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10.06.2015: Malen und Zahlen

Unser Host Walter weilt immer noch in Südfrankreich, um sich an der Schönheit der Landschaft und der (weiblichen) Bevölkerung zu erfreuen und so ganz nebenbei auch seiner Gattin beim Malen zuzuschauen. Als freiwilliger Ersatz-Host stellte sich unser Komponist aus dem Drei-Mühlenviertel spontan zur Verfügung. In kleiner Besetzung lagen diesmal ausschließlich Kartenspiele auf dem Tisch.

1. The Game

Nachdem beim letzten Spieleabend The Game so gar keinen Funken hat überspringen lassen, wollten wir dem Spiel noch eine Chance geben. Immerhin ist es für den Spiel-des-Jahres-Preis nominiert! Irgendetwas müssen wir doch übersehen haben.

Da wir es mit einem kooperativen Spiel zu tun haben, stellt sich die Frage, auf welche Art soll und darf hier kooperiert werden. Die Spielregel spricht ein klares Verbot aus: Keine Nennung konkreter Zahlenwerte in irgendeiner Form. Erlaubt sind aber Hinweise der Art „Auf diesen Stapel bitte nichts mehr legen!“. Im Forum der Spielbox gibt es dazu einen interessanten Thread, in dem die Zulässigkeit bestimmter Hinweise diskutiert wird. Mit urdeutscher Regelaffinität werden dort Hinweise, die konkrete Zahlenwerte bedeuten könnten oder sogar sämtliche codierte Information angeprangert und verboten. Wird nicht in einer Gruppe jeder noch so allgemeine Hinweis über die Zeit zu einem Code für eine bestimmte Spielsituation? Geht es nicht darum, dass das Spiel Spaß machen soll?

Nun ist The Game vom Ansatz her nichts anderes als ein Solitär-Puzzle, das man aber nicht nur alleine, sondern auch mit bis zu sechs Spielern spielen kann. Spiele ich alleine, habe ich die Auswahl aus 8 Karten, bei mehr Spielern entsprechend weniger. Diesen Nachteil gilt es durch eine sinnvolle Kommunikation der Spieler untereinander auszugleichen.

Unseren ersten Durchgang haben wir strickt nach Spielregel gespielt. Die Kommunikation beschränkte sich darauf, die anderen Spieler (mehr oder weniger erfolgreich) zu bitten, auf bestimmt Stapel nichts mehr zu legen. Den anderen in der Regel als Beispiel gegebenen Hinweis „Bitte auf diesem Stapel nur einen ganz kleinen Sprung machen“ haben wir nicht benötigt, denn der gilt wohl immer.

Am Ende war bei verbliebenen 12 Handkarten Schluss. Gut? Schlecht? Keine Ahnung. Also gleich noch eine Wiederholung. Allerdings diesmal entgegen der Spielregel mit maximaler Kommunikation untereinander, realisiert dadurch, dass wir mit offenen Karten spielen. Geht jetzt ein Aufschrei durch die Spielergemeinde, weil die Westpark Gamers ein Spiel kaputt machen, indem sie nicht nach den korrekten Regeln spielen? Egal, ist ja nur ein Experiment.

Dieser zweite Durchgang war insoweit interessant, als es jetzt deutlich mehr Kommunikation gab als vorher. Alle Spieler waren permanent beteiligt, um sicherzustellen, dass niemand eine geniale Zugfolge übersieht. Hier beweist das Spiel seine klaren Solitär-Qualitäten. Überraschenderweise endete das Spiel mit 19 verbliebenen Handkarten, was zumindest beweist, dass auch dieses Maximum an Kooperation nicht dazu führt, dass man besser spielt als mit minimaler Kommunikation. Uns hat übrigens der zweite Durchgang mit vollständiger Information nicht weniger Spaß gemacht als der erste.

Was sagt uns das jetzt über das Spiel? Wer Solitärspiele mag, für den ist The Game als Solospiel durchaus ein netter Zeitvertreib. Mit mehr Spielern macht eine Kommunikation  der Spieler untereinander das Spiel nicht kaputt sondern ändert nur dessen Charakter hin zu einem Gemeinschafts-Puzzle. Ohne Kommunikation ist es mit mehreren Spielern ein dumpfes Glücksspiel ohne Pfiff. Und mit der nach Spielregel erlaubten Kommunikation wird es zwar etwas weniger glückslastig, birgt aber das Problem, dass sich beim Spielen in der gleichen Gruppe selbst die erlaubten Hinweise über kurz oder lang als Codes für bestimmte Situationen etablieren und damit eigentlich wieder verboten sind. Erbsenzähler hätten damit dann ein Problem.

The Game lässt uns weiterhin etwas ratlos zurück.

WPG-Wertung: keine neue Wertung

2. Res Publica

Der Knizia-Klassiker von 1991, damals erschienen bei Hexagames, wurde von Queen Games  inzwischen in der 3. Auflage herausgebracht. Wir haben die Version der 2. Auflage gespielt. Gegenüber dem Original hat man dankenswerterweise die Völkerkarten so geändert, dass jetzt 5 Völker mit unterschiedlichen Anfangsbuchstaben in den Kartenecken gewählt wurden. Das erleichtert die Übersicht in der aufgefächerten Kartenhand. Außerdem gibt es zwei kleine aber wichtige Änderungen in den Regeln. So erhält man auch schon beim Ablegen von 5 Völkerkarten eine Siegpunktkarte (Wert 3). Zusätzlich wurde eine kleine Ungerechtigkeit behoben: Jetzt dürfen alle Spieler in der letzten Runde noch einmal 5er-Sets ablegen.

Vor mehr als 10 Jahren gab es bei uns unterschiedliche Meinungen  über die Qualitäten von Res Publica. Wer Verhandlungsspiele mag, dem gefällt es. Wer nicht gut verhandeln kann oder sich über schreiende Ungerechtigkeiten und Kingmakereien ärgert, dem eher nicht. Wir kamen diesmal zu dem Schluss, dass wir deutlich mehr Spaß an Res Publica hatten als an The Game.

WPG-Wertung: keine neue Wertung

3. Machi Koro

Ein weiterer Spiel-des-Jahres-Kandidat. Bei uns war das Spiel bereits durchgefallen, aber aufgrund der Nominierung kam es gestern dann doch noch einmal auf den Tisch. Vielleicht würde es uns diesmal besser gefallen?

Kurz gesagt, nein, es hat auch diesmal keinen besseren Eindruck hinterlassen. Diese Mischung aus viel Würfelglück, Aufbauspiel und Ärgerelementen ist offenbar nicht so unser Ding.

Erst beim Abräumen fiel unser Blick auf die empfohlene Variante, in der nicht alle Ausbaukarten von Beginn an offen ausliegen. Also wurde noch ein zweiter Durchgang gestartet. Gefühlt war man jetzt noch etwas abhängiger vom Glück, weil man auch noch der Option der Planung seiner Aufbaustrategie beraubt wurde. Aber unser Mathematiker Günther erklärte, dass diese Variante durch die Erhöhung der Zufallseffekte eher ausgleichend wirkt. Wie auch immer, nur er fand das Spiel mit dieser Variante etwas besser.

WPG-Wertung: keine neue Wertung

4. Das stärkste TierSpiel

Ohne Wale ohne Ziel
Ohne Wale ohne Ziel

Moritz als Spielesammler hütet so einige Schätze in seinem Spielzimmer, viele davon 20, 30 Jahre alt oder älter. Als absolute Rarität legte er Das stärkste TierSpiel auf den Tisch. Die kleine, nach heutigen Maßstäben nicht besonders professionell gemachte Schachtel enthält ebenso unprofessionell wirkende Spielkarten in einem eher unhandlichen Langformat. Jede Karte zeigt eine Zeichnung eines Tiers und trägt in kleiner Schrift die „Rangfolge“ und dessen Namen am oberen Rand. Die Tierbilder sind mit schwarzem Filzstift willkürlich übermalt und Günther nahm zuerst an, dass sich Moritz‘ Nachwuchs das Spiel bereits vorgeknöpft hatte. Dem war aber nicht so, denn die Bemalung ist Teil des künstlerischen Gesamtprojekts, wenn auch spielerisch völlig belanglos.

Nun muss man wissen, dass der Autor des Spiels, Alexeij Sagerer, Theaterregisseur, Schauspieler und Medienkünstler ist. Als er 1986 das Spiel in einer Auflage von 1000 Stück „unter Mithilfe des Walfischs und des Schnabeltiers“ im Rahmen seiner Theaterproduktion „proT“ veröffentlichte, teilte er auf der Schachtel mit: „Rettet die Tiere!!! Die Einnahmen aus dem Verkauf fließen unmittelbar in den Tieger von Äschnapur Unendlich“. Ein Geheimnis ist, was uns der Autor mit diesem Text und seinen Schreibfehlern vermitteln möchte. Wie auch immer, das Spiel sollte also seine Theater-Produktionsreihe „Der Tiger von Äschnapur“ unterstützen.

Mit den 72 Tierbilderkarten, die alle verteilt werden, spielen wir ein einfaches Stichspiel: Eine ausgespielte Karte muss gestochen werden, wenn man kann, ansonsten darf man eine beliebige Karte abwerfen. Tiere mit niedrigerem Rang stechen Tiere mit höherem. Wer einen Stich gewinnt, spielt wieder an. Wer am Ende die meisten Stiche gemacht hat, gewinnt das Spiel. Das war’s. Ach nein, den Clou hätte ich beinahe vergessen: es gibt das stärkste Tier, den Elefanten, gleich dreimal, alle anderen nur einmal. Und wer zuerst einen Elefanten spielt, gewinnt den Stich.

Ziemlich ratlos spielten wir unsere Karten von oben nach unten runter und jedes Mal gewann der zuletzt Ausspielende den Stich. Gab es eine Möglichkeit, diese Abfolge zu durchbrechen? Wir haben keine gesehen. Bei den letzten beiden Stichen entschied dann wie erwartet das Kartenglück und es gab tatsächlich noch einen Sieger.

Sollten wir irgendeine geniale Taktik übersehen haben? Oder handelt es sich bei Das stärkste TierSpiel um ein reines Kunstprojekt? Die Tatsache, dass Turnierregeln mitgeliefert werden, lässt vermuten, es ist ein ernst gemeintes Spiel. Das Beiblatt, in dem aufwändig über die Charaktere der Tiere geschrieben wird („der Damhirsch ist das damischste Tier“) lässt doch eher auf ein Kunstprojekt schließen.

WPG-Wertung: Aaron: 27 (echte Kunst), Günther, Moritz: unbewertbar

5. Diamondback

Und weil’s so schön war, legte uns Moritz gleich noch ein weiteres Schätzchen auf den Tisch: Diamandback aus dem Jahr 1978. Dieses Kartenspiel stammt ebenfalls von einem Künstler: Dave Sim, der zwischen 1977 und 1981 die 25-bändige Comic-Buchreihe „Cerebus“ veröffentlichte.

Das Spiel ist eine Poker-Variante, die je nach Spielerzahl mit 15 (2 Spieler) bis 43 (4 Spieler) Karten gespielt wird. Leider besitzt Moritz nur die 2-Spieler-Version. Dort gibt es 5 verschiedene Kartentypen (1x Magier, 2x Prinzessinnen, 3x Könige, etc.). Jeder Spieler erhält 2 Karten und der Dealer legt eine seiner Karten offen aus und macht das erste Gebot. Es wird solange geboten, bis der Dealer die Bietrunde beendet. Dann werden alle Karten offengelegt und der Spieler mit dem höchsten Paar gewinnt den Pott.

Gewöhnungsbedürftig sind die Paarwerte, die man sich irgendwie merken muss, da jede Karte in Kombination mit einer anderen Karte einen andern Wert hat.

Uns erschien das nicht prickelnd genug, um zu später Stunde noch ein Spiel zu beginnen, insbesondere da nur zwei von uns hätten spielen können. Ein kurzer Blick bei Boardgamegeek zeigte dann auch, dass es sich hier wohl eher um ein Sammlerprodukt für echte „Cerebus“-Fans handelt.

WPG-Wertung: keine Wertung, da nicht gespielt.

26.11.2014: So gehn die Gauchos …

Vater werden ist nicht schwer, Vater sein dagegen sehr. Andrea war auf einer Spritztour, und Moritz mußte am Abend seine Kinder hüten. Deshalb lud er die Westpark-Gamers diese Woche zum Spielabend in seine Wohnung im Glockenbach Viertel ein. Beim Eintreffen die von Kennern erwartete Szenerie: die Oma kämpft erfolglos mit dem abendlichen Abfüttern; die Blagen interessieren sich natürlich mehr für die Gäste im Spielzimmer als für das Wurstbrot. Und wenn ein bestimmter Duft die Zimtsterne übertrifft, dann müssen halt die Windeln gewechselt werden. Moritz schaffte alles mit vorzüglicher Kompetenz und Gelassenheit.

Walter hat aus der Betreuung seiner Enkelkinder Ähnliches gerade genugsam erlebt. Sein Fazit: ein Hoch auf alle erziehenden Mütter und alle erziehenden Väter! Vor allem, wenn sie das alleine tun müssen!

1. “Machi Koro”

Das kleine japanische Würfelspiel kam 2012 heraus. Dieses Jahr hat es KOSMOS übernommen und für Essen nochmals herausgebracht.

Die Westpark-Gamers im Glockenbach-Viertel
Die Westpark-Gamers im Glockenbach-Viertel

Jeder bekommt als Anfangsausstattung die Gebäude-Karten „Weizenfeld“ und „Bäckerei“. Reihum wird mit einem, später optional auch mit zwei Hexawürfeln gewürfelt. Wenn irgend ein Spieler eine 1 würfelt, bekommt jeder Weizenfeld-Besitzer (also alle!) eine Münze. Die Bäckerei bringt eine Münze ein, wenn eine 2 oder 3 gewürfelt wird. Die bekommt diesmal aber nur derjenige, der diese Augenzahl gewürfelt hat.

Mit den eingenommenen Münzen legt man sich sukzessive weitere Gebäude zu, die ebenfalls Münzen einbringen, je nachdem, welche Augenzahlen gewürfelt wurden. Manche Gebäude bringen eine, manche zwei, manche sogar fünf Münzen für den richtigen Würfelwurf.

Meist kommt das Geld von der Bank. Für das „Café“ und das „Stadion“ muss sogar der Mitspieler blechen, der die segensreiche Augenzahl gerade 3 bzw. 6 gewürfelt hat. Da kommt Freude auf …

So wachsen die Gebäude-Ensembles, man bekommt pro Würfelwurf immer mehr Geld und tritt ggf. seinen Mitspielern den geforderten Obolus ab. Wenn man genügend Geld beisammen hat, legt man sich eines seiner vier Sondergebäude zu, die kein Geld sondern Vorteile beim Würfel einbringen, z.B. nochmals würfeln, mit zwei Würfeln würfeln, oder Sonderprämien bei Paschs. Wer als erster alle seine vier Sondergebäude gebaut hat, beendet das Spiel als Sieger.

Heute machte uns Günther den Aaron, d.h. er würfelte grottenschlecht. 90% seiner Würfe waren Dreier, mit denen er regelmäßig sein gesamtes Geld unter die Kaffeetanten verteilen mußte. Aaron hingegen machte uns den Günther: er legte sich die durchdachtesten Gebäudekombinationen zu, so dass er schon einige Runden vor Schluss unabhängig von den noch zu würfelnden Augenzahlen der sichere Sieger war. Was haben die anderen bloß falsch gemacht? …

WPG-Wertung: Aaron: 6 (super Absacker mit Ärgerpotential), Günther: 4 (das Spiel hat schon gewisse Geschichtln [was immer er darunter verstehen mag]), Moritz: 4 (habe schon tausende von Spielen dieser Art gespielt, kein Mechanismus davon ist bemerkenswert [neu]), Walter: 4 (chaotisches Würfelspiel mit Ärger- respektive Schadenfreude-Elementen, 5 Punkte gäbe es, wenn die Enkeltochter schon im Vorschulalter wäre).

2. “El Gaucho”

Das diesjährige Essen-Spiel von Aaron’s Yunnan Argentum-Verlag. Hallo Verlag: Herzlichen Glückwunsch zum 10-jährigen Bestehen! Mit Argentum-Vorschusslorbeeren gingen wir an die Arbeit.

Aaron durfte erklären. Ohne Ausschweifungen und ohne seine Vorkenntnisse auszugraben ging er ganz linear nach dem Regelheft vor! Ganz unten auf Seite 2 steht hier auf einmal:
„Tipp: Bevor ihr anfangt, erklärt an dieser Stelle vollständig das Spiel!“
Na, wenn sich hier keine mindestens 10-jährige Vielspieler-Erfahrung ausdrückt! Alle hörten der weiteren, vollständigen Erklärung ohne Zwischenfragen zu.

Nach Ysphahan-Manier würfelt der jeweilige Startspieler mit allen (= Spielerzahl × 2 + 1) Würfeln für sich und seine Mitspieler. Reihum darf sich jetzt jeder zwei beliebige Würfel aussuchen und nutzen. Dabei gibt es folgende Möglichkeiten:

  1. Sich eines oder zwei der ausliegenden Rinder aneignen.
    Auf dem Spielplan liegen Rinderkarten mit aufgedruckten großen Zahlen zwischen 1 und 12. Für jeden der beiden ausgewählten Würfel darf man einen Besitzpöppel auf eine Rinderkarte stellen, die genau die entsprechende Augenzahl aufweist. Oder auf eine Rinderkarte, die genau die Summe der beiden Augenzahlen entspricht.
  2. Sich eines oder zwei der ausliegenden Rinder reservieren.
    Auf den Rinderkarte ist auch noch je eine kleine Zahl zwischen 1 und 6 aufgedruckt. Reservieren funktioniert genauso wir das Aneigenen, nur muss mit den gewählten Würfel(n) halt die kleine Zahl genau getroffen werden.
    Beim Reservieren wird der Besitzpöppel auf die Rinderkarte gelegt. In einem späteren Zug kann man durch das Wählen eines Würfels mit nochmal dieser gleichen kleinen Zahl aus dem Reservieren ein Aneignen machen.
    Allerdings unterliegt man hier dem Risiko, vorher von einem bösen Mitspieler bereits wieder verdrängt worden zu sein (siehe unten).
  3. Mit den Loserwürfen 1 bis 3 kann man bei den Rinderherden keinen großen Pappenstiel gewinnen; dafür aber darf man mit ihnen “Sonderaktionen” einkaufen, die man ab der nächsten Runde einmal beliebig nutzen kann
  • Die Sonderaktion “Wunschwurf” stellt – für den Rinderkauf – einen zusätzlichen virtuellen Würfel mit einer beliebigen Augenzahl zur Verfügung.
  • Die Sonderaktion “Rind stehlen” erlaubt es, einem Mitspieler ein beliebiges Rind aus seiner Auslage zu stehlen. (Oh Gott, oh Gott!).
  • Die Sonderaktion “Gauchos aufwecken oder verdrängen” erlaubt es,
    a) aus ein bis zwei eigenen Reservierungen jeweils ein Aneignen zu machen
    oder
    b) aus einer fremden Reservierung ein eigenes Aneignen zu machen; der fremde liegende Besitzpöppel wird entfernt und stattdessen ein eigener Pöppel auf die Karte gestellt. (oh Halbgott, oh Halbgott!).
  • Mit der Sonderaktion “Sofortverkauf” darf man eine seiner Herden sofort an die Bank verkaufen. Ansonsten ist der Verkauf nur in bestimmten Spielsituationen erlaubt.
  • Mit der Sonderaktion “Einsortieren” darf man ein irgendwann mal später erworbenes Rind an beliebiger Stelle innerhalb seiner Herden einordnen, ansonsten muss es genau ans Ende der Herde gestellt werden. Was es damit zu tun hat, kriegen wir gleich.

Rinderkarten gibt es in fünf verschiedenen Farben. Jeder Spieler muss seine Rinder farbenweise zu einer Kette zusammenstellen. Jedes neue Rind muß rechts an die Kette der gleichfarbigen Rinder angelegt werden. Dabei müssen die großen Zahlen der Rinderkarten streng aufsteigend oder streng absteigend aufeinander folgen. Wird ein Rind erworben, bei dem diese geforderte strenge Ordnung unterbrochen wird, so wird die bisher in dieser Farbe gesammelte Herde an die Bank verkauft und mit dem neu erworbenen Rind eine neue Kette angefangen.

Der Wert einer Herde bestimmt sich aus dem höchsten Wert der darin enthaltenen Rinderkarten multipliziert mit der Anzahl der verkauften Rinder. Es ist also besonders lukrativ, beim Verkauf ein 12er Rind am Anfang oder am Ende einer Kette zu haben. Aber genau diese hohen Karten werden natürlich die bevorzugten Opfer von Viehdieben.

Günther fand mit „Rind stehlen” und “Sofortverkauf” eine Aktionskombination, die er konsequent verfolgte und mit der er alle seine Mitspieler überrundete: 204 Siegpunkte vor Moritz als Zweitplatziertem mit 142 Siegpunkten. Weil uns schien, dass diese “böse” Strategie allen anderen „guten“ konstruktiven Sammelstrategien überlegen war, geriet die positive Anfangsstimmung schnell ins Wanken. Selbst Argentum-Nibelunge Aaron konnte das anrollende Grimmen nicht mehr abfedern. Nach jedem Spielzug von Günther wurden die vergebenen WPG-Noten reduziert, bis sie schließlich bei frustrierten 2-3 Punkten stehenblieben.

Hier gehört auch noch dazu, dass Moritzens zweiterfolgreichste Strategie ebenfalls eine „böse“ war: Er ließ vorzugsweise mit „Gauchos verdrängen“ die restlichen (braven, konstruktiven) Mitspieler hinter sich. Ja, wenn „El Gaucho“ ein Familienspiel sein soll, dann darf man – schon aus erzieherischen Gründen – nicht durch Stehlen und rüpelhaftes Verdrängen gewinnen. Wie gut, dass Moritz’ Kinder schon im Bett waren.

Aber wenn „El Gaucho“ kein Familienspiel sein soll, und wenn sich alle Spieler auf raubeiniges Vorgehen einlassen müssen, dann ist der Ablauf zu chaotisch. Zu unberechenbar für den hier trotzdem noch benötigten Gehirnschmalz.

WPG-Wertung: Aaron: 6 (Es hat Gegenstrategien, wir haben sie einfach nicht praktiziert! [Nicht gefunden?]) Günther: 4 (Ich versuche, dem Spiel noch was Positive abzugewinnen. Das Prinzip ist ja ganz nett, leider die Destruktion aber zu dominierend), Moritz: 4 (wegen des hübschen Materials gebe ich keine 3), Walter: 3 (hübsches Design mit mancherlei netten Mechanismen; doch die negative Killerstrategie macht es kaputt!)

3. “Jungle Rumble”

Moritz errinnerte hier an „Rumble in the Jungle“, einen historischen Boxkampf zwischen George Foreman und Muhammad Ali, der am 30. Oktober 1974 in Kinshasa stattfand. Afrika gewann an Selbstwertgefühl und der Veranstalter sparte sich gemäß damaliger Rechtslage 100% der Steuern. Muhammad Ali gewann, nachdem er sich mehrere Runden lang freiwillig hatte in die Seile drängen lassen und dann Foreman in der achten Runde mit zwei schnellen Links-rechts-Kombinationen und neun aufeinander folgenden Kopftreffern niederstreckte.

Spielhilfe. Moritz sagt, es wäre japanisch
Spielhilfe. Moritz sagt, es wäre japanisch

Ob diese Dschungel-Schlägerei für „Jumble Rumble“ der Namenspatron war, darf bezweifelt werden. Hier wird nicht geprügelt, überhaupt nicht, sondern friedliche Familien wetteifern um die Vorherrschaft auf dem Sofa. Ob diese Familien nun aus den üblichen Pöppeln, aus Katzen oder aus Mäusen bestehen, hat mit dem weiteren Thema überhaupt nichts zu tun. Es sind schlichtweg Arbeiter, aber „Jungle Rumble“ hat sie in der Inkarnation von Katzen zur Welt gebracht.

Wie vom Autor Andreas Seyfarth bei „Puerto Rico“ und „San Juan“ vorgemacht, wählt sich ein Startspieler eine von fünf Aktionen aus, die er für jede seiner aktiven Katzen ausführen darf; die Mitspieler dürfen die gleiche Aktion ebenfalls ausführen, aber nur für eine ihrer Katzen. Dann wählt der nächste Spieler für sich und alle seine Katzen eine der restlichen Aktionen aus, und wiederum dürfen die Mitspieler auf Wunsch mit einer ihrer Katzen nachziehen. So setzt sich das fort, bis in jeder Runde jeder Spieler eine Aktion wählen durfte.

Jede aktiv gewordene Katze fällt unverzüglich aus und muss für ihre nächste Aktion explizit aufgeweckt werden. Aber was tun die Katzen, wenn sie aktiv sind?

  • sie verwandeln sich in Nahrung, die a) zur Ernährung benötigt wird und b) am Ende (ein paar spärliche) Siegpunkte einbringen
  • sie verwandeln sich in Felder und Wassergräben, die pro Runde neue Nahrung und am Ende Siegpunkte liefern
  • sie verwandeln sich in Goldstücke, die a) zur Erzeugung neuer Katzen benötigt werden und b) am Ende (ein paar spärliche) Siegpunkte einbringen.
  • sie verwandeln sich und Goldstücke in zusätzliche Katzen
  • sie verwandeln sich und Goldstücke in Ladenbesitzer, die aus Nahrung und Goldstücken erklecklich mehr Siegpunkte machen können.

Einige hübsche Optimierungsszenarios können hier durchgespielt werden. Man kann Katzenzucht betreiben, schnell auf möglichst viele Katzen lossteuern und sie oft genug und progressiv wachsend in Katzenfutter verwandeln. Man kann seine Katzen kurz halten, sich vorsichtig Felder zulegen, damit kein Nahrungsengpass entsteht und man sein Aktionspotential variable und konstruktiv nutzen kann. Man kann auf Ladenbesitzer machen, um mit ihrer Hilfe sein Gold und seine Nahrung mit gesteigerter Effizienz in Siegpunkte umzuwandeln. Man kann … Kann man? Wir sind mehr oder weniger alle den haushälterischen Weg mit den Feldern gegangen. Kein einziger Ladenbesitzer wurde eingetauscht. Entsprechend einförmig war der Spielablauf. Und da man am Anfang auch nur mit sehr spärlichen Betriebsmitteln ausgestattet ist, verlief die Entwicklung der verschiedenen Katzenfamilien auch noch ziemlich schleppend. Für San Juaniter etwas unbefriedigend.

WPG-Wertung: Aaron: 5 (das Spiel war zu Ende, als es gerade erst in Schwung gekommen war), Günther: 4 (es funktioniert), Moritz: 5 (ich habe das Gefühl, dass wir irgendetwas falsch gespielt haben; vielleicht war es auch ein Fehler, dass wir alle zu ähnlich gespielt haben; vielleicht hätte jeder eine andere extreme Strategie wählen sollen), Walter: 5 (konstruktiv mit viel Interaktion, aber zu gleichförmig).

4. “Bluff”
Nachdem Aaron und Walter blitzschnell rausgekickt waren, lieferten sich Moritz und Günther mit 5:3 Würfeln den Kampf der Giganten.

Moritz: 2 mal die Zwei
Günther: 2 mal die Drei
Moritz: 3 mal die Vier
Günther: 2 mal Stern
Moritz: 5 mal die Zwei
Günther: 6 mal die Zwei
Moritz: 6 mal die Vier
Günther: 4 mal Stern
Moritz: 5 mal Stern
Günther: 6 mal Stern!

Jetzt zweifelte Moritz an und Günther verlor einen Würfel! Einen einzigen! Es war die erste falsche Angabe innerhalb dieser Sequenz. Was hatte ein jeder unter dem Becher?

Selbst post mortem kann man es höchstenfalls ahnen. Lediglich dass eine Menge Sterne im Spiel waren, war klar. Moritz hatte 1 mal die Vier und 4 mal den Stern und Günther hatte Zwei, Vier und einen Stern.

Keine neue WPG-Wertung für ein Super-Spiel.