Aaron, Günther, Loredana und Peter „Mystery Rummy: Al Capone“ mit mäßiger Begeisterung. Das als Nachtrag.

1. “Morgenland – Das Kartenspiel”
Vor dreizehn Jahren hatte Hans-im-Glück das Brettspiel „KEYDOM“ von Richard-Bresse leicht verändert unter dem Namen „Morgenland“ herausgebracht. Neun Jahre später wurde die Spielidee als Kartenspiel umgesetzt. Was ist geblieben? Auf den ersten Eindruck bzw. entsprechend der Rezension von H@ALL9000 ist sinngemäß alles (fast) gleich geblieben:

  • Jeder Spieler erhält 5 Heldenkarten auf denen die Zahlen 1-5 aufgedruckt sind. Pro Runde legen die Spieler fünfmal reihum je einen ihrer Helden verdeckt an verschiedene Kartenstapel auf dem Tisch und bieten damit auf die angebotene Vergünstigung.
  • An vier „Drachenhöhlen“ liegen „Schätze“ (Geldkarten im Wert von 1 bis 5). Solange der Vorrat reicht dürfen sich die Spieler in der Reihenfolge ihres Heldeswertes hier bedienen.
  • In „Aladins Zelt“ tummeln sich Zauberinnen. Die Spieler mit den beiden stärksten Helden dürfen je eine davon heimführen und früher oder später ihren schwächenden Zauber auf sich oder die Mitspieler wirken lassen. Die anderen gehen leer aus.
  • In drei bis vier „Palasträumen“ liegt je ein Artefakt, das es zu erwerben gilt. Artefakte wirken sich stärkend auf eingesetzte Helden aus, vor allem aber tragen sie zum Sieg bei: der Spieler mit den meisten Artefakten gewinnt am Ende das Spiel.
  • Um ein Artefakte zu erwerben, muss a) der eigene Held stärker sein als die Helden der Mitspieler, b) der Held stärker sein als die Palastwache. (Notfalls kann man hier allerdings mit Geldkarten nachhelfen.) c) man einen Preis für das Artefakt bezahlen. Die Höhe ergibt sich direkt aus der Stärke des eingesetzten Helden.
  • Der Spieler mit dem stärksten Helden in der „Karawanserei“ wird nächster Startspieler, was sich vor allem als entscheidender Vorteil im Tiebreak bei gleichen Heldenstärken in Höhlen, Zelten und Palästen auswirkt.

Das verdeckte Bieten der immer gleichstarken fünf Helden auf die Einnahmequellen des Morgenlandes liefert recht unberechenbare Ergebnisse, wobei die Unberechenbarkeit durch das Wirken von Zauberinnen und Artifakt-Effekten noch verstärkt wird. Erst in der letzten Runde, wenn sich Chaos und Zufall bei den Biet-Mehrheiten lange genug ausgetobt haben, kann man versuchen, mit seinen eingehandelten Pfunden der Entscheidungswaage noch einen Kick zu geben.
Hier hätte Walter gewinnen können, wenn er seine Helden wohlkoordiniert mit den Fähigkeiten seines noch jungfäulichen Harems von Zauberinnen verbandelt hätte.
Aaron hätte gewinnen können, wenn a) Walter seine Chance nicht genutzt hätte (was der nicht getan hat) und b) er alle seine Helden in einem einzigen Palastraum konzentriert hätte.
Günther gewann per Tiebreak (er hatte die meisten Wunderlampen) bei einem Artefakten-Besitzstand von 5:5:5.
WPG-Wertung: Aaron: 6 (schnell, große Handlungsfreiheit, kein Leerlauf, möchte es allerdings nicht zu viert spielen), Günther: 6 (locker, unterhaltsam), Walter: 5 (zu viele Unwägbarkeiten).

2. “Khan”
Schon beim Auspacken der Schachtel assoziierte Aaron das Spiel mit einem „Advanced Tetris“: Entsprechend geformte Bauteile liegen auf dem Tisch und wir müssen damit im Wettlauf mit unseren Mitspielern eine entsprechende Fläche auf dem Spielplan überbauen. Es gibt eine Reihen von Restriktionen, die wir beim Legen der Tetris-Teile auf dem Spielplan beachten müssen. Das macht das ganze planerisch und spannend. Leider nicht für uns!

Khan - Endstellung - total falsch gespielt
Khan – Endstellung – total falsch gespielt

  • Wir haben kein einziges Mal einen Mitspielerstein überbaut
  • Keiner mußte sich jemals vor einem Überbaut-Werden schützen.
  • Keine einzige der neutralen Jurten vom Spielfeldrand wurde eingesetzt.
  • Der Schutz der neutralen Jurten wurde nur deshalb praktiziert, um diesen Sonderzug nicht gänzlich verfallen zu lassen.
  • Bei uns setzte unverzüglich ein Run auf die 6er Tetris-Teile ein. Jeder verfolgte die von Aaron erkannte „Affenstrategie“: Jurte-bang-Jurte-bang!
  • Um noch mehr der begrenzten 6er Teile zu ergattern, wurden unverzüglich von jedem Spieler die Hohe-Moral-Karte für je einen Sonderzug ausgespielt.

Leute, Leute, ist keinem von Euch (einschließlich mir) aufgefallen, dass wir etwas grundsätzlich falsch gespielt haben müssen!? Wir müssen alle bescheuert gewesen sein! Auf erfreulichen nur 4 Seiten Regelheft ist das Spiel erklärt. Dort heißt es auf Seite 3 unten laut und deutlich von den „Eroberungsplättchen“: Alle überdeckten Felder müssen von Jurten belegt sein! Günther, Günther, warum hast Du uns dieses Details unterschlagen! Wir haben auf Teufel komm’ raus alles überbaut, ob unbewohnt oder bejurtet, solange die Tetris-Plättchen zur Verfügung standen!
Walter nimmt seine Bewertung: „Spiel und Design enthalten hübsche Elemente neu kombiniert, aber leider nicht ausgereift“ unverzüglich wieder zurück. Dreifache Entschuldigung für den Spieleautor Christwart Conrad. Die vorschnellen Bewertungen der anderen Spieler verschweigt des Sängers Höflichkeit.