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16.12.2015: Mobiles vom Eisenstein und Immobiles aus New York

Es war einmal eine Familie, die gern in den Urlaub fuhr und immer in denselben hübschen Hotels abstieg. Irgendwann fing die Familie gag-halber an, für ein Hotelbewertungsportal Bewertungen zu schreiben. Das kam gut an.
Dann fuhr sie nicht mehr in die paar guten Hotels, sondern klapperte jede Absteige ab, “denn man muss ja alle mal gesehen haben, und wir müssen Bewertungen schreiben”.
(Anfangskapitel aus Peters „Die Tragik der Westpark-Gamers“.)

1. “Phalanxx”

Die Phalanx erschrickt den Weihnachtsmann
Die Phalanx erschrickt den Weihnachtsmann

Als Vorweihnachtsgeschenk hat uns Bernd Eisenstein sein neuestes Produkt zum Testen übergeben. Seit 2003 sind Bernds Spiele bei Luding registiert. Am Anfang hat er noch „gesündigt“ und dafür Namen quer durchs Alphabet vergeben („Maya“ war sein erstes Spiel, „Zack & Pack“ kam 2008, später „Alea Iacta Est“ und „Artifact“ zusammen mit Jeffrey D. Allers). Seitdem er unabhängig ist, und die Spiele im Eigenverlag herausbringt, fangen die Namen seiner Spiele alle mit „P“ an (z.B. „PAX“, „Porto Carthago“ „Palmyra“, „Peloponnes“ und „Pergamemnon“.) Das ist sicher kein Zufall und vielleicht eine von FF abgeschaute Marotte, auch wenn Bernd nicht Pernd Peisenstein heißt. Vielleicht wird er mal den Algorithmus zu seiner Namensvergabe verraten. Vielleicht hat er ja eine heimliche Liebe Penelope. Seine VOR-Lieben liegen zumindest alle im griechisch-antiken Raum.

In „Phalanxx“ breiten sich alle Spieler von gegebenen Startpunkten in die kleinasiatische (bzw. in irgend eine abstrakte Hexagon-) Landschaft aus. Die ersten Züge sind friedlich, dann kommen sich die Spieler gegenseitig in die Quere und verdrängen sich. Wer stärker ist kann seinen Gegner jederzeit ohne irgendwelche Kampfenscheidungen nach Hause schicken. Der eigentliche Kampf geht darum, rechtzeitig stärker zu sein als der Nachbar, dessen Felder man sich unter den Nagel reißen möchte.

Eigentlich kriegerisch, aber doch nicht so tödlich-peinlich, wie es auf den ersten Blick aussieht, denn die Anzahl der Krieger eines jeden Spielers ist stark begrenzt. Wer seine Soldaten alle verschossen hat, kann sich nur noch zahnlos auf den Feldern der Siegpunkt-Ehren tummeln und warten, bis das Spielende eintritt. Für die nach Hause geschickten Pöppel der Mitspieler dagegen gibt es nahezu bis zur Schlussrunde unbegrenzt neue Betätigungsfelder.

Die Stärke eines Spielers ist gleichzeitig die Anzahl seiner Siegpunkte, mit denen er am Ende aufs Treppchen steigt. Zum Siegpunkte-Sammeln muss man sich aus einer angebotenen Auslage von Stärke-Karten, die in sich eine Menge Abhängigkeiten in Bezug auf Zulässigkeit und Wirkung besitzen, in der richtigen Reihenfolge die besten heraussuchen. Hier hat Bernd in seiner bekannten, gekonnten Manier die weitsichtige Planbarkeit mit kurzsichtigem Zufall verheiratet. Vor allem aber sein aus Würfeln basierter Zugmechanismus ist neu, elegant, und in sehr interessanten Aspekten antagonistisch.

Keine WPG-Wertung für ein Spiel in der Entstehungsphase.

2. “New York 1901”

Dreimal im Monat Dezember lag dieses Spiel jetzt bei uns auf dem Tisch. (Siehe frühere Reports.) Wenn man es spielerisch und GAAANZ locker nimmt, ist es eine hübsche Entspannungsübung nach einem schweren Tobak. Doch wer will, kann dabei auch denken! Hoffentlich nur wohldosiert denken, sagte doch schon der alte Paracelus, dass es die Dosis macht, ob etwas Gift oder kein Gift ist.

Zwei erfahrene New Yorker wollten ohne die Kinkerlitzchen von Aktionskarten spielen. Sie stören nur innerhalb der Lockerungsübungen und geben den mutwilligen Denkern auch noch unnötigen Stoff zur Ablaufverlangsamung. Tonkünstler Moritz hingegen wollte „puristisch“ nach den Regeln spielen und die Aktionskarten auf jeden Fall dabei haben. Er mag es auch nicht, wenn man an seinem „Hämmerklavier“ herumoptimiert und bewusst einzelne Takte weglässt. Das Genie setzte sich durch.

Am Ende gingen die Grundstückskarten nicht auf! Es gab noch zwei Stück in der Auslage ohne passende Bauplätze auf dem Spielbrett! Wer hat hier falsch gespielt? – Wen interessierte das auch schon? – Unser Genie natürlich! Glücklicherweise kann man in „New York 1901“ anhand der gesammelten Grundstückskarten eines Spielers und in Relation zu seinem Immobilienbesitz rekonstruieren, bei wem etwas falsch gelaufen ist. Walter, dem häufiger so ein Unglück passiert, und dem von Elitespielern sogar unterstellt wird, dass das nicht immer ohne Absicht geschieht, war froh, dass nicht er der Schuldige war.

Moritz gewann mit Günthers Siegstrategie als „Bronze-Baron“. Es gehört ein gewisse Selbstbeherrschung dazu, seine bronzenen Basis-Gebäude nicht zu überbauen und für seine höherwertigen Gebäude jeweils neue Bauplätze zu erwerben und zu warten, bis sie groß genug sind. Moritz nahm sich das vor und er schaffte es auch. Die dafür ausgelobte Prämie von 15 Siegpunkten brachte ihm – wie auch letzte Woche unserem Günther – den Sieg.

Aaron, der für das Spiel immerhin 6 gute Punkte vergeben hat, gab kund: „Ich brauche das Spiel kein viertes Mal zu spielen!“

Und noch eine allgemeine Kritik: Die Farbgebung für die Grundstücke in den Karten und auf dem Spielbrett ist äußerst unglücklich: gelb, orange und pink sind im Lichterschein vom Westpark nur schwer voneinander zu unterscheiden. Außerdem sind die gestrichelten Linien auf den Grundstücken absolut kontraproduktiv: sie erschweren ganz klar das Erkennen der Grundstücksgrenzen. Absicht oder nicht: es ist schlecht und unterstützt die Verwechslungsgefahr.

WPG-Wertung: Zum bisherigen WPG-Schnitt von 6 Punkten vergab Horst deren 7 (das Spiel hat einen gewissen Wiederspielreiz. [Er hat das Spiel heute zum ersten Mal gespielt.])

Wir wünschen allen unseren Mitgliedern, Freunden und Lesern ein gesegnetes Weihnachtsfest und ein glückliches Neues Spielejahr!

09.12.2015: Deutscher Adel

Ein chinesischer Pastorensohn hat vor achtzig Jahren in Amerika eine Formel für den Nationalcharakter von Völkern entwickelt. Aus den Elementen R (= Realitätssinn), T (= Träumerei bzw. Idealismus), H (= Humor) und S (= Sensitivität), zusammen mit dem Mengenbezeichnungen 4 = ungewöhnlich stark, 3 = stark, 2 = durchschnittlich und 1 = schwach hat er für DIE Deutschen herausgefunden:

deutsch = R3T4H1S2

Fast so ein Bullshit, wie ihn Goldhagen sechzig Jahre später auf seine Art verzapft hat. In dreißig Jahren werden sich eine halbe Millionen eingeflüchteter, heimisch gewordener Syrier unter diese Formel beugen müssen!

Wir haben ja schon unlösbare Schwierigkeiten, die deutschen Spieler, eine kleine Teilmenge von R3T4H1S2 unter einen Hut zu bringen. Die einen wollen in ihrem Spielvergnügen eine reine, klare, logische Spielidee meistern, die anderen brauchen dazu mindestens noch einen Würfel, etwas Chaos und viel Glück, und die dritten benötigen drum herum ein Brimborium von Lametta und nach Möglichkeit auch noch einen Eimer voll Dreck, mit dem sie ihre Mitspieler ideell bewerfen können.

Solange wir nur Spieler sind, können wir uns als Mitspieler Gleichgesinnte heraussuchen und mit ihnen dem Spielvergnügen frönen, das alle für gut und schön empfinden. Sind wir aber Spieleautoren, die nicht nur für ihren eigenen kleinen Kreis Spiele erfinden, sondern am Markt eine gewisse Akzeptanz suchen, dann müssen wir schon eine Menge Kompromisse machen mit dem, was wir selber für gut und richtig halten und dem, was Markt und (Verlags-)Meinung uns aufs Auge drückt. Aaron weiß ein Lied davon zu singen.

1. “Celestia”

Eine Weiterentwicklung bzw. eine simple Expansion von „Cloud 9“ vom gleichen Autor Aaron (ein anderer) Weissblum. Wir sitzen im gleichen Ballon wie von „Cloud 9“; der pro Fortschritt wechselnde Pilot würfelt mit zwei bis drei Würfeln die Unbilden des Wetters aus und muss sie mit den ihm zugeteilten „Ausrüstungskarten“ meistern. Wer fürchtet, dass der Pilot die aktuellen Herausforderungen nicht schafft, darf aussteigen und bekommt eine Siegpunktkarte gemäß seinem Ausstiegspunkt. Schafft der Pilot es tatsächlich nicht, so stürzt der Ballon ab und alle übrig gebliebenen Passagiere einschließlich Pilot bekommen gar nichts. Schafft es der Pilot, so rückt der Ballon auf das nächste, an Siegpunkten progressiv ertragreichere Feld vor.

Der simplen Idee von „push your luck“ bzw. „Can’t stop“ sind in „Celestia“ noch ein paar „Machtkarten“ hinzugefügt worden, mit denen man in den normalen Spielablauf eingreifen kann:

  • Mit dem “Raketenrucksack” überlebt ein Passagier auch einen Ballon-Absturz und bekommt die Siegpunkte entsprechend dem letzten Aufstiegspunkt. – Für Warmduscher.
  • Mit dem “Unfreiwilligen Aussieg” darf jeder Passagier willkürlich einen anderen Mitspieler aus dem Ballon drängen. – Für Miesnickel und Kingmaker!
  • Die “Alternative Route” erlaubt dem Kapitän, seine Wetter-Würfel nochmals neu zu würfeln. Der “Kaputte Antrieb” zwingt ihn dazu, seine Wetter-Würfel neu zu würfeln – Das eine ist gut gegen schlechte Würfe, das andere, eher in der Hand von bereits ausgestiegenen Passagieren, gut gegen gute Würfe.
  • Mit dem “Magischen Fernglas” kann der Kapitän unabhängig von seinen Ausrüstungskarten alle über ihn hereingebrochenen Wetterunbilden meistern.

Der Kapität MUSS die Wetterunbilden meistern, falls er die entsprechenden Ausrüstungskarten hat. Jokerkarten DARF er dabei beliebig einsetzt, muss aber nicht. Der Geburtsfehler von „Cloud 9“, dass der Pilot nicht beweisen muss, dass er die benötigten Ausrüstungskarten nicht besitzt, ist auch in „Celestia“ nicht beseitigt.

WPG-Wertung: Aaron: 6 (eigentlich ein 5er Spiel, aber mit schöner Grafik), Günther: 5 (so richtig hat es mich nicht begeistert), Moritz: 5 (repetitiv, die Situationen im Spiel sind alle sehr ähnlich, die statistischen Erfolgs-Chancen sind nicht abzusehen), Walter: 4 (ohne „Machtkarten“ wären es 5, aber die Machtkarten machen das bisschen statistisch-psychologische Hoffnung kaputt und fördern dazu noch bösartige Mitspieler-Willkür – igittigitt!)

2. “Nobiles”

Nobile: Der Vater und sein Kind
Nobile: Der Vater und sein Kind

Unter der Woche hatten Aaron und Walter daran gearbeitet, in Aaron’s Neuentwicklung ein paar Weichen neu zu stellen, das heutige Quartett sollte das Ergebnis begutachten.

Die reine Spielidee ist der Kampf um Unterstützung oder Verweigerung bei der Bekämpfung von Natur-Katastrophen an Frieslands Küste (oder wo auch immer), den jeder Mitspieler mit sich selber auszufechten hat. Wird der Kampf gewonnen, bekommen alle Mitspieler viele Siegpunkte und der Häuptling am meisten. Wird der Kampf verloren, so bekommen ein paar wenige Mitspieler wenige Siegpunkte, andere gar nichts.

Fazit: Die Balance zwischen den Erträgen für Häuptling und Fußvolk, zwischen Aufwand und Ertrag, sowie innerhalb der Belohnungen bei Erfolg oder Misserfolg ist schon sehr gut eingestellt. Die einen mögen jetzt noch mehr Lametta, die anderen mehr Zufall und die dritten eine stärkere Konzentration auf des Pudels Kern. Und der Autor möchte noch dazu, dass das Spiel schneller über die Bühne geht. Eine nur schwer lösbare Aufgabe innerhalb von R3T4H1S2, die nur mit Kompromissen und Enttäuschungen in die eine oder andere Richtung zu bewältigen ist.

Keine WPG-Wertung für ein Spiel in der Entstehungsphase.

3. “New York 1901”

Das Spiel hat letzte Woche mit 5,5 Punkte nur begrenzte Zustimmung gefunden. Allerdings hatten wir uns da noch eine falsch verstandene Bau-Fessel angelegt. Heute, nachdem drei der vier Mitspieler sieben Tage lang die Abläufe überschlafen und verinnerlicht hatten, bekam es noch eine Chance, und Moritz sollte Oberschiedsrichter sein.

Günther hatte insbesondere den Bronze-Meister zutiefst verinnerlicht und ließ sechs seiner Bronze-Wolkenkratzer bis zum Schluss unüberbaut stehen. Mit den dafür erzielten 15 Bonus-Punkten schoss er vom letzten Platz auf den ersten Platz vor. (Frage: Wie groß war maximal der Punktabstand zwischen dem ersten und dem letzten Spieler bei Spielende?)

Moritz war mit dem Spielausgang sicherlich nicht ganz zufrieden, auf jeden Fall aber mit dem Spiel. Beim nächsten Mal würde er einiges anders machen. Wenn es denn – für “New York 1901” – am Westpark ein nächstes Mal gibt.

WPG-Wertung: Aaron: 6 (bleibt, obwohl er diesmal noch mehr das Gefühl hatte, dass er gespielt wird. „entweder wurden mir alle begehrten Baupläne vor der Nase weggenommen, oder sie tauchten überhaupt nicht erst auf), Günther: 6 (bleibt), Moritz: 7 (flott, nicht überbrainy, ziemlich OK), Walter: 6 (ein Punkt mehr; auch wenn es nicht vom Hocker reißt, ist es doch eine recht saubere Konstruktion)

02.12.2015: Sprachverwirrung in New York

CEMS ist ein weltweiter Zusammenschluss von Universitäten zur Ausbildung von Führungspersönlichkeiten globale Unternehmen für künftige Generationen in einer mehrsprachigen, multikulturellen und vernetzten Geschäftswelt. CEMS fördert einen Kosmopolitismus mit Schwerpunktsetzung auf Spitzenleistungen unter hohen ethischen Standards, auf Verständnis und Unterstützung der kulturellen Vielfalt unserer Welt, sowie auf Verantwortung für die Gesellschaft als Ganzes.

Unser (Ex-)WPG-Kücken Basti hat jetzt auf dem CEMS Annual Events 2015 in einem Pulk mit 500 weiteren europäischen Studenten seinen Master entgegengenommen. Zusammen mit den Angehörigen, u.a. mit unserem Aaron, sind mehr als zweitausend Menschen zusammengekommen, um an der feierlichen Verleihung dieses Titels teilzunehmen. Im Mariinskiy-Theater von St. Petersburg (Hans-im-Glück lässt grüßen)! Jawohl, in Putins St. Petersburg. Die freundschaftliche Zusammenarbeit im univeritären Bereich klappt offensichtlich trotz politischer Hetze und wirtschaftlichem Boykott vorzüglich.

Warum sind denn die Spitzenpolitiker aller Staaten immer so bescheuert und glauben, mit Drohungen, mit Konfrontation und mit Bomben eine bessere, demokratischere, friedlichere Welt schaffen zu können. Und das setzen uns unsere obrigkeitsorientierten Journalisten und Medien auch noch täglich als der Weisheit letzten Schluss vor …!

1. “New York 1901”

Der Kampf der Regelhefte in „New York 1901“
Der Kampf der Regelhefte in „New York 1901“
Wolkenkratzer sind angesagt. Jeder Spieler beginnt mit einem kleinen Grundstück in Manhattan, zu dem er regelmäßig neue hinzukauft und früher oder später Wolkenkratzer (Papp-Plättchen) darauf baut, zuerst nur billige bronzene, später silberne und zum Schluss die siegpunktträchtigsten goldenen.

„Hinzukaufen“ ist zu kapitalistisch ausgedrückt, man bekommt sie kostenlos. Vier Gründstückskarten liegen jeweils aus; pro Zug darf ein Spieler sich eines davon nehmen. Die Grundstücke liegen in definierten, farblich unterschiedenen Gebieten. Um später goldene Wolkenkratzer darauf bauen zu können, muss man schon drei oder vier benachbarte Grundstücke erworben haben. Die bösen Mitspieler können die goldenen Träume allerdings vereiteln, indem sie sich selber die Nachbargrundstücke unter den Nagel reißen. Glücklicherweise hält sich diese Miesnickeligkeit in Grenzen, da jeder für seine eigene Entwicklung sich ja selber möglichst abseits gelegene Grundstücke aussucht.

Eigentlich ist der Spielablauf von „New York 1901“ ganz einfach; die Regel sind auf zwei, noch dazu bebilderten Seiten beschrieben. Doch der Teufel steckt im Detail. Beispiel: „Neue Wolkenkratzer können nur alte Wolkenkratzer einer älteren Entwicklungsstufe ersetzen“. Offensichtlich heißt das, dass neue Wolkenkratzer keine bestehenden Wolkenkratzer einer gleichen oder höheren Entwicklungsstufe überbauen dürfen. Heißt das aber auch, dass Wolkenkratzer einer höheren Entwicklungsstufe nicht auf dem blanken Boder erbaut werden dürfen? Nichts Genaues weiß man nicht. Aaron suchte im englischen Regelheft (“Demolished skyscrapers can only be replaced by skyscrapers from a more advanced generation”) und Peter im französischen (“Les nouveaux gratte-ciel ne peuvent remplacer que de gratte-ciel d’une technologie plus ancienne”). Nirgendwo steht, dass höhere Wolkenkratzer nicht gebaut, sondern damit nur überbaut werden darf. “Replaced” schließt doch ein “placed” nicht aus, und “remplacer” kein “placer”. Diese Interpretation fanden Aaron und Günther, Walter enthielt sich einer Wertung, Peter aber, wie konnte es anders sein, pochte mit seinem französischen „Original-Regelheft“ auf sein besseres Wissen und minorisierte die Mehrheit!

Über eine Stunde zog sich die Diskussion über diese und weitere Regeldetails hin. Offensichtlich bringt das am Westpark nicht nur Frust, sondern macht auch Spaß, sonst würde wir ja uns ja nicht regelmäßig dieser Prozedur unterziehen. Trotzdem, liebe Verlage, ist es denn so schwer, in einfacher Sprache klare Abläufe eindeutig zu beschreiben. Die ganze halbe Seite mit den „Regeln für Wolkenkratzer-Entwicklungsstufen“ könnte auf den nackten Satz gebracht werden: “Wolkenkratzer einer höheren Entwicklungsstufe müssen mindestens einen Wolkenkratzer der nächst-niedrigeren Entwicklungsstufe überbauen.” Oder, falls das Gegenteil gemeint ist: “Wolkenkratzer einer höheren Stufe dürfen auf den blanken Boder gebaut werden oder Wolkenkratzer von niedrigeren Stufen überbauen.”

Vorteile des Startspielers sind nicht wegzudiskutieren. Walter bekam als Startspieler in der ersten Runde sogleich den einzigen Drei-Felder-Bauplatz. Ebenso einen in der zweiten Runde. Damit erreichte er schnellstmöglich die 6-Punkte-Marke, womit er seine bronzenen 3er-Wolkenkratzer auch sogleich mit silbernen (vielleicht sogar mit goldenen!?) überbauen durfte. Außerdem schonte er damit seinen Vorrat von im Endspiel wichtigen 2er Wolkenkratzer. Er hatte als einziger keinerlei Engpässe bei der Auswahl seiner Gebäude in der Endphase des Spiels. Da Peter den Schluss einläutete, und Walter so auch noch den letzten Zug durchführen durfte, hatte er als einziger einen Zug mehr als allen anderen. Es reichte zum Sieg. Wer schon bestreiten will – was bei uns durchaus der Fall war -, dass der Startspieler einen Vorteil hat, der soll sich nur diesen Spielausgang vor Augen führen. Günther wurde Letzter; soviel zur intellektuellen Herausforderung von „New York 1901“!

Noch eine Kritik an den Aktionskarten, die Doppelzüge erlauben. Sie sind absolut überflüssig. Das Spiel läuft so überschaubar linear-stetig ab, dass der Durchbruch dieser Linearität durch Doppelzüge nur mehr Unberechenbarkeit, aber keine zusätzliche Spielfreude mit sich bringt.

WPG-Wertung: Aaron: 5 (der Spielspaß ist eher bescheiden. Was ist überhaupt die Herausforderung?), Günther: 6 (das Spiel besitzt keinen besonderen Clou, aber innerhalb der Spielzüge eine gewisse taktische Vielfalt), Peter: 5 (1 Punkt mehr aus Frankophilie, man hat sein Glück nicht selber in der Hand, weil jeder Mitspieler die trächtigsten Pläne vermaseln kann), Walter: 5 (das Spiel funktioniert und ist schnell [kann schnell sein], der Spielablauf ist allerdings ziemlich schlicht und [wahrscheinlich] schnell ausgelutscht).

2. “Regenbogen Schlange”

Tischauslage der Regenbogen-Schlange
Tischauslage der Regenbogen-Schlange
Alle Spieler verlangten nach unseren 45 Minuten allgemeines Anfangspalaver, 75 Minuten Kampf mit New Yorks Regelauslegung und 60 Minuten Immobilien-Management ein schnelles, lockeres Kartenspiel zur Entspannung. Walter fand in seinem Schrank eine noch jungfräuliche „Regenbogen Schlange“, im Jahre 1999 geboren und zehn Jahre später reinkarniert. Alle WPG waren sofort dafür, und Aaron durfte die Regeln erklären. Schon beim ersten Satz des Regelhefte fiel ihm die Kinnlade herunter: „Alle Spieler versuchen, möglichst lange Regenbogenschlangen zu bilden. Eine Schlange besteht immer aus einem Kopf, mindestens einem Mittelteil und einem Schwanz.“ Das ist exakt das Prinzip von seiner neuesten Neu-Entwicklung „Worms“, mit der er immer noch stark schwanger geht.

Der Rest der Regenbogen-Schlange ist allerdings grundsätzlich anders als seine Würmer. Jeder Spieler hat nur eine einzige Karte mit Kopf, Schwanz oder Mittelteil einer Schlage auf der Hand. Die Tierteile sind in den Farben des Regenbogens gestaltet, wobei in jedem Schlangen-Mittelteil eine Farbe in eine andere übergeht: grün in blau, blau in violett, violett in rot etc. Diese eine Handkarte muss der Spieler farbgerecht an eine der bestehenden Schlangen-Torsos auf dem Tisch anlegen oder damit einen neuen Schlangen-Torso anfangen. Freiheitsgrad Null. Da man allerdings u.U. ein zweifarbiges Mittelteil mit jeder seiner beiden Endfarben anlegen kann – auch wenn das für den Anleger selbst keinen erkennbaren Nutzeffekt hat – , ist der Freiheitsgrad leicht größer als 0.

Wer einen bestehendes Schlangen-Torso mit einem Kopf- bzw. Schwanzstück abschließen kann, darf alle Schlangenkarten als Siegpunkte an sich nehmen. Da man beim Legen eines Mittelstückes, wenn es denn farblich ausgeht, auch zugleich zwei passende Schlangen-Torsos verbinden kann, ist damit sogar eine gewisse optische Herausforderung bei der Betrachtung der Torso-Auslage auf dem Tisch gegeben. Für 4-Jährige gerade richtig.

Aaron muss glücklicherweise seine „Worms“ nicht einstampfen. Walter wird das Spiel hoffentlich in Erinnerung behalten, wenn seine jetzt zweijährige Enkeltochter im nächsten Jahr die Farben gelernt hat.

Keine WPG-Wertung für ein Klein-Kinder-Spiel.

3. “Hamsterbacke”

Ebenfalls ein lockeres Kartenspiel, immerhin für Erwachsene ab 8 Jahre. Der Zahlenraum von 1 bis 4 muss beherrscht werden.

Im September dieses Jahre lag das Spiel schon zweimal bei uns auf dem Tisch, das erste Mal mit Wohlwollen betrachtet, beim zweitem Mal mit leicht reduzierter Lust. In Session-Report vom 2. 9. steht schon genug über die Regeln, das können wir uns hier jetzt sparen.

Kontrovers war die Diskussion, ob „Hamsterbacke“ nach Peters Sofort-Einschätzung ein reines Glücksspiel ist, oder nicht. Nein, rein ist das Glück gewiss nicht, aber den Glücksfaktor für „Hamsterbacke“ genauso hoch einzuschätzen wie für „6 nimmt!“, das halte ich für ein reines Sakrileg!

WPG-Wertung: Peter vergab 6 Punkte (lustig, nett, daher mehr als 5, aber zu chaotisch, daher keine 7), Walter reduziert seine bisherigen 7 Punkte auf 6 (man ist in seinen theoretischen Freiheitsgraden im Kartenmanagement durch das regelmäßige Schröpfen des Spielers mit den meisten Karten in der Praxis doch erheblich eingeschränkt), Aaron und Günther blieben bei ihren 7 Punkten.

4. “6 nimmt”

Da in der Diskussion um „Hamsterbacke“ das Stichwort „6 nimmt“ gefallen war, musste dieses Spiel gleich anschließend antreten, um seine Qualitäten zu zeigen. Es wurde viel mehr gedacht als bei „Hamsterbacke“, es wurde auch viel mehr gelacht, aus tiefstem Herzen der Erleichterung, wenn der Kelch an uns vorüber gegangen war, und ein anderer Spieler die Reihen mit den teuren Strafkarten an sich nehmen musste. Schadenfreude gab es bei „Hamsterbacke“ auch, aber keinesfalls diese Freude der Erleichterung!

In jedem Fall ist „6 nimmt“ ein taktisches Spiel. Kein Wunder, dass diesmal Günther mit hohem Abstand gewann. Ich will hier nicht schon wieder anführen, wo er bei „Hamsterbacke“ gelandet ist …

Keine neue WPG-Wertung für ein 8-Punkte-Spiel, in dem lediglich Peter mit 6 Punkten deutlich nach unten abkackt.

5. “Nobiles”

Peter war diesmal schon mit der fast letzten U-Bahn abgedüst, als Aaron die übrig gebliebenen Mitspieler um eine Begutachtung der allerneueste Version seines „Nobiles“ bat. Selbstverständlich waren alle zur Unterstützung einer Spielentwicklung bereit.

Neu wurde ein Würfel ins Spiel gebracht, um vordefinierte Kalamities in leicht randomisierte Kalamities zu verwandeln. Höfe, Deiche, Kreißsäle etc. wurden neu dimensioniert. Ebenfalls wurde an den Schrauben für Siegpunkte gedreht. „Viel Lob, großes Lob!“ – das hatte es gegeben, als die vorletzte Überarbeitung im Juni dieses Jahres für Moritz und Peter aufgelegt wurde. Diese Euphorie kam bei der diesmal aufgetischten Version nicht auf. Es ist halt nicht so leicht, es allen recht zu machen. Spieletester nördlich des Mains gehen offensichtlich anders an Spiele heran als wir. Und wir am Westpark haben sowieso keine markt-relevante Meinung.

Keine WPG-Wertung für Spiel in der Entwicklungsphase.