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14.10.2020: Versailles oder Leningrad

1. “Versailles 1919”

Szenerie in “Versailles 1919”

Es geht um die berühmt-berüchtigte Konferenz, in der die weltumspannenden Ergebnisse des Ersten Weltkrieges fixiert wurden. Moritz betonte, dass dies das erste Spiel zu diesem Thema sei, auch wenn es über den Verlauf des Krieges selbst (genauso wie über WWII) natürlich hunderttausende von Simulationsspielen gibt.

Wie laufen solche Konferenzen grundsätzlich ab? Zunächst mal setzen sich die drei oder vier mächtigsten Nationen zusammen und machen unter sich aus, wen sie am Verhandlungstisch zulassen wollen. In V1919 sind das England und Frankreich, und wenn sie es unbedingt wollen (3-Personen-Spiel), dann dürfen auch die USA bei den Großen dabei sein.

Dann wird entschieden, welche weitere Nationen noch an den Katzentisch dürfen. In V1919 ist das nur Italien. (Beim Wiener Kongress waren es noch hundert andere Delegationen. Sogar das besiegte Frankreich war dabei.) Falls man hier eine Erweiterung für ein 5-Personen-Spiel vorhat, würde ich den Vatikan als nächste Großmacht empfehlen. (Solange es ihn noch gibt.)

Jetzt wird eine Liste mit den zu lös(ch)enden Brennpunkten aufgestellt. In V1919 hat man sich auf 53 beschränkt. Deutschland selber ist nur von einem Bruchteil der Themen betroffen, z.B. Ostpreussen, Schlesien, das Rheinland und natürlich Togo und Deutsch-Südwest-Afrika als geographische Regionen. (Elsaß-Lothringen hat man tunlichst weggelassen.) Weiterhin natürlich auch von Sachthemen wie die Hochseeflotte, die Entmilitarisierung, den Anschluss Österreichs und die Reparationen. (Tunlichst wurde auch die Kriegsschuldfrage hier nicht wieder aufgetischt.) Bei der Mehrheit der anderen, weltweit zu regelnden Fragen geht es auch um das Stimmrecht für Frauen, die Reform der Arbeiter-Bewegung, und was die Autoren Mark Herman und Geoff Engelstein noch alles dazu zusammengetragen haben.

Jedes dieser Themen ist auf einer Karte aufgedruckt. Dazu die möglichen Entscheidungs-Alternativen, z.B. kann das Rheinland bei Deutschland bleiben, von Frankreich besetzt werden oder ganz an Frankreich fallen. Reparationen können niedrig, mittel oder hoch ausfallen.

Wie im richtigen Leben kommen diese Themen aber nicht systematisch zur Entscheidung, sondern so, wie sie von einer der Großmächte gepuscht werden. Jeweils zwei Themen liegen entscheidungsbereit auf dem Tisch, drei weitere sind als Nachfolge-Themen für die nächsten Beratungen vorgesehen. Wer am Zug ist, kann sich für jeweils zwei dieser insgesamt fünf Themen stark machen, indem er Einfluss-Stimmen darauf setzt. Damit wäre sein Zug beendet. Schnell und schmerzlos. Er kann aber auch für eines der beiden Tisch-Themen die Entscheidung herbeiführen. Das tut er natürlich besonders gerne, wenn die Aussichten für ihn gut stehen. Wer dort jetzt den (relativ) meisten Einfluss hat – das muss nicht der Entscheidungs-Auslöser sein -, kann beliebig einen der vorgegebenen Entscheidungsausgänge bestimmen. Er bekommt die Karte (mit Siegpunkten) und löst je nach Ausgang verschiedene Nebeneffekte aus: einzelne Großmächte werden beliebter (selten) oder unbeliebter (häufig), strategische Positionen werden bezogen (jeweils siegpunkt-relevant) und/oder die politische Unruhe in den verschiedenen Gebieten der Welt wächst.

Ab und zu (zufallsgesteuert, aber oft) wird die politische Unruhe abgeprüft. Übersteigt sie irgendwo (ausgewürfelt) einen Grenzwert (ausgewürfelt), so wird eine bereits gefallene Entscheidung aus dieser Region neu aufgerollt. Der Spieler, der die entsprechende Themenkarte besitzt, muss sie hergeben, und sie gerät in die Hände dessen, der am meisten Militär und/oder Einfluss dafür einsetzt. Dieser darf dann hierfür eine beliebige neue Entscheidungs-Alternative wählen.

Um wertvolle Themenkarten durch solche Unruhen nicht zu verlieren, kann jeder Spieler rechtzeitig Militär in die entsprechende Region senden. Damit wird die Unruhe gedeckelt, und falls sie doch noch ausbricht, erhält man Vorteile bei der Bestimmung des nachfolgenden Entscheidungsrechts. Allerdings macht man sich durch jede Art von militärischem Einsatz in der Heimat unbeliebt, denn die Bevölkerung aller Nationen ist kriegsmüde, und reagiert mit Unwillen auf jede Art von Vergeudung von öffentlichen Mitteln für diesen unsinnigen Bereich.

Der Auslöser einer Entscheidung bekommt aber das wichtige Vorrecht, eines von den drei vorgesehenen Nachfolge-Themen auf den Tisch zu bringen. Naturgemäß wird er das auswählen, auf dem er den größten Einfluss hat. Weiterhin werden ihm zwei neue Themen zur Auswahl gegeben und er kann beliebig bestimmen, welches davon bei den Nachfolge-Themen eingereiht wird. Das andere fällt mir-nichts-dir-nichts unter den Tisch, könnte aber u.U. durch einen nachfolgenden Auslöser wieder hervorgeholt werden (, was bei uns nicht vorkam).

Nach jeder Themen-Entscheidung treten charismatische Persönlichkeiten auf, von Mahatma Gandhi bis Kemal Atatürk, die Unruhe-Pegel, Militär und Einfluss-Marker oder die Zufriedenheit der Bevölkerung modifizieren.

Ist das Spiel jetzt themenorientiert? Spielt es eine Rolle, ob Gandhi auftritt? Oder ob die Unabhängigkeit von Slowenien verhandelt wird? Absolut nicht. In der Regel haben wir kein einziges Brennpunkt-Thema durchgelesen und bei den möglichen Entscheidungs-Alternativen lediglich auf die Bilder geschaut: England und die USA verlieren je einen Zufriedenheitspunkt? Der Franzose wäre dafür, die anderen beiden nicht. Im Mittleren Osten steigt die Unruhe? Wen juckt’s?! Die USA erhalten ein zusätzliches Geschwader? Ein Siegpunkt wird dafür vergeben. Nicht schlecht.

Wir hätten uns mit unseren Entscheidungen leichter getan, wenn die Großmächte lediglich durch die Farben rot, grün, gelb oder blau vertreten gewesen wären und wenn die strategischen Positionen (Siegpunkte) mit den gleichen Farben gekennzeichnet worden wären. Hier haben die Autoren sich unendlich Mühe gegeben, eine Fülle von Einzelheiten schlagwortartig zusammen zu tragen. Geschichtsinteressierte können hinterher noch stundenlang im Internet Personennamen abfragen und die Details zu den geographischen Entscheidungen nachlesen. Wen das soviel interessiert, wie wenn in China ein Radl umfällt, der kann es auch sein lassen. Es spielt für den Ablauf des Spiels und für die Entscheidungen der Spieler überhaupt keine Rolle.

Bemerkenswert ist hier eher, dass das Spiel von hinten bis vorne voller Kingmakerei steckt. Bei uns bildeten wie von zufällig Günther und Walter eine Koalition, die sich gegenseitig Themen zuschusterte, Reihenfolgen von Entscheidungen absprach und Siegpunkte anhäufeln ließ. Moritz war der leidvolle Dritte ohne Bund, der bloß zuschauen konnte. Selbst für eine verbale Interventionen in diesem abgekarteten Spiel blieb ihm das Messer im Halse stecken.

WPG-Wertung: Günther: 4 (oder 5), Moritz: 5 (ich hätte nicht gedacht, dass hier die Kingmakerei so ätzend ist), Walter: 6 (für das Thema. Das Einfluss- und Entscheidungs-Handling bietet erhebliche Handlungsfreiheit. Alle Entscheidungen sind leider ziemlich verwaschen, d.h. Pluseffekte gehen mit Minuseffekten überall Hand in Hand).

2. “Sankt Petersburg”

Glücklich in “Sankt Petersburg”

Eine Stunde war noch Zeit bis zur vorletzten U-Bahn für Moritz. Aus Walters Repertoire zogen wir diesen Klassiker hervor, für den Günther vor Jahren sogar eine Internet-Implementierung geschaffen hatte.

Es gab zwar ein kleines Kuddelmuddel, denn unter die Karten des Original-Spiels waren die Karten der Bankett-Expansion eingemischt, die wir erst im Laufe des Spiels so peu-a-peu wieder aussortierten. Trotzdem kamen die Qualitäten dieses mehrfachen Spiele-Preisträges wieder voll zur Geltung: denken und planen ohne dabei aber viel Denkzeit zu benötigen, verschiedene Strategien zum Sieg fahren, oder wenigstens ausprobieren, jede Menge Interaktion, ohne dass dies zu einem – für uns sogar noch tolerierbaren – Mitspielerchaos ausufern würde. Ein dosiertes Quantum Zufall ist eingebaut, dem jeder Spieler zum Teil aber auch entgegenwirken kann. Rund und zügig.

Ach Hans, würdest Du heute immer noch dafür nur 7 Punkte vergeben, wenn Du noch einmal mitspielen könntest? Wenn ich mir die Rangliste der von uns gespielten Spiele anschaue, dann gehört das Spiel bestimmt nicht in die einundzwanzigste Kategorie (von 139), sondern ganz bestimmt unter die Top-Ten!

WPG-Wertung: Keine neue Wertung für ein 8,0 Punkte-Spiel.

25.01.2017: Maria sackt in Petersburg ab

Aaron musste sich vom Autorentreff in Ruppichteroth erholen, Peter werkelt mittwochs regelmäßig an seinem Forschungsauftrag in Bamberg, und Horst bringt den Innendienst auf Vordermann. Günther kann eigentlich immer, nur diesmal war ihm zu wohl und er hatte sich aufs Eis begeben. Zwölf Spangen im Unterschenkel versuchen, ihm in den nächsten Wochen wieder auf die Beine zu helfen. Gute Besserung!

1. “Maria”

Das Politik-Tableau von „Maria“

Immerhin haben heute noch zwei gestandene Wargamer ihren Weg zum Gastgeber am Westpark antreten können. „Friedrich“ war angesagt worden, aber Moritz war noch klüger, er brachte Friedrichs jüngere Schwester „Maria“ mit, beide nicht mehr ganz jung, beide vom gleichen Vater Richard Sivél.

„Friedrich“ lag schon 8 mal am Westpark auf dem Tisch und konnte auf Anhieb Begeisterung auslösen. „Maria“ war erst einmal, kurz nach ihrem Erscheinungsjahr 2009, hier. Da sie aber nur zu dritt gespielt werden kann, und wir damals eine Viererrunde waren, musste Moritz seine Neuerwerbung unverrichteter Dinge wieder mit nach Hause nehmen. Jahrelang ruhte sie da jungfräulich in seiner Spiele-Schatzkammer. Heute packte er die Friedrich-Ankündigung beim Schopfe und küsste stattdessen „Maria“ aus ihrem Dornröschenschlaf. Wir durften sie auspöppeln.

Leider hatte er keine Zeit gefunden, sich mit den Spielregeln zu beschäftigen. So mussten wir uns aus dem Stegreif durch ein zwar logisches, teilweise auch bereits bekanntes, in vielen Maria-Details aber neuartiges und komplexes Regelwerk einarbeiten. Glücklicherweise verstand Helmut als Experte von „Lieber bairisch sterben“ sofort den Kampfmechanismus. Auch bewies er ausreichend abwartende Geduld bei den Elementen, die in der Stegreif-Einführung gar nicht klar rüberkommen konnten, sonst wären wir heute spielerisch im Nirwana gelandet.

„Friedrich“ und „Maria“ sind beides historische Kriegsspiele im mitteleuropäischen Raum. Beide basieren thematisch auf den ewigen Kriegshandlungen zwischen Preußen und Österreich als Hauptakteuren, Franzosen, Sachsen und dem Reich als Nebenakteuren, sowie ein paar Nachbarländern als Beiwerk.

Topologisch sind beide Spielbretter sehr ähnlich: es sind geographisch getreue Landkarten von der Ostgrenze Frankreichs bis zur Westgrenze Polens; Städte und Dörfer, Festungen und Armeequartiere sind mit Straßen und Wegen verbunden. Darauf ziehen die Generäle der verschiedenen Kriegsparteien, erobern feindliche Städte, um damit Siegesbedingungen zu erfüllen, rückerobern eigene Städte, um die gegnerische Erfüllung wieder rückgängig zu machen, sichern sich ab, requirieren neue Armeen, und versuchen, die ihnen gegebenen Mittel je nach Lage und Aufgabenstellung optimal einzusetzen.

In „Friedrich“ muss der Alte Fritz nur lange genug überleben und seine Feinde im Zaum halten, um Sieger zu werden; seine Feinde hingegen hätten gewonnen, wenn sie eine Anzahl vorgeschriebener Städte erobert haben. In „Maria“ gewinnt jede Partei durch das Erobern von Städten.

Der Kampfmechanismus ist in beiden Spielen identisch. Und zwar äußerst elegant! Jede Partei erhält pro Runde eine definierte Anzahl von „Taktik-Karten“ eines (fast normalen) französischen Kartenspiels; die kann sie zurückhalten und sammeln, bis sie genügend zur Verfügung hat, um den Gegner an einer passenden Stelle anzugreifen. Dann spielt man bis zur bitteren Neige die Karten einer Kartenfarbe solange auf den Gegner aus, bis der nichts mehr dagegensetzten kann. Allerdings sollte man sich dabei kann nicht verspekuliert haben. Der Gegner kann nämlich parieren und seinerseits durch das Ausspielen seiner Taktik-Karten zurückschlagen. Wessen Karten am Ende in Summe die meisten Augenzahlen besitzt – zuzüglich eines Wertes für die eingesetzten Generäle – hat gewonnen. Der Gegner verliert Armeen – bis zur totalen Ausschaltung – und muss sich mit seinen Rest-Armeen zurückziehen.

In beiden Spielen benötigen Generäle im Ausland einen eigenen Tross, der sie versorgt. Der Tross muss immer in greifbarer Nähe, sonst geht eine Armee unter. Die Vernichtung eines feindlichen Trosses ist ein vorzüglicher Coup, um eine leichtfertig dahintrabende feindliche Truppe schnellstens zur Heimkehr zu veranlassen, wenn sie damit nicht sogar gleich tödlich getroffen wurde.

„Maria“ ist eine Weiterentwicklung von „Friedrich“, in der das „einfache“ Karten-Kampfgeschehen durch eine Reihe von lang- und mittelfristigen „politischen“ Entscheidungen aufgebauscht wurde, die alle einen direkten Einfluss auf das Kartenmanagement haben. Jeder Spieler kann in jeder Runde eine Taktik-Karte dafür opfern, damit er irgendwann mal pro Runde eine Taktik-Karte mehr oder ein Gegner eine Taktik-Karte weniger bekommt. Wem das frühere Karten-Kämpfen zu „roh“ war (war es aber nicht!), kann jetzt von langer Hand eine Schädigung seiner Gegner herbeiführen.

In „Maria“ bekommen die Österreicher auch noch zwei Husaren-Truppen zur Verfügung, mit der sie feindliche Armeen von ihrem Tross abschneiden können. Ein Balance-Element für Maria Theresia, damit sie ihren Gegnern, das freie Herumtollen auf österreichischem Staatsgebiet etwas erschweren kann. Dieser Störfaktor hat aber nur eine begrenzte Wirkung, da die vom Tross abgeschnittenen Armeen durch den Einsatz von Taktik-Karten diesen Husaren-Eingriff neutralisieren können.

Fazit, das klare, eindimensionale Taktieren mit den Taktik-Karten (sowie das vieldimensionale Taktieren mit Generälen, Trossen, Angriffen und Rückzügen), ist durch ein politisches Karten-Klimbim aufgepäppelt und zerrissen worden. Für manche Spielerseelen ist die längerfristige Karten-Planung ein positives Element, für andere dagegen eher ein Interruptus. Selbst ein Richard Sivél konnte es nicht allen rechtmachen.

In unserem Spiel führte Moritz die Maria mit ihren Österreichern, Helmut die Preußen, die Sachsen und die Pragmatische Armee, und Walter die Franzosen mit den bayrischen Hilfstruppen. Die französischen Bayern suchten ihr Heil in den Bierstädten von Budweis bis Pilsen, die französischen Franzosen hingegen vernachlässigten die ihnen zustehende Beute in Luxemburg und Belgien. Nachdem sie auch noch zwei blutige Schlachten in Österreich und bei Trier verloren hatten, krochen sie auf dem Zahnfleisch zu Kreuze. Preußen und Österreich lieferten sich Runde für Runde an der Neisse wohlkontrollierte Scharmützel. Nachdem Österreich aber seine Kräfte massiv bei der Abwehr der Bayern verpulvert hatte, konnte es den Preußen nicht mehr genügend entgegensetzen. Knall auf Fall durchbrachen Helmuts Preußen die schlesischen Linien, erreichten ihre Kriegsziele und beendeten die Karten-Schlacht als Sieger.

WPG-Wertung: Helmut: 9 (ganz, ganz toll. Fürchtete nach der etwas konfusen Einführung schon das größte Regel-Durcheinander, doch die klare Logik der Spielzüge brachten beim learning by doing schnell ausreichend Linie ins Spiel; “es gibt keinen Grund, nicht 9 Punkte zu vergeben”), Moritz: 9 (elegantes Design, war von den Maria-spezifischen Erweiterungen sehr angetan), Walter: 8 (wäre ohne den Interruptus glücklicher gewesen).

2. “Sankt Petersburg”

Eine weitere Stunde wollten Helmut und Moritz noch spielen, ein Absacker war gewünscht. „Bluff“ unter drei Experten ist langweilig, auch „Abluxxen“ entfaltet seine Schönheiten erst in einer größeren Runde. „Verflixxt!“ ward gewogen und für die aktuelle Stimmung als zu leicht empfunden. „Sankt Petersburg“ bekam den Zuschlag, das gute, alte Original-StP, und zwar als ABSACKER! Und das ging gut.

Jeder kannte die Regeln, jeder konnte sich am einfachen und schnellen Spielaufbau beteiligen. Nur die Expansion-Karten für die 5-Mitspieler-Version mussten aussortiert werden. Wilhelms Dermaleinst-Gabe von festen Abacus-Geldscheinen erleichterte die Geschäfte.

Locker, flüssig und schnell wurden sie abgewickelt. Alle wussten mit Geld, Kartenlimit, Upgradern und den vielen hübschen taktischen und strategischen Elementen von „Sankt Petersburg“ umzugehen.

Moritz gewann. Er hatte die Refinanzierung mittels Handwerkerkarten geradlinig bis weit über die Hälfte der Spieldauer durchgezogen, konnte recht früh den Baumeister-Upgrader aktiveren, der ihm eine reichlich sprudelnde Geldquelle unter den Adeligen sicherte, und konnte auch recht früh die Hofmeisterin auf seine Seite ziehen, so dass neben dem Geld auch noch regelmäßig erklecklich viele Siegpunkte auf seinem Konto anfielen. Bei der Schlussabrechnung blieben ihm sogar noch 60 Rubel nicht mehr ausgebbares Barvermögen übrig.

Walter hatte sich gleich in der Anfangsphase sehr stark bei den Handwerkern eingekauft. Auch seine frühe Sternwarte wurde konsequent für weitere Handwerker eingesetzt. Dann allerdings nahm er zu früh sein Engagement hier zurück. Auch verwechselte er die Effekte von Hofmeisterin und Zarin: die erstere ist in der Anfangsphase Gold wert, die letztere erst dann, wenn das Geld seine enorme Anfangsbedeutung verloren hat.

Als jüngster Mitspieler war Helmut in der ersten Runde der Startspieler bei den Handwerkern. Aber anstatt mit den billigen 3-Rubel-Holzfällern zu beginnen, kaufte er den einzigen ausliegenden 9-Rubel-Bauern, dessen teuer erkaufter Vorteil ein einziger Siegpunkt pro Handwerkerrunde war. Moritz und Walter hielten die Luft an, aber Helmut war kein Anfänger, den man mit guten Ratschlägen vor Schaden bewahren musste. Vielleicht lag darin ja eine Methode. Lag aber nicht. Die Mehrausgaben von 6 Rubel konnte er bis zur letzten Runde nicht mehr reinholen. In geldlicher Hinsicht verzeiht Sankt Petersburg keinen Fehler.

Erst beim Zusammenräumen fiel auf, dass der Bauer gar nicht zur Original-Ausstattung gehört, sondern eine Expansion-Karte der 5-Mitspieler-Version ist. Wir hatten sie beim Aussortieren übersehen. Hallo Helmut, Dein Start-Ziel-Handicap verdankst Du also lediglich einem Flüchtigkeitsfehler von uns allen. Sankt Petersburg ist unschuldig.

WPG-Wertung: Helmut blieb mit seinen 8 Punkten exakt im bisherigen Durchschnitt (eigentlich nur 7 Punkte, aber ich habe das Spiel immer sehr gemocht, 1 Sympathiepunkt).

“Sankt Petersburg (new edition)” is our Game of The Month

Sankt Petersburg (2. Auflage)This game has been one of our most-discussed and played games in the past, and of course there is the computer conversion by our Westpark member Günther Rosenbaum. So everybody was happy to get this game back on the table, in its shiny new version with added expansions and new tactical possibilities.

St. Petersburg is still an excellent game and has lost nothing of its original appeal. It merges an accessible and easy rules system (which is – despite the theme – a completely abstract empire building style card game) with a fast playing style that gives many options for the players. The main new addition is the “market”, which is a new victory path that players can either concentrate on or that can be combined with other victory paths.

The new rules integrate seamlessly into the system and really add something to the game, so it can probably be forgiven that the mini-expansion that was only available for Kickstarter supporters of the new addition is a bit lame. St. Petersburg is still alive and kicking and can be wholly recommended!

“Sankt Petersburg (Neuauflage)” ist unser Spiel des Monats

Sankt Petersburg (2. Auflage)Dieses Spiel gehört zu unseren meist diskutierten und gespielten Spielen, und natürlich gibt es noch die Computerversion unseres Westparkers Günther Rosenbaum. Also waren wir alle gerne bereit, die neue Version auszuprobieren, die einige Erweiterungen und neue taktische Möglichkeiten bietet.

St. Petersburg ist immer noch ein exzellentes Spiel und hat nichts von seinem Charme verloren. Es kombiniert ein zugängliches und leichtes Regelsystem (das – trotz des Themas – letztlich ein abstraktes Aufbauspiel mit Karten ist) mit einem schnellen Spielgefühl, das den Spielern dennoch viele Möglichkeiten bietet. Die wichtigste Erweiterung ist der „Markt“, ein neuer Weg, Siegpunkte zu sammeln, entweder konzentriert man sich darauf oder kombiniert es mit anderen Siegstrategien.

Die neuen Regeln fügen sich nahtlos ins Spiel ein und machen Spaß, daher kann man verzeihen, dass die „Mini-Erweiterung“ nur für Kickstarter-Unterstützer eher etwas lahm ist. St. Petersburg kann als Spiel nach wie vor mit Neuproduktionen locker mithalten und wird daher von uns ausdrücklich empfohlen!

25.02.2015: Petersburger Adel

Risiko – Die Ukraine

Wilhelm und „Der Postillon“ haben es empfohlen (siehe www.der-postillon.com/2015/02/hasbro-bringt-brettspielklassiker.html), und wir haben sofort zugeschlagen: Spiel der Saison 2014/15, die Risiko-Variante „Ukraine“. Entwickelt vom Autoren-Kollektiv Rumsfeld, Gates, Panetta, Hagel und Carter, zur Serienreife gebracht von der bewährten Zugreiftruppe des CIA. Es geht darum, durch Strategie, Tricks, Vortäuschungen und Anschuldigungen die Zustimmung aller Mitspieler zu erhalten, um eine Region unter seinen Einfluss zu bekommen, seinen Nachbarn zu eliminieren und als Alleinherrscher den Rest der Ära zu dominieren.

Ein Spaß für die gesamte Völkerfamilie. Danke, lieber Wilhelm, für Deinen Tipp.

Keine WPG-Wertung für ein globales Kooperationsspiel mit einem individuellen Spieler als einzigem Sieger.

1. “Das neue Sankt Petersburg”

Natürlich wird „Sankt Petersburg“, zur Zeit auf Platz 17 unserer 1000 Einträge umfassenden Rangliste, immer eines der spielerischen Highlights am Westpark bleiben, egal, wie oft es auf den Tisch kommt. Aaron und Günther waren unter den 1262 Unterstützern, die eine Wiederauflage dieses Klassikers ermöglicht haben. Günther ist zudem einer der 279 Tester, die im Regelheft von HiG namentlich erwähnt werden.

Er ist es auch, der die Produkte dieses Hauses bei uns vernehmlich propagiert und den – unbestritten – HiG-minded Tenor unsere Spielergruppe anführt. Doch unbestritten ist die auch Qualität der Produkte dieses Spieleverlages. Wenn hier z.B. 279 Tester aufgeführt werden, dann sind das keine Leute, die mal eben an Holzklötzchen und Schachtel gerochen haben, sondern da steckt ehrliche Auseinandersetzung mit dem Spiel und seinem Regelwerk dahinter. Dies wird später in der bekannten Reife aller Produkte dieses Hauses sichtbar. HiG-minded zu sein, spricht nicht gegen die Objektivität eines Spieler, eher dafür.

Heute haben wir uns nochmals die sechs neuen Module der überarbeiteten Sankt-Peterburg-Version vorgenommen und uns ein ansprechendes Mix daraus ausgesucht.

„Die Hürden“ haben uns letzte Woche schon sehr gut gefallen. Sie zwingen die Spieler zu einer Diversifizierung ihrer Kartenhand. Es genügt jetzt nicht mehr, sich zufällig oder gewollt auf eine einzige Kartenart zu stürzen, die mittels Rabatt dann auch noch immer billiger wird; um bestimmte Siegpunktschwellen überschreiten zu dürfen, muss man jetzt von jeder Kartenart eine Mindestanzahl auf der Hand zu haben.

Günther und Walter vergaßen etwas leichtfertig auf die Upgrader-Hürde bei Punkt 35 zu achten. Vollgespickt mit Siegpunkte-Potential aus ihren erworbenen Bauwerken standen sie dann ohne ausreichende Upgrader vor dieser Schranke, durften nicht darüber, und mußten massig Punkte in den Wind schreiben. Nur Aaron hatte aufgepaßt und zog hier frohlockend davon. Kein Wunder über seine Wertung: “Die Hürden sind das Beste im Spiel.”

Doch bevor Günther in Sankt Petersburg geschlagen wird, muss wohl noch viel Wasser die Isar hinabfließen. Trotz mehrmaligen Fluchens über verpasste Chancen und verfehlte Planungsziele gelang es ihm durch geschicktes Kapital- und Lager-Management am Ende acht verschiedene Adelige auf die Beine zu stellen und mit den daraus resultierenden 36 Siegpunkten seine beiden Mitspieler zu deklassieren.

Zu zwei anderen Modulen: „Die Aufträge“ sind überflüssig. Gezielt oder zufällig bekommt man am Ende für erworbenes Besitztum zusätzliche Siegpunkte. Alle ungefähr gleich viel. Zuviel Aufhebens um zu wenig Effekt. „Die Ereignisse“ hingegen sind gute Effektwandler, die in allen bisherigen Strategien eingesetzt werden können, kurzfristig einen Engpass beseitigen helfen bzw. Schicksalsunbilden abwenden können. Wenn man sie tief verinnerlicht hat, kann man sie sogar planmäßig für taktische Vorteile nutzen, aber soweit waren wir heute noch nicht.

Keine neue WPG-Wertung für ein sehr gutes Spiel.

2. “Nobiles”

Petersburger Adel bei Nobiles
Petersburger Adel bei Nobiles

Aarons Eigenentwicklung stand weiter auf dem Prüfstand. Günther versuchte wieder die Geldschiene, d.h. unberührt von Naturkatastrophen und Politik kaufte er seine Steuervorteile bei der Commerzbank ein. Sehr erfolgreich.

Aaron setzte konsequent auf den Häuptling, der für Erfolg im Kampf gegen Katastrophen fürstlich belohnt wird. Viermal schaffte er es, einmal überließ er Walter das Scheitern des Häuptlings und in der vorletzen Runde durfte kurzfristig Günther mal eine handvoll Lorbeeren ernten. Es reichte zum knappen Zweiten. Wahrscheinlich hätte er Günther die vorletzten Lorbeeren nicht so kampflos überlassen sollen.

Walter schwelgte noch in alten Strategien verflossener Versionen, in dem neu balancierten Räderwerk kam das einem Blindflug gleich. Entsprechend waren seine Ergebnisse. Bei den „Nobiles“ (oder wie immer das Spiel später heißen wird) kommt es nicht darauf an, im ruhigen Fahrwasser mitzuschwimmen, sondern scharf die Quellen für Siegpunkte auszumachen und sich hier ranzuhalten. Das ist auch gut so, vorausgesetzt, im Spiel gibt viele erfolgsversprechende Quellen. Das scheint in jedem Fall gegeben zu sein. Auch wenn bei jeder Umdrehung an den Balancierungs-Rädchen die Quellen an anderen Stellen zu sprudeln beginnen.

Keine WPG-Wertung für ein Spiel in der Entwicklungsphase.

18.02.2015: Fünfundzwanzig Räume in Sankt Petersburg

Moritz hat dieses Jahr einen leibhaftigen Faschingsorden bekommen. In Bonn, von der dortigen Faschingsgarde (wie immer man sie dort nennt), für die „Rhapsody in Blue“ (von ihm gespielt, nicht komponiert), überreicht vom Oberbürgermeister der Stadt und mit einem Kuß der Faschingsprinzessin garniert. Direkt auf den Mund. Moritz hat seitdem sein Gesicht nicht mehr gewaschen!

Da soll einer nochmal sagen, dass die klassische Musik tot ist. Ist Gershwin etwa kein Klassiker? Und Moritz kein herausragender Exponent der E-Musik?

1. “Das neue Sankt Petersburg – der Markt”

Highlander in Sankt Petersburg
Highlander in Sankt Petersburg

Hans-im-Glück hat für den bereits zehn Jahre alten Klassiker eine komplett überarbeitete Neuauflage herausgebracht. Neben dem bereits in der Original-Version verdienten Bernd Brunnhofer hat sich jetzt auch der geniale „Macher“ Karl-Heinz Schmiel über die Regeln hergemacht.

Geblieben sind die Karten für Handwerker, Bauwerke, Adelige und Upgrader, geblieben sind die Wertungsphasen für Einnahmen und Siegpunkte, die Rabatte bei Kauf von gleichartigen Karten und die enormen – quadratisch wachsenden – Prämien für viele Adelige.

Wesentliche Neuerungen sind:

  • gelbe Marktkarten, die einerseits Geld einbringen, mit denen man sich aber vor allem Majoritäten in fünf verschiedenen Warensorten erwerben kann, die Runde für Runde mit Siegpunkten belohnt werden
  • insgesamt sechs neue “Module”, die in beliebiger Anzahl und Mixtur in den Spielablauf hineingenommen werden können und neue Spielvarianten erzeugen.

Wir spielten mit den „Hürden“: dies sind Kärtchen, die bestimmte Kriterien vorschreiben, die man erfüllt haben muss (z.B. mindestens 2 Bauwerke zu besitzen), wenn man eine definierte Höhe in der Siegpunktleiste überschreiten möchte. Zusätzlich werden für wohldefinierten Besitz an Siegpunkten verschiedentlich Prämien ausgeschüttet, die man bei einer scharfen Kalkulation seiner Geldmittel unbedingt in Ansatz bringen sollte.

Walter bekam gleich in der ersten Runde eine billige gelbe Kohlkopf-Karte, kurz danach auch noch ein paar Tomaten, die ihm sieben Runden lang die Majorität beim entsprechenden Gemüse bescherten, die entsprechenden Siegpunkt-Prämien einbrachten und ihn sechs Runden lang das Feld anführen ließen. In der Schlusswertung schlug „Wer schon?“ mit 6 Adeligen zu, die ihn mit ihren 6 * (6+1) / 2 = 28 Spiegpunkten mit großem Abstand an die Spitze katapultierten.

Das neue „Sankt Petersburg“ ist wie das alte eine gelungene runde Schöpfung. Alle Spieler sind ständig im Spielgeschehen involviert, es ist spannend, konstruktiv, mit dynamisch wachsendem Entwicklungspotential. Es gibt eine Menge Konkurrenz im Einkauf und Besitztum, und es gibt vielerlei ganz unterschiedliche Schienen, um das Spiel zu gewinnen. Und ein wohldosierter Zufall sorgt dafür, dass keine Schiene eindeutig über alle anderen dominiert. Anpassung ist gefragt. Spielerische Anpassung, und das ist doch schon ein erhebliches Qualitätsmerkmal.

Für die Berücksichtigung der neuen Spielelemente in Sankt Petersburg müsste unsere Karten-Analyse www.westpark-gamers.de/Artikel/petersburg_analysis.html total überarbeitet werden. Doch die Analyse war bisher schon reichlich windschief. Wir lassen das.

WPG-Wertung: Aaron: 8 (auch das alte „Sankt Petersburg“ bekommt einen Punkt weniger; noch einen halben Punktabzug für das mickrige Gimmick), Günther: 9 (empfielt zum StP-Einstieg die alte Version, doch wenn man diese bereits hundert Mal gespielt hat [oder mittels Günthers PC-Implementierung www.westpark-gamers.de/download/sp_pc.php bereits tausend Mal], dann bingt die neue Version neuen Spaß und neue Herausforderungen), Moritz: 8 (eine sorgfältige Überarbeitung), Walter: 9 (hat das alte StP bereits hundert Mal gespielt und deshalb noch mehr Spaß am neuen; besonders die „Hürden“ sorgen für mehr Durchmischung innerhalb der bisherigen Vorgehensweisen).

Bei der Herstellung des neuen Sankt Petersburg hat sich HiG das in letzter Zeit popuär gewordene Crowd-Funding Marketing-Modell zu eigen gemacht. Aaron ist als Subsribent eingestiegen und damit bitter enttäuscht worden:

Es war versprochen worden, dass alle Beteiligten vor Essen 2014 ihr Exemplar bekommen. Doch dann traten Produktionsprobleme (oder wurden vorgeschützt), so dass in Essen zwar Hinz und Kunz das Spiel erstehen und gleich nachts im Arosa ausprobieren konnten, alle Subscribenten aber immer noch leer dastanden. Wie absurd: Genau diejenigen, die das Spiel gefördert hatten, sahen in die Röhre. Ernsthafte Verwarnung für HiG.

Kurze Zeit später wurde „Das neue Sankt Petersburg“ zusammen mit „Helios“ im Doppelpak von den Heidelbergern für 25 Euro verkauft; die Subscribenten hatten für das nackte „Sankt Petersburg“ allein 38 Euro hinblättern müssen. Zweite Verwarnung und rote Karte für HiG. Oder werden im Crowd-Funding Modell alle Subscribenten grundsätzlich als selbstlose idiotische Melkkühe angesehen?

2. “Room-25”

Ein Mischung aus Robo Rally, Das verrückte Labyrinth, Puzzle und Memory. Dazu alles noch in Kooperation. Plus einem Verräter!

Wir stehen auf einer Fläche bestehend aus 25 Quadraten unbekannten Untergrundes, bewegen uns einzeln oder getrennt, blind oder sehend, ipso-mobil oder geschubst werdend, vielleicht sogar eine ganze Untergrundreihe rundummadumm verschiebend von Quadrat zu Quadrat und entdecken so Stück für Stück das gefährliche Terrain unter unseren Füßen. „Flutkammern“ blockiern, „Säurebäder“ lösen uns auf, „Todeskammern“ eliminieren uns früher und „Fallenkammern“ später. All diese topologischen Unbilden sollten wir bei unseren Streifzügen vermeiden, bis wir Raum-25 entdeckt haben.

Jetzt bekommt das Spiel eine radikale Wende. Es geht nicht mehr darum, Neuland zu entdecken (zum Glück gibt es auch nicht-tödlichen Untergrund), sondern alle Spieler müssen so schnell wie möglich zu diesem Raum-25 kommen und diesen Raum dann aus dem Spielfeld herausschieben. Innerhalb von fünf Runden muss das geschafft sein, sonst haben alle verloren. Dies ist dann eine verzwickte Puzzle-Aufgabe, bei der alle mitdenken: Wer soll in welcher Reihenfolge wohin gehen, wer soll welche Reihen verschieben, über welche Winkelzüge können wir tödlichen Quadraten ausweichen um das gemeinsame Ziel zu schaffen. Gemeinsames, gründliches Planen und hoffentlich fehlerloses Ausführen.

Doch damit das Ganze nicht zu einem rationalen No-brainer verkümmert, ist einer der Mitspieler der Verräter. Vom Zufall dazu bestimmt gewinnt er, wenn die anderen die Flucht nicht schaffen. In der Entdeckungsphase tut er so unschuldig wie ein Lamm, freut sich über jedes gute Feld und über jedes Entkommen vor einem bösen Feld. Und in der Endphase schiebt er ein einziges Mal die ihm zugewiesene Untergrundreihe in die falsche Richtung, und die gesamte Planung ist im Arsch, die gemeinsame Rettung steht in den Sternen und der Sieg ist beim Teufel.

Zum Glück (d.h. zufälligerweise) war in unserem Spiel keinem die Verräterrollte zugeteilt worden. So konnten wir die Rettungsphase ohne Zwischenfälle durchstehen. Aber jedem war klar, dass jeder der Mitspieler mit einem einzigen Verräterzug unweigerlich alle Guten hätte scheitern lassen können. Das ist die Crux in „Room-25“. Einige hübsche Kooperations-Ideen und Aufgaben, die am Ende aber nicht funktionieren.

WPG-Wertung: Aaron: 4 (Multi-Player-Puzzle, Arbeit und Schweiß, Knobelspiel, aber eines der schlechtesten), Günther: 4 (nur 4, obwohl ich Knobelspiele mag, aber es gibt andere Sachen, die ich lieber knobele), Moritz: 5 (das Spielmaterial ist schön, mir fehlt Flair; auch bei BGG wurde beschrieben, dass die Aufgabe ohne Verräter zu leicht und mit Verräter zu schwer ist), Walter: 4 (eine gewisse topologische Herausforderung, doch es fehlt Reife und Balance).

3. “Bluff”

Im 1:1 Endspiel gegen Moritz gab der Immer-4-Stratege Walter 1 mal die Fünf vor. Moritz zögerte mit seiner Antwort, da deckte Walter – um das Ende abzukürzen – mit der Bemerkung „Ich zweifele jede weitere Angabe an“ freiwillig seinen Becher auf. Wirklich, es war eine Fünf darunter. Moritz druckste noch eine Weile herum, bevor er aufgab.

Günther bezweifelte die Sinnhaftigkeit von Walters Aufdecken. Hatte er damit seine Gewinn-Chancen vermindert?

Mit 2/3 Wahrscheinlichkeit hatte Moritz eine Eins bis Vier unter seinem Becher und damit unweigerlich verloren. Mit 1/3 Wahrscheinlichkeit hat er eine Fünf oder einen Stern unter dem Becher, setzt – einzige sinnvolle Alternative! – auf 2 mal dieFünf und hat damit unweigerlich gewonnen.

Günthers Kritik wurde zurückgewiesen, die Zurückweisung aber noch nicht vollständig eingesehen. Dabei war Walters Vorgehen doch schon exakt in Günthers ureigener Immer-5-Strategie beschrieben worden. Q.e.d.

Keine neue WPG-Wertung für ein Super-Spiel.