04.01.2012: Glück und Zufall in der Goldenen Stadt

„Wir wissen es wohl: wer nur wie im Spazierengehen einmal einen Blick nach der Wissenschaft hin tut, nach Art der Frauen und leider auch vieler Künstler: für den hat die Strenge ihres Dienstes, diese Unerbittlichkeit im Kleinen wie im Großen, diese Schnelligkeit im Wägen, Urteilen, Verurteilen etwas Schwindel- und Furchteinflössendes. Das Gutmachen gilt als die Regel, das Verfehlte als die Ausnahme. Diese “Strenge der Wissenschaft” erschreckt den Uneingeweihten. Wer aber an sie gewöhnt ist, mag gar nicht anderswo leben, als in dieser hellen, durchsichtigen, kräftigen, stark elektrischen Luft, in dieser männlichen Luft.“
Der gute Nietzsche hat in seinen „Die fröhlichen Wissenschaften“ so manchen Blödsinn verzapft. Co-Mentar würde sogar schreiben: „einen rechten Scheiß“. Beim obigen Spruch weiß ich nicht so recht, wie ich ihn einordnen soll. Zumindest überlasse ich es unseren Spielern und Lesern, sich selber einzuschätzen, was sie sind: Frauen, Künstler oder elektrische luftige Männer.
1. “Die goldene Stadt”
Gut zwei Jahr ist das Spiel alt und Aaron fragte provokativ: „So ein altes Spiel traust Du uns vorzulegen!“ Horst entschuldigte sich: “Einige Monate liegt es schon am Westpark herum. Es wird höchste Zeit, die Schimmelflecken davon zu entfernen.”
Die goldene Stadt ist eigentlich eine Insel. Wir fangen unseren Marsch an einem der vielen Orte ihrer Küstenlinie an, ziehen durchs Vorland, errichten Handelshäuser, gewinnen Geld und Siegpunkte, bis wir schlußendlich das Innere der Insel erreichen, dabei den größten Reibach machen und das Spiel beenden.
Für jeden Schritt auf der Insel müssen wir die richtigen Bewegungskarten besitzen. Pro Zug stehen jedem Spieler zwei neue Bewegungskarten zu, die von einer offenen Auslage gezogen werden. Der Startspieler darf sich die ersten beiden aussuchen, doch können sie ihm von jeden Mitspieler streitig gemacht werden, der bereit ist, dafür Geld zu bezahlen. Wer mit seinem Geld lieber Siegpunkte kassiert, der muss sehen, was übrig bleibt.
Das Spiel ist ein monetärer Konkurrenzkampf beim Ersteigern des Wegerechts und ein topologischer Konkurrenzkampf beim Belegen der Straßen auf der Insel. Walter sah „viele Wege zum Glück“. Für Aaron waren alle „zu mehr als 50% vom Zufall abhängig“. Zumindest im Ertrag. Wem das Glück bzw. der Zufall gewogen ist, der bekommt gleich in der Startphase die richtigen Bewegungskarten, wo er auf seinem Weg lukative Bonuskarten findet und hohe Siegpunktquoten einfährt. Wer weniger glücklich bedacht wird, kann zwar reichlich Pläne machen – immerhin ein deutliches Plus im Spieldesign – , doch auf seinem Weg fließt Milch und Honig nur in dosierten Mengen.
WPG-Wertung: Aaron: 6 (keine Begründung, warum er einen Punkt mehr oder einen Punkt weniger vergeben solle), Günther: 7 (locker, es gibt eine Menge Ausgleichsmöglichkeiten für Unbilden des Schicksals), Horst: 7 (flüssig), Walter: 7 (konstruktiv).
2. “Ora et Labora”
Das neue Monsterwerk von Uwe Rosenberg ist als Quadrat-Agricola verschrieen. Die Menge und Vielfalt der Karten ist unbeherrschbar und ließ Walter schon in der Ankündigung eine Gänsehaut über den Rücken laufen. Aber irgendwann muss dieses Monsterspiel auch am Westpark gespielt werden. Also heute, wenigstens in der Anfängerversion.
Doch beim Öffnen der Schachtel starrten uns gleich hunderttausend Landschaften, Marker, Karten, Pöppel und Anzeiger frech und hämisch ins Gesicht. Walter schlug die Hände überm Kopf zusammen. Heute nicht. Lieber irgendwann mal in einer Privat-Session bei Moritz. Ohne ihn. Immerhin bat Horst darum, beim nächsten Ausprobieren der Voll-Version dabei sein zu können.
3. “Principato”
Jeder Spieler besitzt ein Fürstentum, repräsentiert durch einen 20 mal 30 cm großen Pappkarton. Darauf gibt es fünf farbige Bereiche (grünes Land, gelbe Stadt, blaues Schloss, purpur Kirche und rote Stadtmauer), die es zu entwickeln gilt. Die grünen Früchte werden auf den grünen Feldern geerntet und in den grünen Höfen gespeichert. Mittels grüner Früchte werden gelbe Banken und gelbe Paläste errichtet. In den Palästen wird gelbes Geld erzeugt und in den Banken gespeichert. Mit dem Geld werden wiederum grüne Felder und Höfe gekauft. In dieser Abhängigkeit ist eine Minimalausrüstung an grünen und gelben Betriebsmitteln unabkömmlich, auch wenn man nicht unbedingt Felder und Paläste braucht, sondern die Produkte per Steuereintreiber gleich aus dem Nichts heraus erzeugen lassen kann. Später lohnt sich eine Konzentration auf eine einzige Farbe, in der wir unsere Siegpunktquellen einseitig kräftig sprudeln lassen.
Mittels gelber und/oder grüner Produkte erstehen wir Statuen, Bilder und Manuskripte, die wir im Schloss sammeln. Alle diese Kunstwerke liefern in der Schlußwertung mehr oder weniger Siegpunkte. Und wenn einem Spieler gar nichts Gescheites einfällt, investiert er in die Kirche und handelt sich damit Gunststeine ein, die ihm bei dieser oder jener Mangelerscheinung aus der Patsche helfen.
Die rote Stadtmauer ist für das Militär gedacht. Hier können wir Rekruten, Söldner oder Katapulte aufstellen. Die Katapulte kosten lediglich bei ihrer Anschaffung Früchte und Geld, anschließend stehen sie kostenlos herum. Für Rekruten und Söldner müssen wir bei den Zwischenwertungen jedes Mal reichlich Früchte und Geld ausgeben, um sie bei Stange zu halten. Das kostet so viel, dass es sich wirklich lohnt darüber nachzudenken, ob man in diese Militärelemente überhaupt einen einzigen Pfifferling investiert. Ihre Kosten-Nutzen-Relation bei Siegpunkten ist nur marginal, besonders wenn sich mehrere Spieler um die Dominanz streiten. (Hallo Thomas, bringe bitte schnellstens unsere Körndelfresser aus Afistan nach Hause!)
In Gang gesetzt werden unsere Aktivitäten in unserem Fürstentum mittels Aktionskarten, die es erlauben, jeweils einen Wirtschaftsvorgang in unserem Fürstentum durchzuführen, z.B. Felder anzulegen oder diese abzuernten. Dabei ist ein sehr pfiffiges Spielkonstrukt eingebaut: wir müssen unsere benutzten Aktionskarten in einen öffentlichen Pool zurückgeben, so dass sie früher oder später jedem Spieler einmal zur Verfügung stehen. Nach einem wohldefinierten Alterungsprinzip werden die Karten in diesem Pool ausgetauscht.
Beim funktionellen Design der Aktionskarten hat der Autor Touko Tahkok Allio deutlich Rücksicht genommen auf die intellektuelle Aufnahmefähigkeit der Mitspieler. Er hat genau den entgegengesetzten Weg eingeschlagen wie Uwe Rosenberg mit seinen Karten-Monstern: In „Principato“ gibt es nur etwa 12 verschiedene Kartentypen, die sich in allen drei Spielphasen – mit leichten Variationen in der Häufigkeit – wiederholen. Leicht zu merken, aber auf Kosten einer möglichen Dynamik.
WPG-Wertung: Aaron:6 (es wären 7 Punkte gewesen, wenn nach der zweiten Spielphase Schluß gewesen wäre), Günther: 5 (zu wenig Variation in den Karten), Horst: 6 (unstressig; viele Spielelemente sind allerdings zu unausgewogen), Walter: 6 (das Spiel könnte durch eine bessere Kartenauswahl mit gezielten Steigerungseffekten erheblich gewinnen).
4. “Bluff”
Günther verlor mit Walters „Immer-4-Strategie“ das 3:1-Endspiel gegen Horst. Altes Mathematiker-Dilemma: Man muss Theorien nicht nur kennen, sondern auch richtig anwenden können! Zu seiner Ehrenrettung: Er war im Endspiel derjenige, der nur einen Würfel hatte.
Im zweiten Spiel stieg Horst auf die Massiv-Einser-Strategie um. Aber nur, weil er die letzte U-Bahn erwischen wollte. Doch massiv Federn lassen mußte dabei Günther. Nach drei Runden war er ausgeschieden. Aaron gab vor: „Wer als nächster ausscheidet, muß zur U-Bahn!“ Es traf den Hausherrn.
Keine neue WPG-Wertung für ein Super-Spiel.
Zum Schluss noch einen Frauenwitz von Horst. Im ersten Ehejahr sagt man: “Kann ich Ihnen meine Frau vorstellen.” Nach dem fünften Ehejahr sagt man: “Können Sie sich vorstellen, das ist meine Frau!” Nach dem zehnten Ehejahr heißt es: “Können Sie sich bitte vor meine Frau stellen.”
Nachtrag für Birgit: “Ganz ohne Weiber geht die Chose nicht!”

The Gaming Year 2011

Transcript of the podcast published January 2nd, 2012.

Thoughts on the year as a whole
I think this was a solid year for games – there was lots of meaty stuff for gamers to enjoy and there were surprisingly few duds and annoying games. The quality publishers kept their quality and didn’t disappoint, and the publishers of Munchkin or Fluxx?, well, they published Munchkin and Fluxx!…. My feeling is that the scene is in waiting mode regarding the development and increasing success of iOS and android board games, hybrids and conversions. I suspect that the most innovative things will happen there the next year.

Best game
That would be a very close race between three different games in three different genres: “Strasbourg” would win in the Euro category, “Mansions of Madness” in the Ameritrash category, and “Olympos” in the civilization building category.

Best reprint
Of course one should mention the new version of “Puerto Rico”, but as a fan of the game I also would especially recommend the “Game of Thrones” board game, which still ranks among the best franchise themed board games ever made. We shouldn’t also forget “Airlines Europe”, a loving reprint of a gaming classic.

Biggest disappointment
The biggest disappointment as a game this year was “Sid Meier’s Civilization” by Fantasy Flight Games. It didn’t work at all for me – a dull civ building game with all the known problems of the genre amplified by take that cards and imbalanced player powers.

Biggest surprise
My biggest good surprise this year was the sudden emergence of Pegasus games as a serious Euro game publishing contender, and of excellent Euro games to boot. This is as surprising as if Fantasy Flight Games would suddenly publish “Agricola”.

Biggest news
Rich Sommer from my most beloved show “Mad Men” on the Dice Tower? That’s frakkin’ unbelievable! Next thing you probably want to tell me that internationally known games expert Tom Vasel and famous voice actor Eric Summerer are on the show as well. They are? Aaaaahhhh!!!!!!

Best card game
Apart of “Game of Thrones CCG” I also like “Lord of The Rings The Card Game” for its bold innovative idea of making solitaire or group play the basic mechanic of the game, something that had not been done that well yet in the expandable card game genre. Perhaps anybody remembers “Ruins World”, which went into that direction? It was an excellent idea, but awfully handled, FFG did it right.

Best expansion
I have only played it on the iPad yet, but “Ascension: Return of the Fallen” is a good expansion to an already great game.

Best children’s game
It’s a strange choice as it isn’t marketed as a kid’s game, but Polish game “Drako” is simple enough to be played with kids and actually teaches them concepts like hand management very well. It also plays very quick, in 10-20 minutes, so it is really an excellent introduction to meatier games, like their game K2 a year back was as well.

Strangest game
I haven’t played it yet, but “011” looks extremely strange and interesting, a little like my beloved “City of Chaos”. But is it a good game? I haven’t tried it yet, but some say it’s like a bad “Cluedo” variant, we will see.

Worst game
I don’t know if you heard about the three Nazi terrorists in Germany who were recently discovered by the police. In their backyard they produced a game with which they hoped to finance their terrorist activities – it was called “Progomly”, a miserable monopoly variant that actually sold a handful of copies in terrorist circles. I don’t know what’s worse – the idea of such a game or the notion to be able to make money of it.

Biggest brainburner
Ok, at some point in ambitious online Carcassonne play the realization sets in, that from a certain level of play on luck will play a huge role in determining the winner. But how on earth can people get to an ELO of nearly 2000 then, whereas I seem to get stuck between 1700 and 1800? Why????????

Most innovative game
It was a late discovery for me, but “Olympos”, the new game by the designer of “Small World”, has many extremely interesting concepts, like the handling of resources possession and the way civilization advance is handled. It also plays really quick, for me it was the surprise hit of 2011.

Favorite gaming event of 2011
My favorite gaming event continues to be our summer visit at Alea gaming apartments on Paros, Greece, and the time spent there with Dimitris Varrias and his family.

Wish I had played
“Warriors and Traders” is a game that created quite a buzz in Essen and which I have sitting on my shelf. I love the idea of an empire building and conquest game that gives you the option to win peacefully and solves the typical problem of whoever battles or is battled first loses.

Best components
Ok, I just live “Mansions of Madness” and its many bits, a lot of attention to detail has gone into the creation of this monster haunted house game, and it shows.

Best art
I have to say that Fantasy Flight Games “Game of Thrones” card game holds a continuous standard of excellent illustrations, even though recently a slight resemblance to the TV version actors shows through in recent illustrations. But that is not the worst thing, as the TV series is excellent too!

Special Award
The best inside joke award in game design goes to Geoff Engelstein and his son for their inclusion of the Eggert reactor in their excellent game “Ares Project”. Actually I wish I own that reactor and have endless power!

All the best for our friends in 2012, the year of the where the creepy Mayo prophecy will finally come through. Yes: French fries actually DO taste better with Mayo, I don’t care what Quentin Tarantino says.