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20.09.2017: Terraforming zum Fünften

Hat Stanislaw Jewgrafowitsch Petrow (* 7. September 1939, † 19. Mai 2017) am 26. September 1983 das Auslösen eines Atomkriegs verhindert? Entsproß seine Entscheidung, den Alarm über den Abschuß amerikanischer Raketen auf die Sowjetunion als Fehlalarm zu werten und nicht weiter nach oben zu melden, seiner Erfahrung über die einzig möglichen Erstschagsszenarien oder war es ein Vergehen gegenüber seiner Aufsichtspflicht? Oder war das Ganze doch nur eine triviale Routine-Entscheidung, die von unseren Medien ein bisschen aufgebauscht wird?

Für sein Verhalten wurde er seitens seiner Vorgesetzten weder belobigt noch bestraft. Immerhin erhielt er 2004 und 2006 den World Citizen Award, 2012 den Deutschen Medienpreis und 2013 den Dresden-Preis. Immerhin.

1. “Terraforming Mars”

Terraforming: Spieler-Tableau mit Plastik-Schablone

Wenn ein Spiel „zu lang, zu breit und zu solitär“ ist, was muss es dann haben, dass es trotzdem auf Vielspieler eine solche Faszination ausübt? Günther bot das Spiel heute zum fünften Mal bei uns an, und es erhob sich kein Widerspruch. Im Gegenteil, alle nahmen noch einmal mit Ehrgeiz und Leidenschaft die Aufgabe auf sich, den Mars bewohnbar zu machen.

Immerhin legte Günther eine neue Szenerie auf. Die Verteilung von Städten, Grünflächen und Wasser war topologisch anders (kein merkbarer Einfluß auf die Strategien) und bei den Meilensteinen und Auszeichnungen kamen anderen Kriterien in die Auswahl.

Günther hatte sich die äußerst funktionellen Plastikschablonen zugelegt, die über das jeweilie Besitztum-Tableau der Spieler gelegt werden, so dass sich die einzelnen Besitztumsmarker, immerhin bis zu 12 Stück pro Spieler, beim versehentlichen Ruckeln am Tisch oder am Tableau nicht mehr verschieben können. Ein geniales Addendum zum Spiel. Allerdings muss man für so eine Plastikform zu einem Herstellungspreis von vielleicht 5 Pfennigen pro Stück immerhin 8 Euro hinlegen, für ein 4-Personenspiel also noch einmal sage und schreibe 32 Euro. Diese Erfindung kommt dann schon einer Gelddruckmaschine gleich. Aber man lebt nur einmal, aber man spielt häufiger …

Wir spielten wieder nach den Experten-Regeln und mit den Firmen-Erweiterungen aus BGG. Günther wählte sich als Start-Firma die „Mining Guild“: Vom Start weg florierte seine Produktion von Eisen und Titan, er schwamm in liquiden Mitteln. Und da alle Investitionen ja mit Zinsenzins in die Siegpunktbilanz eingehen, war es für ihn ein Leichtes, diese schon sehr früh sprudelnden Quellen zum Gesamtsieg zu nutzen. Oder gehört doch Spielwitz, Übersicht und Können dazu?

Walter bekam die „Republik Tharsis“, mit der er als erste Aktion kostenlos eine Stadt auf dem Mars bauen konnte, und im weiteren Spiel immer Geldprämien einstreichen konnte, wenn eine weitere Stadt gebaut wurde. Nicht schlecht. Mit einer schon sehr früh vom üblichen Verteilungszufall zugeschusterten Karte für Titanproduktion konnte er darüber hinaus seiner Kasse regelmäßig Finanzspritzen zukommen lassen. Er legte sich wenige, aber teure Invesitionen zu und bekam am Ende dafür auch noch eine Auszeichnung. Ansonsten fuhr er die Strategie, möglichst „fully invested“ zu bleiben, insbesondere keine große Kartenhand zu halten, die ja nur totes Kapitel bindet. Es reichte zum zweiten Platz. Spricht das jetzt gegen oder für die Herausforderungen von „Terraforming Mars“?

Moritz legte sich „Politicorps“ zu. Damit durfte er am Ende einen beliebigen weiteren Meilenstein für sich beanspruchen und bekam für jeden Meilenstein und für jede Auszeichnung zwei Siegpunkte mehr. Überschlägig entspricht das etwa 11 geschenkten Siegpunkten. Für diesen Ertrag musste er aber bis ganz zum Schluss warten. Dabei verzählte er sich bei zwei Kriterien, so dass er zweimal die Prämien und seine zwei Zusatzpunkte verpasste. Er kam nur knapp aufs Treppchen.

Bei unseren ersten Spielen haben wir in TM jede Menge Interaktion vermisst. Wenn man das Spiel aber besser kennt, dann findet man doch mehr als nur Spuren davon. Konkurrenz gibt es in jedem Fall bei Meilensteinen und Auszeichnungen. Auch die Besiedelung auf dem Mars ist ein Tummelfeld für passionierte Interaktionisten. Und wenn ein Mitspieler miesnicklige Karten zum Klauen von Ressourcen besitzt, kommt es sehr auf das Timing der Züge an, um den Miesnickel auszubremsen. Auf jeden Fall ist TM kein Solitärspiel, auch wenn es solitär gespielt werden kann.

Noch ein bisschen Statistik
Spieldauer 210 – 240 Minuten
Rundenzahl 13
Siegpunkte (max) 107
Terraformingwert (max) 38
Siegpunkte aus Städten und Grünflächen (max) 31
Siegpunkte aus Investitionen (max) 25

WPG-Wertung: Keine neue Wertung für ein Fast-8 Punkte-Spiel!

13.09.2017: Steinzeit auf dem Mars

“Wir spielen am Besten, wenn der Gegner nicht da ist.“
(Otto Rehagel)

1. “Tribes: Early Civilization”

“Tribes” – Wege der Menschheitsgeschichte

Sich fast entschuldigend legte Moritz mal wieder eine seiner beliebten amerikanischen Spiele-Erwerbungen auf den Tisch. Dabei geht es bei „Tribes“ nicht um Weltkrieg, Weltraum oder thematische Wunderländer, sondern in einer sauberen abstrakten Entwicklungs-Szenerie lediglich um Siegpunkte. Fast ein Eurogame. „Das Spiel könnte fast von Aaron sein!“ Eine Adaption von „Yunnan“. Anstatt auf der Seidenstraße bewegen uns auf unbekannten Wegen im Paläozoikum ff.

Um unsere Sippe zum Sieg zu führen, müssen wir:

  1. Lebensraum schaffen, d.h. Landschaftsteile (Hexagons) blind aus einem Säckchen ziehen und an unser Stammesgebiet anlegen.
  2. Wohnraum schaffen, d.h. in unserem Stammesgebiet weitere Hütten bauen.
  3. uns ausbreiten, d.h. unsere Hütten auf diejenigen Landschaftsteile verteilen, die wir für unseren nächsten Entdeckungsschritt brauchen.
  4. Schritt für Schritt unseren Stamm durch die drei verschiedenen Perioden der menschlichen Urgeschichte zu führen und damit – vor allem – Siegpunkte einzuheimsen.

Im Paläolitikum reicht eine einzige Hütte auf dem richtigen Landschaftsteil, um hier einen Schritt vorwärts zu kommen. „Richtig“ bedeutet, dass auf dem Landschaftsteil mit unserer Hütte das gleiche Symbol (Pferd, Schaf, Muschel, Weizen, Feuer oder Gold) aufgedruckt ist wie auf dem paläolitischen Hexateil (PH), in das wir expandieren wollen. Wir legen dann einen Marker auf dieses PH, kassieren ein paar Siegpunkte, steigern unsere Fähigkeiten in Bezug auf Entdeckertum, Bauvermögen, Beweglichkeit oder Schlagkraft und lösen ggf. noch weitere Nebeneffekte aus.

Im Neolitikum brauchen wir zwei Hütten auf den richtigen Landschaftsteilen, um hier ein PH weiter zu kommen und die gleichartigen, quantitativ etwas gesteigerten Vergünstigungen zu kassieren.

Im Bronzezeitalter benötigen wir drei Hütten für diesen Fortschritt.

Die oben geschilderen Aktionen dürfen wir aber nicht nach beliebigem Gusto ausführen, sondern wir müssen uns dabei an einen besonderen, nicht ganz nagelneuen Auswahlmechanismus halten, in dem der eigentliche Pfiff des ganzen Spiels liegt. Alle zulässigen Aktionen liegen als Kärtchen in einer Reihe hintereinander auf dem Tisch. Die erste angebotene Aktion dürfen wir jeweils kostenlos ausführen. Wenn wir aber eine Aktion auswählen wollen, die weiter hinten liegt, müssen wir auf jedes davor liegende Aktionskärtchen eine Muschi aus unserem sehr begrenzen Muschischatz legen. Das ausgewählte Aktionskärtchen kommt dann ans Ende der Reihe und der nächste Spieler hat die Qual der Wahl.

Auf den ungeliebten Aktionskärtchen am Anfang der Reihe häufen sich auf diese Weise immer mehr Muschis an, bis ein Spieler sich ihrer erbarmt und eines davon auswählt; er führt die ungeliebte Aktion aus, tröstet sich aber mit den vielen Muschis, die er dabei einstreichen kann.

Im Prinzip könnte es für einen Spieler fast egal sein, in welcher Reihenfolge er die notwendigen Aktionen zum Sieg ausführt, ob er erst Lebensraum und dann Wohnraum schafft oder umgekehrt. Doch der Schritt 4, das Weiterschreiten in der Urgeschichte, ist am wichtigsten und begehrtesten, die Aktionskärtchen dafür liegen selten auf den den billigsten Plätzen. Weiterhin wird als Nebeneffekt des allgemeinen Fortschritts zuweilen ein weiteres Kärtchen unter diese Aktionskärten eingefügt, dass u.U. ausschließlich negative Folgen auslöst, z.B. „Du verlierst 3 Hütten“ oder „Du verlierst 3 Landschaftsteile“. Solche Kärtchen sucht ein jeder zu vermeiden, bis ihn die Menge der hier abgelegten Muschis dann doch in den sauren Apfel beißen lässt, oder bis man keine einzige Muschi mehr besitzt und dann zwangsweise hier zugreifen muss.

So lebt ein jeder ein bisschen von der Hand in den Mund. Große Handlungsfreiheit im Aufbau gibt es nicht. Wie man den nächsten Entwicklungsschritt tun kann, dafür sind die nächsten notwendigen Aktionen klar und einsichtig. Wir versuchen an sie heranzukommen, und wir freuen uns, wenn dies möglichst billig vonstatten geht. Eine gewisse Voraussicht dessen, was sich in der nächsten Runde innerhalb der Reihenfolge der Aktionskärtchen tun wird, tun könnte oder tun muss, das ist die einzige Vorausplanung des Spiels, der Rest ist Zufall und Gespielt-Werden.

Wer sich zuerst auf Teufel komm’ raus mit Ressourcen eindeckt, kann zwar dem Zufall etwas entgegenwirken, aber er verpulvert dabei zu viel Energie. Wenn er dann endlich in Handlungsfreiheiten schwelgen könnte, hat ein Mitspieler die zum Sieg notwendigen 30 Siegpunkte bereits erzielt und das Spiel beendet. Immerhin geht das alles relativ flott über die Bühne.

WPG-Wertung: Günther: 5 (ein klein wenig Aufbau, aber nicht viel, kein Thema, keine Interaktion, lediglich ein bisschen Konkurrenz innerhalb des Aktionsauswahlmechanismus, hier aber mehr zufällig als planbar), Moritz: 6 (es funktioniert, hat ein seriöses Design; dass wir am Ende alle dicht beieinanderlagen, ist eher ein Zeichen von Einförmigkeit; in die Prämien beim Fortschreiten auf dem Entwicklungsweg hätte noch ein bisschen Pfiff gebracht werden können), Walter: 6 (Tendenz zu 5; das Spiel ist ausbalanciert, flüssig, es gibt keine Engpässe, der Muschi-Einsatz ist spielerisch. „Das beste Kick-Starter-Spiel, an das ich mich erinnern kann“. [Man beachte die Einschränkungen „Kick-Starter“ und „Erinnerungsvermögen“]).

2. “Terraforming Mars”

Selten hat ein Spiel mit so wenig Interaktion so oft den Weg zu uns auf den Tisch gefunden wie „TM“. Trotz erheblicher Kritikpunkte haben wir uns schon dreimal mit der stundenlangen solitären Aufbauarbeit beschäftigt.Günther hatte es in der Zwischenzeit weitere Male gespielt und wollte uns heute in der Dreierrunde seine volle Schönheit mit den verschiedenen Extensions vorführen.

1) Jeder Spieler bekommt zu Beginn eine Firma zugeteilt (er darf sich aus 4 Firmen-Alternativen eine auswählen), die ihm innerhalb der auswählbaren Entwicklungsschritten individuelle Vorteile bringt. Damit wird für sein späteres Vorgehen eine gewisse Richtung vorgegeben, so dass er sich auf dem weiten Feld der Entwicklungsmöglichkeiten nicht mehr so verloren vorkommt. Asymmetrische Anfangsbedingungen in einem Entwicklungsspiels sind, sofern sie ausbalanciert sind, immer von Vorteil.
Zusätzlich zu den Standard-Firmen, die mit der Grundausstattung des Spiels ausgeliefert werden, hatte Günther hier auch die bei BBG vorgeschlagenen Extensions aus dem Internet heruntergeladen und ausgedruckt.

2) Beim Nachkauf von Entwicklungskarten wurde der Experten-Auswahlmechanismus angewendet. Von den vier angebotenen Entwicklungskarten darf jeder Spieler nur eine behalten, drei davon muss er an seinen linken Nachbarn weiterreichen und bekommt dafür drei neue von seinem rechten Nachbarn. Dies wird mit jeweils einer Karte weniger solange wiederholt, bis an Ende jeder Spieler eine Karte weitergibt und eine Karte erhält. Jetzt hält er – wie früher auch – wieder vier Karten in der Hand, von denen er beliebig viele behalten und kaufen oder abwerfen kann.
Dadurch kommt deutlich mehr Gerechtigkeit in die Kartenauswahl (Aaron hätte seine helle Freude daran gehabt!), und jeder hat noch mehr Chancen, die zu seiner Firma passenden Entwicklungskarten angeboten zu bekommen.

Moritz hatte eine Firma, in der er Wärme als Zahlungsmittel einsetzen konnte. Zusammen mit einer forcierten Entwicklung seiner Wärmeproduktion war er schnell aus allen Zahlungsschwierigkeiten heraus. Es reichte zum zweiten Platz.

Walter durfte mittels seiner Firma bei jeder Steigerung seiner TM-Potenz für einen geringen Obolus auch noch eine Stufe drauflegen. Mit einer gewissen Schusseligkeit verwechselte er oft genug TM-Potenzsteigerung mit TM-Einkommensteigerung, oder warum auch immer, es reichte nur zum dritten Platz.

Günther war mit seine Firma nicht zufrieden. Er wirtschaftete fast ausschließlich an ihr vorbei. Aber er wirtschaftete sehr gut, legte sich punkteträchtige Entwicklungskarten zu und langte vor allem bei Meilensteinen und Auszeichnungen kräftig zu. Er wurde Drittletzter.

Spielzeit: 4 (VIER) Stunden. Aber ohne Langweile. Moritz verpasste die vorletzte und die letzte U-Bahn, ohne es richtig zu merken.

WPG-Wertung: Keine neue Wertung für ein Fast-8 Punkte-Spiel. Moritz: „Das Agricola-Spiel unserer Zeit“!

12.07.2017: Terraforming zum Dritten

„Der ferne Mars birgt einen Schatz.
Grabt nur danach!” – „An welchem Platz?”
Schrie alles laut den Vater an.
„Grabt nur!”… Oh weh, da starb der gute Mann.

Mit Hacke, Schipp und Spaten ward
Der Mars nun um und um gescharrt.
Kein Klumpen, der da ruhig blieb.
Man warf den Mars gar durch ein Sieb
Allein, kein Schatz ward aufgespürt,
Und jeder hielt sich angeführt.

1. “Terraforming Mars”

Günthers Spielertableau unter der Halbzeit-Besiedlung des Mars.
Aaron, der das Spiel schon zum 4 Mal gespielt hatte und es von Mal zu Mal schlechter fand, ließ sich problemlos breitschlagen, es zum Warming-Up noch einmal damit zu versuchen. Wir spielten es zum ersten Mal auch mit dem Experten-Anfang: Jeder bekam zu Beginn 10 Karten auf die Hand, von denen er sich beliebig viele aussuchen durfte, sie dann aber auch gleich bezahlen musste. Dazu bekam jeder Spieler eine „Fabrik“, d.h. unterschiedliche Vorteile für seine späteren Aktionen, zugeordnet, so dass von dieser Seite schon mal eine – grundsätzlich positive – Asymmetrie gegeben war.

Walter baute sich als Erkenntnis seiner ausgiebigen Terraforming-Excel-Kalkulation gleich vom Start weg – für sündhaft teures Geld – Geld-Produktionsmaschinen. Seine deutlich größeren Einnahmen wurde auch sofort erkannt und angefeindet, am Ende waren die sündhaften Investitionen aber doch keinen Lorbeerkranz wert. Vielleicht hatte er auch den wichtigen „1830“-Wahlspruch „keep fully invested“ vernachlässigt.

Aaron durfte als Start-Bonus Wärme und Energie wie Geld verwenden. Da er sich dabei aber im Umtauschwert zu seinen Ungunsten geirrt hatte, war das schlussendlich auch nicht das Gelbe vom Ei.

Günther wählte als Startzielrichtung den Städtebau. Zudem bekam er für jedes Stadtplättchen, das seine Mitspieler legten, auch noch einen ansehnlichen Obolus von der Bank. Er reichte zum sicheren Sieg mit 78 Punkten. Die fettesten Anteile dazu lieferten zum einen die „Auszeichnungen“ mit 15 Siegpunkten und die Städte bzw. Grünflächen auf dem Mars mit 24 Siegpunkten. Damit konnte er seinen 5-Punkte-Rückstand beim Terraforming-Faktor problemlos wieder wettmachen. Es half auch nichts, dass Aaron und Walter mit vereinten Kräften ihre Räuberkarten alle gegen Günther spielten. Im sicheren Gefühl seiner Überlegenheit trug er alles mit Fassung.

In knapp zwei Stunden (hört! hört!) hatten wir die 10 Generationen des Spiel über die Runden gebracht. Sicherlich spielt sich das Spiel zu dritt wesentlich flüssiger als zu viert. Heute trug zu diesem WPG-Geschwindigkeitsrekord aber auch noch bei, dass sehr viele Spielerhandlungen im Vertrauen auf Regelkenntnis und Redlichkeit der Spieler parallel abgewickelt wurden.

WPG-Wertung: Aaron 6 (bleibt, er leidet zwar immer noch unter dem Frustelement des falschen Kartenangebots zum falschen Zeitpunkt, aber er möchte mit seiner 6-Punkte-Wertung nicht mehr weiter nach unten gehen), Günther: 8 (bleibt), Walter 7 (der Sympathiepunkt für das Thema und das überzeugende wissenschaftliche Brimborium drum herum wird für den 7ten Punkt nicht mehr benötigt).

Damit Walter nicht ganz umsonst viele Tage über den Karten von Terraforming gebrütet hat, hier ein paar Ergebnisse aus seiner vorläufigen endgültigen Analyse.

Von den grünen und roten Entwicklungskarten, die bereits in der ersten Generation einsetzbar sind, zählen zu den Besten (in absteigender Reihenfolge)

  1. Roboter-Personal (für „Tektonische Energiegewinnung“)
  2. Energieeinsparung
  3. Gezüchtete Mikroorganismen
  4. Bergbaugebiet
  5. IO-Bergbauindustrie
  6. Fusionsenergie
  7. Asteroidenbergbau
  8. Orbitaler Sonnenspiegel
  9. Schürfrechte
  10. Archaeen
  11. Titanmine
  12. Atomkraft

Von den grünen und roten Entwicklungskarten, die bereits in der ersten Generation einsetzbar sind, zählen zu den Schlechtesten (in aufsteigender Reihenfolge)

  1. Tagebaugrube
  2. Unterirdische Stadt
  3. Zeppeline
  4. Hochspannungsnetz
  5. FCKW-Fabrik
  6. Karbonat-Verarbeitung
  7. Ganymed Kolonie
  8. Lebensmittel-Manufaktur
  9. Riesiger Konvoi
  10. Baugewerbe

Natürlich muss man diese Karten zuerst mal auf die Hand kriegen, und dann muss man auch noch alle diejenigen Karten bekommen, bezahlen können und rechtzeitig ausspielen können, damit die optimalen Karten auch richtig zur Wirkung kommen.
Glaube nur der Statistik, die du selber gefälscht hast.

2. “Tiefseeabenteuer”

Für das Terraforming hatten wir zwar nur zwei Stunden reine Spielzeit verbraucht, doch mit der Einführung in die neue Startformation sowie mit dem allfälligen Philosophieren über Aarons „Saami“ war doch schon zehn Uhr vergangen. Für ein „Orakel von Delphi“ war es bereits zu spät. Vom Warming-Up gingen wir lückenlos zum Absacken über.

Das hübsche kleine „Tiefseeabenteuer“ sollte uns von den Elektroschocks auf dem Mars erst mal wieder in die seligen Tiefen unserer Mutter Erde zurückbringen. Mit Erfolg.

Nur im dritten Tauchgang kamen wir lebend wieder nach oben. Was zur allgemeinen Freude aber gar nicht nötig ist. Gemeinsam untergehen oder als Saboteur den fündigsten Wassergräbern die Luft ausgehen lassen, das macht auch Spaß.

Aaron gewann.

WPG-Wertung: keine neue Wertung für ein 8-Punkte Spiel.

3. “Hanabi”

Ein weiterer kleiner Absacker.
Der älteren Generation fällt es immer schwerer, sich die Hinweise auf die eigene Kartenhand zu merken. Dann am Rande der Legalität mit einer gewissen Flaxerei bei den Mitspielern das sichbare gesammelte Wissen noch einmal zusammenfassen, das geht nur den gewissenhaftesten Gesetzestreuen unter uns zu weit. Dabei ist das Ganze doch ein Kooperationsspiel. Und bei VW (wo nicht?!) wurde in weit größerem Rahmen gemogelt …

WPG-Wertung: keine neue Wertung für ein 7-Punkte Spiel.

4. “Abluxxen”

Auch zu dritt, in Absackerstimmung, ein hübsches Spielchen. Es gibt keine so großen Coups wie bei vier oder mehr Personen, und die bereits zu Spielbeginn ausgeteilte Kartenhand ist mehr als die Hälfte vom Sieg. Macht aber trotzdem Spaß, was sich in den Auslagen so alles tut.

Nach drei Durchgängen erzielte Aaron angenähert halb so viele Punkte wie Günther. Günther hingegen erzielte einundvierzig mal so viele Punkte wie Walter. Wenn Walter zwei Punkte weniger erreicht hätte, dann hätte Günther minus einundvierzig mal so viele Punkte bekommen wie Walter. Wäre das jetzt ein bessere oder schlechteres Abschneiden für ihn gewesen.

Wie lautete der Endstand?

WPG-Wertung: keine neue Wertung für ein 7,5-Punkte Spiel.

21.06.2017: Balance auf dem Mars

Spielautorentreffen in Ruppichteroth. Zwölf alte Hasen sind angereist, um sich gegenseitig ihre Schöpfungen in statu nascendi zu präsentieren. Die hübsche kleine 10.000 Seelen-Gemeinde liegt direkt vor der Haustür von Köln. Na ja, fast, mit dem öffentlichen Bus braucht man eine Stunde.

Einer der Hasen wollte seine Test-Arbeit mal kurz unterbrechen und einen Abstecher nach Köln machen. „In zwei Stunden bin ich wieder da“ ließ er hoffnungsvoll und tröstend verlauten. Doch Stunde um Stunde verrann. Erst nach fünf Stunden war er – schweißtriefend – wieder zurück? Was war geschehen?

Auf der Rückfahrt hat der öffentliche Bus die hübsche Gemeinde vermieden, ist drum herum gefahren und hat seine Passagiere erst im nächsten Ort, zehn Kilometer weiter ausgeladen? Die Ruppichteroth musste die restliche Strecke zu Fuß zurücklegen. Warum?

In Ruppichteroth war ein Dorffest, und der Gemeinderat hatte doch glatt befürchtet, dass islamistische (oder andere) Terroristen erstens wissen, wo Ruppichteroth liegt, zweitens wann dort das Dorffest ist, drittens wie man dort hin kommt, und viertens, dass sich dort so viele Leute tummeln, dass man reiche Todesbeute bekommt, wenn man mit einem LKW dort ungebremst in die Menge hineinfährt. Die ganze Innenstadt war verbarrikadiert, alle Straßen gesperrt, der Autoverkehr wurde großräumig drum herumgeleitet … !

Da fragt man sich doch, ob Ruppichteroth der allgemeinen Terror-Hysterie unterlegen ist, oder ob es nicht selber ein Erzeuger von solcher Terror-Hysterie ist. Es erinnert fatal an einen sinnigen Spruch, der mal an den Ausfallstraßen der Stadt Freiburg zu lesen war: „Sie stehen nicht im Stau, Sie SIND der Stau!“

1. “Terraforming Mars”

Simultane Ernte beim „Terraforming Mars“

Schon vor zwei Wochen zum ersten Mal am Westpark gespielt. Ein technisch-physikalisch-ökonomisch sehr sauber ausgetüfteltes Spiel um die Bestrebungen, den Mars bewohnbar zu machen. 208 verschiedene Entwicklungs-Karten gibt es, auf denen Erfindungen, Entscheidungen und Ereignisse in Bezug auf diese Zielrichtung aufgezeichnet sind. Jedem Spieler wird eine erkleckliche Menge davon angeboten, die einmal den aktuellen Besitz an Ressourcen (Geld, Energie, Eisen, Titan, Pflanzen und Wärme) in jeweils unterschiedlichen Quanten bringen, aber vor allem – mit viel durchschlagenderem Erfolg die Produktion dieser Ressourcen steigert. Die Karten kosten Geld und Ressourcen oder – peinlich, peinlich – gleich ganze Produktionsmittel für Ressourcen.

Die Herausforderung des Spiels besteht darin, von den Karten, die einem im Übermaß angeboten werden, die richtigen auszuwählen. Man hat sie dann zunächst mal nur auf der Hand. Dann aber muss man die richtige Karte zum optimalen Zeitpunkt ausspielen. Geld ist knapp, der Karten gibt es viele, die Qual der Wahl ist groß. Zu Beginn muss man trivialerweise Karten ausspielen, die die Produktionen steigern, vor allem auch die vom Allheilmittel Geld. Zu irgend einem Zeitpunkt muss man dann aber auf Siegpunkt-orientierte Karten umschwenken.

Zwischendurch darf man auch mal eine Stadt auf dem Mars gründen, eine Grünfläche dazu anlegen und einen See buddeln. Auch das gibt Siegpunkte, vor allem wenn die eigenen Grundstücke in einer günstigen Konstellation zueinander liegen. Aber eigentlich ist diese Tätigkeit nebensächlich. Man kann den ganzen Mars begrünen und wird trotzdem Letzter.

Leider gibt es unter den Karten auch eine Menge – am Westpark absolut verpönte – „Ärgerkarten“, die nicht nur erlauben, das eigene Besitztum vorwärts zu bringen, sondern auch einen BELIEBIGEN Mitspieler um Hab und Gut und Produktionsmittel bringen. Vor zwei Wochen wollten wir die Ärger-Aktionen einfach weglassen. Das geht aber nicht so einfach, denn dann braucht man auch Ersatzlösungen für das Gute im Bösen. Wenn ich z.B. auf Grund einer Entwicklungskarte einem Mitspieler ein Tier wegnehmen und bei mir ansiedeln darf (für einen Siegpunkt), und wir das Wegnehmen streichen, dann hat diese Karte überhaupt keinen Effekt. Gut, man kann sie komplett in den Orkus werfen, aber dadurch bekommt das Spiel eine total andere Balance.

Diese Klauerei hat der Autor sicherlich nicht nur aus Leichtfertigkeit oder als Zugeständnis an Chaoten in das Spiel eingebaut, es ist wohl auch ein wichtiges Korrektiv, um Spieler, die auf Grund günstiger Kartenzuteilung den anderen auf und davon ziehen, damit zu bremsen und wieder einholbar zu machen. Dreimal Freude, einmal Leid.

Man könnte auch im Einzelfall darum verhandeln, wer jetzt geschädigt werden soll und man könnte Rückversicherungsverträge auf Gegenseitigkeit aushandeln. Das verleiht dem Spiel dann schon einen diplomatisch-ökonomischen Anstrich. Manche mögen das.

Heute ging es bei uns diesbezüglich ganz friedlich zu. Nach den ersten kleineren Diebstählen verloren alle, federgeführt von Horst, die Lust an diesem Teil von Terraforming und verzichteten auf den Schadeneffekt: „Ich lasse es gut sein!“ Das zeigt doch ein großes Spielerherz!

Das Ende zieht sich hin, vor allem weil jeder Spieler eine Menge blauer Aktionskarten vor sich liegen hat, die alle pro „Generation“ einmal durchgecheckt und abgewickelt werden wollen. Nach einer knappen Stunde Regeleinführung für den Neuling Horst und nach dreieinhalb Stunden Spielen waren wir durch. Horst war mit viel Geldproduktion schnell aus den Startlöchern gekommen, aber Günther, der in den ersten drei Runden konsequent viel Geld zurückgehalten und nicht für Kinkerlitzchen verpulvert hatte, konnte ihn am Ende mit einer zielstrebig zusammengestellten Siegpunkt-Generierungsmaschine doch noch überholen.

Horst inspiziert seine neuen Karten

WPG-Wertung: Horst: 8 (mit Tendenz zu 9, hervorragend, großer Spielspaß, super ausbalanziert, ständig spannend und konstruktiv. „Ich war richtig neugierig auf die Funktionsweise jede neuen Karte. Ärgerkarten sind in einem so langen Spiel zwar doof, aber man kann sie ja freiwillig einschränken.“), Aaron: reduzierte seine vorherigen 7 auf 6 Punkte (hat das Spiel jetzt zum 4. Mal gespielt und fand es jedesmal schlechter. Die 3 ½ Stunden Spielzeit sind viel zu lang; die Planungsmöglichkeit geht gegen Null, das Ganze ist eher ein Herumirren im Walde), Günther: 8 (bleibt), Walter: erhöht seine bisherigen 6 auf 7 Punkte (das Spiel ist zwar nicht besser geworden, aber das ausgezeichnete Spielmaterial und vor allem die ingenieurmäßig und unternehmerisch überzeugenden Kartennamen und Karteneffekte, sowie die ausgezeichneten Piktogramme, mit denen die unterschiedlichen Effekte auf jeder Karte sichtbar gemacht wurden, rechtfertigen eine bessere Benotung. Zudem habe ich jetzt drei Tage einen Riesenspaß dabei gehabt, die Karten zu analysieren und in einem riesigen Excel-Tableau zum Leben zu erwecken.)

Hier noch eine kleine Kostprobe meiner Excel-Spielereien.

Das Modell ist noch nicht gesichert, die Preise für die Erhöhung der Produktionen und der Wert ihrer Produkte sind höchstenfalls erste Näherung. Der eingesetzte Zinseszins mit seinem gewaltigen Einfluss auf Zeitpunkt und Effizienz einer Investition, steht noch auf wackligen Füßen. Der hohe Anfangswert einiger Produkte, die für andere Produktionen benötigt werden, verfällt bei Überproduktion im Mittelspiel ganz rasant. Diese Dynamik ist in dem Modell überhaupt noch nicht berücksichtigt. Aber immerhin hier ein paar Anfangsaussagen (Hypothesen):

  1. Zugrunde liegt ein Spiel mit 4 Teilnehmern.
  2. Ein Spiel geht über etwa 14 Generationen.
  3. Jeder Siegpunkt hat am Ende etwa 5 M€ gekostet.
  4. Jede Entwicklungskarte kostet im Durchschnitt 15 M€.
  5. Jeder Spieler startet mit Entwicklungskarten im Wert von etwa 150 M€ und einem Einkommen von 20 M€ pro Generation. Wenn er am Ende auf ein Besitztum von etwa 850 M€ gekommen ist, entspricht das einer Zinsrate von 13 Prozent.
  6. Bei einer Zinsrate von 13 Prozent würde jede Einkommens M€, die durchweg in Geld-generierende Karten investiert würde, am Ende den stolzen Betrag von 35 M€ zusammenhäufeln.
  7. Es ist trivial, dass bei einem Produktionsspiel die Produktion-steigernden Karten zu Beginn am wichtigsten sind. In “Terraforming Mars” sind das:
    1. ”Soletta”, mit dem man ohne anderweitigen Einsatz für 35 M€ seine Wärmeproduktion um gleich 7 Wärmeeinheiten steigern kann. Das bringt zwar nicht gleich Geld und Siegpunkte, aber der Besitz von Wärme-Einheiten ist für viele lukrative Karten eine Grundvoraussetzung.
    2. Mittels der “Mohole-Bohrung” bekommt man für 20 M€ eine ebenfalls bemerkenswerte Steigerung der Wärmeproduktion um 4 Einheiten und darf noch dazu ein Grundstück auf dem Mars buchen.
    3. Der “Verglühende Ammoniak-Asteroid” steigert für 26 M€ die Wärmeproduktion um 3 Stufen Einheiten, dazu noch die Pflanzenproduktion um eine Einheit, und wenn man bereits einen Stall für Mikroben besitzt, darf man ihn mit 2 Mikroben zusätzlich bevölkern.
  8. Wenn man in Wärmeproduktion schwimmt, kann man das “Tropische Urlaubsparadies” errichten und dort die Urlauber mit 3 M€ pro Generation zur Kasse bitten. Das mag ein ganz neuer Geschäftszweig sein, wenn man, wie gesagt, Wärmeproduktion im Überfluss hat und nicht weiß, wohin damit. Geht man damit allerdings gleich zu Beginn des Terraforming in die Tourismus-Branche, wird man wohl als Schlusslicht enden.
  9. Auch die “Isolierung” ist so ein Geldräuber. Eine Wärmeeinheit für eine Geldeinheit einzusetzen, ist nur sinnvoll, wenn man damit sonst nicht viel anfangen kann.
  10. Die fixen Siegpunkt-Generierer sollte man trivialerweise erst ganz am Ende ausspielen. Etwas anderes sind die variablen Siegpunkt-Generierer, bei denen man Runde für Runde mehr oder weniger kostenlos Siegpunkte dazugewinnt. Einer davon ist der “Physikkomplex”, bei dem man seine erzeugte Energie nicht in – zu diesem Zeitpunkt sicherlich schon überflüssige – Wärme umsetzen muss, sondern in viel edlere Wissenschaftseinheiten mit mehr als doppelter Effizienz für Siegpunkte. Wer nicht weiß, wie er die notwendige Wärme erzeugen kann, sollte mal unter “Hochspannungsnetz” oder “Orbitaler Sonnenspiegel” nachschauen.
  11. Die “Schutzhütte” ist ebenfalls ein konsequenter Siegpunkt-Lieferant, allerdings braucht man dafür eine Titan-Produktion. Die vielfältigen Voraussetzungen und Tücken zur Erfüllung dieses Betriebsmittels sind hier jetzt nicht untersucht.
  12. Bemerkenswert: Der “Investitionskredit” lohnt sich von Anfang an. Man braucht sich vor der zugehörigen Einkommensminderung nicht zu scheuen. Der Anschaffungspreis ist recht niedrig und die Zinseszinsen machen den Verlust bereits in der ersten Generation wieder wett.
  13. Genauso sind die “Arbeitsverpflichteten” geschenktes Geld. 1 Siegpunkt Image-Verlust für 8 geschenkte Leiharbeiter darf man unter ehrenwerten Kapitalisten durchaus in Kauf nehmen.
  14. Eine kleine Nebenbetrachtung: Das “Roboter-Personal” wird effektivsten bei der “Tektonische Energiegewinnung“ eingesetzt.

Das wär’s für heute. Die zugehörige Excel-Tabelle ist ein unerschöpfliches Spielzeug. Und falls hier in meinem Modell grundsätzliche Fehler eingebaut sind, wird es mir eine Freude sein, den entsprechenden Hinweisen darauf nachzugehen und es nachzubessern.

07.06.2017: Terraforming Mars

„Wenn Du ein Schiff bauen willst, dann trommle nicht Männer zusammen um Holz zu beschaffen, Aufgaben zu vergeben und die Arbeit einzuteilen, sondern lehre die Männer die Sehnsucht nach dem weiten, endlosen Meer.“ Antoine de Saint-Exupery

1. “Terraforming Mars”

Terraforming Mars – eingeschwungene Spielszenerie

Ach hätte ich nur ein bisschen Sehnsucht nach dem Mars, dann könnte ich jetzt mit viel mehr Lust und Liebe auf die Details dieses Kandidaten zum Spiel des Jahres 2017 eingehen. So aber will ich meine letzten langen Tage doch lieber auf der gewohnten Erde verbringen und kann nur mit einer gewissen Distanz die Bemühungen von Jacob Fryxelius beobachten, den Mars spielerisch bewohnbar zu machen.

Alles ist rund, alles ist schön, alles ist konstruktiv, spielerisch und leicht. Mit dem ansehnlichen „Generationen-Einkommen“ von 20 M€ starten wir das Unternehmen. Davon kaufen wir Entwicklungskarten auf die Hand, bezahlen ihren Baupreis um sie vor uns auszulegen, und profitieren dann von ihrer Funktion. Dazu zählen:

  • die Erhöhung unseres Einkommens
  • die Erhöhung unsere Produktionskapazität für Metall, Titan, Energie, Wärme und Gemüse. Teilweise auf Kosten anderer eigener (oder fremder! Pfui!) Kapazitäten
  • die Zuteilung von Ressourcen in Form von Metall, Titan, Energie, Wärme und Gemüse, zusätzlich zu unserer Produktion
  • die Verbesserung der Umtauschrate unserer Ressourcen oder Rabatte zum Einsetzen der Entwicklungskarten
  • die Genehmigung, eine Stadt zu bauen oder eine Wasserflächen schaffen
  • die Reservierung bestimmte Objekte (Pflanzen, Mikroben, Tiere, Wissenschaftler), die in der Endwertung in Siegpunkte umgesetzt werden.
  • das Auslösen menschlicher oder kosmischer Katastrophen, die sich meist in Marserwärmung umsetzen und damit unser Einkommen erhöhen.
  • das Recht bzw. die Pflicht, unseren Mitspieler etwas wegzunehmen. (“Klaue bis zu 2 Titan” – Doppeltes Pfui!)

Zu Spielbeginn schlug Günther vor, die (Pfui!)Ärgerkarten wegzulassen. Alle waren damit einverstanden. Doch sein Vorschlag war juristisch nicht klar genug formuliert. Sollten die Karten vorhanden bleiben und nur ihr Effekt nicht zur Anwendung kommen, oder sollten die Karten als nicht-existent abgelegt werden dürfen? Unsere Warmduscher-Bemühungen hätten dann auch Auswirkungen auf Karten gehabt, mit denen man sich gegen diese Ärgereffekte schützen konnte. Kurz und gut, nach einer knappen Viertelstunde Diskussion ließen wir alles so, wie Jacob das vorgesehen hatte.

Günther vergab die Devise „Keep fully invested“, aber das war eine Irreführung. Wir haben in „Terraforming Mars“ zwar alle reichlich Geld, aber auch entsprechend hohe Ansprüche und Ausgaben. Bevor man sein Geld für eine halbgute Entwicklungskarte verpulvert, soll man es besser für die nächste „Generation“ aufheben, wenn man neue Karten, und darunter vielleicht (hoffentlich) deutlich effizientere bekommen hat.

Die richtige Auswahl der Karten ist die Crux des Spieles. Ganz zu Beginn braucht man natürlich solche, die Einnahmen und Produktionsmittel verbessern oder Rabatte auf spätere Investitionen geben; später geht es im Wesentlichen darum, Karten zu haben und zu nutzen, mit denen man seine Siegpunkt-Ernte steigern kann. Der Zufall bei der Kartenzuteilung spielt keine geringe Rolle, aber wir bekommen alle viel mehr Karten als wir nützen können, irgendwann werden schon die richtigen dabei sein. Dann sollte der Zug zum Mars – hoffentlich – noch nicht abgefahren sein.

Das richtige Timing ist wichtig. Jeder kann über seine Kartenhand (und seine Kartenauslage) beliebig lange grübeln, um den nächsten besten Zug zu machen. Dabei darf er gleich zwei Züge auf einmal machen, also zweimal eine Entwicklungskarten aktivieren, eine Stadt bauen, eine Grünanlage errichten, Wasser hervorzaubern, Wärme abgeben, oder auch mittels Ärgerkarten böses Blut erzeugen. Die Grübelei kann zu einem abendfüllenden Programm werden. In kaum einer Spielssession wurde so oft gefragt: „Wer ist dran?“ oder „Bist Du noch dran?“ oder „Fertig?“ wie heute. Allerdings ohne dabei hektisch zu drängeln. 60 bis 120 Minuten Spielzeit waren angekündigt, da wussten wir schon, dass jetzt drei Stunden Spielzeit vor uns lagen. Das wollten wir auch weidlich auskosten. Die Beta-Blocker wurden prophylaktisch gleich eingenommen.

Terraforming Mars – Spielertableau zum Festhalten der Produktionskapazitäten: Ein kleiner Ruck und das Titan springt von 4 auf 9

Apropos: Wann ist Ende? Wenn alle drei vom Autor vorgesehenen Lebensbedingungen erfüllt sind: genug Wasser, genug Wärme und genug Sauerstoff. An der Verbesserung dieser Lebensbedingungen arbeiten wir alle gewollt oder ungewollt als Nebenprodukt unserer Aktivitäten. Wenn dann allerdings z.B. die Temperatur am Anschlag ist, wird mit einem Schlag alle unsere bis dahin aufgebaute Wärmeerzeugung hinfällig, wir bekommen für unsere reichliche Produktion keinen Pfifferling mehr. Wenn alle Wasserflächen verbaut sind, können wir alle Entwicklungskarten für Wasserflächen auf den Müll geben. Aber dies sind nur minimale Frusteffekte bei der Urbarmachung vom Mars.

Und die Ärgerkarten? Aaron und Walter schossen sich auf Moritz ein, der darob zwar argumentierte, aber nicht lamentierte. Moritz schoss auf Aaron und Walter zurück, doch die Quantitäten 2 : 1 bzw. 1 : 2 waren halt deutlich unterschiedlich. Ja, wenn es die Ärgerkarten nicht gegeben hätte, dann hätte das Spiel überhaupt keine Interaktion! Moritz gewann trotz der Schießerei. Mit super Anfangskarten und einem ausgezeichneten Timing für Geld und Wissenschaft.

WPG-Wertung: Aaron: 7 (ähnlich wie „Race for the Galaxy“, thematisch schön, aber zu lang), Günther: 8 (es gibt immer etwas zu überlegen), Moritz: 9 („ich find’s super!“), Walter: 6 (hübsch erfunden, hübsch ausbalanziert, aber zu lang, zu breit und zu solitär).

2. “Bluff”

Nichts Neues im Westen. Bei 20 Würfeln war 17 mal die Fünf vorgegeben. 16 Fünfer oder Sterne lagen bereits draußen. Vier Spieler hatten noch je einen Würfel unter ihren Bechern. Moritz war am Zug. Sollte er jetzt anzweifeln oder erhöhen? Wenn er selber keine Fünf gehabt hätte, wäre die Wahrscheinlichkeit über 70 % gewesen, dass von den restlichen drei Würfeln noch mindestens eine Fünf dabei war. Er hatte aber keine Fünf. Alle anderen hatten auch keine mehr.

In einem grandiosen Endspiel aus einer 3:1-Unterlegenheit heraus konnte Walter gegen Günther mal wieder die Überlegenheit seiner Immer-4-Strategie demonstrieren. Günther war am Zug und legte gemäß seiner Theorie 1 mal die Fünf vor. Walter zweifelte an. Da hatte Günther nur noch 2. Jetzt legte Walter 1 mal die Vier vor, Günther hob auf 2 mal die Zwei und Walter auf 2 mal die Vier. Was hatte Günther unter seinem Becher? Mindestens eine Vier. (Um genau zu sein, es war genau eine Vier.) Walter hatte auch eine. Da stand es 1:1. In dieser Konstellation hatte Walter jetzt natürlich keine Probleme mehr, den Sack mit 1 mal die Vier zuzumachen.

Fazit: Man muss im „Bluff“ nicht nur eine Theorie haben, man muss auch der Theorie entsprechend würfeln!

Keine neue WPG-Wertung für ein Super-Spiel.