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10.10.2018: Gehen wir zu dir oder gehen wir zu mir

Spielbericht vom 26.9.2018

Anwesend: Aaron, Milo, Moritz, Siri, Walter

Da Moritz seine Kinder hüten musste, verlagerten wir den Spielabend in seine Wohnung. Das hatte zudem den Vorteil, dass sein WPG-erfahrener Sohn Milo, begnadeter Chorsänger im philharmonischen Chor, und seine quicklebendige Tochter Siri, pfiffige Schulanfängerin, mitspielen konnten.

1. “Diamant”

Ein sehr leichtes Spiel, an der Grenze zum Kinderspiel. Wir gehen alle zusammen in eine Höhle. Pro Runde entscheidet jeder einzelne für sich, ob er unten bleibt und weiter Diamanten scheffelt, oder ob er auftaucht und die bisherige Beute in Sicherheit bringt. Früher oder später kommt es zu einem – zufällig ausgewürfelten – „Erdrutsch“, und wer dann noch unten ist, wird verschüttet und bekommt gar nichts. Je länger man unten bleibt und je weniger Leute unten sind, desto höher ist die – zufällig ausgewürfelte – Diamantenausbeute pro Kopf. Also eine hübsche, natürliche Balance zwischen hohem Risiko und hohem Gewinn.

WPG-Wertung: Wir haben das Spiel vor 13 Jahre, gleich bei seinem Erscheinen, zum ersten Mal gespielt. Damals mit mittleren bis guten Noten. Diese haben wir gestern bei der guten Stimmung fast durchweg um einen Punkt erhöht: Aaron und Walter je von 5 auf 6, Moritz von 6 auf 7. Milo war ebenfalls mit 7 Punkten dabei, und Siri war so begeistert, dass sie gleich 10 Punkte vergab („mein Lieblingsspiel“).

Danach, so gegen 20 Uhr, fiel ihr ein, dass sie noch Hausaufgaben zu machen hatte. Ihr Arbeitsheft wurde hervorgeholt und mit vereinten Kräften von Moritz, Aaron und Milo wurde herausgefunden, wie die Aufgaben-Zeilen auszufüllen waren. Prinzip und Lösung sind heutzutage ja nicht anders als vor 50 Jahren.

2. “7 Wonders: Cities”

Bei uns schon oft genug gespielt und bewertet. National wie international hoch dekoriert: 2010: „Spiel des Monats Oktober“ am Westpark, 2011: „Kennerspiel des Jahres“ von SdJ und „Deutscher Spiele Preis“, 2012: „As d’Or – Jeu de l’Année“ und „International Gamers Award“ in der Kategorie Strategiespiel.

Seine Qualitäten sind unbestritten und sein Marktwert entsprechend. Folglich ist auch die Flut der Expansions enorm. Leider verbessern sie das Spiel nicht, sondern hebeln die einstmals gute Balance innerhalb der verschiedenen Kartentypen (mit den zugehörigen möglichen „Strategien“) aus und lassen den Zufallseinfluss der Kartenverteilung über die vernünftigen Schranken für ein gutes „Strategiespiel“ hinaus anwachsen. Moritz: „Je mehr Expansions desto schlechter

WPG-Wertung: Trotz der Expansion-Kritik keine Änderung unserer gute Notengebung mit einem Schnitt von 7,14.

3. “Tribes: Early Civilization”

Wir entwickeln uns bzw. die Welt indem wir mit den Arbeitern in unseren Weinbergen die notwendige Kohle erackern, um die teuren Fortschritte des Paläo- bzw. Neo-Litikum sowie der Bronzezeit finanzieren zu können.

Das Spielt enthält viele vernünftige Elemente eines guten Spiels und ist sauber durchgestaltet. Doch trotz eines gewissen Wettlaufes um die ersten / besten Plätze an den Milchbrüsten der Steinzeit kommt keine richtige Spannung auf. Bewegung – in den „Weinbergen“ – ist alles, und hier, wie überall, werkelt jeder unabhängig vom anderen vor sich hin. Aaron: „ein perfektes durchschnittliches Spiel“!

WPG-Wertung: Den bisherigen Schnitt von 5,666 Punkten drückte Aaron mit einer 5 auf glatte 5,5.

Spielbericht vom 10.10.2018

Anwesend: Aaron, Günther, Walter

Diesmal wieder bei Walter

1. “Deadwood 1876”

Materialien in „Deadwood 1876“

Wir sind Goldsucher oder Banditen oder beides in den Bergen von Dakota und versuchen dort, unser Glück zu machen. Entweder finden wir Gold oder wir erschießen uns welches. Offensichtlich war diese Kombination selbst im Jahre 1876 in den Trump-Staaten noch die Regel.

Konkret zum Spiel: Jeder Spieler platziert seinen Spielstein beliebig auf zwei (oder drei, abhängig von der Spieleranzahl) möglichen Goldminen. Bis zu zwei Spieler arbeiten an der gleichen Mine (im 3er-Spiel), mindestens eine Mine hat noch freie Plätze. Als Erstausstattung bekommt jeder Spieler die ersten beiden „Schätze“ in Form von Karten zufällig ausgeteilt. Das kann ein Goldbarren im Wert von 1, 2 oder 3 sein, oder auch eine Niete. Es kann aber auch eine Waffe für den späteren „Final Showdown“ sein. Die Schätze werden verdeckt auf den Tisch gelegt und bleiben vorerst geheim.

Weiterhin bekommt jeder Spieler 4 Aktionskarten, die entweder als Schusswaffe (unterschiedlicher Stärke, d.h. als Würfel mit unterschiedlicher Bestückung von Augenzahlen) oder als Sonderaktion genutzt werden kann. Nach jedem Ausspielen einer Aktionskarte wird unverzüglich wieder auf eine Kartenhand von 4 Karten aufgefüllt.

Bei Schusswaffengebrauch versucht ein Spieler, entweder einem Mitspieler einen seiner Schätze abzuknöpfen (abzuwürfeln) oder mit ihm den Platz an der Goldmine zu tauschen (tausch-würfeln); beim Gebrauch als Sonderaktion sind unterschiedliche Vergünstigungen möglich: man darf sich zwei „Schätze“ eines Mitspielers ansehen, freiwillig und ungehindert zu einem freien Platz an einer Goldmine gehen, einen beliebigen Mitspieler beim Abknöpf-Würfeln unterstützen, oder sich einige zusätzliche Aktionskarten vom Nachziehstapel nehmen und sich aus seiner jetzigen Kartenhand die besten vier Karten für das weitere Spiel aussuchen.

Eine Runde besteht aus zwei Aktionen (im 3er-Spiel) für jeden Spieler, dann kommt ein neuer Schatz verdeckt ins Angebot und wird unter den Mitspielern verlost, sprich ausgewürfelt. Nach vier Runden ist der Schatz-Verteilungs-Vorgang beendet und es kommt zum „Final Showdown“. Der ist jetzt überhaupt der Knalleffekt des Würfelspiels.

Es kommt nämlich nicht darauf an, innerhalb seiner insgesamt 8 Aktionen die meisten Goldbarren zugeteilt bekommen bzw. erwürfelt zu haben, sondern es kommt zunächst darauf an, seinen Spielstein an der Goldmine zu haben, wo in Summe alle Spieler die meisten Goldbarren liegen. Alle anderen Spieler sind schon mal als Verlierer ausgeschieden und können beim finalen Schusswechsel lediglich zusehen.

Die Arbeiter an der Mehrheits-Mine schießen jetzt – mittels ihrer verbliebenen Schusswaffen-Aktionskarten plus den als Schusswaffen zufällig erhaltenen oder planmäßig erschossenen (erwürfelten) Schatz-Karten solange aufeinander, bis nur noch einer, der Sieger, übrigbleibt. War überhaupt nur ein einziger Goldgräber / Bandit an der Mehrheits-Mine, hat er das Spiel auch ohne das finale Abknallen gewonnen.

Was ist der Pfiff / die Herausforderung des Ganzen?

  1. Herausfinden, bei welcher Mine bei Spielende die meisten Goldbarren gelagert sind.
  2. Am Ende der dritten Runde seinen Spielstein an genau dieser Mehrheits-Mine positioniert haben, d.h. sich den Platz dort erwürfelt zu haben und davon nicht wieder weggewürfelt worden zu sein.
  3. Durch Kartenpflege dafür sorgen, dass nach der dritten Runde a) in seiner Kartenhand und b) unter seinen Schätzen die stärksten Schusswaffen sind.
  4. Beim Final Showdown am treffsichersten zu würfeln.
  5. Und das Ganze innerhalb von 6 Aktionen erfolgreich bewerkstelligt zu haben.

Als Sonderaktion gibt es auch Schatzkarten mit der Eigenschaft: „Der Besitzer darf automatisch am finalen Abknallen teilnehmen.“ Sofern einem Spieler diese Karte zugeschustert und nicht wieder abgewürfelt wurde, braucht er sich um Gold und seine Verteilung überhaupt nicht zu kümmern, sondern lediglich Kartenpflege für die stärksten Waffen in seiner Hand zu betreiben.

Allerdings sind Schusswaffen unter den Schätzen auch nicht zu verachten – sofern man schlussendlich am Abknallen teilnehmen darf -, denn mit vielen und/oder starken Karten dieser Art, initial ausgeteilt bzw. medial erwürfelt und nicht wie abgeluchst bekommen haben, ist die finale Abknallerei schon gewonnen.

In unserer Runde bekam bzw. erwürfelte sich Walter – zufällig – drei Schatzkarten mit tatsächlich lauter Goldbarren. Günther und Walter machten gleich zu Beginn eine Würfelallianz aus – a) aus Jux und Tollerei und b) um herauszufinden, ob dadurch das Spiel ausgehebelt werden kann. Aaron, als weinender Dritter, würfelte entgegen seinem sprichwörtlichen Ruf wie ein Weltmeister und konnte trotz der 2:1-Übermacht seiner Gegner einige Schätze an Land ziehen bzw. behalten. Günther, wie auch immer, hatte vor dem Final Showdown keinen einzigen Goldbarren in der Hand, aber jede Menge finale Waffen, mit denen er eine ganze Friedensrichter-Kompanie hätte auslöschen können. Dort wäre er selbst vom Teufel nicht zu besiegen gewesen.

Aaron, der herausgefunden hatte, dass Walter die meisten Goldbarren besaß, hatte mehrfach versucht, Günther aus der Günther-Walter-Mine herauszuschießen (herauszuwürfeln). Es war ihm kein einziges Mal gelungen. Im allerletzten Zug konnte Walter aber mittels einer Sonderaktion der drohenden Abknallerei von Günther entgehen und sich auf die einsame Goldmine von Aaron beamen. Jetzt wäre Günther trotz seines umwerfenden Waffenarsenals bereits draußen gewesen.

Günther hatte aber noch einen Pfeil im Köcher. Ihm war – wann auch immer – der „Silver Badge“ zugefallen und er durfte nach Ende der dritten Runde als einziger noch einen weiteren Zug tun. Er schoss Aaron von der Aaron-Walter-Mine herunter und hatte danach im Final Showdown auch keine Probleme, seinen neuen-alten Kumpel Walter ins Jenseits zu befördern. – Friedlich, freundlich, fromm.

WPG-Wertung: Aaron: 4 (die Idee mit dem Lavieren seiner Schusspotenzen ist ja nicht schlecht, die Elemente sind aber nicht ausbalanziert. In einer 3er Runde möchte ich es nicht noch einmal spielen), Günther: 4 (man muss es locker sehen [WS:, was mit den Schießprügeln ja nicht ganz einfach ist]), Walter: 4 (man hat versucht, dem Würfel-Zufall durch jede Menge Beiwerk-Chaos etwas Würze zu geben. Mit den nur 8 Aktionen pro Spieler ist ein Spiel zwar relativ schnell über die Bühne, das Ergebnis ist aber – den 2 Seiten Strategie-Tipps im Regelheft zum Trotz – reiner Zufall. Ich möchte es selbst in einer 9er Runde – für so viele Spieler ist das Spiel vorgesehen – nicht noch einmal spielen.)

2. “Birds of a Feather”

Oder so ähnlich, der aktuelle Arbeitsname ist noch Schall und Rauch. Aaron hat seiner „Circles“-Neuentwicklung ein vom Redakteur gefordertes Thema untergelegt. Der deutsche Titel bzw. Untertitel wird wohl heißen: „Seid gut zu Vögeln“!

Es funktioniert so oder so, selbst Günther hatte heute daran nichts auszusetzen.

Keine WPG-Wertung für ein Spiel in der Entstehungsphase.

3. “Mini Rails”

Ein (ganz) kleiner Bruder des großen, unerreichten „1830“. Fast alle Elemente sind vorhanden: Eisenbahngesellschaften, Schienennetze, Aktienkurse, Kooperationen und Miesnickeligkeiten. Jede Menge Interaktion. Und auch eine wohldosierte Position Glück.

Vor einem Jahr ist das Spiel erschienen, und wir haben es lediglich wohlwollend aufgenommen. Erst heute hat sein genialer „Minimalismus“ bei uns die verdiente Würdigung erhalten. Günther und Walter hoben ihre Noten von 7 auf 8 Punkte an, Aaron blieb bei seinen 9 Punkten.

Wir forschten, ob das Spiel noch käuflich zu erwerben ist, und ob es dieses Jahr in Essen wieder dabei sein wird. Leichte Unschärfen in den Ergebnissen. Dann flatterte uns ausgerechnet jetzt, wenige Stunden später, eine Pressemitteilung von „Happyshops“ auf den Tisch:

“Mini Rails aus dem Hause Moaideas bricht das aufgeblähte Genre des Eisenbahnspiels hinunter auf die essentiellen Bestandteile: Aktien kaufen und Schienen bauen. Mehr braucht man nicht, um im Spiel des bekannten Autors Mark Gerrits für 3 bis 5 Kennerspieler ab 15 Jahren innerhalb von 60 Minuten ein Eisenbahn-Imperium zu errichten!

Inspiriert von den Genregrößen finden sich in diesem Spiel alle Feinheiten, die man erwartet, ohne dass sie in zahllosen Detailregeln verschachtelt sind. Das Spiel richtet sich sowohl an Genre-Neulinge, stellt aber auch eine besondere Herausforderung für Vielspieler dar, da jede einzelne Entscheidung wichtig ist.”

Diese Aussagen können wir uneingeschränkt unterstreichen. Wir freuen uns darauf, in zwei Wochen „Mini Rails“ auf der „Spiel 2018“ wieder begrüßen (und erwerben) zu können.

WPG-Wertung: Der WPG-Durchschnitt liegt jetzt bei 7,5 Punkten. Vielleicht kommt Moritz noch die Erleuchtung, dass Schwerter und Orcs für Eisenbahn-Aktienspiele schlichtweg ungeeignet sind, und er überdenkt seine 5 Punkte noch einmal.

29.11.2017: Eisenbahnen zum Überleben

Nochmals Bridge.
Da wurden vor etwa drei Jahren zwei deutsche Bridgespieler Senioren-Weltmeister. Anschließend hat man sie des Betruges überführt: Entgegen dem Regelwerk und entgegen jeglicher Sportsmoral habe sie sich mittels Hüsteln über die Screens hinweg unerlaubte Informationen über ihre jeweilige Kartenhand ausgetauscht. Motto: „einmal Hüsteln ist Karo, zweimal hüsteln ist Pik!“ Ein offizielles Video, das den gesamten Finalkampf festgehalten hatte, war der Beweis. Die World Bridge Federation (WBF) hat ihnen Titel aberkannt und sie lebenslang gesperrt, als Paar noch einmal zu einem Bridge-Turnier antreten zu dürfen. Zähneknirschend hat der Deutsche Bridge Verband (DBV) diese Sperre übernommen.

Die beiden Spieler sind sofort in die Revision gegangen und haben diese Urteile vor einem deutschen Gericht angefochten. Ein Spieler sei Asthmatiker, da sei das Hüsteln leider unvermeidlich. Zudem sei in Bali, wo das Finale ausgetragen wurde, die Luft so feucht, dass das Hüsteln quasi überlebensnotwenig sei. Und überhaupt: das Beweisvideo sei gefälscht.

Drei Jahre lang hat sich der Prozess hingezogen, jetzt wurden sie freigesprochen, ohne überhaupt auf das Video oder die Beweislage einzugehen. Ja sogar WBF und DBV wurden verklagt, den beiden Spielern alle ideellen und materiellen Verluste aus dem Verband-Vorgehen zu ersetzen!

Wie dieses Urteil gegenüber dem WBF durchgesetzt werden kann, das wissen die Juristen. Oder auch nicht. Der der DBV könnte dabei pleite gehen, zumindest wenn die Ersatzansprüche von einem amerikanischen Gericht festgesetzt würden. Oremus!

1. “Mini Rails”

Aktions-Auslage und Spielbrett in „Mini Rails“
Ein hübsches kleines Eisenbahn-Aktienspiel ohne Aktien und ohne Eisenbahnlinien. In 6 Spielrunden dürfen wir uns je eine „Aktie“ einer vor 6 Eisenbahngesellschaften kaufen, d.h. eine runde Holzscheibe in einer von sechs Gesellschaftsfarben von der offenen Auslage auf unser privates Kurstableau legen. Pro Runde dürfen wir außerdem einmal den Kurs einer Gesellschaft steigen oder fallen lassen. Dazu nehmen wir eine weitere Holzscheibe in einer der sechs Gesellschaftsfarben von der Auslage, legen sie auf das große gemeinsame Spielbrett, bedecken damit ein Feld mit Werten von 1 bis 5 im Plus- oder Minus-Bereich, und verändern damit entsprechend den Kurs der Gesellschaft.

In welcher Reihenfolge wir „kaufen“ oder „Kurs ändern“ ist frei wählbar. Geld fließt keines. Eine frisch gekaufte Holzscheibe kommt immer auf das Feld 0 in unserem Kurstableau. Beim Ändern des Aktienkurses müssen alle Spieler ihre Holzscheiben mit der betroffenen Farbe entsprechend dem überdeckten Wert eine Anzahl von Einheiten nach oben oder unten verschieben.

Und jetzt kommen die hübschen Knackpunkte des Spiel-Designs:

1. Beim Kaufen dürfen die Spieler sich nicht irgendeine beliebige Holzscheibe aussuchen, sondern sie müssen eine aus der offenen Auslage wählen. Genauso können die Spieler beim Kurs-Ändern nicht eine frei wählbare Gesellschaft fördern oder schädigen, sondern sie müssen dafür ebenfalls eine Holzscheibe aus der offenen Auslage hernehmen. Das Angebot ist klar begrenzt, und es wird enger und enger.

2. Zu Beginn einer Runde wird in die offene Auslage eine Holzscheibe mehr gelegt, als für die beiden Aktionen aller Spieler benötigt werden. Diese letzte, übrig bleibende Holzscheibe kennzeichnet eine Gesellschaft, die “ordentlich ihre Steuern“ bezahlt” hat. Hat eine Gesellschaft bis zum Spielende keine Steuern bezahlt, so ist ihr Aktienkurs nichts wert, die besitzenden Spieler erhalten dafür keine Vergütung. Hat umgekehrt eine Gesellschaft bis zum Spielende wenigstens einmal Steuern bezahlt, so werden etwaige Kursverluste neutralisiert, die besitzenden Spieler bekommen für Aktienwerte im Minusbereich nichts abgezogen.

3. Hübsch ist auch der Zugreihenfolge-Effekt: die Holzscheiben in der offenen Auslage geben auch die Reihenfolge an, in der die Spieler in der nächsten Runde ziehen. Zuweilen ist es hilfreich, der Erste zu sein, um das beste Stück zu erwischen; zuweilen ist es aber noch wichtiger, der Letzte zu sein, um eine definierte Gesellschaft als Steuersünder bzw. Nicht-Steuersünder ausweisen zu können.

Einfach aber tricky! In zwei Durchgängen wurde Walter zweimal weit abgeschlagen Letzter. Er war sich keines Spielfehlers bewußt. Die Züge waren einfach abgefahren, bevor er aufgesprungen war. Doch seine Mitspieler bescheinigten ihm jede Menge Fehler, die er gemacht haben soll.

Moritz hatte den Weg zum Sieg sofort durchschaut. Er wollte ihn sogar beweisen können. „Bei jedem Kurs-Änderungszug kann ich genau ausrechnen, welchen Effekt er in der gegebenen Situation auf jeden Spieler ausübt, d.h. welcher Zug mir selber die meisten Punkte bringt oder den Mitspielern die meisten Punkte wegnimmt. Und das ist der beste Zug!

Während beim ersten Teil dieser Ausführung die Mitspieler noch mit trivial-zustimmenden Gemütern zuhörten, erfolgte zu seiner abschließenden Behauptung ein allseitiger Einspruch. Walter, der als Mathematiker allergisch ist gegenüber falschen Behauptungen und noch fälscheren Beweisen, wollte Moritz beim Wort nehmen und vor dessen Beweisführung eine genaue Formulierung seiner Behauptung niederschreiben. Dies führte fast zu einem Eklat, weil der eine auf eine exakte Formulierung der ursprünglichen Behauptung pochte, der andere aber schon kalte Füße bekommen hatte und windelweiche Ausreden suchte. Schlußendlich einigten wir uns auf Moritz’ Aussage: „Wenn wir die Wahrscheinlichkeiten in Ansatz bringen, mit denen die verschiedenen Holzscheiben auf die Auslage kommen, welchen Einfluß sie damit auf die Zugreihenfolge ausüben, dabei auch noch berücksichtigen, mit welcher Wahrscheinlichkeit die einzelnen Spieler für oder gegen eine Gesellschaft agieren, und dies alles noch in Relation zu den möglichen Wertefeldern auf dem großen Spielbrett sehen, dann sind wir mit großer Wahrscheinlichkeit klüger, als wenn wir das nicht tun.“

Welche Aussage er zur Auswahl beim Kaufen einer Aktie gemacht hatte, das habe ich vergessen.

Andere Zitate aus dem Spielverlauf:
„Ich muss jetzt einen fahren lassen.“
„Ich werden jetzt das Maximum an Punkten zerstören“
„Grau haben wir alle, bis auf NN, der hat zwei!“
„Ich nehme jetzt nur eine von den beiden mir-nichtsnutzigen aber NN-schädigenden gelben Scheiben, nimm’ du auch eine!“
„NN macht die ganze Zeit schlechte Züge!“
„Wenn NN nicht vorne ist, brauchst Du ihm auch nicht zu schaden.“
„Dieser Zug war die einzige Möglichkeit, nicht Dritter zu werden, sondern mit NN gemeinsam Zweiter.“

WPG-Wertung: Aaron: 9 (herrlich, ich wünschte, ich hätte das gemacht), Günther: 7 (erfordert eine Schach-ähnliche Berechnung [AbN: War das jetzt gut oder schlecht?]), Moritz: 5 (das Spiel funktioniert, man kann aber keine Strategien fahren, sondern nur taktisch auf die gegebene Situation reagieren), Walter: 7 (hat einige hübsche, neue Ideen umgesetzt und ist schnell, das sind eigentlich genau die Kritiken für gute neue Spieleerfindungen).

2. “Loot Island”

„Loot Island“ – Selbst der Autor muss im Regelheft nachschauen
Endlich lag Aarons Neuschöpfung als professionelles Produkt auf dem Tisch; 20 mal zuvor haben wir uns an den Prototypen versucht. Die jetzige offizielle Fassung war uns allen noch unbekannt.

Der ursprüngliche Dreh- und Angelpunkt, das Mitsetzen auf die Ausgrabungsstätte, in der nach Schätzen gebuddelt wird, ist geblieben und hat nichts von seiner Eleganz eingebüßt. Damit das Ganze aber nicht allzu denkerisch daherkommt, sondern ein spielerisch-chaotisches Element erhält, kann die Reihenfolge, nach der die Ausgrabungsstätten gewertet werden, per taktischem Spielzug verschoben werden. Wer sich zu solitär an einer Stelle engagiert, hat erhebliche Schwierigkeiten, hier seine Schäfchen ins Trockene zu bekommen.

Auch die Schätze, die jeweils gefunden werden, sind nicht mehr linear oder progressiv in ihrer Wertigkeit, sondern eine ganze Reihe von Sonderprämien sind damit verbunden, so dass jeder Spiele nach individuellen Prioritäten auswählen kann.

Jetzt sind die Schätze auch mit einer Unmenge von Flüchen versehen (das Spiel heißt ja auch nicht „Schatzinsel“ sondern „Insel der Flüche“), und es ist eine weitere Herausforderung des Spiels, diese bis zum Schluss alle wieder loszuwerden bzw. auf eine erträgliche Anzahl zu begrenzen.

Jede Menge spielerisches Beiwerk machte aus der ursprünglichen, höchst interaktiven Denkerarbeit eine höchst interaktive Spielerei. Für intelligente Familien durchaus geeignet.

WPG-Wertung: Aaron: (würde für sei eigenes Kind natürlich sehr gerne 10 Punkte vergeben, wollte sich diesbezüglich aber anders verhalten als Martin Wallace), Günther: 7 (hohe Interaktion, das Herzstück des Spiels, das gemeinsame Bauen, ist ein sehr gelungenes Element), Moritz: 8 (enthält viele ausgearbeitete Ideen, von den Rundenkarten angefangen, über die Auswahlkarten und die Spielkarten bis hin zu den Prämien, besitzt Dynamik und hohe Variabilität), Walter: 7 (sehr gute, spannende Interaktion, 8 Punkte für das gemeinsame und doch konkurrierende Bauen, 6 Punkte für die verfluchten Schätze und den darin ausgelobten Prämien.)

3. “Les Poilus”

Ein kooperatives Mau-Mau-Spiel mit Schikanen. In mehreren Runden müssen wir einen Vorrat von etwa 40 bis 60 Farbkarten loswerden. Mit 25 Karten fangen wir an, pro Runde kommen dann (mindestens) 3 weitere Karten dazu. Wieviele Karten pro Runde jeder Spieler auf die Hand bekommt, entscheiden wir von Fall zu Fall gemeinsam im Team. Zu Spielbeginn sind es 3 Karten pro Spieler.

Reihum wählt jeder Spieler jeweils eine Karte aus seiner Hand und legt sie entweder auf den gemeinsamen offenen Abwurfstapel oder in seine private Auslage.

Pro Karte ist vorgeschrieben, wohin sie abgelegt werden muss. Es gibt „Standardkarten“ in sechs verschiedenen Farben, die meisten davon sind zweifarbig, einige auch dreifarbig; diese Karten müssen auf den Abwurfstapel. Und es gibt „Sonderkarten“, diese muss ein Spieler nach dem Ausspielen in seine private Auslage nehmen. Zwei Grund-Abwurfregeln sind zu beachten:

1. Auf dem Ablagestapel dürfen kein drei Karten vorkommen, die die gleiche Farbe aufweisen, und

2. Kein Spieler darf vier Sonderkarten in seiner privaten Auslage haben.

Kann ein Spieler entsprechend diesen beiden Regel keine Karte mehr spielen, so muss er für diese Runde passen. Haben alle Spieler gepasst, so ist eine Runde „erfolgreich“ abgeschlossen: der offene Abwurfstapel wird beseitigt; die Spieler behalten die nicht gespielten Handkarten und bekommen dazu eine entsprechend der Team-Entscheidung definierte Anzahl neuer Karten. Zusätzlich kommen soviele Karten, wie die Spieler insgesamt nicht spielen konnten oder wollten, aus der Reserve in den Vorrat. Je mehr Runden wir spielen, desto mehr Karten müssen wir also insgesamt loswerden.

Eigentlich ganz einfach, und es sollte fast ein Kinderspiel sein, den Vorrat in 6 bis 7 Runden abgelegt zu haben. Aber jetzt kommen die Schikanen.

Auf den Sonderkarten stehen weitere Bedingungen für das Ablegen. Z.B. „Keiner darf passen, solange er noch eine Karte auf der Hand hat.“ Oder „der Spieler, der diese Karte in seiner Auslage hat, darf nur als Letzter passen.“ Was sind die Konsequenzen dieser Bedingungen? Die Grund-Abwurfregeln könnten verletzt werden. Z.B. kann ein Spieler dadurch gezwungen, die unerlaubte dritte Karte einer Farbe auf den Abwurfstapel zu legen. In diesem Fall ist eine Runde ebenfalls beendet, allerdings „ohne Erfolg“: der offene Abwurfstapel wird nicht beseitigt, sondern wird wieder in den Vorrat gemischt.

Falls ein Spieler über eine dieser Schikanen-Regeln sogar eine vierte Sonderkarte in seine private Ablage legen muss, so ist das Spiel aus und alle Spieler haben verloren. Gewonnen haben sie, wenn sie den gesamten Vorrat ablegen konnten ohne dabei gegen die Grund-Abwurfregeln verstoßen zu müssen.

Da mit dem gewöhnlichen Kartenmix ein totaler Abwurfsieg nur schwer zu erzielen ist, gibt es ein paar Warmduscher-Regeln:

1. Jedem Spieler ist eine definierte Farbe zugewiesen; er darf einmal pro Spiel eine Karte dieser Farbe vom offenen Abwurfstapel entfernen.

2. Die Spieler dürfen pro Runde einem beliebigen Spieler „Rückhalt“ gewähren, so dass er zwei Karten aus seiner privaten Ablage beseitigen darf.

Weil damit ein Sieg aber wiederum zu leicht würde, ist auf einigen Farbkarten noch ein „Handicap“ eingezeichnet. Wenn eine solche Karte gespielt wird, muss von der Reserve her eine zusätzliche Karte gespielt werden. Damit kann es passieren, dass damit bereits die dritte Karte eine Farbe auf den Abwurfstapel kommt und die Runde erfolglos beendet werden muss.

Sind wir den gesamten Vorrat losgeworden, so haben wir alle gemeinsam gewonnen. Sind alle Karten aus der Reserve ins Spiel gekommen, ohne dass wir den Vorrat abgearbeitet haben, so haben wir alle verloren. Aus die Maus.

Und warum heißt das Spiel „Les Poilus“? Nach Wikipedia (und nach dem Regelheft) bedeutet das französisch „der Behaarte“ und ist eine umgangssprachliche Bezeichnung für einen französischen Frontsoldaten des Ersten Weltkrieges. Und was haben die französischen Frontsoldaten mit Mau-Mau zu tun? Spieleautoren und Spielverlag entschuldigt meine „Übersetzung“ eueres Spiels. Die Karten in „Les Poilus“ sind nämlich keine Farbkarten, sondern „Bedrohungskarten“ auf denen anstelle von Farben die „Bedrohungen“ Giftgas und Granate, sowie Wetterunbilden abgebildet sind. Die Sonderkarten sind „Schwere Schläge“, und jedem Spieler wird keine Farbe zugewiesen, sondern ein definierter Soldatentyp, der einmal eine der zugewiesenen Bedrohungen abwehren kann.

In der neuesten Spielbox schreibt doch tatsächlich ein Kritiker: „Obwohl das Thema düster und grauenvoll ist, und wohl das Ernsthafteste, das jemals auf den Tisch kam, ist die Qualität des Spiels nichtsdestoweniger herausragend. Mit einfachen Mitteln eines Kartenspiels ist es gelungen, die harte historische Realität einfühlsam darzustellen!“ Die Spielautoren selber bekunden: „Wir haben uns entschieden, diesen Massenwahnsinn aus der Sicht des Einzelnen zu betrachten, durch die Brille seiner täglichen Sorgen und Ängste. Für diese Menschen war die einzige Erleichterung ihr Zusammenhalt, ihre Brüderlichkeit und ihr Vermögen, sich gegenseitig zu unterstützen und zu helfen, einzeln und gemeinsam.“ – Oh mein Gott, und dass alles sollen wir spielerisch nachempfinden? Für mich wird damit eher die Mentalität für den nächsten wahnsinnigen Weltkriegseinsatz vorbereitet. Schaut euch doch mal den Film „Kolberg“ von Veit Harlan an und vergegenwärtigt euch, wer diesen Film und warum finanziert hat! Hat Sylvie Goulard vielleicht einen großen Batzen Geld zur Entwicklung von „Les Poilus“ beigesteuert?

WPG-Wertung: Aaron: 4 (nichts, was ich noch einmal spielen möchte, auch nicht in einer größeren Runde), Günther: 3 (Ich bin am grübeln …, warum musste man ausgerechnet dieses Kriegs-Schlamm-Thema zugrunde legen; der ganze Gag sind die … Effekte, und über diese wird man gespielt), Walter: 3 (kein Verständnis für diese Art von Kooperation, das Spiel könnte man besser als offenes Knobelspiel abwickeln.).