Spiel ist notwendig zur Führung eines menschlichen Lebens. (Thomas von Aquin, Summa theologica)
1. “Hansa Teutonica”
Zu Spielbeginn hat jeder Spieler zwei Aktionen pro Zug, mit denen er mehr oder weniger zwangsläufig je einen Pöppel auf Felder in ein Wegnetz zwischen Städten der norddeutschen Hanse legt. Hat er zwei Städte verbunden, darf er seinen Spielraum erweitern:
– mehr Aktionen pro Zug ausführen,
– mehr Pöppel pro Aktion requirieren,
– mehr Pöppel pro Aktion versetzen
– Wertungspositionen in Städten belegen
– sich höhere Privilegien zulegen.
Es ist klar, daß ein höherer Aktionsspielraum zu Beginn lebenswichtig ist, und alle Spieler rangeln um diese Erweiterung. Daß dies ein bißchen einseitig ist, war unser schärfster Kritikpunkt, als wir “Hansa Teutonica” vor zwei Monaten zum ersten Mal auf dem Tisch liegen hatten.
Doch unser Kritikpunkt war einseitig. Klaus Ottmaier vom Argentum-Verlag hat uns eine ganze Reihe von Alternativen zur reinen „Aktions-Erweiterungs-Strategie“ aufgezeigt. Heute ging es im wesentlichen darum, deren Stichhaltigkeit zu verifizieren. Günther war der Advocatus Diaboli, der uns die Nicht-Aktions-Alternativen praktisch und theoretisch demonstrieren sollte.
Als Startspieler ließ er sich die Gelegenheit zur Aktions-Erweiterung natürlich nicht entgehen. Dann spielte er aber auf ein schnelles Ende. Nach einem Handlungspielraum von 3 Aktion verzichtete er auf die weiteren Entwicklung und besetzte dafür die Wertungspositionen, mit denen er fortlaufend langsam aber sicher alle Siegpunkte einheimste, um das Spiel per Wertungsskala beenden zu können.
Aaron war gleich zu Beginn ins Hintertreffen geraten, als Günther und Walter durch gegenseitiges Verdrängen auf der Aktionsstrecke sich gegenseitig zusätzliche Pöppel aufs Spielfeld brachten. Da wurde nochmals kurz der Vorwurf der Aktions-Determiniertheit aufgebracht und diskutiert. Aber noch war nichts entschieden und die verschiedenen Position-Vor- und Nachteile konnten nicht auf einen Nenner gebracht werden.
Walter kam von seiner Aktions-Schiene nicht mehr herunter. Die Entwicklungsmaximierung verfolgte er mit einer solchen Hartnäckigkeit, daß er am Schluß das am besten entwickelte Aktions-Tableau besaß, aber fast keinen einzigen Siegpunkt.
Auf jeden Fall konnte Günther mit seinem Kantersieg vor Aarons ausgewogenen Vorgehensweise ganz klar belegen, daß in „Hansa Teutonica“ viele Wege zum Ziel führen. Das lies unsere Punkte-Bewertung gleich nach oben schnellen.
WPG-Wertung: Aaron: 8 (vorher 5, „Man muß auf vieles achten und kann dabei manches übersehen“), Günther: 8 (bleibt, für mehr Punkte hätte es noch mehr emotionale Begeisterung entfachen müssen), Walter: 9 (vorher 7, Will seinen Bewertungrahmen ausschöpfen.)
Hallo Wilhelm, bist Du jetzt zufrieden?
2. “Vasco da Gama”
Unter dem Thema Seefahrt erwerben wir Handelsprojekte, werben Mannschaften und Kapitän an, setzen die Segel und lassen uns über Sonderrollen noch ein paar Vorteile zuschustern.
Die Aktionen stehen allen Spieler offen, nur um die Reihenfolge wird geboten. Die meisten Gebote kosten nichts, nur die allerersten gehen richtig ins Geld, und Geld ist knapp. Bemerkenswert ist, daß der Preis für die Gebote kein vorher genau festgelegter Wert ist, sondern pro Runde ausgehend von einem Basiswert mit einer Zufallsverschiebung zwischen minus-Drei und plus-Drei Einheiten variiert. Wer hier alles auf eine Karte setzt und keine Geldreserve zurückhält, muß u.U. auf eine Aktion ganz verzichten und bekommt als Minimal-Entschädigung gerade mal eine Geldeinheit zurück.
Über diesen vom Autor eingebauten Zufallseinfluß hatte es bei uns vor 3 Wochen heftigste Unmutsäußerungen gegeben. Ist „Vasco da Gama“ ein Zockerspiel? Keineswegs. Wer natürlich mit seinen Geboten höchstes Risiko eingeht und mit seinem letzten Pfennigen nicht allen Preisverschiebungen standhalten ist, der kann in dieser Alles-oder-Nichts-Strategie untergehen. Doch unter Einhaltung einer Sicherheitsreserve sollte man sich voll auf die optimalen Kombinationen von Schiffsausrüstungen und Handelsfahren konzentrieren. Dann bietet das Spiel eine Fülle von konstruktiven und destruktiven Interaktionen für sich selbst und gegen die Ambitionen der Mitspieler.
Knapp ist alles, was wir für unseren Seehandel brauchen. Eine Menge Logistik und richtiges Timing ist unabdingbar für ein erfolgreiches Spiel. „Ich habe einen Fehler gemacht“ gehört zum Standard-Vokabular. Hoffentlich! Wer erstens so klug ist, daß er alle Wechselfälle der Seefahrt durchrechnen kann und zweitens so brutal, das während des Spiel auch zu noch tun, der kann „Vasco da Gama“ töten. In unserer Dreierrunde gabe es nur leichte Ansätze dazu (von wem wohl?) und deshalb auch keinerlei Klagen über übermäßige Wartezeiten. Den Vorgabewert von einer halben Stunde pro Mitspieler konnten wir spielend einhalten.
WPG-Wertung: Aaron bleibt bei seinen 8 Punkten („spannend bis zum Schluß“), Günther bleibt bei seinen 7 Punkten („Die vielfältigen Punkteabrechnungen sind nicht sehr eingängig“), Walter: 8 (neu).
3. “Rumis”
„Giganten der Lüfte“ wurde als Absacker abgeleht. Gut zu würfeln, um sich damit in die Lage zu versetzen, noch besser zu würfeln, war nicht nach dem Geschmack des Hausherrn. Zumindest nicht zum Absacken.
Als Alternative zu „Bluff“ bot sich „Rumis“ an. Da kam auch in die älteren Herren nochmals richtig Bewegung. Beim Auskundschaften der besten Plätze für die Bauklötzchen, mit denen man sich ein möglichst großes Stück vom Oberflächenkuchen sichern kann, blieb kein Arsch auf seinem Stuhl.
Wichtig ist das Augenmaß, sich gerade soviel Kuchen auf die Seite zu ziehen, daß man davon satt werden kann, ohne daß die anderen davon ein Stück abhaben wollen. Walter gelangt es dreimal, Aaron und Günther zum Kampf um den Restkuchen zu verleiten.