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19.04.2023: Golf auf Wolke 7

1. “Mini Golf Designer”

Wir bauen einen Mini-Golf-Platz. Jeder Spieler einen eigenen. A la King-Domino liegen die Bauteile dazu (Abschlag, Loch, Bahnen, Hindernisse und Freiflächen) in zwei offenen Reihen aus; in der ersten Reihe darf man wählen, aus der zweiten Reihe wird ersichtlich, welche Teile als nächstes zur Verfügung stehen.

Mini-Golf-Designer

In jeder Reihe sind die Teile entsprechend ihrer Lukrativität (Punkteträchtigkeit in der finalen Wertung) geordnet: wer ein „billiges“ Teil wählt, darf bei der nächsten Reihe früher zugreifen; hat man umgekehrt auf der „teuren“ Seite zugegriffen, muss in der nächsten Reihe seinen Mitspielern den Vortritt lassen. Ein von King-Domino her bekanntes und bewährtes Auswahl-Reihenfolge-Prinzip.

Jeder Mini-Golf-Platz muss eine vorgegebene Form besitzen; die innere Struktur ist frei. Allerdings werden bestimmte Bauregeln mit Sonderpunkten belegt. Der Abschlag einer Bahn sollte genau auf das Ende der Vorgängerbahn folgen. Die Par-Werte jeder Bahnen sollten innerhalb einer vorgegebener Spanne liegen. Viele aktive Golfer auf dem Platz – eingezeichnet als „Menschen“ auf den einzelnen Bauteilen – zeigen die Beliebtheit des Parcours und steuern ebenfalls Siegpunkte bei. Oder Hunde. Oder Wasserpfützen. Bei der Planung des Golfplatzes geht es also nicht nur darum, die neun Bahnen in der richtigen Größe und Lage in einem definierten Rahmen unterzubringen, sondern auch darum, mit gebotenen Nebeneffekten zu punkten. Eigentlich eine hübsche topologische Herausforderung.

Natürlich gibt es am Westpark oft genug ein „eigentlich“. Moritz hat die Orcs und die Kampfwürfel vermisst und Aaron hatte standardmäßig immer schlechte Karten. Willy hatte das Spiel für Günther empfohlen, mach‘ Dir bitte nichts aus unseren nur mäßigen Noten, lieber Willy!

WPG-Wertung: Aaron: 5 (langweilig, nicht mein Spiel; die vorhandene Auswahl war oft nicht zu gebrauchen, ich musste oft suboptimale Züge tun. Die Grafik ist schlecht, Menschen und sonstige punkteträchtige Elemente sind nur schwer erkennbar), Günther: 6 (lockeres Familienspiel; Aarons Kritik sehe ich gerade anders herum: es ist ja gerade die Herausforderung, aus dem suboptimalen Angebot eine optimale Auswahl zu treffen; es ist jedenfalls konstruktiv, einen Golfplatz zu bauen), Moritz: 6 (das Spiel funktioniert und es steckt sichtbar eine Überlegung darin, trotzdem möchte ich es nicht unbedingt noch einmal spielen. [WS: der arme Moritz hatte die lästige, ergonomisch mäßig gelungene Arbeit übernommen, die jeweiligen Bauteile verdeckt aus dem Säckchen zu ziehen und in der richtigen Reihenfolge auf den Zugriffsleisten zu platzieren), Walter: 7 (eine hübsche topologische Herausforderung; mit kalkulierbarem Risiko kann man eine sehr komplexe Bauweise für seinen Golfplatz wählen und damit die Einsatzmöglichkeiten für alle Arten von Bauteilen gewaltig erhöhen; das Thema stimmt, ich habe mich ständig an die Minigolfplätze meiner Jugend erinnert).

2. “Subastral”

„We need only lower our gaze from the stellar night skies to the planet below to see that beauty surrounds us! The biomes of Planet Earth are as diverse and wondrous as the living creatures that populate them“. (DeepL-Übersetzung: „Wir brauchen nur unseren Blick vom Sternenhimmel auf den Planeten unter uns zu richten, um zu sehen, dass wir von Schönheit umgeben sind! Die Biome des Planeten Erde sind so vielfältig und wundersam wie die Lebewesen, die sie bevölkern.“) Welch eine poetische Einleitung für ein ganz unpathetisches Kartenspiel!

Es gibt 103 Biome-Karten von 8 verschiedenen Biomen, die Zahlen von 1 bis 6 aufgedruckt haben. Jeder Spieler hat eine variable Anzahl (wenige) davon auf der Hand, von denen er reihum eine ausspielt. Es gibt 6 Plätze („Wolken“) mit den Hausnummern 1 bis 6, unter denen die Karten abgelegt werden, allerdings muss jede Karten genau an den Platz gelegt werden, dessen Hausnummer mit seiner Kartenzahl übereinstimmt. Anschließend darf man wählen. Wählt man eine der „Wolken“ links von seiner ausgespielten Karte, darf man alle Karten, die dort liegen – in der Regel sind es ein bis zwei, selten auch mal drei – auf seine Hand nehmen. Wählt man eine der „Wolken“ rechts von seiner ausgespielten Karte, so darf man die dort liegenden Karten in seine offene Auslage einfügen. Die Karten werden den Biomen nach in Spalten geordnet. Ziel des Spiel ist es, eine mögliche wertvolle Auslage zu erzielen.

Hier kommen ein paar antagonistische Design-Entscheidungen zum Tragen. Gewertet werden mit quadratischen Zuwächsen die Anzahl verschiedener Biome in jeder Reihe. Hier gilt es also, möglichst von allen Biomen mindestens eine Karte ausliegen zu haben. Mehr Karten ist noch besser, allerdings werden ab der zweiten Reihe nur diejenigen Biomen gezählt, die lückenlos von der linkesten Spalte beginnend benachbart sind.

Linear multipliziert wird die Anzahl gleicher Karten innerhalb einer Spalte; dabei ist eine Spalte umso wertvoller, je weiter rechts sie liegt. In der ganz linken Spalte zählt jede Karte nur 1 Punkt, in der ganz rechten Spalte 8 Punkte – sofern alle 8 Biome ausliegen.

Jeder Spieler kann frei wählen, ob er ein gerade kassiertes, noch nicht vorhandenes Biome in eine neue Spalte rechts oder links von seiner bisherigen Auslage legt. Manche Entscheidungen, besonders gegen Spielende, sind recht trivial, am Anfang wird aber durchaus Phantasie gefordert, die besten „Wolken“ für seine Auslage auszuwählen und die eingeheimsten Biome in der lukrativsten (hoffnungsvoll geplanten) Reihenfolge auszulegen. Hierbei ist auch noch zu berücksichtigen, dass die Karten der unterschiedlichen Biome in unterschiedlicher Häufigkeit vorliegen.

WPG-Wertung: Aaron: 5 (undurchsichtiger Mechanismus, erhebliches Glückselement), Günther: 5 (ungewöhnlich ist es schon; meine Note ist vorläufig, denn nach unserem ersten Drauf-Los-Spielen kann man das Spiel noch nicht richtig einschätzen), Moritz: 4 (wenig Entscheidungsmöglichkeiten), Walter: 5 (das Spiel funktioniert, enthält aber nur einen geringen effektiven Freiheitsgrad: von den durchschnittlich 2 Karten meiner Hand ist es in der Regel recht eindeutig, welche ich ausspielen und welche Wolke ich anschließend wählen soll).

4. “Bluff”

Moritz stand mit 2 : 4 Rückstand gegen Günther im Endspiel.

1. Durchgang: Moritz hatte eine Zwei und einen Stern gewürfelt und fing mit 1 mal die Vier an. (Klar, die überlegene Gewinnstrategie!). Günther: 1 mal die Fünf; Moritz 3 mal die Zwei. Günther, nach einigem Überlegen: 4 mal die Zwei. Moritz ohne zu überlegen: 5 mal die 2. Günther zweifelte an. Er hatte 2-2-2-3 unter dem Becher, Es stand 2 : 3.

2. Durchgang. Moritz hatte eine Fünf und einen Stern gewürfelt und fing – natürlich! – mit 1 mal die Vier an. Günther: 2 mal die Drei. Moritz: 3 mal die Fünf. Günther: 2 mal der Stern. Moritz: 4 mal die Fünf. Günther zweifelte an, aber mit seinen 2 Fünfen wurde er wieder einen Würfel los. Es stand 2 : 2.

3. Durchgang. Moritz hatte eine Zwei und einen Stern gewürfelt und fing – erfahren und gewitzt – mit 1 mal die Vier an. Günther mit einer 3 und einer 5 unter dem Becher zeigte Nerven. Er zweifelte sofort an und es stand 2 : 1 für Moritz!

4. Durchgang. Moritz fing mit 1 mal die Zwei an. Was kann man – post mortem – daraus schließen? Höchst unwahrscheinlich, dass Moritz eine Eins und eine Zwei geworfen hatte. 2 mal die Eins oder 2 mal die Zwei konnte es auch nicht sein. Es musste eine Zwei und eine höhere Zahl sein. Günther mit einer Vier unter dem Becher hob auf 1 mal die Vier. Seine unterlegene Immer-5-Strategie hätte ihn hier am Leben gehalten.

Keine neue WPG-Wertung für ein Super-Spiel.

11.05.2022: Lieber rot als tot

1. “Die Rote Kathedrale”

KOSMOS seine “Rote Kathedrale” war in ihrem 460 Jahre langen Leben noch nie “rot”, genauso wenig wie die “Rote Kapelle” vor 80 Jahren, die auch keineswegs ein Ableger von ihr war. Aber “rot” ist außer einer hübschen Farbe halt auch noch ein Schlag-, Reiz-, Propaganda- und Werbe-Wort, das hier im Spieltitel absatzfördernd eingesetzt wurde.

Die wunderschöne Basilius-Kathedrale in Moskau

Das Spielgeschehen dreht sich um die wunderschöne Basilius-Kathedrale am Roten (sic!) Platz in Moskau, und wir arbeiten als fleißige Handwerker daran, das Bauwerk fertig zu stellen. Stockwerk für Stockwerk ziehen wir in fünf Baulinien das Gebäude nach oben.

Dazu müssen wir Rohstoffe und – für die Verzierungen – Gold und Edelsteine besorgen. Der Mechanismus dafür ist die bemerkenswerteste Idee des Spieles. Ein Markt-Rondell in der Mitte des Spielbretts besteht aus 8 Sektoren; in jedem dieser Sektoren gibt es kostenlos einen bestimmten Rohstoff, wir müssen ihn uns nur erwürfeln. Dazu liegen um das Rondell herum 5 Hexa-Würfel mit aktuell wohldefinierten Augenzahlen, die angeben, wie weit wir mit dem jeweiligen Würfel ziehen können. Wir dürfen uns einen beliebigen davon aussuchen und mit ihm vorwärts ziehen. Die auf dem gelandeten Markt-Segment angebotene Rohstoffart dürfen wir uns für nix und wieder nix in unser Lager übernehmen.

Das Quantum an Rohstoffen wird durch die Anzahl von Würfeln bestimmt, die nach unserem Zug am entsprechenden Segment liegen, im Minimum nur der eine, mit dem wir gerade gezogen sind, im Maximum drei, die maximale Würfelkapazität eines jeden Segmentes.

Natürlich ist es schön, wenn am Zielort bereits Würfel liegen, aber das Leben ist kein Wunschkonzert; wenn wir z.B. Steine brauchen, dann können wir froh sein, wenn wir überhaupt mit einem der fünf Würfel auf dem Steinbruch landen können; es nützt es uns dann wenig, wenn wir mit einem anderen Würfel die doppelte oder dreifache Ration an Holz erzielen könnten.

Einer ungebremsten Rohstoffjagd ist noch ein weiterer Riegel vorgeschoben: Unsere Lagerkapazität ist begrenzt. Wenn wir es vollgepfropft haben, dann können wir die ggf. mehrfache Ernte auf einem lockenden Marktsegment nicht mehr einstreichen, sondern müssen sie einem Mitspieler überlassen.

Damit wir aber flüssiger agieren können, bieten alle Marktsegmente noch zusätzliche eigene Vorteile: wir dürfen weitere Rohstoffe kaufen, wir dürfen Rohstoffe ineinander oder in Geld umtauschen, oder wir dürfen auf der Fortschrittsleiste (Siegpunktleiste) vorwärts ziehen. Und Ähnliches. Rund und schön.

Final-Szenerie beim Bau der “Roten Kathedrale”

So plätschert das Spiel vor sich hin, wir erwerben Rohstoffe, vollenden Bauabschnitte der Roten Kathedrale, schmücken sie mit Verzierungen und heimsen Siegpunkte und Geld ein. Alles läuft beinahe in friedlicher Koexistenz ab. Erst am Ende fließt noch einmal reichlicher Punktesegen für geschickt geplante oder sich zufällig ergebende Mehrheiten in jeder Baulinie. Das übliche Mehrheiten-Gerangel. Ist es statistisch bereits bewiesen, ob es besser ist, in wenigen Linien der Erste und in allen anderen der Letzte zu sein, oder ist es besser überall mitzumischen und fast überall wenigstens der Zweite zu sein? Sicherlich gibt es dafür kein allgemeingültiges Rezept, aber bei gegebenen Rahmenbedingungen sollte das entsprechende Vorgehen schon determiniert sein.

Unser Spieltheorie-Meister Günther vergaloppierte sich. Er sicherte sich in einer der teuersten Baulinien die Mehrheit, und wunderte sich, dass hinterher kein weiterer Spieler Lust hatte, sich hier großartig zu engagieren. So musste er den Bau mehr oder weniger alleine hochziehen; Aaron und Walter teilten sich am Ende für einen Appel und Ei die beträchtlichen Punkte für den geteilten Zweiten. Günther wurde Letzter.

Aaron kam schwer aus den Startlöchern. Geldknappheit machte ihm zu schaffen. Aber durch geschickte (Mehrheits-)Beteiligungen war er am finalen Punktesegen überall dabei und wurde sicherer Zweiter.

Walter als Startspieler konnte sich gleich im ersten Zug die doppelte Menge an Ziegeln aneignen, und kurz darauf zweimal hintereinander die dreifache Menge an pekuniären Ressourcen auf seinem Konto verbuchen. Danach fühlte er praktisch an keiner Stelle mehr einen Engpass. Ein frühzeitiger Diamantenbonus, den er aus der kleinen Portokasse bezahlen konnte, sicherte ihm auch noch die Möglichkeit, bei den unvermeidlichen Verzierungen den jeweiligen optionalen Fortschritts-Bonus mitzunehmen.

Warum ich das schreibe? Wenn Walter Erster und Günther Letzter wird, dann kann das Spiel keinen Raum für geniale strategische Planung besitzen. Der Würfel entscheidet sehr viel, das nicht konsequent kalkulierbare Mehrheiten-Chaos bringt den Rest. Punkte- und Geldsegen für fertig gestellte Bauabschnitte fallen gleichmäßig über alle herab. Noch dazu sind hier für alle Mitspieler die Zugriffsmöglichkeiten gleichgeschaltet.

Ist die Rote Kathedrale am Ende doch nur ein verkompliziertes Würfelspiel?

WPG-Wertung: Aaron: 7 (der Basis-Mechanismus ist schön; das Würfel-Rohstoff-Rondell ist leider sehr glückslastig und [bei Aarons sprichwörtlichen Würfelglück] ein Frust-Element, die Lagerbeschränkung ist gut ausbalanziert; das Mehrheiten-Prinzip erfordert naturgemäß einige Erfahrung), Günther: 7 (nette Mechanismen, auch wenn ein gewisser Frust unvermeidlich ist), Walter: 6 (konstruktiv, übersichtlich, flexibel, kein Raum für Miesnickeligkeiten, aber auch eine gewisse Erbsenzählerei; glücklicherweise nicht zu lang, sonst könnte der schöne Rohstoff-Beschaffungsmechanismus leicht in repetitive Langweile ausarten).

Gemeinsame Schlussfolgerungen

1) Halte immer eine Handbreit Diamanten unter dem Kiel.

2) Gönne Deinen Mitspielern den Verzierungsbonus. Wenn sie diesbezüglich ihr – sehr begrenztes – Pulver verschossen haben, kann Dich keiner mehr am eigenen Absahnen hindern.

3) Hebe Deine Fenster-Verzierungen vorwiegend für den Endspurt auf, d.h. für die Mehrheiten-Zünglein an den Waagen.

2. “Diggin'”

Aaron bastelt wieder (immer) an einem neuen Spiel. Ein Paper & Pencil-Game. Wir würfeln und notieren mit einem gewissen Freiheitsgrad wählbare Kombiationen in unseren Spielerbogen.
Viele Ansätze und Ideen sind gut, aber das Spiel enthält aktuell noch eine Reihe von Design-Sünden, die unbedingt ausgemerzt werden müssen.

1) Zu viel Frust und zu wenig Lust, und zwar unabhängig von der möglichen Miesnickeligkeit der Mitspieler.

2) Der Motor des Ganzen sind doch die ohne Progression gewürfelten zufälligen Würfelaugen. Warum ist darum herum noch so ein undurchschaubarer Schnickschnack mit schwer kontrollierbaren Abhängigkeiten angesammelt?

3) Das Schlimmste überhaupt: Man kann NICHT denken, wenn der Startspieler am Zug ist. Ungeduldig warten wir auf dessen Entscheidung, aus 4 Würfeln das Beste für sich und das Schlechteste für die Mitspieler auszuwählen.  Und wir sind dabei in unseren nachfolgenden eigenen Kombinationmöglichkeiten von seiner Entscheidung abhängig. Wenn das wenigstens simultan vor sich ginge, dann wären wir abgelenkt, und dann würde das nicht so weh tun. So aber ahnen wir den Frust, der auf uns zukommt, und müssen über die gesamte Denkzeit des Startspieler hinweg hilflos unsere böse Vorahnung ertragen.

Keine WPG-Wertung für ein Spiel in der Entstehungsphase.

3. “Bluff”

Zum ersten Mal haben wir erkannt und auch praktiziert, dass selbst die einleitenden, nichts-sagenden, fast provokativen 1-mal-die Eins-Eröffnungen angezweifelt werden können. Erfolgreich.

Walter war mit 4:2 gegen Günther im Endspiel. Mit kleinen feinen Bluffs, die aber wegen extrem kontraproduktiver Würfe seiner Mitspieler nicht akzeptiert wurden, hatte Günther seine Würfel eingebüßt. Er ist aber auch in Unterzahl immer noch ein angsteinflößender Gegner. In einem eingeschüchterten Blackout zweifelte Walter 1 mal die Fünf an, obwohl er selber eine 5 unter dem Becher hatte. Da Günther nur ebenfalls eine Fünf gewürfelt hatte, kostete dieser Ausrutscher nur einen Würfel.

Beim 3:1-Stand fing Walter mit 1 mal die Eins an. Günther wusste, dass er nur eine einzige Chance hatte: er musste einen von Walters 3 Würfeln finden und – unabhängig von seinem eigenen Würfel, geblufft oder nicht – auf 2 mal diese Zahl setzen. Er probierte es mit der Drei und Walter hatte tatsächlich eine Drei unter dem Becher. Was tun?

Hinterher ist man klüger. Anzweifeln wäre die beste Gegenstrategie gewesen, denn Günthers letzter Würfel war nur mit Ein-Drittel-Wahrscheinlichkeit eine Drei oder ein Stern. Aber Walter vertraute auf seine Macht durch Masse, legte seine Drei heraus und würfelte mit zwei Würfeln nach. Um NOCH EINE Drei zu würfeln war die Wahrscheinlichkeit ebenfalls zwei Drittel.

Günther fing an zu frohlocken. Er hatte nämlich geblufft und selber keine Drei sondern eine Eins gewürfelt. Jetzt standen seine rechnerischen Chance zum Erreichen der nächsten Runde auf acht Neunteln, also bei knapp 90 Prozent.

Walter machte ein langes Gesicht. Aber als er seinen Nachwurf-Becher hob, lagen zwei Sterne darunter. Gewonnen! Wenigsten der eine.

So viele spannenden, überraschenden, ständig mit spielerischen Bluff- und Rechenwürze angereicherten Szenen bietet das Spiel-des-Jahren 1993.

Keine neue WPG-Wertung für ein Super-Spiel.

04.05.2022: Was für ein Ding “The Thing”!

1. “The Thing”

Moritz in seinem Phantasy & Fiction-Element

Moritz schlug das Spiel vor. Kurzer Wortwechsel zu Beginn: “Eine super Umsetzung des Films!” Aaron: “Das muss nicht unbedingt gut sein!” Moritz: “Ein legendärer Film!” Anmerkung bei Nachschrift: “Muss das dann besser sein?”

Pöppel und Hunde in “The Thing”

Schauen wir uns erst mal an, was im Internet zum Film steht.
“Unter die Mitglieder einer antarktischen Forschungsstation mischt sich ein Alien, das die Forschungsarbeit sabotiert und die Gruppe systematisch infizieren und damit auf seine “böse” Seite ziehen will. Das Alien ist nicht erkennbar, vor allem ist später auch nicht erkennbar, welches Mitglied der Gruppe bereits infiziert ist und damit die böse Rolle mitspielt. Der Stromgenerator wird sabotiert, Vorräte werden zerstört, die ganze Station wird Stück für Stück unbrauchbar. Hunde laufen herum und erhöhen das Infektionsrisiko.

Bald würde in der gesamten Station tödliche Kälte herrschen und das Alien könnte überdauern, bis die Rettungsmannschaft eintrifft. Die Gruppe beschließt, die gesamte Station in die Luft zu jagen. Am Schluss treffen die letzten beiden Überlebenden zusammen und haben sich bis zuletzt argwöhnisch im Auge, sehen aber ohnehin dem offensichtlich sicheren Tod im Eis entgegen. Die Frage, ob einer der beiden Männer vom Alien infiziert worden ist, bleibt für den Zuschauer offen.

Die Kritik schreibt dazu: “Der seine Horroreffekte perfekt setzende Film wurde in erster Linie eine Demonstration der verblüffenden Möglichkeiten der Tricktechniken des modernen Hollywood-Kinos. Doch angesichts der damit produzierten Ekelszenen, Blutorgien und Leichensezierereien mag man solche Trickkunst kaum würdigen. Der Regisseur begnügt sich mit der Sensation; innere Spannung und ironische Brechungen kommen zu kurz.”

Zum Spiel. Wir Spieler begeben uns (unseren Pöppel) frei wählbar in die verschiedenen Räume der Forschungsstation, um dort Schäden zu reparieren, Essen zu kochen, Generator und Heizung für Licht und Wärme zu betreiben, sowie nach Waffen und Hilfsmitteln zu suchen, mit denen wir infizierte Mitglieder identifizieren und unsere Kampf-Chancen gegen sie erhöhen können. Vor allem aber müssen wir die Radar-Station funktionsfähig kriegen, den Hubschrauber holen und ALLE Gesunde vollständig damit abtransportieren.

Die Aktionen, die wir tun können:
1) an Ort und Stelle Schäden beseitigen.
2) die Funktion des jeweiligen Raumes nutzen.
3) oder auch einfach bösartigerweise Sabotage anstellen.

Die Aktionen wählen wir mittels Karten, die wir verdeckt dem “Leader” geben, der sie sammelt, mischt und zufällig den einzelnen Personen zuteilt, die sich in der Forschungsstation aufgestellt haben. Es ist nicht so, dass jeder von jedem Typ Aktionskarte mindestens eine auf der Hand hält; wer Pech hat, hält als “Gutmensch” nur Sabotage-Karten oder ggf. als “Böser” nur Reparier- oder Nutz-Karten.

Wer in einem Raum ohne Schaden eine “repair”-Karte zugeteilt bekommt, hat nix zu tun, die Karte verfällt. Wer in einem schadhaften Raum eine “use”-Karte zugeteilt bekommt, kann ebenfalls nix ausrichten, der Schaden muss zuerst beseitigt werden. Wer aber gar eine Sabotage-Karte ausgeteilt bekommt (von einem bösen Mitspieler eingebracht oder als Zusatzkarte unter die Aktionskarten gemischt), muss nolens volens den Schaden tun.

Haben zwei Spieler absichtlich oder unabsichtlich den gleichen Aktionsort gewählt, müssen sie ein definiertes Identifizierungsritual ausführen. Dabei kann es geschehen, dass ein “Gesunder” von einem “Bösen” infiziert und unverzüglich “umgedreht” wird.

Ein aufmerksamer Spiel-Logiker kann jetzt natürlich fragen, warum ein Spieler sich überhaupt zu einem anderen Mitspieler zugesellen sollte? Dafür gibt es mehrere Gründe. Erstens braucht man zwei Personen, um einen der bösen herumlaufenden Hunde zu fangen; zweitens verstärkt sich die Wirkung von Aktionen überproportional mit der Anzahl der Anwesenden; drittens liegt das Sich-Zugesellen natürlich im Bestreben der “Bösen”, andere zu identifizieren, und die Guten können nicht verhindern, dass sich ein nachziehender Böser ihnen zugesellt. Das einzige Mittel dagegen ist die Spielerreihenfolge im Auge zu haben. Der “Leader” zieht immer als Letzter, und diese Rolle kann man gewollt auf sich nehmen.

Jetzt Schluss mit der Regel-Präsentation. Moritz brauchte in einem einigermaßen strukturierten Vortrag anderthalb Stunden, um uns mit dem Spiel vertraut zu machen. Bei uns wurde Günther der Alien. Als erstes infizierte er Aaron, dann Walter. Moritz blieb als einziger Gutmensch übrig. Selbst mit den Händen voller Maschinengewehre und Flammenwerfer wäre es ihm nicht gelungen, einen intakten Hubschrauber zu betreten und zu flüchten. Günther ließ ihn noch ein paar Runden drehen, bis er auch ihn zu sich (uns) in die ewigen Jagdgründe hinüberzog.

WPG-Wertung: Aaron: 5 (es geht in die Richtung eines Party-Spiels, sehr viele Zwänge, sehr viele chaotische Elemente), Günther: 5 (als Startup-Alien hatte ich eine klare Strategie und Taktik), Moritz: 8 (die Mechanismen stimmen, vor allem fasziniert mich die Umsetzung des Films), Walter: 4 (alles Zufall; ich habe keinerlei Peil für ein gutes taktisches oder strategisches Vorgehen).

Am nächsten Morgen studierte Aaron noch einmal die Regeln und fand einen gravierenden Fehler in unserer Handhabung:

“1) Uns war gestern dieser merkwürdige Mechanismus aufgestoßen wonach die Zuordnung der Aktionen zu den Charakteren zufällig erfolgt. Dies ist falsch! Der Leader deckt zuerst die oberste Aktionskarte auf und weist dann diese Aktion einem Character zu. Damit gibt es dort also gar kein Glückselement und stattdessen bekommt die Rolle des Leaders noch mehr Gewicht (nach der Spielreihenfolge jetzt also auch noch die Entscheidung, wer was macht).

2) Die „Schadens-Token“, die das Thing mitführt, nachdem es entdeckt wurde (oder sich selber offenbart hat), wirken in den Räumen auch als Sabotage. Der Thing Spieler kann also gezielt Räume sabotieren, auch wenn dort dann später kein anderer Spieler hingehen sollte. Das macht das Thing allerdings noch stärker als es sowieso schon ist.

Ich ziehe damit meine Wertung von gestern erst einmal zurück, da das Spiel grundlegend anders funktioniert als wir es gestern gespielt haben. Ob es wirklich besser ist bezweifle ich allerdings wegen Punkt 2.”

2. “Prinz & Prinzessin”

Obwohl das Spiel letzte Woche durchgefallen war, versuchten wir es in einer Vierer-Runde noch einmal. Vielleicht würde Moritz uns hier in die Geheimnisse von Prinz&Prinzessinnen-Lust&Spaß einführen können.

Sein erstes Statement: “Ich bestehe auf’s Reden”, d.h. wir sollten alle zum Kartentausch laut ein von uns verpöntes: “Ich bin die Prinzessin und suche den Fisch” – oder so ähnlich – von uns geben, denn “das ist ein wesentliches Spielelement” & “das ist genau das Interessante daran“. Geschmäcker sind verschieden. Das, was bei uns am Westpark überhaupt nicht ankommt, soll vom Autor also als Kernelement in das Spiel hineindesaint worden sein?

Tatsächlich: Moritz fing an und rief in die Runde: “Ich bin der Prinz, wer ist die Prinzessin”. Unabhängig davon, was Moritz gesagt hatte oder gesagt hätte meldete sich Walter als Prinzessin. Die einzige gesicherte statistische Aussage zu dem Spiel ist doch wohl, dass man umso mehr Punkte machen kann, je häufiger man tauscht. Jetzt war Walter aber in Wirklichkeit der “böse Zauberer” und Moritz der “gute Zauberer”; und schon konnte sich Moritz triumphierend ob seiner erfolgreichen Gewinnstrategie einen Siegpunkt zugute schreiben.

In der nächsten Runde fing Aaron lautstark an und rief: “Ich bin der Prinz, wer ist …” oder so ähnlich. Walter bedachte wieder – ohne Aarons Aussage auch nur zu verinnerlichen – die statistischen Gewinnaussichten und meldete sich sogleich unter dem gewünschten Namen. Und siehe da, Duplizität der Ereignisse, statistisch schon etwas außerhalb des normalen Rahmens, Aaron war die gute Hexe, Walter die böse, und Aaron konnte einen Siegpunkt verbuchen.

Man registriere das Spiel-Design: Bevor Günther auch nur den ersten Muckserer von sich geben konnte, hatten Moritz und Aaron bereits je einen Siegpunkt – ein Drittel zum Gesamt-Sieg – verbuchen können. Auch im Weiteren spielte der Zufall sein Spiel, die nächsten beiden Runden dauerten ebenfalls nur 1 bzw. 2 Züge und Aaron konnte sich zwei weitere Siegpunkte gutschreiben. Das Spiel war – Gott-sei-Dank – zu Ende.

Es schloss sich eine Diskussion über diese Gaudi-fördernde (? in welchen Spieler-Kreisen?) marktschreierische Lügerei an. Hat man taktische Vorteile, wenn man schreit oder nicht? Moritz bestand darauf, dass man “wie beim Poker” nach einer gewissen Erfahrung seine Mitspieler “lesen” könne. Er erbot sich sogar, eine Excel-Tabelle aufzustellen, nach der man als Person X mit der Wahrscheinlichkeit p sich als Person Y ausgeben und mit der Wahrscheinlichkeit q nach der Person Z fragen soll. Diese Tabelle sollte dann die Siegchancen des Marktschreiers gegenüber einem Schweiger signifikant erhöhen.

Selbst unser Mathematiker Günther, der aus der Spieltheorie heraus solche Wahrscheinlichkeits-Matrizen zur Genüge kennt, schlug sich auf Moritz’ Seite. Vergeblich brachte Walter vor, dass die jeweilige Suchfrage – wenn “richtig”, d.h. unsystematisch vorgegangen wird – Null Relation mit der Wirklichkeit hat, und dementsprechend auch GAR NICHTS zu den Siegchance beitragen kann. Aber er blieb ein einsamer Rufer in der Wüste.

WPG-Wertung: Aaron: 4 (das Spiel ist mit einem zufälligen Ausgang zu Ende, bevor man ein (Teil-)Wissen über die Karten-Personen-Verteilung erworben hat und ausnutzen kann), Günther: 4, Moritz: 5, Walter: 3 (ein reines Zeit-Totschlagen, und so viel davon habe ich nicht mehr!)

3. “Kameloot”

Eine Art Quartett-Spiel, vollgepackt mit Chaos-Elementen. Das Spiel besteht aus 6 verschiedenen Kartenarten, auf denen die Zahlen 2 bis 7 aufgedruckt sind. Alle Spieler sind zufällig den Fraktionen A oder B zugeteilt. Wer am Zug ist, zieht seine Kartenhand vom verdeckten Stapel auf 4 Karten auf und legt dann beliebig viele davon offen in eine seiner Sammlungen. Eine Sammlung ist vollständig, wenn sie – abhängig von der Kartenart – aus 2, 3 … oder 7 Karten besteht.

Besonderheit 1: Es zählen nicht nur die Karten in den eigenen Sammlungen, sondern auch die in denen der Mitspieler, die zur gleichen Fraktion gehören. Es bringt also nichts ein, 5 wunderschöne 6er Karten in seine Sammlung zu legen und auf die erfüllende 6te zu warten: wenn ein Mitspieler diese Karte auf der Hand hat und sie zeitlich vor uns auslegt, wird die Sammlung vollständig und gehört dem Mitspieler, also dem, er als letztes eine oder mehrere zugehörige Karten auslegen konnte.

Besonderheit 2: Die Karten in einer vollständigen Sammlung zählen als Siegpunkte. Allerdings gehören sie nicht dem, der sie vervollständigt hat, auch nicht anteilig entsprechend den beigesteuerten Karten, sondern sie werden einzeln reihum im Uhrzeigersinn unter den Mitspielern der gleichen Fraktion verteilt. Dabei bekommen auch diejenigen Mitspieler etwas ab – genauso viel wie die anderen –, die überhaupt KEINE Karte zu Vervollständigung der Sammlung beigetragen haben. Einziger Vorteil des Vervollständigers: das Verteilen fängt bei ihm an, so dass er mindestens genauso viele Karten bekommt, wie die Mitspieler, und mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit auch (maximal) eine Karte mehr als die Letzten in der Verteilungsrunde.

Alle Karten haben aber noch einen Nebeneffekt, und jeder Spieler kann bei seinem Zug wählen, ob er Karten in seine Sammlungen gibt oder (exklusiv) eine Karte auf den Ablagestapel gibt und stattdessen deren Nebeneffekt ausnützt. Nebeneffekte können sein: Die eigene Fraktion zu wechseln, einen fremden Spieler zu zwingen, die Fraktion zu wechseln, eine seiner Sammlungen mit einer Sammlung eines beliebigen Mitspielers zu tauschen, aus dem Ablagestapel alle Karten einer Kartenart herauszusuchen und in seine Sammlung übernehmen, und dergleichen mehr, was einer linearen Quartett-Sammeltechnik zuwiderläuft.

Wir haben uns keine Gedanken darüber gemacht, wie man das Spiel gut spielt. Ganz sicher kann man taktisch gut oder schlecht ablegen und tauschen; man kann in der Auswahl seiner Sammlungskarten und in der Anzahl der jeweils dort liegenden Karten taktisch vorgehen. Und natürlich kann man beim Nutzen der Nebeneffekte – soweit sie einem das Schicksal in die Hände gegeben hat – geschickt oder weniger geschickt vorgehen. Beim ersten Kennenlernen des Spiels haben wir uns einfach den zufälligen Ereignissen hingegeben und waren öfters gelustet als gefrustet. Das ist doch schon mal ein Pluspunkt für ein Gaudi-Spiel.

Vielleicht steckt im Verteilungsmechanismus ein Bug. Er ist zu gleichförmig. Am Ende hatten 3 von 4 Spielern exakt die gleiche Punktzahl. Da gab es natürlich dreifache Freude, anstatt nur eine bei nur einem Sieger. Aber ist das gut? Wofür soll man sich dann anstrengen, wenn die eingebaute Gleichmacherei hinterher alles wieder nivelliert?

WPG-Wertung: Aaron: 6 (die Gleichmacherei könnte ein Problem sein), Günther: 6 (machte sich Gedanken über eine mögliche Fraktions-Strategie), Moritz: 6 (lockeres Sammelspiel), Walter: 6 (gelungenes Chaos-Spiel, das nicht mehr verlangt und nicht mehr verspricht, als es hergibt).

4. “Bluff”

Endlich mal wieder ein reales Bluff am realen Spieltisch.
Moritz ging mit 4 :2 gegen Günther in das Endspiel. Aber er überschätzte seinen Würfelbecher. Mit seinen Vorgaben 4 mal die Fünf, 2 mal Stern und 3 mal Fünf verlor er jedes Mal einen Würfel.
Im Endspiel 1 : 1 wandte er die überlegene Immer-4-Strategie an. Ausgerechnet gegen Günther, der als Erfinder der Immer-5-Strategie mit deren Schwächen am besten zurechtkommt.

Keine neue WPG-Wertung für ein Super-Spiel.

24.06.2020: Wir sind wieder da

Die Corona-Krise hat den Westpark-Gamers nicht den Garaus gemacht. Ganz im Gegenteil. Jeden Mittwoch zur gewohnten Zeit haben wir im Internet auf der wunderschönen Boardgame-Arena-Plattform unsere Session abgehalten. Mit der vorzüglichen Sprach-Unterstützung via SKYPE hatten wir fast das gleiche Spielgefühl, wie bei unserer Realpräsens am Westpark.

Was haben wir gespielt?
„6 Nimmt!“ : eine problemlose Implementierung unseres ehemaligen Fast-Lieblings-Absackers. Moritz machte uns mit der Profi-Variante vertraut, bei der in jeder Reihe auch EINE Karte VOR der niedrigsten Karte angelegt werden kann. Natürlich auch mit dem zuweilen überraschenden, peinlichen „6-Nimmt“-Effekt. Die kleinere Differenz – zur niedrigsten Karte einer höherwertigen Reihe bzw. zur höchsten eine niedrigerwertigen Reihe – bestimmt, wohin das System die Karte legt. Der große Vorteil: Auch mit ganz niedrigen Karten ist man nicht hilflos dem Schicksal ausgeliefert. Walter sprang – beim zweiten Hinsehen – gleich auf diesen Zug auf. Günther gefiel dieses Prinzip auch beim dritten Hinsehen nicht: aus dem lockeren Absackerspiel würde so ein Spiel zum Denken. Aber hallo: auch beim Basis-„6-nimmt!“ kann (sollte) man seine Kartenhand nicht ohne Überlegung abspielen.

„Can’t Stop“ : ein gelungener Absacker, den man sich auch dann noch einmal „reinziehen“ kann, wenn die geistigen Batterien schon langsam am Abflauen sind. (Im Gegensatz zu „6-Nimmt“). Vom Computer wird in der Regel auch nur eine 3er Spieler-Runde zusammengestellt und alle Mitspieler geben meist sofort ihr „Placet“, während es bei „6-Nimmt!“ schon häufiger vorkommt, dass einer oder mehrere der automatisch eingeladenen Mitspieler ablehnen und man längere Zeit vergeblich auf eine Spielerrunde wartet.

Die gravierende Startspieler-Problematik wird nur dadurch gelöst, dass man mehrere Runden spielt, so dass jeder einmal anfangen darf, aber so weit kommt es im Internet nie.

„7 Wonders“ : auch zum Warming-Up gut geeignet, die Kartenablage erfolgt schnell und ist übersichtlich.

„Tea Time“ : ebenfalls ein lockerer Spielespaß. Aus einer Reihe von Mosaiksteinen muss man sich möglichst viele von einer Sorte oder aber gar keinen einer Sorte auswählen. Zu jeder Sorte gibt es Negativ- und Positiv-Kopien, die sich gegenseitig auspatten, was von Nach- oder auch von Vorteil ist, je nachdem, ob man diese Sorte sammelt oder aber vermeiden möchte. Alles Glücksache, aber man kann natürlich auch gezielt GEGEN einen Mitspieler spielen, und das macht doch ebenfalls Spaß.

“Perudo“ : zum Vergessen. Wer „Bluff“ gewohnt ist, wundert sich, warum man hier die Wahl-Freiheiten dermaßen unmotiviert und primitiv eingeschränkt hat.

„K2“ : ordentliche Implementierung des Brettspiels. Wir vermissten eine „finish“-Taste, mit der ein Spieler das Ende seiner Zugeingaben bestätigt. Zu leicht sind – zumindest am Anfang – Fehleingabe möglich, für die es dann kein „undo“ zum Korrigieren gibt.

„Roll for the Galaxy“ und “Puerto Rico”: sehr übersichtliche Handhabung des Kartenmaterials und seiner Effekte.

„Nippon“ : eine gelungene Mischung aus Planung und Konkurrieren um die Industrialisierung von Japan. Das Spiel lässt sich gut spielen, ohne dass dabei der Schweiß ausbricht. Wir wollten zuerst nur eine kurze Kennenlern-Runde spielen, waren aber mit den Mechanismen schnell so gut vertraut, dass wir das Spiel fast unbemerkt zu Ende gespielt haben, ohne dass einer darauf bestand, die „Test-Runde“ abzubrechen.

„Rallyman GT“ : Fürchterlich! Erst kombiniert man seine Würfel zu einer jeweils optimalen Streckenführung mit Geschwindigkeiten am Limit zusammen, und dann macht der Zufall einen Strich durch die gesamte Rechnung. Wenn’s nur kurz wäre! Doch diese frustrierende Mischung aus Puzzlei und Würfelglück dauert eine geschlagene Stunde.

„Terra Mystica“ : das Brettspiel fand Aaron: „total langweilig“, hier, wo der Computer die Ressourcen verwaltet, geht es flott. An sein „total langweilig“ kann ich mich nicht mehr erinnern, es wurde wohl auch nicht abgegeben.

Aber kommen wir zum realen Spielabend, der nach langer Zeit mal wieder real auf der Terrasse am Westpark stattgefunden hat.

1. “Rollecate”

Es gibt eine wunderschön geformte Lokomotive aus “Blei”, und es gibt Gleisstücke aus Karton, die von allen Spielern reihum zu einer gemeinsamen linearen Strecke zusammengefügt werden. Diesem Spielmaterial konnte Günther nicht widerstehen und hatte zugegriffen. Heute legte er es uns vor.

„Rollecate“ – die geile Lokomotive

Die Lokomotive ist aber lediglich ein Marker, mit der der Kopf der Gleisstrecke angezeigt wird. Rein funktionell hätte dafür auch ein Holzklötzchen gereicht.

Jeder Spieler hat eine Kartenhand von wechselnd vielen, in der Regel aber nur ca. zwei Gleis-Karten mit Zahlenwerten von 1 bis 4 auf der Hand. Vor seinem Zug zieht er noch eine weitere Karte nach und darf dann beliebig viele davon zum Strecken-Weiterbau ablegen. Ablage-Bedingungen: a) Es dürfen nur Karten mit dem gleichen Kartenwert abgelegt werden, und b) endet die aktuelle Strecke mit einer geraden Zahl, müssen die abgelegten Karten ungerade sein bzw. umgekehrt oder c) anstatt dieses Gerade-Ungerade-Wechsels dürfen auch Karten mit Zahlenwerten identisch zum letzten Gleisstück abgelegt werden.

„Beliebig viele“ ist hier schon ein Euphemismus: Wenn ich 2 bis 3 Karten mit Zahlenwerten zwischen 1 und 4 auf der Hand haben, wie vielen davon besitzen wohl den gleichen Zahlenwert?

Ein weiterer Mechanismus: Nach dem Ablegen der Karten an den Anfang der Strecke muss man Strafkarten vom Ende der Strecke an sich nehmen, je höher die Summe der Augenzahlen der abgelegten Karten, desto mehr Strafkarten. Die finale Anzahl wird dann noch per Würfelwurf modifiziert. Strafkarten sind natürlich grundsätzlich schlecht, hier gibt es aber einen mäßigenden Einfluss: Strafkarten mit gleichen Zahlenwerten patten sich aus. Dementsprechend ist es zuweilen besser, z.B. gleiche 10 Strafkarten (wenn’s nur ginge!) aufzunehmen und sie sich auspatten zu lassen, als nur zwei, die dann mit den hohen Werten von 3 und 4 ganz schön viel aufs Kerbholz bringen können.

Ansonsten aber wird man bei „Rattecate“ vollständig gespielt. Von Not und Elend: geringe Auswahl vorne, keine Auswahl hinten und begrenztes Mitleid durch die Würfel. Ein langweiliges, repetitives Legen und Nehmen weniger Karten pro Zug. Man kann es allerdings auch euphemistisch (schon wieder!) wie Aaron ausdrücken: „Die Spannung wird unerträglich“.

Und die Lokomotive? Nachdem die Strecke vorne verlängert und hinten abgebaut wird, verschiebt sich natürlich ihr Kopf. Und die Lokomotive mit ihm. Abhängig von den Augenzahlen der gelegten neuen Gleise und dem Ergebnis der daraus abgeleiteten Würfel immer ein paar Schritte nach vorn. Ansonsten hat sie keinen Effekt. Aber sie sieht gut aus. Deswegen hat sich Günther ja auch für 21 Euro dieses Spiel zugelegt.

Weil Moritz erst später dazukam, und damit er „Rollecate“ mit eigenen Spielerfahrungen in seiner Datenbank abhaken konnte, spielten wir es gleich ein zweites Mal. Einmal wurde Günther Erster, einmal Letzter, einmal wurde Walter Letzter, einmal Erster. Das zeigt den Charakter der Herausforderung.

WPG-Wertung: Aaron: 3 (Plus 1 Punkt für die Lokomotive. Reines Glücksspiel), Günther: 3 (plus 1 Punkt für die Lokomotive), Moritz: 3 (keinen Punkt für die Lokomotive: das Spiel ist fast eine Frechheit), Walter: 3 (ohne jede Handlungsfreiheit).

2. “Treelings”

Fünf „Zunftkarten“ (Karten verschiedene Farben) liegen jeweils in der Tischmitte. Wer am Zug ist darf davon a) entweder alle Karten einer Farbe, oder b) alle Karten, deren Farbe nur einmal vorkommt oder c) eine einzige Karte einer Farbe, die nur einmal vorkommt, nehmen und vor sich in seiner Auslage ablegen. Am Ende (nachdem vom Nachziehstapel die Ende-Karte aufgedeckt wurde) bestimmen die Karten in den einzelnen Spieler-Auslagen derer Siegpunkte.

Der Stapel einer Kartenfarbe, die DIREKT NEBEN dem HÖHEREN Stapel einer anderen Farbe liegt, zählt ÜBERHAUPT nichts. Nur die Stapel, die gegenüber ihren andersfarbigen Nachbarn rechts und links die HÖCHSTEN sind, liefern einen Siegpunktanteil. Das Besondere dabei ist, dass man mit seinen beiden Rand-Stapeln auch die jeweils angrenzenden Rand-Stapel der Mitspieler beeinflusst: entweder zählt deren Stapel oder der eigene nichts. (Bei Gleichzeit zählen beide.) Zur Taktik gehört es also, an seinen Rändern den wirklich HÖCHSTEN zu haben, oder seinen hohen Randstapel, der aber nicht ganz so hoch ist wie der des Nachbarn, durch ein Einzelkarte einer anderen Farbe zu SCHÜTZEN. Immerhin eine Art von Interaktion, die sogar noch eine Spur größer wird, indem man aus der Tischmitte nach Möglichkeit diejenigen Karten nimmt, die der Nachfolger gebrauchen könnte. (Und man selber natürlich ebenfalls.)

WPG-Wertung: Aaron: 5 (ich habe das Spiel jetzt zweimal gespielt und habe keinen Anreiz, es jemals noch einmal zu spielen), Günther: 5 (mit Tendenz zu 4, der Angriff auf die gegnerischen Ränder enthält ein starkes Zufallselement; das Sichern des eigenen Bestandes macht den Spielablauf langweilig), Moritz: 5 (einfach, nicht komplett doof, doch der Wiederspielwert ist fraglich), Walter: 5 (schnell mit wenigstens Spuren von Interaktion).

3. “Age of Civilisation”

Nach Art von „Small World“ führen wir ein Volk (ggf. auch noch bis zu zwei Nachfolge-Völker) in den Kampf um die besten Plätze an der Sonne. „Kampf“ ist übertrieben, es ist eher ein – fast – friedliches Platzieren unserer Arbeiter auf Aktionsplätzen zum Erwerben von Geld, Kulturstufen, Technikfortschritten oder Weltwundern, wobei uns die spezifischen Eigenschaften der Völker – mehr Geld, mehr Waffen, mehr Arbeitsplätze, mehr Kultur, mehr Siegpunkte – dabei unterstützen.

„Age von Civilisation“: Aaron bewegt die Mongolen

Ganz selten und für die meisten Spieler fast nebensächlich profitieren einige wenige Völker, wenn sie am stärksten bewaffnet sind und dann auch noch in den Krieg ziehen. Sie bekommen dafür halt auf ihre Art Siegpunkte und eliminieren von ihren Mitspielern je einen Arbeiter. Ansonsten werkelt jeder vor sich hin und tauscht sein Volk, wenn es ausreichend dezimiert ist – auch bestimmte Aktionen gehen auf Kosten von Arbeitskräften – , gegen ein anderes Volk aus und bekommt umso mehr Geld dafür, je länger das neue Volk ungeliebt auf seinen Führer gewartet hatte.

Nach sechs Runden ist das Werkeln zu Ende und einer hat gewonnen. Moritz, der sich wohl zuhause ein bisschen mit den inneren Strukturen befasst hatte, verlegte sich auf die aggressiven Franken, ging mit ihnen Runde für Runde auf Eroberung aus und konnte dafür ganz schön Siegpunkte anhäufen. Weil aber weder Aaron noch Walter – mangels Anreiz – Günther die Weltwunder streitig machen wollten, reichte es nur zum zweiten Platz. Günther hat gewonnen, was hier aber keineswegs für die planerische Herausforderung des Spiel spricht.

WPG-Wertung: Aaron: 3 (solitäres Puzzle, keinerlei Spannung, nur Warten, bis man wieder dran ist. Grottiger als alles, was wir heute gespielt haben), Günther: 6, Moritz: 8 (die Variabilität [der Auslage an Völkern, Szenarien und Aktionen] und ist sehr hoch, dadurch gibt es viele Strategien), Walter: 6 (nichts Neues unter der Sonne).

Moritz Plädoyer für die vielseitigen „Strategien“ von „Age of Civilisation“ blieb natürlich nicht unwidersprochen. Wir fanden zwar heraus, dass es (mindestens) drei verschiedene Richtungen gibt, in die man sein Spiel gestalten kann: mit den „Franken“ Kriege zu führen, auf „Weltwunder“ zu setzen oder in „Kultur“ zu machen. Doch unter diesen „Strategien“ kann man nicht frei wählen, weil sie nicht immer angeboten werden, und weil das Overall-Optimum a priori festliegt. Für den, der hier ein paar Stunden lang rechnet. Eigentlich gibt es nur ein taktisches Reagieren auf die jeweils angebotenen Auslagen.

Am nächsten Morgen schob Aaron noch eine Begründung für seine außenseiterisch schlechte Wertungsnote nach:

  • Die wesentlichen Elemente des Spiels (Technology Track und Action Track) sind von Beginn an offen. Damit lässt sich also schon bei Spielbeginn die beste Strategie ziemlich gut festlegen – falls man rund 15 Minuten Analysezeit fürs Auspuzzlen opfern möchte. Dazu gehört dann noch die Überprüfung, welche ausliegenden Zivilisationen und Wunder am besten dazu passen. Ich mag diese solitären Knobeleien nicht.
  • Thema solitär: Mir ist auch der Spielablauf viel zu solitär. Die Interaktion beschränkt sich darauf, einem anderen Spieler ein Wunder / eine Zivilisation wegzunehmen, um ihm zu schaden ohne sich dabei selber aus dem Rennen zu schießen (so wie es mir erging, als ich Günther 2 Wunder weggenommen habe).
  • Der Startspielerwechselmechanismus ist broken. Es darf nicht sein, dass der Spieler, der gerade Startspieler war, 6 Züge lang (bei 4 Spielern) nicht mehr dran kommt. Gerade wenn es nur 7 Wunder und 5 Zivilisationen gibt, die ausliegen. Planbar ist dann da nix mehr. Ich frage mich, warum dieser Startspielerwechsel überhaupt notwendig ist.
  • Der bekannte Mechanismus, Nichtgewähltes durch Münzen attraktiver zu machen, macht m.E. hier keinen Sinn bzw. ist sogar kontraproduktiv: Alle Zivilisationen haben Sondereigenschaften, die je nach gewählter Strategie gut oder weniger gut für einen Spieler sind. Wenn bei einer Auslage die Interessen der Spieler zufällig disjunkt sind, werden Zivilisationen „angehübscht“ obwohl das gar nicht sein muss (sein darf). Deutlich besser wäre es, Nichtgewähltes altern zu lassen und dann zu entfernen.
  • Das Spiel dauert deutlich zu lange. Gefühlt haben wir 90 Minuten gespielt. Auf der Schachtel stand 20-40 Minuten, das wäre okay für mich.

4. “Bluff”

Im Endspiel 1:2 gegen Walter begann Günther sehr erfolgreich mit seiner zweitbesten Immer-5-Strategie. Walter sprang auf den Zug auf und hob auf 2 mal die Fünf. ´Günther hatte aber geblufft. Es stand 1:1.

Mit seinem zweiten mickrigen Wurf verließ Günther der Mut und er seine Immer-5-Strategie, er wollte mit Walters bester Immer-4-Strategie glänzen. Doch damit hatte er kein Glück. Walter konnte ihn mit 1 mal die Fünf in die Wüste schicken. Obwohl er keine 5 unter dem Becher hatte und weil Günther die ihm verbliebene Chance nicht nutzte. Was hatte Walter unter seinem Würfelbecher?

Keine neue WPG-Wertung für ein Super-Spiel.

26.02.2020: Die Macher

1. “Die Macher”
1986 hatte der Großvater von „Die Macher“ das Licht der Welt erblickt, und die Spielerwelt war überfordert: so viele geniale neue Erfindungen in einem einzigen Spiel hatte es noch nie gegeben. Aaron lernte 1986 die Mechanismen an einer Flipchart kennen, noch bevor Moskito Spiele die erste professionelle Produktion übernommen hatte. Sein damaliger Eindruck: „Was Autor Herr Schmiel da erklärte, ging in Bezug auf Komplexität weit über alles, was ich jemals in einem Spiel kennengelernt hatte.“ Zehn Jahre später schrieb der legendäre Brian Walker in seinem „Games International“: „’Die Macher’ ist in Bezug auf die Spielmechanismen unbestreitbar eines der raffiniertesten Spiele auf dem Weltmarkt“.

Milo sucht ein Land für sein Schattenkabinett

1997 – die geographische und politische Landschaft in Deutschland hatte sich geändert – kam bei HiG der Vater heraus. Mit welchem finanziellen Erfolg sei dahingestellt; Qualität und Verkaufszahlen in der Kunst waren ja noch nicht sehr eng miteinander korreliert. Jedenfalls verzichtete HiG auf eine weitere Generation und VAlley Games aus Kanada wurde 2006 der Geburtshelfer für das Kind dieser Adelsfamilie. Und letztes Jahr erschien bei Spielworxx  der Enkel. Alles immer noch reinrassig aus den Genen von Karl-Heinz Schmiel hervorgegangen.

Das Thema des Spiel ist das Gehabe in und um die politischen Parteien in Deutschland, bei vier sequentiellen Wahlen in verschiedenen Bundesländern als Bester abzuschneiden. Zu sieben vorgegebenen Themen (Bildung, Digitalisierung, Gentechnik, Innere Sicherheit, Soziales, Umwelt und Verkehr) gibt es je Bundesland eine öffentlich bekannte Volksmeinung im Schwarz-Weiß-Raster: das Volk ist also entweder dafür oder dagegen. In jedem Bundesland kann diese Meinung anders sein. Jede Parteien hat zu vier dieser Themen eine Parteimeinung, im gleichen Schwarz-Weiß-Raster. Um Wahlen zu gewinnen, braucht die Partei eine möglichst hohe Übereinstimmung zwischen Partei- und Volksmeinung. Dazu gibt es, wie im richtigen Leben, die beiden Möglichkeiten, nämlich das Parteiprogramm zu ändern oder die Volksmeinung.

Jeder Spieler kann pro Spielzug grundsätzlich zu zwei Themen die Meinung der von ihm geführten Partei ändern. Installiert er für teures Geld einen Fraktionsvorsitzenden, kann er auch noch zu einem dritten Thema die Parteimeinung ändern.

An die Volksmeinung kommt man via Medien heran. Hat man in einem Bundesland eine relative Mehrheit an den Medien erworben, kann man zu einem Thema die Volksmeinung ändern. Natürlich versuchen die anderen Parteien mit Energie eine solche Medienmehrheit zu verhindern, vor allem wenn die Gegenpartei sich politisch erheblich unterscheidet. Bei Gleichstand gibt es keine Mehrheit. Aber mit dem – versteigerten – Startspielervorteil und mit Hilfe eines installierten Pressesprechers oder Generalsekretärs im Schattenkabinett kann man hier der Konkurrenz unliebsame Überraschungen bereiten.

Die Anzahl von Wahlveranstaltungen, die eine Partei abhält, hat einen beträchtlichen Einfluss auf die Stimmen, die sie bei den Wahlen bekommt hat. Diese Veranstaltungen kosten aber Geld. Alles in „Die Macher“ kostet Geld, und mit der Summe, die zu Spielbeginn ausgezahlt wird, und mit den Beträgen, die Runde für Runde zusätzlich ausgeschüttet werden, kann man lange nicht alles das bezahlen, was wünschenswert wäre. Dazu gehören auch Umfragen, die reihum versteigert werden, und deren Ergebnis den „Trend“ einer Partei fördern oder beeinträchtigen. Bei schlechten Ergebnissen für eine Partei kann man eine Umfrage auch lediglich deshalb ersteigern, um sie unter den Tisch fallen zu lassen und den negativen Einfluss auf den Parteitrend zu verhindern.

So werden reihum in den vier Bundesländern die Wahlen abgehalten. Die erzielten Stimmen bringen Punkte und – früher oder später – Geld; die Wahlsieger, vor allem bei Anteilen von über 50 Stimmen, erhalten auch noch erkleckliche Siegpunkte.

In den Beispielen der Spielanleitung gewinnt „die Linke“ mittels exakter Übereinstimmung von Partei- und Volksmeinung. Kann man daraus etwas über die Vorliebe des Autos ablesen? Bei uns gewann die FDP (gelb, na klar, der Günther) u.a. mittels großen Engagements in Umfragen und durch starke Medienbeeinflussung. Aber das waren wohl eher gute Spielzüge als politische Überzeugung.

Moritz hatte gleich zu Beginn ein Mitglied seines Schattenkabinetts irrtümlich falsch eingesetzt – ihm fehlte nach der Inthronisierung seines Pressesprechers das nötige Kleingeld, um hinterher auch noch den Medienvertreter der Gegenpartei herauszukicken -, ein Fehler, den ihn Walter nach dem Aufdecken und der Teilauswertung der übrigen Schattenkabinette nicht korrigieren ließ. Das warf ihn weit zurück und ließ seine Lorbeeren Trauer tragen. Dafür konnte er sich damit trösten, dass sein 12-jähriger Milo mit kluger Dominanz in Bayern nur von Günthers FDP knapp geschlagen worden war.

WPG-Wertung: Günther: 8 (bleibt, nicht mehr Punkte, weil der „Schmetterlingseffekt“ [eine einzige Einheit Differenz kann bei vielen Aktionen gewaltige Auswirkungen haben] zu groß ist), Milo: 9 (alle Aktionen einschließlich der Geldwirtschaft sind cool, ebenso die Interaktion, weil jeder jedem jederzeit an den Wagen fahren kann), Moritz: 9 (bleibt, es ist ein Klassiker, einen Punkt-Abzug wegen fast nicht nennenswerter Kleinigkeiten und wegen des starken Shifts), Walter: 8 (eigentlich ein 10 Punkte Spiel, doch die Zufallseffekte und das Mitspielerchaos beim blinden Bieten um den Startspieler sowie beim Versteigern der Umfragen mit unvorhersehbaren Umfrageergebnissen und ihren Effekten, sind zu krass für dieses überwältigende Planspiel).

2. “Bluff”
Nach der harten, dreistündigen Auseinandersetzung in der Politik waren alle mit „Bluff“, dem idealsten aller Absackerspiele, zufrieden. Seit über einem halben Jahr nicht mehr gespielt. Das letzte Mal, als Willi bei uns zu Gast war.

Im Endspiel 1:1 Moritz gegen Walter versuchte es Ersterer mit der Immer-4-Strategie. Man muss solche Strategien aber nicht nur in der Theorie kennen, man muss sie auch in der Praxis richtig anzuwenden verstehen. Das Ergebnis war für ihn aber weniger peinlich als für Günther, der mit seinem Setzen auf „5 mal Stern“ gleich alle seine (restlichen) 4 Würfel abgeben musste.

Keine neue WPG-Wertung für ein Super-Spiel.

31.07.2019: Belebung mit Willi

Willi aus dem mittleren Norden hat uns mal wieder beehrt. Allein von seiner menschlich-spielerischen Natur her wird es immer locker und lustig, wenn er dabei ist. (Sonst meist ja auch.) Mit seinem Spiele-Repertoire kann er es mit den größten unserer Giganten aufnehmen, mit seiner Spieleerfahrung auch. Und mit Charme und Witz ebenfalls. Schön, dass Du da warst, Willi!

1. “Sherlock – Verbleib unbekannt”
Wir lösen alle zusammen und kooperativ einen Kriminalfall. Was vorgefallen ist, davon wissen wir am Anfang überhaupt nichts. Wir bekommen so nach und nach Informationsfetzen in Form von bedruckten Kärtchen zugeteilt, aus denen wir uns das Gesamt-Geschehen zusammenreimen müssen. Beispielsweise:
„Anton verprügelt regelmäßig seine Frau Berta.“
„Berta hat sich letzte Woche mit einem Anwalt getroffen.“
Daraus könnte man schließen, dass Berta sich scheiden lassen will. Vielleicht war sie sogar das Mordopfer …

Jeder hält eigene Informationskärtchen (jeweils drei davon) auf der Hand. Darüber kann er, ohne das konkrete Wording des Kärtchens zu benutzen, beliebig viel seinen Mitspielern erzählen. Über Wert und Unwert dieser Information dürfen sie beliebig lange diskutieren. Diese Diskussion kommt sofort in Gange, ist lebhaft und ausschließlich konstruktiv; ein schöner und voll gelungener Teil des Spiels. Danach legt reihum jeder Spieler jeweils ein Kärtchen aus der Hand ab, und zwar entweder offen auf die öffentliche Ablage mit den (vermeintlich) entscheidenden Informationen oder verdeckt auf den Stapel mit den irrelevanten Informationen.

Wenn alle Karten abgelegt wurden, werden an alle Mitspieler gemeinsam 10 Fragen zum konkreten Kriminalfall gestellt. Z.B. ist der Aufenthalt von Berta: a) in der Küche b) im Wald c) unbekannt d) irrelevant. Über die Antworten darf beliebig diskutiert werden. Sämtliche Informationen auf sämtlichen Informationskärtchen stehen zur Verfügung. Für jede richtig beantwortete Frage gibt es Siegpunkte. Für jedes – falsch platzierte – irrelevante Kärtchen auf der offenen Ablage gibt es Punktabzüge. Hinterher sind wir alle Meisterdetektive oder auch nur kleine Sherlock-Fische. Der Fall ist allerdings perdu. Die Karten können entsorgt (oder verschenkt) werden.

WPG-Wertung: Günther: 7 (vom Prinzip her lustig), Moritz: 8 (das Spiel ist gut, weil es keinen Zeitdruck kennt, kommunikativ ist, nicht kompliziert; jeder kommt sofort hinein, jeder trägt etwas bei, und keiner kann die Boss-Funktion an sich reißen), Willi: 8 (kurzweilig ohne störenden Leader-Effekt), Walter: 7 (konstruktive, freie Diskussion; bei uns zum Warming-Up gut geeignet; hinterher muss man sich allerdings am Feuer wärmen, das mit den Karten genährt wird).

Indizien – Willi hinter Sichtschirm

2. “13 Indizien”

Gleich noch ein Deduktionsspiel. Diesmal aber kompetitiv. Über Sichtschirme geregelt besitzt jeder Spieler zwei Karten, die nur er kennt, und drei Karten, die er selber nicht nicht kennt, aber alle anderen. Auf den Karten sind Personen (männlich/weiblich), Lokalitäten (innen/außen) und Tatwaffen (für Nah- oder Fern-Einsatz) abgebildet, verschiedentlich eingefärbt. Durch geschicktes Fragen und richtiges Schlüsse daraus ziehen muss jeder Spieler nun herausfinden, welches die drei Karten vor seinem Sichtschirm sind, die er nicht kennt.

Die Fragen sind alle nach dem Muster:
Hallo Günther, wie viele Männer siehst Du? Wie viele Personen siehst Du? Wie viele Fernwaffen siehst Du? Wie viele rote Karten siehst Du? Andere Fragestellungen sind uns nicht eingefallen, vielleicht gib es auch keine anderen, oder sie wären nicht zulässig gewesen.

Moritz hat gewonnen.

Indizien – Wer hat sich hier Notizen gemacht?

WPG-Wertung: Günther: 5 (übliche logische Deduktion), Moritz: 6 (ganz OK, haut mich aber nicht um; das Spiel funktioniert, hat vom Design her aber nicht das Rad neu erfunden), Willi 7 (wunderbar kurz, man ist immer beschäftigt, der Geist ist immer in Bewegung, man vertut sich beim Antworten – fast – nie. Im Deduktionsbereich das Beste, was es gibt), Walter: 6 (Der Fragen-Typ ist sehr konform und enthält keinen besonderen Esprit, das muss aber nicht einmal ein Nachteil sein).

3. “Kensington”

Auf einem öffentlichen Haufen liegen mit der Rückseite nach oben tetris-artiger Bauteile aus, daraus soll jeder Spieler für sich den schönsten Kensington-Palast bauen. Auf den Bauteilen sind Fenster aufgedruckt; sie sind gelb oder schwarz, haben eine rechts-links bzw. oben-unten Ausrichtung und natürlich Ecken und Kanten. Jeder Spieler zieht reihum eines der Bauteile aus dem Haufen und baut es, ausgehend von einer Tür, in sein Bauwerk ein. Die Teile müssen farblich zu ihren Nachbarteilen passen und kein Teilstück davon darf in der Luft hängen.

Auch wenn aus Markierungen auf der Rückseite her erkennbar ist, von welchem Typ das Bauteil ist, leicht oder schwer, so ist über Farbe und Orientierung nichts bekannt. Wenn das Bauteil zudem noch etwas tiefer im Haufen liegt und zu einem Teil verdeckt ist, kann es beim Herausziehen noch Überraschungen über die konkrete Länge oder Form des Bauteils geben. Kann ein Spieler ein Bauteil nicht in seiner Baustelle einbauen, muss er es offen in seinem privaten Lager ablegen.

Jeder Mitspieler darf sich anstelle des großen Haufen auch aus den Lagern seiner Mitspieler bedienen, muss dann aber dem ursprünglichen Besitzer einen Chip abgeben. Zu Beginn besitzt jeder Spieler einen einzigen dieser Chips; weitere Chips erhält man beim Einbauen von komplizierten Bauteilen. Diese Chips werden aber im Wesentlichen benötigt, wenn man Dachteile (auf der Rückseite farblich gekennzeichnet) aus dem Bauteil-Haufen ziehen will. Dachteile sind in der Siegpunkt-Wertung am Ende wichtig. Ohne Dach nix los. Jedes Fenster unter einem Dachteil gibt einen Siegpunkt, Fenster ohne Dach gehen leer aus. Weiterhin bringt die Anzahl von verschiedenen Stockwerken, auf denen sich Dachteile befinden, eine arithmetisch steigende Anzahl von Siegpunkten ein. Wenn das Bauwerk komplett überdacht ist, hagelt es noch einmal Siegpunkte. (Nach Willis Hausregeln werden auch Gebäude mit nur einer Lücke im Dach mit Siegpunkten bedacht.) Als tröstliches Schmankerl werden auch die Anzahl von Katzen, die sich – zufällig gezogen – in den Fenstern unseres Palastes befinden, mit Siegpunkten belohnt.

Kensington – Willis Palast

Wie gewinnt man das Spiel? Günther gab die Devise aus: Man muss so bauen, dass man flexibel bezüglich weiterer Einbaumöglichkeiten bleibt und muss dann und wann ein Risiko eingehen und ein komplizierteres Bauteil auswählen. Wie wahr, so einfach! Immerhin konnte er diese Strategie erfolgreich demonstrieren. Und im gleich folgenden zweiten Spiel, nachdem Aaron spät aber doch noch dazugekommen war, setzte sich mit Willi der zweite Kensington-Experte durch.

Das Spiel ist übrigens zu Ende – sudden death – sobald der siebte Vogel unter einem Dach gefunden wurde. Zweifellos ein Handicap für eine konsequente Bauplanung. Und zweifellos ein – unzulässiger – Vorteil für den Startspieler, der im Haufen der Bauteile auch noch den Vorteil des ersten Zugreifens hat.

WPG-Wertung: Aaron: 6 (lockeres Familienspiel, blindes Herumfischen im Haufen der Bauteile), Günther: 6 (zum Warming Up, ein Pluspunkt ist, dass es in einer 5er Runde gut funktioniert), Moritz: 4 (eher zum Warming Down, öde, hohes Glückselement, das zweite Spiel war noch langweiliger als das erste), Willi: 7 (Spaß an den topologischen Überraschungen), Walter: 6 (zum Zeitvertreib mit den Enkelkindern geeignet; ansonsten ist der Spielcharakter wegen der Diskrepanz zwischen Planung und Zufall nicht stimmig).

4. “Bluff”

Seit langem mal wieder ein „Bluff“. In einer 5er Runde immer wieder ein besonderes Erlebnis. Im Endspiel Günther mit zwei gegen Willi mit einem Würfel legte Günther – standesgemäß – 1 mal die Fünf vor. Willi hob auf 2 mal die Drei? Was hättet Ihr an Günthers Stelle getan, wenn Ihr eine Eins und eine Drei unter dem Becher gehabt hättet?

Hatte Günther aber nicht. Willi hat glatt den Sieg verschenkt! Oder hatte er durch seinen Bluff sogar seine rechnerischen Chancen erhöht, seinem Gegner eine (oder zwei) Würfel abzuknöpfen?

Keine neue WPG-Wertung für ein Super-Spiel.

15.05.2019: Bluff über Rätselraten mit Werwölfen

1. “L.A.M.A.”

Günther sollte das Spiel als solches und wir anderen alle seine Warming-Up-Qualitäten kennenlernen. Vor drei Wochen zum ersten Mal bei uns in einer 3er Runde gespielt, konnte es uns trotz seines Mau-Mau-Charakters überzeugen. Selbst Moritz bekannte überrascht: „Doch nicht ganz so schlecht.“

Wie schon an anderer Stelle beschrieben, müssen wir hier unsere Kartenhand Karte für Karten nach einem festgelegten Schema ablegen. Als deutliche Verbesserungen gegenüber Mau-Mau kam uns vor, a) dass man – mit minimalen Strafpunkten in der Hand – vorzeitig passen und b) beim „Ausmachen“ auch wieder erhebliche Strafpunkt abgeben kann.

Natürlich gibt es auch so etwas wie Kartenpflege. (Vorschläge dazu werden angenommen!) Doch in einer Viererrunde zieht das längst nicht mehr so gut. Das Bremsen bzw. Beschleunigen bei der Steigerung der abgelegten Augenzahl verliert erheblich an Effizient. Der Spielausgang liegt mehr oder weniger doch nur im Glück der zufällig ausgeteilten Karten. Aus „deutlichen Verbesserungen“ gegenüber Mau-Mau“ wurden jetzt nur noch „zwei-drei Modifikationen“. Nur Moritz als Sieger konnte stolz verkünden, „ich habe einfach taktisch gespielt“, fand das Spiel hinterher aber doch nur „einfach läppisch“. Unsere Noten wurde alle nach unten korrigiert:

WPG-Wertung: Aaron 6 (statt bisher 7), Günther: 6 (ganz nettes Spielchen, eine mögliche Einordnung als „Spiel des Jahres“ ist allerdings etwas zu hoch gegriffen), Moritz: 3 (so war seine nicht-quantifizierte Einschätzung „doch nicht ganz so schlecht“ vom letzten Mal also zu verstehen), Walter: 5 (statt bisher 6).

2. “One Week Werewolf”

Das Spiel lag schon einmal bei uns auf dem Tisch, doch da hatte Moritz wichtiges Spielmaterial zu Hause vergessen, und er musste es unverrichteter Dinge wieder einpacken. Diesmal war alles dabei und Aaron stimmte ohne rechte Überzeugung zu: „Dann lasst es uns hinter uns bringen.“

Spielmaterial im “Werewolf”

Drei verschiedene Charaktere, böser Werwolf, tricky Gerber und braver Bauer, werden verdeckt unter die Spieler und zwei Dummies aufgeteilt. Alle tragen ihre Charakterzuordnung als Scheibchen mit ihrer jeweiligen Spielfigur herum.

Die Spieler bewegen sich am Tag in einem Gebilde mit fünf Räumen beliebig vorwärts oder rückwärts und führen bei Nacht eine geheime Aktion durch: Vertauschen der Charakter-Scheibchen einer fremden Spielfigur mit der unsrigen oder Ansehen fremder Charakter-Scheiben; beides aber nur, wenn die Figuren mit unserer Figur in einem Raum oder in definierten Nachbarräumen stehen. Natürlich ist es auch sinnvoll, öfters mal wieder die eigene Charakter-Scheibe zu sichten, sie kann ja praktisch in jeder Nacht verändert worden sein.

Bewegung und Nacht-Aktion erfolgt mittels Karten, von denen jeder Spieler einen identischen Satz hat, und die pseudo-wrap-around genutzt werden.

Am Ende des Spiels, nach fünf Runden, sollen die Spieler den Werwolf identifizieren. Jeder deutet gleichzeitig, aber mittels eines langen Palavers abgesprochen, auf den Spieler, den er für den Werwolf hält. Bekam der „richtige“ Werwolf die meisten Stimmen, so hat er verloren; bekam der Gerber die meisten Stimmen, so hat er gewonnen, ansonsten gewinnen die Bauern.

Technische Schwächen im Design:

  1. Wofür brauchen wir extra Karten für die Bewegung, wenn wir in unserer Bewegungsfreiheit ohnehin kaum eingeschränkt sind. Es wäre viel effizienter, ohne Karten einfach beliebig 0 bis 3 Felder zu ziehen zu dürfen.
  2. Das Ausspielen der Karten für die Nachtaktion ist noch bescheuerter: Wir können eine beliebige Karte ausspielen und eine GANZ ANDERE Aktion durchführen. Die ausgespielte Karte ist absolut unrelevant für unsere Aktion. Die stark geäußerte Vermutung, dass hier ein Regel-Missverständnis vorliegen müsse, konnte sich nicht durchsetzen.
  3. Bedenklich: Während eines Zuges sollen die Mitspieler die Augen zu machen und die vom handelnden Spieler durchgeführte Aktion nicht verfolgen. Absichtliches oder unabsichtliches Blinzeln kann niemals ausgeschlossen werden. Genauso wenig kann ausgeschlossen werden, dass der handelnde Spieler mogelt und sich die Charakter-Scheiben aller Spieler anschaut.

Fazit: Aus unbekannten, ungesehenen, fragwürdigen Aktionen unserer Mitspieler sollen wir also herausfinden, unter welcher Spielfigur sich am Ende das Werwolf- und/oder das Loge-Scheibchen befindet. Nicht einmal bei Boardgame-Geeks wurde das für gut befunden.

Das einzige Schöne am Spiel ist die Diskussion nach Ende der fünf Aktionsrunden, wenn die Spieler ihre gemachten Aktionen und die dadurch erzielten Effekte erläutern und auf diese Weise versuchen, das Dunkel des verdeckten Rollenspiels zu lichten. Dabei darf natürlich jeder Spieler beliebig viel lügen. Es gilt also auch noch, aus der Fülle von Aussagen und Schlussfolgerungen die bewussten Irreführungen von ernsthafter Deduktion ahnungsvoll zu unterscheiden.

In dieser Diskussion hielt sich Günther extrem zurück. Seltsamerweise fiel das keinem auf. In der post-mortem Analyse wurde aber klar, dass er der Werwolf gewesen sein musste, denn mit jeder Aussage, die er gemacht hätte, hätte er entweder noch unbekannte Informationen offenlegen oder sich eindeutig als Lügner, und deshalb als Werwolf zu erkennen geben müssen. Günther hatte sich diese Rolle in seiner allerletzten Nacht-Tausch-Aktion zugelegt. Das hätte ohnehin keiner mehr verifizieren können.

Schwerfälliges Hantieren mit Aktionskarten, wahre und unwahre Schlussfolgerungen aus unbekannten Spielzügen und am Ende nochmals eine Alles-oder-Nichts-Lotterie, das ist “Werwolf”. Doch selbst mit solchen Kakoludien wird die Kickstarter-Welle wohl nicht gebrochen.

WPG-Wertung: Aaron: 4 (einschließlich 1 Punkt für das Material), Günther: 3 (darin 1 Minuspunkt für Charakter-Scheiben und 1 Pluspunkt für das restliche Material), Moritz: 4 ([AbN: NUR,] in der jetzigen Form, hofft auf Verbesserung), Walter: 2 (einschließlich 1 Punkt für das Material).

3. “UNLOCK!”

Rätselraten in “UNLOCK!”

Wir sollen gemeinsam eine umfangreichen Rätselaufgabe lösen. Auf Zahlenkarten mit Bildern (sekundär) stehen „interne“ Zahlen, meist klar sichtbar, manchmal aber auch extrem versteckt, klein, und von der Untergrundfarbe kaum zu unterscheiden. Diese „internen“ Zahlen erlauben, das Aufdecken weiterer Zahlenkarten. Die Zahlen von roten oder blauen Karten sollen – anhand der aufgedruckten Bilder passend – kombiniert werden und erlauben ebenfalls das Aufdecken weiterer Zahlenkarten. Zuweilen muss auch ein Bilderrätsel gelöst werden, das – in die zugehörige Applikation eingegeben – ebenfalls Zahlenkarten freigibt. Und wenn man alles richtig gefunden und gelöst hat, ist man am Ziel und wir haben alle gemeinsam gewonnen. Wobei aber noch eine Uhr mitläuft, und wenn die Zeit abgelaufen ist, bevor wir fertig sind, haben wir halt alle verloren.

Wir operierten die Anfängerversion mit optionaler Hilfestellung. Oft genug hielten wir die Zeit an, weil für unsere geballte Intelligenz die 1 Stunde Lösungszeit ohnehin viel zu kurz war. Tröstliche Erkenntnis: „Bis jetzt haben wir nur gute Augen, aber keinen Verstand gebraucht“, und schlechte Augen sind weitaus leichter zuzugeben als ein beschränkter Verstand.

Schlussendlich fanden wir wortwörtlich nicht „die Nadel im Heuhaufen“ (Hinweis der Hilfestellung). Auf einer der Zahlenkarten gab es braun in braun eine ländliche Szene mit auch irgendwo einem Heuhaufen und in einer Ecke des Heuhaufens gab es mittelbraun in hellbraun eine winzige 25! Das war die Erlaubnis, die Zahlenkarte 25 mit dem Heuhaufen aufzudecken, der die Luftballons zum Platzen brachte, mit dem die stinkende Rohrleitung verstopft wurde, so dass sich die Maus die Schnorchelbrille aufsetzen und im Milcheimer untertauchen durfte.

WPG-Wertung: Aaron: 3 (mein Ding ist es nicht, die Story ist unlustig, die Rätsel sind unlogisch, die Sucherei nach klein geschriebenen und versteckten Zahlen passt überhaupt nicht dazu), Günther: 4 (bin mir unklar, was ich von diesem Spiel-Prinzip erwarten darf), Moritz: 3, Walter: 3 (das Schönste daran war, meine Westpark-Gamers bei der Sucherei und Raterei zu beobachten; das Lösen von solchen künstlichen, von Menschen erfundenen Aufgabenstellungen hat bei mir ohnehin eine sehr geringe Priorität. Die Natur bietet so viele verborgene Rätsel, deren Entschlüsselung um Größenordnungen schöner ist).

4. “Bluff”

Nach einem ganzen Jahr Bluff-Enthaltsamkeit wollten wir mit diesem Absacker dann doch noch einen spielerisch befriedigenden Abschluss des Spielabends erreichen. Mit Erfolg, Bluff hat einfach alles, was ein großes Spiel benötigt.

Walter gewann den ersten Durchgang, Moritz wurde Letzter. Moritz gewann den zweiten Durchgang, Walter wurde Letzter. Bluff ist über allem auch noch ein reines Glücksspiel!

Keine neue WPG-Wertung für ein Super-Spiel.

26.10.2016: “Bessere Spiele der letzten Jahrgänge”

„Glaube keiner Statistik, die du nicht selbst gefälscht hast.“ – Ein geläufiges Bonmot, dessen Urheber unbekannt ist. Für jeden redlichen Mathematiker ist darin enthaltene Wahrheit aber immer wieder eine traurige Erkenntnis.

Jetzt habe ich vier Tage lang daran gearbeitet, meine WPG-Statistiken auf Vordermann zu bringen. Zielsetzung waren Antworten auf die im Prinzip einfachen Fragen: Wieviele Spiele haben wir insgesamt gespielt? Wie oft haben wir die verschiedenen Spiele gespielt? Wann haben später dazugekommene Teilnehmer zum ersten Mal bei uns gespielt?

A & O der ganzen Geschichte ist natürlich eine eindeutige Schreibweise aller Spielenamen in allen unseren Texten: in der Rangliste, in den Session-Reports und in allen Kritiken. Was natürlich nicht gegeben war: Unterschiedliche Schreibweisen und jede Menge Schreibfehler machten aus der Harmonisierung der Namen (mit Luding als Eichmaß) eine wahre Sisyphus-Arbeit.

Und wie beim echten Sisyphus ist die Arbeit nicht beendet, sondern nur abgebrochen. Bei jedem später bemerkten Flüchtigkeitsfehler müsste man die statistischen Rechnereien nochmals von vorne anfangen. Irgendwann mal hatte ich die Nase voll davon!

Das nachfolgend aufgeführten Zahlen sind also falsch. Sowieso sind sie nur flüchtig und morgen schon überholt. Aber die Gesamtrichtung stimmt, auf eine Zahl mehr oder weniger, rauf oder runter ist, darauf kommt nicht an.

Insgesamt 1131 Spiele lassen sich in unseren Aufzeichnungen nachweisen.
Davon haben wir 798 Spiele nur einmal gespielt, 229 Spiele zweimal, 64 Spiele dreimal und 27 Spiele viermal.
Am häufigsten haben wir „Bluff“ gespielt: 243 mal, mit weitem Abstand folgt dahinter Flaschenteufel mit 37 Auftritten, „Zoff im Zoo“ mit 18, „Trans Europa“ mit 17 und „6 nimmt!“ mit 14.
Kurz dahinter folgt das noch recht „moderne“ „AbluXXen“, das 12 mal gespielt wurde und durchaus noch Chancen hat, als Absacker-Spiel auf unser Häufigkeits-Treppchen zu kommen.
Dass Peter mit „Cartagena“ am 15.04.2001 zum ersten Mal am Westpark dabei war, könnte man aus verschiedenen Indizien schließen, allerdings sprechen andere Indizien gegen diese Aussage. WPG-Internas bei der Informationsgewinnung.

Ich selber möchte mich persönlich aber auf alle Fälle noch zu den redlichen Statistikern zählen, denn ich habe meine obigen Zahlen klar und deutlich mit dem Zusatz hingeschrieben, dass sie nicht nur als falsch sein können, sondern sogar falsch sind!

1. “Krazy Wordz”

Kreative Geister bei „Krazy Wordz“
Kreative Geister bei „Krazy Wordz“

Schon im Vorfeld hatte Peter für den heutigen Abend um eine Auswahl an bewährten, neueren Spielen gebeten, die bisher an ihm vorbeigegangen waren. Zum Warming Up fingen wir dann mit dem Partyspiel „Krazy Wordz“ an. Zu vergebenen Begriffen müssen wir uns garantiert nicht-existierende Wörter ausdenken und hoffen, dass die Mitspieler die Zuordnung finden.

Die Regel für das „garantiert nicht-existierend“ sollte eigentlich eindeutig sein, ist es aber nicht. Auch dicht daneben liegende Falschschreibungen, sowie Eigennamen sind nicht erlaubt. Wenn wir heute nicht so bewusst locker in den Spieleabend eingestiegen wären, hätten es schon bei Moritz’ „Opah“ krachen können, „vor dem ihm seine Oma immer gewarnt hat“; denn hier schreit der wahre „Opa“ doch schon heraus. Selbst Walters „Vis“ als „persischer Herrschertitel“ ist nicht zulässig. Allerdings nur für persisch-literarisch Gebildete. Wer weiß im Abendland schon, das „Vis und Ramin“ ein persisches Liebesgedicht ist, viel fremdgeherischer als „Romeo und Julia“, und in dieser Hinsicht auch noch viel saftiger als „Tristan und Isolde“ …

WPG-Wertung: Die Neulinge von heute blieben genau im bisherigen WPG-Schnitt von 7.5 Punkten: Peter: 7 (OK, unterhaltsam, würde es mir aber nicht kaufen); Loredana: 8 (es hat mir gefallen, weil ich schon lange nicht mehr gespielt habe, es ist schnell und unterhaltsam, würde es noch einmal spielen).

Bemerkenswert: Unser Denker-Genie Günther wurde Letzter. Das nur zur intellektuellen Einschätzung von „Krazy Wordz“!

2. “Isle pf Skye”

Vor genau einem Jahr zum ersten Mal bei uns auf dem Tisch. Moritz hatte sogar ein Video mit der Diskussion über unsere Notenvergabe gedreht, die Veröffentlichung aber zurückgezogen, weil Günther dagegen war. „Keine privaten Bilder in fremde öffentliche Kanäle!“

Wir ersteigern Landschaftskärtchen und werden für unseren ständig wachsenden Besitz in fünf Wertungssrunden mit Siegpunkten überschüttet. Wer recht schnell – zufällig oder gekonnt – zu einer blühenden Landschaft kommt, hat damit aber noch lange nicht gewonnen, denn ab der Mitte des Spiels ist ein führender Punktestand ein Handicap, für das die schlechter gestellten Mitspieler mit teilweise üppigem Einkommen entschädigt werden. Ein spieltheoretisch sehr gutes Regeldetail, auch wenn es ein Spieler sehr pejorativ mit „totaler Sozi-Scheiß“ apostrophiert hat. In einem guten Spiel sollte ja nicht nur der beste Kopf oder die glücklichste Hand einen Start-Ziel-Sieg hinlegen können, auch Spieler aus den hinteren geistig-unglücklichen Niederungen sollen noch eine Chance auf den Sieg haben oder sehen. Oder zumindest einen dicken Batzen Einkommen als Trostpreis auf ihrem Konto verbuchen können.

Warmduscher-Regel: Vernichte in jeder Runde das Beste Deiner gezogenen Landschaftskärtchen: dann kann es wenigstens auch kein Mitspieler nutzen (, hat sich darüber vielleicht aber längere Zeit den Kopf darüber zerbrochen)!

WPG-Wertung: Auch hier blieben P&L nahe beim bisherigen WPG-Schnitt: Loredana: 7 (es hat mir gefallen, weil ich schon lange nicht mehr gespielt habe, weniger schön ist die Abhängigkeit von den Interessen der Mitspieler), Peter: 6 (ich bin nicht so begeistert, mag das Mitspielerchaos nicht; gegen das Vorgehen der Mitspieler gibt es praktisch keine Mittel).

Unser Denker-Genie bekam einen Mittelplatz!

3. “AbluXXen”

Die Absacker-Zeit wurde eingeläutet, auch wenn es noch zwei Stunden bis Mitternacht war. „AbluXXen“, mit dessen taktischen Anforderungen Profi Helmut letzte Woche noch erhelbliche Schwierigkeiten hatte, sollte von zwei weiteren Geistesgrößen unter die Lupe genommen werden. Dabei hatte es die eine Geistesgröße Peter schon vor zwei Jahren für zu leicht befunden: „6 Punkte, weil ich ständig eine Straße hatte!“

Loredana trat eher in die Fußstapfen von Helmut: ihre Lernkurve ist noch längst nicht in die Nähe der waagrechten Asymptote gekommen. Heute haben wir ja auch schon nach zwei Durchgängen abgebrochen, weil den Verlockungen unseres Absackers Nr 1 einfach nicht mehr zu widerstehen war. „AbluXXen“ ist zweifellos ebenfalls ein Absacker, aber man muss dabei doch ständig geistig am Ball bleiben, sonst hat das Spiel überhaupt keinen Sinn!

WPG-Wertung: Loreana: 7 (das Spiel hat mit steigender Lernkurve viel Potenz nach oben).

4. “Bluff”

Ja, hier braucht man nicht ununterbrochen auf der Hut zu sein. Die Erhöhungen und Anzweifelungen der Mitspieler kann man ganz leicht und locker aus der Ferne ansehen, sie haben erstens nur einen geringen Einfluss auf die eigenen Entscheidungen, und falls dazwischen substantielle negative Auswirkungen stattfinden, sind zweitens meist nur die Mitspieler davon betroffen. Was kann man sich von einem echter Absacker mehr wünschen!

Peter: „Ein Abend ohne Bluff ist kein Spielabend.“

Im 1:1 Endspiel gegen Günther fing Peter mit 1 mal die Fünf an. Günther zweifelte an – und hatte gewonnen. Einer der vielen Vorteile der Immer-4-Strategie! Günther hätte sich mit seinem Anzweifeln sehr viel schwerer getan!

Keine neue WPG-Wertung für ein Super-Spiel.

16.10.2013: Götter und Gelehrte

Alle Schaltjahre schaut der Millionenspieler Michael Andersch mal bei uns am Westpark vorbei. Heute war es wieder soweit.

Seine Einschätzung zum Trend auf dem Spielemarkt:

  • Es gibt mehr Kooperationsspiele als früher.
  • Crowd Funding bringt einschneidende Bewegungen in die Spiele-Herstellung. Allerdings kann er diesem neuen Markt-Verfahren überhaupt nichts abgewinnen. Er hat in diesem Genre noch kein einziges Spiel gefunden, das ihn überzeut hat. (Wir übrigens auch noch nicht.) Nicht umsonst haben die Götter vor den Preis den Schweiß gesetzt.

1. “Numeris Romanis”
Aarons Drei-Wochen-Embyro zur Einstimmung. Wir würfeln mit altrömischen Ziffern neurömische Zahlen und müssen dabei vorgegebene Zielwerte erreichen.

Die Verblüffung über das einfache und eigentlich jeden Berufs-Kniffler überzeugen müssende Prinzip hat nachgelassen. Wir warten noch auf den entscheidenen Kick, der dieser Spielidee in bezug auf Spannung, Variabilität, Spielwitz und Nachhaltigkeit zum Durchbruch verhilft.

Noch keine WPG-Wertung.

2. “Noblemen”
Die erste Freude am Spiel entsteht beim Zusammenstecken der Sichtschirme. Peter forderte Aaron auf, bei seinen Spielen auch mal etwas zu Stecken zu erfinden. Hier bleibt Aaron aber lieber beim Altbewährten. Peters Rat, den oberen Querstab doch besser hinten rein zu stecken, weil man da tiefer komme, wurde hingegen gerne angenommen. Adel verpflichtet.

In einem sehr vielseitigen Entwicklungsspiel erweitern wir unseren Grundbesitz an Feld, Wald und Wiese, bauen Burgen, Schlösser und Kapellen, reißen uns die Königin unter den Nagel, treiben Steuern ein und stiften der Kirche, um aus all diesen Aktivitäten zu mehr Geld, mehr Immobilien, mehr Prestige und finalmente zu mehr Siegpunkten zu kommen.

Michael durfte Peter das Spiel erklären. Ruhig, überlegen, gekonnt. Er ist halt ein Profi und „Noblemen“ ist eines seiner (vielen) Lieblingsspiele. Das Spiel ist ein Kampf gegen die vielfältigen eigenen Engpässe an Entwicklungsresourcen; doch wenn man die Linien erkannt hat, wird aus dem Darben schnell ein Schwelgen.

Michael zog auch siegpunktemäßig gleich allen davon. Schnell eine Wiese angelegt, Burg und Kirche gebaut, die Königin becirct (ständig), die Grundstücke so geformt, dass sich keine fremden Ritter darauf tummeln konnten, umgekehrt aber seine Ritter schnell auf die Kirschbäume in Nachbars Garten gescheucht. Seine 81 Siegpunkte gegenüber den 65 von Günther und Peter – von Aaron und Walter ganz zu schweigen – kamen schon fast einer Deklassierung gleich.

Das Ritter-Prinzip wurde als nach allgemeinem Empfinden als negatives Spielelement („Designfehler“!) eingestuft:

  • Der Ritter schadet einem willkürlich wählbaren Mitspieler.
  • Ein Hintermann profitiert von den Spielfehlern seines Vorgängers; die anderen Mitspieler sind gegenüber diesen unverdienten Profiten machtlos.

WPG-Wertung: Zum bisherigen guten Durchschnitt von 8 Punkten vergaben Michael 9 und Peter 7 Punkte (weniger Zufallseffekte wären ihm lieber).

Gelehrtendiskussion
Nach jeder Dekade erhält jeder Spieler eine „Skandalkarte“. Er nimmt sich dazu drei Karten vom Stapel, wählt davon eine aus und gibt die anderen zurück. Frage: Unterscheidet sich die Auswahl an Skandalkarten, unter denen jeder Spieler wählen darf, wenn man

  1. die zurückgelegen Skandalkarten vom Vorgänger zur Seite legt, oder
  2. die zurückgelegen Skandalkarten vom Vorgänger in den Reststapel wieder einmischt?

Anachronistisch
Wer eine Kapelle baut, erhält zur Belohnung ebenfalls eine Skandalkarte! Hört, hört! Der Autor Dwight Sullivan hat während der Entwicklung von „Nobleman“ garantiert noch nix von Limburg und Tebartz-van-Elst gewußt!

3. “Tutanchamun”

Michael und Peter beim Tutanchamun
Michael und Peter beim Tutanchamun

Was spielen wir als nächstes? Michael war für Aarons „Yunnan“. Er wollte das Spiel nicht erst auf der Spielermesse in Essen kennenlernen. Doch Peters Mienen legten ein Veto ein. Er geht bei der Spielauswahl die wenigsten Kompromisse ein. Und seine Mienen besitzen ein erhebliches Gewicht bei der Entscheidungsfindung – nicht nur wegen der Seltenheit, mit der er in den letzten Jahren am Westpark erscheint.

So durfte Günther die wohlerhaltenen Knochen von „Tutanchamun“ auftischen, ein Knizia-Spiel, das vor ca. dreitausend Spieljahren auf der Auswahlliste zum „Spiel des Jahre 1993“ stand. Ziemlich genau vor 10 Jahren hat unser Hans seine erste Rezension verfasst – über „Tutanchamun“.

69 „Schatzkärtchen mit verschiedenen Schatzarten“ liegen in einer langen Schlange auf dem Tisch. Die Spieler müssen diese Schlangen-Strecke einmal von vorne bis hinten durchlaufen. Jeder darf so schnell – soviele Schatzkärtchenschritte – vorwärts gehen, wie er will, rückwärtsgehen ist nicht erlaubt. Das Kärtchen, bei dem er einen Stop einlegt, gehört ihm. Sobald das letzte Kärtchen einer Schatzart aufgenommen wurde, gibt es Punkte für die Mehrheiten daran.

Spielende ist, wenn entweder alle Schätzkärtchen aufgenommen wurden, oder wenn ein Spieler die geforderte Summe an Siegpunkten beisammen hat.

Peter versuchte schnell zu punkten, um die zweite Endbedingungen zu schaffen, doch ein bis zwei Punkte vor dem Ziel verließen ihn seine Kräfte. Michael verlegte sich auf hochwertige Schätzkärtchen, unterschätzte dabei aber ihre Verteilung innerhalb der Schlange: Drei von acht Kärtchen seines „Pharaonenklaviers“ lagen ganz am Ende der Strecke, sie wurden nicht mehr gewertet! Da hatte er einem Menge Ambitionen in ein gewichtiges Objekt investiert, das aber keine einzigen Tropfen Milch und Honig gab.

WPG-Wertung: Aaron: 6 (bleibt), Günther: 8 (bleibt), Michael: 4 (doofes Gelatsche. Objektiv ist das Spiel besser als es meine subjektive Punktevergabe aussagt), Peter: 6 (bleibt), Walter: 7 (ein Punkt mehr als bisher. Honorar für die kurze Spieldauer angesichtes der zu erwartenden Restlebenszeit).

4. “Bluff”
Michael gelang es, Moritzens schon einmal vor Jahren praktiziertes Kunststück zu wiederholen, auf Anhieb fünf Sterne zu erwürfeln. Problemlos konnte er damit mit einem Schlag unseren Günther rauskicken. Nachdem er sich auch gegen die drei anderen Westparker schadlos durchsetzen und mit fünf jungfräulichen Würfeln trimphieren konnte, gab es zunächst betretene Mienen am Westpark.
Eintagsfliege! Über sein Abschneiden im zweiten Durchgang schweigt des Sängers Höflichkeit. Die Welt war wieder in Ordnung.

Nach Michaels sorgsam geführter Statistik über alle gespielten Spiele, alle Sieger und alle Resultate konnte er den zwingenden strategischen Charakter von Bluff einwandfrei nachweisen: Bei insgesamt fünf Durchgängen hatte jeder einmal gewonnen.

Keine neue WPG-Wertung für ein Super-Spiel.

24.04.2013: Desaster, Debakel, Prügel

Wir sehen uns im Finale.
“Wir sehen uns im Finale!” – “Bei Dir oder bei mir?”

Munich était simplement meilleur. «Il faut féliciter le Bayern. Ils ont été très forts, très physiques.»
El fútbol va por un camino diferente, el que ahora simboliza el Bayern, un equipo poderoso físicamente, muy bien organizado tácticamente, lleno de matices técnicos y recursos, muy científico, inmisericorde con los rivales que desfallecen progresivamente como el Barcelona.
Una debacle como la que sepultó al ‘Dream Team’
Hacía casi 20 años que el club azulgrana no recibía una goleada de estas magnitudes en Liga de Campeones.

Juegan en 3D. Corren en 3D. Definen en 3D. Al Bayern Munich se lo ve en otra dimensión.
“Barcelona heeft Europa de afgelopen vijf jaar gedomineerd. We kunnen er trots op zijn dat we ze op deze manier hebben verslagen.”
Szenzációs Bayern-győzelem a Barcelona ellen.

Man muss kein großer Sprachenkenner sein, um die Schlüsselwörter in diesen Sätzen zu erkennen und damit ein Gefühl für die darin enthaltenen Aussagen zu bekommen. Aber man muss ein Bayern-Fan sein, um sich diese Wörter auf der Zunge zergehen zu lassen und ihren Sinn ausgiebig zu genießen.

1. “Yunnan”
Aaron wollte die Korrektur des vorletzten Bugs in seiner Spielentwicklung testen. Wie soll es gehandhabt werden, wenn ein Spieler im Auktionsprozess für mehr Geld bietet als er besitzt? Hart bestrafen, so dass dieses Vergehen in jedem Fall den Sieg kostet? Oder nur einen milden Ausgleich dafür verlangen, so dass dieses Vorgegen als taktische Option offenbleibt? Der Argentum-Verlag wird entscheiden. Hoffentlich im Einvernehmen mit dem Autor.

Aaron hatte versehentlich nur für vier Spieler das Spielmaterial mitgebracht, und sein Test wäre schon fast wieder in der Schublade gelandet. Doch es gibt natürlich Ersatz. Hättet Ihr sofort gewusst, in welchen Spielen ein adäquates Ersatzmaterial vorhanden ist? Zielgerichtet (!) mussten wir immerhin vier Spiele plündern, („Euphrat und Tigris“, „La Cittá“, „Trans Europa“ und „Viva Java“), um alle Marker, Pöppel, Brücken, Teehäuser und Tempel beisammen zu haben.

Der Spielverlauf ähnelt einem Radrennen. Alle versuchen sich in die besten Positionen zu lavieren, um dann plötzlich in den Endspurt auszubrechen und hoffen, von den Verfolgern nicht mehr eingeholt zu werden. Günther lief diesmal als erster los, er hatte aber das notwendige Potential noch nicht beisammen und verlor beim Nachfassen wertvolle Punkte. Außerdem mußte er sich in den Niederungen des Himalaya mit zuviel Konkurrenz herumschlagen. Peter hatte sich die größte Reichweite zugelegt und konnte konkurrenzlos die fettesten Weiden im tibetanischen Hochland abgrasen. Mit den dabei noch zusätzlich eingeheimsten Gastgeschenken (die französischen Tester waren von der „cadeaux“-Idee ganz begeistert) reichte es zum Sieg.

Obwohl „Yunnan“ ohne Zufallselemente auskommt, verläuft jedes Spiel anders. Es gibt keine erkennbare Gewinnstrategie. Sie würde durch die zahlreichen Einwirkungsmöglichkeiten der Mitspieler auch sofort sabotiert werden können.

Im Nachspann diskutierten wir hierzu eine grundsätzliche Frage: Ein Spieler, der sich mehr „Einfluß“ zugelegt hat, kann einen schwächeren Mitspieler auf der Tee- und Pferderoute von einem lukrativen Platz verdrängen. Falls mehrere schwächere Spieler zum Verdrängen bereitstehen, sollte der Einflußreiche dann willkürlich einen beliebigen Spieler verdrängen dürfen oder sollte dies nach genau definierten Regel über Einfluß und Zugprioriäten fest vorgegeben sein?

Aaron plädierte für Freiheitsgrad und Willkür. Damit kann sich ein Spieler auch in den hinteren Rängen noch relative Platzvorteile erarbeiten. Walter war strikt dagegen. Erstens ist es ein Kingmaker-Element, dem er schon grundsätzlich ablehnend gegenübersteht und zweitens kostet es unnötig Zeit, beim Verdrängen auch noch den optimalen Gegner herauszusuchen. Und es kostet beim Plazieren seiner Händler deutlich mehr Zeit, die viele Unwägbarkeiten und Risiken des subjektiven Verdrängtwerdens abzuschätzen. Kein einheitliches Meinungsbild. Walter drohte mit 2 Wertungspunkten Abzug, falls das Kingmaker-Element in der Endfassung erhalten bleiben sollte.

Noch keine WPG-Wertung für ein Spiel in der Entstehungsphase.

2. “Ein solches Ding”
Peter freute sich schon auf eine lange Bluff-Session, aber es war noch viel zu früh am Abend. Im Repertoire am Westpark suchte er ein Füller-Spiel.

„”Ein solches Ding”“ ist kein richtiges Spiel, eher eine Unterhaltung. Die man zudem noch ganz locker angehen muss, was am Westpark in der Regel nicht gewährleistet ist. Es wird ein Begriff gesucht, der zu einer steigende Anzahl sehr vager Umschreibungen paßt, z.B. „Gehört zu einem richtigen Rummelplatz“ + „Würde – wenn es jetzt hier auftauchte – grosse Heiterkeit erregen“ + „Hat Haare (Borsten, Zotten) und doch keine Zähne“ . Gilt das alles z.B: für eine Damenunterhose? (Herzliche Grüße an Susanne!)

Strittige Punkte werden nicht nach Lexikon oder via Recherchen im Internet entschieden, sondern durch demokratische Abstimmung unter den Spielern. Subjektivität und Miesnickeligkeit sind Tor und Tür geöffnet. Wir verzichteten bereits vor dem ersten Durchgang auf das Spiel.

Die WPG-Wertung liegt bei knapp 6 Punkten.

3. “Linq”
Noch so eine Art Unterhaltungsspielchen.

Je zwei Mitspieler bekommen geheim den gleichen Begriff zugeteilt und müssen dazu assoziierende Worte nennen, so dass sich die Partner finden, die anderen Spieler aber nicht so leicht erkennen können, wer zusammengehört. Wem z.B. der Begriff „Reifen“ zugeteilt ist, kann versuchen, sich mit dem Wort „Auto“ erkennen geben. Beim Stichwort „Bordeaux“ muss der Partner schon ein Dégustateur sein, um die gemeinsame „Reife“ zu erkennen. Ein bayerischer Krustenbratler hätte damit unüberwindliche Schwierigkeiten. (Hatte er auch!)

Welches Wort war wohl Aaron zugeteilt worden, für das er sich mit den Begriffen „Opferabo“ und „Fliesenleger“ zu erkennen geben wollte? Nicht nur für seine Partnerin Loredana war es zu schwer. Es handelte sich um „Wetter“. Eine Frage an die findige Spielergemeinde: Welches Wort, oder besser, welchen Namen hat Aaron mit seinem Suchbegriff assoziiert? Der erste Einsender (als Kommentar auf unserer Seite) erhält eine Flasche Wein.

Loredana, die die deutsche Sprache perfekt beherrscht, zeigte überraschenderweise Schwierigkeiten mit deutschen Wortverbindungen. „Papier“ bringt sind nicht so selbstverständlich mit „Tiger“ zusammen wie ein Eingeborener. Dann gab es sogar ein Wort, bei dem sie passen musste, weil sie es gar nicht kannte: „Floh“! Pulex simplex. Sie kannte das Wort nur in der Mehrzahl „Flöhe“. Daraus wollen wir aber bitte keine voreiligen Schlüsse für ihr Herkunftsland ziehen.

Die WPG-Wertung liegt bei knapp 7,3 Punkten.

4. “Bluff”
Keine besonderen Vorkommnisse. Peter verlor beim Anzweifeln von 5 mal der Stern alle seine Würfel. Und noch einen mehr. Es gab insgesamt 11 Sterne unter den 25 Würfeln.

Aaron gewann das Endspiel gegen Walter und Peter behauptete, dies sei Aarons erster Sieg bei „Bluff“ gewesen. Dabei hat Moritz schon vor über zehn Jahren Aarons ersten Bluff-Sieg in einem Spielbericht gebührend erwähnt.

Die Anmerkungen zu Bluff in unserem Session-Report stellen nur einen winzigen Ausschnitt der genussvollen Beschäftigung mit diesem Spiel dar. Peter verlangte eine vollständige Aufzählung aller Sieger. Doch das geht entschieden zu weit.

Keine neue WPG-Wertung für ein Super-Spiel.