Schlagwort-Archive: Sequence

03.04.2013: Semi-Kooperativ

Das Spielzeug an sich ist Nebensache, die phantasievolle Beschäftigung damit ist alles. (Peter Rosegger)

1. “Archipelago”
Horst war schon wochenlang mit dem Archipel schwanger gegangen und hatte das Spiel Tage vorher schriftlich vorgeschlagen. Bei der Vorbereitung bekam er aber dann aber kalte Füße und fragte sicherheitshalber nochmals nach:

„Beim Durchlesen und bei Rezensionen im Netz stellte ich fest, dass es für die Westpark Gamers eventuell problematisch werden könnte, betreff Spieldauer, Überfrachtung von Elementen, Möglichkeiten der Absprachen und Bestechungen und einem unbefriedigendem Ende. Trotzdem glaube ich, dass es kein schlechtes Spiel ist, aber die Frage ist, tun wir uns das an?“

Neue Spiele, noch dazu von einem Westparker persönlich vorgeschlagen, werden aber immer freudig begrüßt. Horst bekam grünes Licht. Allerdings überlegten wir unverzüglich, wie wir die am Westpark ungeliebten Verhandlungselemente entschärfen können. Sie sind in „Archipelago“ aber so fest in viele Abläufe eingebaut, dass nur die Alternative alles oder nichts praktikabel erschien. Deshalb akzeptierten wir schließlich alles. Nur den „Separatisten“, eine Art Verräter unter den Spielern, der genau dann gewinnt, wenn die semi-kooperativen Bemühungen der Spieler scheitern, ließen wir weg.

Schon 20 Minuten vor Session-Beginn erschien Horst, um das Spiel aufzubauen. Anschließend brauchte er noch geschlagene zwei Stunden für seine wohlvorbereitete Einführung in die Spielregeln. Eine so lange Zeit darf natürlich nicht als Schuld angerechnet werden; dieser Teil des Spiel-Kennenlernens mit neugierigen Vorgriffen und kritischen Rückfragen zum Regelwerk gehört bei uns umbestritten zum Genuss eines Spielabends. (Aaron hatte allerdings im Internet ein Erklär-Video des Verfassers von Archipelago gesehen, wo man innerhalb einer halben Stunden das Spiel erklärt und bereits zwei Runden gespielt hatte. Das war halt der übliche Verkaufstrick einer Demo-Version.)

In Archipelago sind wir Entdeckter und besitzen Bürger, Schiffe und Aktionen, mit denen wir die Spielzüge eines klassischen Workerplacement- und Aufbauspieles durchführen:

  • Wir entdecken, indem wir neue Hexateile aus dem Vorrat an den bereits bekannten Archipel (nach Wikipedia: „Meeresregion mit vielen Inseln“) anlegen. Dafür bekommen wir einen Entdecker-Bonus und landwirtschaftliche Erzeugnisse des neu entdeckten Landes.
  • Wir ernten oder fischen Produkte aus den von uns besetzten Teilen des Archipels
  • Wir handeln, d.h. wir kaufen oder verkaufen ein Produkt auf dem Markt.
  • Wir migrieren zu Fuß und per Schiff in andere Hexateile des Archipels
  • Wir bauen Häfen, Städte, Märkte und Kirchen, die uns Handelsvorteile bringen und uns (als Kirchen, na klar!) gegebenenfalls vor dem Unmut de Eingeborenen schützen.
  • Wir rekrutieren arbeitslose Eingeborene und reihen sie in die Sklavenbelegschaft auf unserem Archipel ein.
  • Wir ziehen Steuern ein , d.h. pressen einfach eine bestimmte Geldsumme aus unserem archipelagischen Besitztum und lassen dafür die Eingeborenen in Rebellionsbereitschaft zurück.
  • Last, but not lease: Wir vermehren uns, “poppen” genannt, wobei diese Aktion – leicht phasenverschoben – durch eine Babyflasche angezeigt wird, wonach gemäß Regelheft aber bereits fertige 15-jährige Bürger auf unserem Archipel erscheinen.

So weit, so gut. Es gibt viele Möglichkeiten, viel zu tun, und dafür bei Spielende nach einer zu 20 Prozent veröffentlichten und zu 80 Prozent geheim (!!!) gehaltenen Skala Siegpunkte einzuheimsen. Ungebremst können wir in der fremden Inselwelt einem rücksichtslosen Ausbeutertum frönen. Soweit ist das Spiel in der Einheitlichkeit seines Themas, in der Vielseitigkeit seiner Ideen und in der Menge und Qualität seiner Ausstattung mindestens 7 Westpark-Gamers-Punkte wert.

Archipelago
Archipelago

Doch um nicht das hunderttausendste Spiel dieser Art auf den Markt zu bringen, baute der Autor noch ein ganz artfremdes Element in den Spielablauf ein; im Regelheft ist es mit den Begriffen „Humanismus“ und „semi-kooperativ“ ausgedrückt und soll die Rücksichtslosigkeit beim Ausbeuten bremsen: Wir werden in bestimmten Spielphasen verpflichtet, etwas für die einheimische Bevölkerung zu tun, damit diese nicht rebelliert. Wir müssen ihr Rohstoffe in den Rachen werfen.

WER muss das tun? Alle Spieler gemeinsam nach einer freiwilligen Einsicht in die Notwendigkeit. Wie diese Freiwilligkeit funktioniert, hat man ja schon bei der Rettung des griechischen Finanzsystems durch die zivilisierte Bankerwelt unserer Tage gesehen. Wieviel besser funktioniert diese Solidarität erst unter den altruistischen Ausbeutern des 17. Jahrhunderts, respektive unter den sieg-geilen Westpark-Gamers des 21. Jahrhunderts! Todsicher!

Wir hatte noch keine halbe Stunde gespielt, Aaron hatte ein paar Entdeckungen gemacht, Günther die erste Stadt gegründet, Horst sich doppelte Erträge beim Fischhandel gesichert und Walter wußte noch nicht, in welche Richtung er seine Ausbeuterschaft wenden sollte. Ausgiebiges Poppen, bevor es in den Kolonialkrieg geht, konnte wohl auch keine schlechte Devise sein. Da wurden alle unvermutet vor die humanistische Aufgabe gestellt, der einheimischen Bevölkerung mit einem Appel und Ei den Revolutionseifer abzukaufen. Walter opferte ein Ei, schließlich hatte er noch genügend, um auch noch eine Stadt zu gründen. Horst hatte kein Ei und passte. Aaron und Günther behaupteten, auch keine Eier zu haben. Oder keine Äpfel. Jedenfalls schnellte das Rebellionspotential der Einheimischen schlagartig über den zulässigen letalen Pegel, und das Spiel war mit einer Niederlage aller Spieler zu Ende.

Zum Wegräumen deckten jetzt Aaron und Günther ihre bis dahin geernteten Produkte hinter dem Sichtbildschirm auf und siehe da: Sie hatten genügend Äppel und Eier, um die ganze Weltbevölkerung zu ernähren. Dass sie mit ihrer Knausrigkeit das Spielende herbeiführten, war ihnen nur halbwegs bewußt gewesen. Aaron hatte das Risiko noch auf Günther abwälzen können, der hatte aber bereits die Lust am linearen, noch stundenlangen Weiterspielen verloren! Vielleicht hätten wir doch den „Separatisten“ als Motivation für mehr Opferbereitschaft im Spiel lassen sollen.

Horst bekam einen Wutanfall. „Das ist der Wahnsinn! Durch reinen Egoismus habt Ihr das Spiel nach 30 Minuten mutwillig beendet. Respektlos! Null-Punkte für die Spielerqualität am Westpark!“ Stundenlang hatte er sich auf dieses Spiel vorbereitet. Jede Minute seiner Mittagspausen hatte er geopfert, um das Spiel zu erforschen. Am liebsten hätte er sich seine Vorbereitungszeit mit 50 Euro pro Stunde durch den – nicht vorhandenen – Etat der Westpark-Gamers vergüten lassen.

Erst als das verdutzte Rest-Trio ihm klarmachte, dass wir offensichtlich ein ganz normales und vorgesehenes Spielende erreicht hatten, dass dies offensichtlich eine Designschwäche des Spiels war, und dass Horst höchstpersönlich durch Verhandlungen – a la „ich spende 5 Florin für ein Ei, wer gibt mir eines für die hungrige Bevölkerung?” – das jähe Spielende hätte hinausschieben können, kam er langsam von seinem Brass herunter.

Die anderen waren – abgesehen von dem tiefen Bedauern für Horsts frustierend belohnte Vorbereitung – mit dem Spielverlauf zufrieden. Sie hatten ein neues Spiel kennenlernen dürfen. Sie hatten mit Lust und Eifer stundenlang über die – an vielen Stellen missdeutig bis schlechten – Spielregeln diskutieren dürfen, und sie hatten den Spielablauf bis zu dem Eindruck praktizieren können, dass jetzt wohl kein neues, bemerkenswertes Steigerungselement mehr auftauchen würde. Wir konnten sogar hinterher noch eine ganze Stunde lang friedlich über die Schwächen des Spiels diskutieren, über das Unding an Startspielerversteigerung (dazu hier jetzt keine Einzelheiten), über das Unausgegorene des verpflichtenden „Humanismus“, über die unglückliche Häufung an unwägbaren Zufallselementen in einem im Prinzip auf geschickte Zieleverfolgung ausgerichteten Planspiels. Walter verstieg sich sogar zu den Behauptung: „Die vielen Verhandlungselemente sind in das Spiel nur eingebaut worden, um die gravierenden Designschwächen zu verbergen.“

Horst konstatierte das „Unwort des Jahres“: semi-kooperativ!

WPG-Wertung: Aaron: 5 (einfach zu spielen. Zieht sich dahin wie „Monopoly“ mit Geldleihen, Günther: 4 (fand im Spiel keine Lust und keine Lust an einer Spielwiederholung), Horst: (keine Note für die Westparker, keine Perlen vor die Säue), Walter: 2 (zu linear, unstimmig; die Semi-Kooperation ist weder Fisch noch Fleisch.

Bei Boardgame-Geeks gibt es schon eine ganze Reihe positiver und negativer Kommentare zu „Archipelago“. Bemerkenswert: Die guten Kommentare beschränken sich auf wenige Zeilen höchsten Lobes, die schlechten Kommentare bringen ausführliche Begründungen zu ihren Kritikpunkten. Hier dürfte wohl die sachlich zutreffende Feststellung angebracht sein, dass die bösen Kommentare die sachlich zutreffenderen Feststellungen sind.

2. “Sequence”
Nach dem schweren Tobak vom Archipel galt es nur noch, mit leichter Kost den Adreanalinspiegel wieder runter und die Stimmung wieder rauf zu bringen.

Das leichte, partnerschaftliche Kartenspiel „Sequence“ mit einem Spielziel ähnlich wie in Gobang konnte die Wogen einigermaßen glätten. Erst gibt es eine Menge zu denken und zu lavieren, am Ende gewinnt diejenige Partei, die als nächstes vom verdeckten Stapel die Pique-Dame zieht. Oder den Herz-Buben. Aber im Prinzip ist das wurscht.

In unserem Spielbericht vom 27. Juni 2012 steht (geringfügig) mehr darüber.

Keine neue WPG-Wertung für ein im Schnitt 6-Punkt-Spiel.

3. “Love Letter”
Das dünne Kartenspiel wurde in den letzten sechs Monaten bereits vier mal am Westpark aufgelegt. Aber nur, weil Günther es behaarlich protegiert. Und er protegiert es deshalb, weil er in Essen eines der wenigen Exemplare mit einem geilen roten Luxus-Lederbeutel gekauft hat.

Personen aus dem britischen Adel, vom Leibwächter über Priester und König bis zur Prinzessin, kicken sich mit ihren unterschiedlichen Kickfähigkeiten aus dem Spiel. Der niedere Adel kann besser kicken, der höhere Adel gewinnt, wenn er die Kickerei bis zum Verbrauch der 16 Spielkarten überlebt hat. Herzlos, aber nicht ganz schmerzlos.

Keine neue WPG-Wertung für ein 6,2 Punkte-Spiel, wobei sich Horst über seine bereits vergebenen 7 Punkte wunderte.

27.06.2012: Spiele des Jahres, Fußball des Tages

Die Goethe-Universität in Frankfurt hat nach einem statistischen Modell berechnet, wer die diesjährige Fußball-Europameisterschaft gewinnen wird. Basis für die Rechnerei ist die schlichte Erkenntnis, dass die Ergebnisse von Fußballspielen Zufallsereignisse mit bestimmten Wahrscheinlichkeiten sind. Jede Mannschaft schießt etwa 9 mal direkt aufs Tor. Die eine Mannschaft trifft aber häufiger als die andere. Die Wahrscheinlichkeit für das Häufiger-Treffen wird aus den Ergebnisse von früheren Begegnungen und aus der derzeitigen FIFA-Punktzahl gebildet.
Finales Ergebnis der jungen Goethes:
Deutschland kommt mit 62,14% Wahrscheinlichkeit ins Finale und gewinnt es mit 31,92%.
Italien kommt mit 41,61% Wahrscheinlichkeit ins Finale und gewinnt es mit 19,77%.
Spanien kommt mit 57,71% Wahrscheinlichkeit ins Finale und gewinnt es mit 29,64%.
(Näheres unter http://www.fussballmathe.de)

Diese Ergebnisse stammen offensichtlich aus der Zeit vor dem heutigen Portugal-Spanien-Spiel, denn jetzt ist Spanien bereits mit 100% im Finale. Und warum die Summe aus den Final-Wahrscheinlichkeiten für Deutschland und Italien keine 100% ausmacht, das ist auch nicht ganz plausibel. Mir zumindestens nicht. Ich weiß nur, dass der alte Goethe als Naturwissenschaftler ein paar dicke Kalauer vom Stapel gelassen hat. Warum nicht auch die jungen Goethes?
Morgen wissen wir mehr, und am Sonntag wissen wir alles.

1. “Vegas”
Auf die recht harsche Kritik von letzter Woche hat uns Rüdiger Dorn eine ruhige, sachliche Antwort zukommen lassen. Er verwies auf die Störer-Variante: Jeder Spieler bekommt zu seinen acht eigenen Würfeln noch zwei fremde Würfel eines Dummy-Mitspielers dazu, die er unabhängig von seinen eigenen Würfeln legen kann. Damit kommt etwas mehr Schadenfreude ins Spiel. Es geht nicht mehr allein darum, mit Blut, Schweiß und Tränen an ein paar Dollars ran zu kommen, jeder hat a priori zwei Würfel in der Hand, die ausschließlich dazu da sind, den Mitspielern beim Aneignen begehrter Pfründen in die Suppe zu spucken.
Moritz spürte sofort, dass das Spiel „deutlich lustiger“ wurde. Günther schränkte ein: „Aber nicht weil das Spiel auf diese Weise lustiger ist, sondern weil wir uns darüber lustig machen!“ Aaron bilanzierte. „Es ist halt ein gehässiges Spiel:“ Zur Versöhnung gab Moritz noch eine seiner unendlichen Weisheiten zum Besten:
„Das Spiel will nicht mehr als es ist!“.
Wir hätten alle gerne etwas mehr gehabt und bastelten an Varianten. Beispielsweise:

  • Es gibt Joker-Würfel
  • Die letzten drei Würfel dürfen / brauchen nicht mehr ausgelegt werden.
  • Eine Spielrunde endet mit Sudden Death, sobald ein Spieler alle seine Würfel plaziert hat.
  • Würfel müssen nicht immer ausgelegt, werden, sie dürfen auch einfach beiseite gelegt werden.
  • Augenzahlen sind kombinierbar.

Sicherlich haben Autor und Verlag viele Vegas-Varianten ausprobiert. Das oberste Ziel war aber offensichtlich die Einfachheit der Regeln. Schließlich kann heutzutage nur so ein Spiel-des-Jahres entstehen.
WPG-Wertung für Vegas mit der Störer-Variante: Aaron: 6 (glatt, vorher 6-minus), Günther: 4 (bleibt), Moritz: 4 (die erste Runde war noch ganz lustig, nach der zweiten Runde habe ich mich gelangweilt), Walter: 4 (vorher 3).

2. “Infiltration”
Infiltration“In ‘Infiltration’ two to six players control futuristic thieves, known as operatives, infiltrating a highly secure corporate facility to steal digital files. Each operative attempts to outwit his counterparts and collect the most data. But most importantly, each operative must escape the facility before the security mercs arrive.” – So steht es in der Game-Overview. Der Google-Translator übersetzt das (leicht verbessert) zu: „In ‚Infiltration’ steuern zwei bis sechs Spieler futuristische Diebe, als Arbeiter bekannt, die eine hochsichere Corporate Facility infiltrieren, um digitale Dateien zu stehlen. Jeder Arbeiter versucht, seine Amtskollegen zu überlisten und die meisten Daten zu sammeln. Am wichtigsten ist aber, dass der Arbeiter die Anlage verläßt, bevor die Sicherheits-Söldner ankommen.”
Wie infiltrieren wir die Facility? Indem wir die Aktionskarte „Advance“ spielen. Mit jeder Advance-Karte kommen wir ein Feld (=Raum der Facility) vorwärts. Wie stehlen wir Dateien? Indem wir die Aktionskarte „Download“ spielen. Solange der Vorrat reicht. Wenn die letzte Datei vom Feld, auf dem wir gerade stehen, entwendet wurde, gibt es nichts mehr zu holen. Dann sollten wir ins nächste Feld ziehen. Wie? Siehe oben.
Wie kommen wir aus dem Spielfeld wieder heraus? Indem wir die Aktionskarte „Retreat“ spielen. Damit gehen wir ein Feld zurück in Richtung Ausgang. Wenn wir “Retreat” mindestens so oft gezogen haben, wie wir im bisherigen Spielverlauf advanciert sind, sind wir draußen. Wann kommen die Sicherheits-Söldner? Wenn die Summe aller Augen, die wir mit dem Zeitwürfel gewürfelt haben, die Hundert überschreitet. Durchschnittlich könnte man mit 100 geteilt durch 3 ½ Zeitwürfel-Würfen rechnen. Da die Uhr aber schneller geht und immer wieder eine zusätzliche Zeitspanne addiert wird, ist das Spiel schneller aus als man denkt.
Wer noch schneller fertig werden will, spielt gleich im ersten Zug die „Retreat“-Karte. Unverzüglich ist er draußen und kann sich das aufregende Portugal-Spanien-Spiel anschauen.
Gibt es noch was? Ja, jeder hat ein paar Item-Karten auf der Hand, die er anstatt oder zusätzlich zu seiner Aktionskarte spielt. Damit kann er sich ein bißchen schneller bewegen. Vorwärts und rückwärts!
Nachdem jeder ein paar Runden lang advanced und downloaded hatte, entfuhr es Aaron: „Das kann es doch nicht sein, was wir jetzt machen.“ Moritz beruhigte: „Es ist halt ein No-Brainer“. Zu Deutsch: Ein Kinderspiel! Höchstenfalls!
Günther stieg als erster aus. Dabei wollte er nicht einmal das Fußballspiel anschauen. Er hatte nur eine Item-Karte in der Hand, mit der er die Restspielzeit gleich um ein Drittel verkürzte. Er war der einzige, der überlebte. Für alle anderen reichte die Zeit nicht mehr, im Retreat-Tempo den Ausgang zu erreichen. Moritz hat es trotzdem Spaß gemacht.
WPG-Wertung: Aaron: 5 (störte sich an der unterschiedlichen Wertigkeit des Diebesgutes. Der zufall-bestimmte Unterschied kann bis zu 300% betragen), Günther: 4+ (zu viel Text, d.h. Brimborium, für die einfachen Züge), Moritz: 7 (würde ich sofort wieder spielen. Thematisch überzeugend), Walter: 3 (würde es nicht nocheinmal spielen, wenn man ein Drittel der Feld-Effekte kennengelernt hat, ist das abstrakte Thema ausgelutscht).
Walters Ausgelutscht-Aussage konterte Aaron mit dem Hinweis auf die Geisterbahnen auf Rummelplätzen. „Jeder weiß, was da drin ist, und trotzdem gehen alle rein.“ Ach! In den Geisterbahnen will man doch nicht neue Geister kennen lernen. Zum Küssen sind sie da!

3. “Pictomanic”
PictomaniaEin Unterhaltungs- und Familienspiel, das es heuer bis auf die Empfehlungsliste zum “Spiel des Jahres” gebracht hat. Jeder bekommt einen unterschiedlichen Begriff vorgegeben (Auto, Ball, Cafe), dann malen alle gleichzeitig ihren Begriff und versuchen, als erster die Begriffe zu raten, die ihre Mitspieler malen. Ein ähnliches Prinzip wurde schon sehr erfolgreich mit dem Spiel-des-Jahres „Barbarossa“ verfolgt.
Punkte gibt es für das richtige Raten, für das richtige Geraten-Werden und für die Geschwindigkeit, mit der man das erledigt.
Das Spiel hat einen netten Unterhaltungswert, wie alle Spiele dieser Art. Tragisch ist es nur für den, der als einziger vom Fach ist, und dessen fachkundigen Gemälde nicht erkannt werden. Wie leicht kann für einen Nicht-Astronomen aus der Jungfrau ein Stier werden. Moritz hielt Walters Gitarre für eine Geige, Günthers Steinpilz war zweifellos ein Fliegenpilz und alle hielten Aarons Hyäne für einen Fuchs.
Die vorgegebenen Begriffe haben einen steigenden Schwierigkeitsgrad. Wir waren bald überfordert. Nicht nur mit Gitarren, Hyänen und Steinpilzen. Wie malt man denn einen „Algorithmus“? Reumütig und einsichtig kehrten wir zu den Anfängerbegriffen zurück.
WPG-Wertung: Aaron: 7 (hoher Wiederspielwert, die unterschiedlichen Schwierigkeitsgrade sind eine gute Idee, vorzügliche Skalierbarkeit für 4 bis 6 Personen), Günther: 7, Moritz: 7 (das Punktesystem ist das genialste am Spiel), Walter: 6 (die Idee ist nicht neu, der Zeitdruck stört die Kontemplation, das geilste sind die abwaschbaren Mal-Tableaus).

4. “Sequence”
Das Spielbrett zeigt ein Muster von Bridge-Karten. Jeder Spieler hat eine Kartenhand von 6 Karten und spielt reihum eine frei wählbare Karte daraus aus. Die ausgespielte Karte gibt das Feld auf dem Spielbrett an, wo der Spieler einen Chip hinlegen darf. Ist es einem Spieler gelungen, fünf Chips in waagrecht, senkrecht oder diagonal benachbarte Felder zu legen, so hat er gewonnen. Bei vier Spielern bilden die beiden gegenübersitzenden Spieler ein Team und gewinnen (oder verlieren) gemeinsam.
Wie beim Gobang-Spiel müssen ständig zwei Ziele im Auge behalten werden: eine eigene Fünfer-Sequenz zu bilden und beim Gegner eine solche zu verhindern. Beim Gobang hat dabei aber jeder Spieler unendliche künstlerische Freiheit, in „Sequence“ können nur die maximal 6 verschiedenen Felder gemäß der eigenen Kartenhand belegt werden. Ein kleines bißchen Aufpassen über die Gebilde der Gegner schadet nicht, der Rest ist Kartenglück.
Der italienische Untertitel des Spiels lautet: “Un emozionante gioco di strategia“, der englische Untertitel: „An exciting game of Strategy“. Deutscher Untertitel: Fehlanzeige. In Mini-Schrift darunter gesetzt: „Mit Strategie und Glück gewinnen.“ Wir Deutschen sind entweder sauertöpfisch oder humorlos. Oder schlichtweg wahrheitsliebend.
WPG-Wertung: Aaron: 7 (möglicherweise als Absacker geeignet), Günther: 7 (nur zum Zeitvertreib), Moritz: 5, Walter: 5 (reines Glücksspiel, plus ein bißchen Wahrnehmen, was das Glück uns geboten hat).
Inzwischen hat Spanien das Elfmeterschießen gewonnen.

5. “Zooloretto – Würfelspiel”
Zooloretto WürfelspielEin Spiel-des-Jahres ist immer eine Variation wert. 2007 hat das Brettspiel „Zooloretto“ den begehrten Titel gewonnen, 2012 kam die jetzige Würfelversion heraus.
Mit Hexawürfeln, auf denen Zooloretto-Tiere abgebildet sind, würfeln wir die Tierearten aus, die auf dem Markt zu haben sind, und laden sie auf Transporter. Jeder Spieler kann wählen, ob er zwei weitere Tiere herausbringt oder ob lieber die Tiere auf einem der beladenen Transporter in seinen Zoo einreiht. Am Ende bestimmt der beste Zoo den Sieger.
Für Aaron eine gelungene Kombination von „Choice“ und „Vegas“. Für Walter war auch noch ein bißchen „Kniffel“ dabei.
WPG-Wertung: Aaron: 6 (nicht besonders spannend), Günther: 7 (die beste Umsetzung eines Brettspiels als Würfelspiel), Moritz: 6 (das Original-Zooloretto ist besser), Walter: 5 (Würfelspiel mit der üblichen chaotischen Abhängigkeit von den Aktionen der Mitspieler).