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04.05.2022: Was für ein Ding “The Thing”!

1. “The Thing”

Moritz in seinem Phantasy & Fiction-Element

Moritz schlug das Spiel vor. Kurzer Wortwechsel zu Beginn: “Eine super Umsetzung des Films!” Aaron: “Das muss nicht unbedingt gut sein!” Moritz: “Ein legendärer Film!” Anmerkung bei Nachschrift: “Muss das dann besser sein?”

Pöppel und Hunde in “The Thing”

Schauen wir uns erst mal an, was im Internet zum Film steht.
“Unter die Mitglieder einer antarktischen Forschungsstation mischt sich ein Alien, das die Forschungsarbeit sabotiert und die Gruppe systematisch infizieren und damit auf seine “böse” Seite ziehen will. Das Alien ist nicht erkennbar, vor allem ist später auch nicht erkennbar, welches Mitglied der Gruppe bereits infiziert ist und damit die böse Rolle mitspielt. Der Stromgenerator wird sabotiert, Vorräte werden zerstört, die ganze Station wird Stück für Stück unbrauchbar. Hunde laufen herum und erhöhen das Infektionsrisiko.

Bald würde in der gesamten Station tödliche Kälte herrschen und das Alien könnte überdauern, bis die Rettungsmannschaft eintrifft. Die Gruppe beschließt, die gesamte Station in die Luft zu jagen. Am Schluss treffen die letzten beiden Überlebenden zusammen und haben sich bis zuletzt argwöhnisch im Auge, sehen aber ohnehin dem offensichtlich sicheren Tod im Eis entgegen. Die Frage, ob einer der beiden Männer vom Alien infiziert worden ist, bleibt für den Zuschauer offen.

Die Kritik schreibt dazu: “Der seine Horroreffekte perfekt setzende Film wurde in erster Linie eine Demonstration der verblüffenden Möglichkeiten der Tricktechniken des modernen Hollywood-Kinos. Doch angesichts der damit produzierten Ekelszenen, Blutorgien und Leichensezierereien mag man solche Trickkunst kaum würdigen. Der Regisseur begnügt sich mit der Sensation; innere Spannung und ironische Brechungen kommen zu kurz.”

Zum Spiel. Wir Spieler begeben uns (unseren Pöppel) frei wählbar in die verschiedenen Räume der Forschungsstation, um dort Schäden zu reparieren, Essen zu kochen, Generator und Heizung für Licht und Wärme zu betreiben, sowie nach Waffen und Hilfsmitteln zu suchen, mit denen wir infizierte Mitglieder identifizieren und unsere Kampf-Chancen gegen sie erhöhen können. Vor allem aber müssen wir die Radar-Station funktionsfähig kriegen, den Hubschrauber holen und ALLE Gesunde vollständig damit abtransportieren.

Die Aktionen, die wir tun können:
1) an Ort und Stelle Schäden beseitigen.
2) die Funktion des jeweiligen Raumes nutzen.
3) oder auch einfach bösartigerweise Sabotage anstellen.

Die Aktionen wählen wir mittels Karten, die wir verdeckt dem “Leader” geben, der sie sammelt, mischt und zufällig den einzelnen Personen zuteilt, die sich in der Forschungsstation aufgestellt haben. Es ist nicht so, dass jeder von jedem Typ Aktionskarte mindestens eine auf der Hand hält; wer Pech hat, hält als “Gutmensch” nur Sabotage-Karten oder ggf. als “Böser” nur Reparier- oder Nutz-Karten.

Wer in einem Raum ohne Schaden eine “repair”-Karte zugeteilt bekommt, hat nix zu tun, die Karte verfällt. Wer in einem schadhaften Raum eine “use”-Karte zugeteilt bekommt, kann ebenfalls nix ausrichten, der Schaden muss zuerst beseitigt werden. Wer aber gar eine Sabotage-Karte ausgeteilt bekommt (von einem bösen Mitspieler eingebracht oder als Zusatzkarte unter die Aktionskarten gemischt), muss nolens volens den Schaden tun.

Haben zwei Spieler absichtlich oder unabsichtlich den gleichen Aktionsort gewählt, müssen sie ein definiertes Identifizierungsritual ausführen. Dabei kann es geschehen, dass ein “Gesunder” von einem “Bösen” infiziert und unverzüglich “umgedreht” wird.

Ein aufmerksamer Spiel-Logiker kann jetzt natürlich fragen, warum ein Spieler sich überhaupt zu einem anderen Mitspieler zugesellen sollte? Dafür gibt es mehrere Gründe. Erstens braucht man zwei Personen, um einen der bösen herumlaufenden Hunde zu fangen; zweitens verstärkt sich die Wirkung von Aktionen überproportional mit der Anzahl der Anwesenden; drittens liegt das Sich-Zugesellen natürlich im Bestreben der “Bösen”, andere zu identifizieren, und die Guten können nicht verhindern, dass sich ein nachziehender Böser ihnen zugesellt. Das einzige Mittel dagegen ist die Spielerreihenfolge im Auge zu haben. Der “Leader” zieht immer als Letzter, und diese Rolle kann man gewollt auf sich nehmen.

Jetzt Schluss mit der Regel-Präsentation. Moritz brauchte in einem einigermaßen strukturierten Vortrag anderthalb Stunden, um uns mit dem Spiel vertraut zu machen. Bei uns wurde Günther der Alien. Als erstes infizierte er Aaron, dann Walter. Moritz blieb als einziger Gutmensch übrig. Selbst mit den Händen voller Maschinengewehre und Flammenwerfer wäre es ihm nicht gelungen, einen intakten Hubschrauber zu betreten und zu flüchten. Günther ließ ihn noch ein paar Runden drehen, bis er auch ihn zu sich (uns) in die ewigen Jagdgründe hinüberzog.

WPG-Wertung: Aaron: 5 (es geht in die Richtung eines Party-Spiels, sehr viele Zwänge, sehr viele chaotische Elemente), Günther: 5 (als Startup-Alien hatte ich eine klare Strategie und Taktik), Moritz: 8 (die Mechanismen stimmen, vor allem fasziniert mich die Umsetzung des Films), Walter: 4 (alles Zufall; ich habe keinerlei Peil für ein gutes taktisches oder strategisches Vorgehen).

Am nächsten Morgen studierte Aaron noch einmal die Regeln und fand einen gravierenden Fehler in unserer Handhabung:

“1) Uns war gestern dieser merkwürdige Mechanismus aufgestoßen wonach die Zuordnung der Aktionen zu den Charakteren zufällig erfolgt. Dies ist falsch! Der Leader deckt zuerst die oberste Aktionskarte auf und weist dann diese Aktion einem Character zu. Damit gibt es dort also gar kein Glückselement und stattdessen bekommt die Rolle des Leaders noch mehr Gewicht (nach der Spielreihenfolge jetzt also auch noch die Entscheidung, wer was macht).

2) Die „Schadens-Token“, die das Thing mitführt, nachdem es entdeckt wurde (oder sich selber offenbart hat), wirken in den Räumen auch als Sabotage. Der Thing Spieler kann also gezielt Räume sabotieren, auch wenn dort dann später kein anderer Spieler hingehen sollte. Das macht das Thing allerdings noch stärker als es sowieso schon ist.

Ich ziehe damit meine Wertung von gestern erst einmal zurück, da das Spiel grundlegend anders funktioniert als wir es gestern gespielt haben. Ob es wirklich besser ist bezweifle ich allerdings wegen Punkt 2.”

2. “Prinz & Prinzessin”

Obwohl das Spiel letzte Woche durchgefallen war, versuchten wir es in einer Vierer-Runde noch einmal. Vielleicht würde Moritz uns hier in die Geheimnisse von Prinz&Prinzessinnen-Lust&Spaß einführen können.

Sein erstes Statement: “Ich bestehe auf’s Reden”, d.h. wir sollten alle zum Kartentausch laut ein von uns verpöntes: “Ich bin die Prinzessin und suche den Fisch” – oder so ähnlich – von uns geben, denn “das ist ein wesentliches Spielelement” & “das ist genau das Interessante daran“. Geschmäcker sind verschieden. Das, was bei uns am Westpark überhaupt nicht ankommt, soll vom Autor also als Kernelement in das Spiel hineindesaint worden sein?

Tatsächlich: Moritz fing an und rief in die Runde: “Ich bin der Prinz, wer ist die Prinzessin”. Unabhängig davon, was Moritz gesagt hatte oder gesagt hätte meldete sich Walter als Prinzessin. Die einzige gesicherte statistische Aussage zu dem Spiel ist doch wohl, dass man umso mehr Punkte machen kann, je häufiger man tauscht. Jetzt war Walter aber in Wirklichkeit der “böse Zauberer” und Moritz der “gute Zauberer”; und schon konnte sich Moritz triumphierend ob seiner erfolgreichen Gewinnstrategie einen Siegpunkt zugute schreiben.

In der nächsten Runde fing Aaron lautstark an und rief: “Ich bin der Prinz, wer ist …” oder so ähnlich. Walter bedachte wieder – ohne Aarons Aussage auch nur zu verinnerlichen – die statistischen Gewinnaussichten und meldete sich sogleich unter dem gewünschten Namen. Und siehe da, Duplizität der Ereignisse, statistisch schon etwas außerhalb des normalen Rahmens, Aaron war die gute Hexe, Walter die böse, und Aaron konnte einen Siegpunkt verbuchen.

Man registriere das Spiel-Design: Bevor Günther auch nur den ersten Muckserer von sich geben konnte, hatten Moritz und Aaron bereits je einen Siegpunkt – ein Drittel zum Gesamt-Sieg – verbuchen können. Auch im Weiteren spielte der Zufall sein Spiel, die nächsten beiden Runden dauerten ebenfalls nur 1 bzw. 2 Züge und Aaron konnte sich zwei weitere Siegpunkte gutschreiben. Das Spiel war – Gott-sei-Dank – zu Ende.

Es schloss sich eine Diskussion über diese Gaudi-fördernde (? in welchen Spieler-Kreisen?) marktschreierische Lügerei an. Hat man taktische Vorteile, wenn man schreit oder nicht? Moritz bestand darauf, dass man “wie beim Poker” nach einer gewissen Erfahrung seine Mitspieler “lesen” könne. Er erbot sich sogar, eine Excel-Tabelle aufzustellen, nach der man als Person X mit der Wahrscheinlichkeit p sich als Person Y ausgeben und mit der Wahrscheinlichkeit q nach der Person Z fragen soll. Diese Tabelle sollte dann die Siegchancen des Marktschreiers gegenüber einem Schweiger signifikant erhöhen.

Selbst unser Mathematiker Günther, der aus der Spieltheorie heraus solche Wahrscheinlichkeits-Matrizen zur Genüge kennt, schlug sich auf Moritz’ Seite. Vergeblich brachte Walter vor, dass die jeweilige Suchfrage – wenn “richtig”, d.h. unsystematisch vorgegangen wird – Null Relation mit der Wirklichkeit hat, und dementsprechend auch GAR NICHTS zu den Siegchance beitragen kann. Aber er blieb ein einsamer Rufer in der Wüste.

WPG-Wertung: Aaron: 4 (das Spiel ist mit einem zufälligen Ausgang zu Ende, bevor man ein (Teil-)Wissen über die Karten-Personen-Verteilung erworben hat und ausnutzen kann), Günther: 4, Moritz: 5, Walter: 3 (ein reines Zeit-Totschlagen, und so viel davon habe ich nicht mehr!)

3. “Kameloot”

Eine Art Quartett-Spiel, vollgepackt mit Chaos-Elementen. Das Spiel besteht aus 6 verschiedenen Kartenarten, auf denen die Zahlen 2 bis 7 aufgedruckt sind. Alle Spieler sind zufällig den Fraktionen A oder B zugeteilt. Wer am Zug ist, zieht seine Kartenhand vom verdeckten Stapel auf 4 Karten auf und legt dann beliebig viele davon offen in eine seiner Sammlungen. Eine Sammlung ist vollständig, wenn sie – abhängig von der Kartenart – aus 2, 3 … oder 7 Karten besteht.

Besonderheit 1: Es zählen nicht nur die Karten in den eigenen Sammlungen, sondern auch die in denen der Mitspieler, die zur gleichen Fraktion gehören. Es bringt also nichts ein, 5 wunderschöne 6er Karten in seine Sammlung zu legen und auf die erfüllende 6te zu warten: wenn ein Mitspieler diese Karte auf der Hand hat und sie zeitlich vor uns auslegt, wird die Sammlung vollständig und gehört dem Mitspieler, also dem, er als letztes eine oder mehrere zugehörige Karten auslegen konnte.

Besonderheit 2: Die Karten in einer vollständigen Sammlung zählen als Siegpunkte. Allerdings gehören sie nicht dem, der sie vervollständigt hat, auch nicht anteilig entsprechend den beigesteuerten Karten, sondern sie werden einzeln reihum im Uhrzeigersinn unter den Mitspielern der gleichen Fraktion verteilt. Dabei bekommen auch diejenigen Mitspieler etwas ab – genauso viel wie die anderen –, die überhaupt KEINE Karte zu Vervollständigung der Sammlung beigetragen haben. Einziger Vorteil des Vervollständigers: das Verteilen fängt bei ihm an, so dass er mindestens genauso viele Karten bekommt, wie die Mitspieler, und mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit auch (maximal) eine Karte mehr als die Letzten in der Verteilungsrunde.

Alle Karten haben aber noch einen Nebeneffekt, und jeder Spieler kann bei seinem Zug wählen, ob er Karten in seine Sammlungen gibt oder (exklusiv) eine Karte auf den Ablagestapel gibt und stattdessen deren Nebeneffekt ausnützt. Nebeneffekte können sein: Die eigene Fraktion zu wechseln, einen fremden Spieler zu zwingen, die Fraktion zu wechseln, eine seiner Sammlungen mit einer Sammlung eines beliebigen Mitspielers zu tauschen, aus dem Ablagestapel alle Karten einer Kartenart herauszusuchen und in seine Sammlung übernehmen, und dergleichen mehr, was einer linearen Quartett-Sammeltechnik zuwiderläuft.

Wir haben uns keine Gedanken darüber gemacht, wie man das Spiel gut spielt. Ganz sicher kann man taktisch gut oder schlecht ablegen und tauschen; man kann in der Auswahl seiner Sammlungskarten und in der Anzahl der jeweils dort liegenden Karten taktisch vorgehen. Und natürlich kann man beim Nutzen der Nebeneffekte – soweit sie einem das Schicksal in die Hände gegeben hat – geschickt oder weniger geschickt vorgehen. Beim ersten Kennenlernen des Spiels haben wir uns einfach den zufälligen Ereignissen hingegeben und waren öfters gelustet als gefrustet. Das ist doch schon mal ein Pluspunkt für ein Gaudi-Spiel.

Vielleicht steckt im Verteilungsmechanismus ein Bug. Er ist zu gleichförmig. Am Ende hatten 3 von 4 Spielern exakt die gleiche Punktzahl. Da gab es natürlich dreifache Freude, anstatt nur eine bei nur einem Sieger. Aber ist das gut? Wofür soll man sich dann anstrengen, wenn die eingebaute Gleichmacherei hinterher alles wieder nivelliert?

WPG-Wertung: Aaron: 6 (die Gleichmacherei könnte ein Problem sein), Günther: 6 (machte sich Gedanken über eine mögliche Fraktions-Strategie), Moritz: 6 (lockeres Sammelspiel), Walter: 6 (gelungenes Chaos-Spiel, das nicht mehr verlangt und nicht mehr verspricht, als es hergibt).

4. “Bluff”

Endlich mal wieder ein reales Bluff am realen Spieltisch.
Moritz ging mit 4 :2 gegen Günther in das Endspiel. Aber er überschätzte seinen Würfelbecher. Mit seinen Vorgaben 4 mal die Fünf, 2 mal Stern und 3 mal Fünf verlor er jedes Mal einen Würfel.
Im Endspiel 1 : 1 wandte er die überlegene Immer-4-Strategie an. Ausgerechnet gegen Günther, der als Erfinder der Immer-5-Strategie mit deren Schwächen am besten zurechtkommt.

Keine neue WPG-Wertung für ein Super-Spiel.

26.02.2020: Die Macher

1. “Die Macher”
1986 hatte der Großvater von „Die Macher“ das Licht der Welt erblickt, und die Spielerwelt war überfordert: so viele geniale neue Erfindungen in einem einzigen Spiel hatte es noch nie gegeben. Aaron lernte 1986 die Mechanismen an einer Flipchart kennen, noch bevor Moskito Spiele die erste professionelle Produktion übernommen hatte. Sein damaliger Eindruck: „Was Autor Herr Schmiel da erklärte, ging in Bezug auf Komplexität weit über alles, was ich jemals in einem Spiel kennengelernt hatte.“ Zehn Jahre später schrieb der legendäre Brian Walker in seinem „Games International“: „’Die Macher’ ist in Bezug auf die Spielmechanismen unbestreitbar eines der raffiniertesten Spiele auf dem Weltmarkt“.

Milo sucht ein Land für sein Schattenkabinett

1997 – die geographische und politische Landschaft in Deutschland hatte sich geändert – kam bei HiG der Vater heraus. Mit welchem finanziellen Erfolg sei dahingestellt; Qualität und Verkaufszahlen in der Kunst waren ja noch nicht sehr eng miteinander korreliert. Jedenfalls verzichtete HiG auf eine weitere Generation und VAlley Games aus Kanada wurde 2006 der Geburtshelfer für das Kind dieser Adelsfamilie. Und letztes Jahr erschien bei Spielworxx  der Enkel. Alles immer noch reinrassig aus den Genen von Karl-Heinz Schmiel hervorgegangen.

Das Thema des Spiel ist das Gehabe in und um die politischen Parteien in Deutschland, bei vier sequentiellen Wahlen in verschiedenen Bundesländern als Bester abzuschneiden. Zu sieben vorgegebenen Themen (Bildung, Digitalisierung, Gentechnik, Innere Sicherheit, Soziales, Umwelt und Verkehr) gibt es je Bundesland eine öffentlich bekannte Volksmeinung im Schwarz-Weiß-Raster: das Volk ist also entweder dafür oder dagegen. In jedem Bundesland kann diese Meinung anders sein. Jede Parteien hat zu vier dieser Themen eine Parteimeinung, im gleichen Schwarz-Weiß-Raster. Um Wahlen zu gewinnen, braucht die Partei eine möglichst hohe Übereinstimmung zwischen Partei- und Volksmeinung. Dazu gibt es, wie im richtigen Leben, die beiden Möglichkeiten, nämlich das Parteiprogramm zu ändern oder die Volksmeinung.

Jeder Spieler kann pro Spielzug grundsätzlich zu zwei Themen die Meinung der von ihm geführten Partei ändern. Installiert er für teures Geld einen Fraktionsvorsitzenden, kann er auch noch zu einem dritten Thema die Parteimeinung ändern.

An die Volksmeinung kommt man via Medien heran. Hat man in einem Bundesland eine relative Mehrheit an den Medien erworben, kann man zu einem Thema die Volksmeinung ändern. Natürlich versuchen die anderen Parteien mit Energie eine solche Medienmehrheit zu verhindern, vor allem wenn die Gegenpartei sich politisch erheblich unterscheidet. Bei Gleichstand gibt es keine Mehrheit. Aber mit dem – versteigerten – Startspielervorteil und mit Hilfe eines installierten Pressesprechers oder Generalsekretärs im Schattenkabinett kann man hier der Konkurrenz unliebsame Überraschungen bereiten.

Die Anzahl von Wahlveranstaltungen, die eine Partei abhält, hat einen beträchtlichen Einfluss auf die Stimmen, die sie bei den Wahlen bekommt hat. Diese Veranstaltungen kosten aber Geld. Alles in „Die Macher“ kostet Geld, und mit der Summe, die zu Spielbeginn ausgezahlt wird, und mit den Beträgen, die Runde für Runde zusätzlich ausgeschüttet werden, kann man lange nicht alles das bezahlen, was wünschenswert wäre. Dazu gehören auch Umfragen, die reihum versteigert werden, und deren Ergebnis den „Trend“ einer Partei fördern oder beeinträchtigen. Bei schlechten Ergebnissen für eine Partei kann man eine Umfrage auch lediglich deshalb ersteigern, um sie unter den Tisch fallen zu lassen und den negativen Einfluss auf den Parteitrend zu verhindern.

So werden reihum in den vier Bundesländern die Wahlen abgehalten. Die erzielten Stimmen bringen Punkte und – früher oder später – Geld; die Wahlsieger, vor allem bei Anteilen von über 50 Stimmen, erhalten auch noch erkleckliche Siegpunkte.

In den Beispielen der Spielanleitung gewinnt „die Linke“ mittels exakter Übereinstimmung von Partei- und Volksmeinung. Kann man daraus etwas über die Vorliebe des Autos ablesen? Bei uns gewann die FDP (gelb, na klar, der Günther) u.a. mittels großen Engagements in Umfragen und durch starke Medienbeeinflussung. Aber das waren wohl eher gute Spielzüge als politische Überzeugung.

Moritz hatte gleich zu Beginn ein Mitglied seines Schattenkabinetts irrtümlich falsch eingesetzt – ihm fehlte nach der Inthronisierung seines Pressesprechers das nötige Kleingeld, um hinterher auch noch den Medienvertreter der Gegenpartei herauszukicken -, ein Fehler, den ihn Walter nach dem Aufdecken und der Teilauswertung der übrigen Schattenkabinette nicht korrigieren ließ. Das warf ihn weit zurück und ließ seine Lorbeeren Trauer tragen. Dafür konnte er sich damit trösten, dass sein 12-jähriger Milo mit kluger Dominanz in Bayern nur von Günthers FDP knapp geschlagen worden war.

WPG-Wertung: Günther: 8 (bleibt, nicht mehr Punkte, weil der „Schmetterlingseffekt“ [eine einzige Einheit Differenz kann bei vielen Aktionen gewaltige Auswirkungen haben] zu groß ist), Milo: 9 (alle Aktionen einschließlich der Geldwirtschaft sind cool, ebenso die Interaktion, weil jeder jedem jederzeit an den Wagen fahren kann), Moritz: 9 (bleibt, es ist ein Klassiker, einen Punkt-Abzug wegen fast nicht nennenswerter Kleinigkeiten und wegen des starken Shifts), Walter: 8 (eigentlich ein 10 Punkte Spiel, doch die Zufallseffekte und das Mitspielerchaos beim blinden Bieten um den Startspieler sowie beim Versteigern der Umfragen mit unvorhersehbaren Umfrageergebnissen und ihren Effekten, sind zu krass für dieses überwältigende Planspiel).

2. “Bluff”
Nach der harten, dreistündigen Auseinandersetzung in der Politik waren alle mit „Bluff“, dem idealsten aller Absackerspiele, zufrieden. Seit über einem halben Jahr nicht mehr gespielt. Das letzte Mal, als Willi bei uns zu Gast war.

Im Endspiel 1:1 Moritz gegen Walter versuchte es Ersterer mit der Immer-4-Strategie. Man muss solche Strategien aber nicht nur in der Theorie kennen, man muss sie auch in der Praxis richtig anzuwenden verstehen. Das Ergebnis war für ihn aber weniger peinlich als für Günther, der mit seinem Setzen auf „5 mal Stern“ gleich alle seine (restlichen) 4 Würfel abgeben musste.

Keine neue WPG-Wertung für ein Super-Spiel.

31.07.2019: Belebung mit Willi

Willi aus dem mittleren Norden hat uns mal wieder beehrt. Allein von seiner menschlich-spielerischen Natur her wird es immer locker und lustig, wenn er dabei ist. (Sonst meist ja auch.) Mit seinem Spiele-Repertoire kann er es mit den größten unserer Giganten aufnehmen, mit seiner Spieleerfahrung auch. Und mit Charme und Witz ebenfalls. Schön, dass Du da warst, Willi!

1. “Sherlock – Verbleib unbekannt”
Wir lösen alle zusammen und kooperativ einen Kriminalfall. Was vorgefallen ist, davon wissen wir am Anfang überhaupt nichts. Wir bekommen so nach und nach Informationsfetzen in Form von bedruckten Kärtchen zugeteilt, aus denen wir uns das Gesamt-Geschehen zusammenreimen müssen. Beispielsweise:
„Anton verprügelt regelmäßig seine Frau Berta.“
„Berta hat sich letzte Woche mit einem Anwalt getroffen.“
Daraus könnte man schließen, dass Berta sich scheiden lassen will. Vielleicht war sie sogar das Mordopfer …

Jeder hält eigene Informationskärtchen (jeweils drei davon) auf der Hand. Darüber kann er, ohne das konkrete Wording des Kärtchens zu benutzen, beliebig viel seinen Mitspielern erzählen. Über Wert und Unwert dieser Information dürfen sie beliebig lange diskutieren. Diese Diskussion kommt sofort in Gange, ist lebhaft und ausschließlich konstruktiv; ein schöner und voll gelungener Teil des Spiels. Danach legt reihum jeder Spieler jeweils ein Kärtchen aus der Hand ab, und zwar entweder offen auf die öffentliche Ablage mit den (vermeintlich) entscheidenden Informationen oder verdeckt auf den Stapel mit den irrelevanten Informationen.

Wenn alle Karten abgelegt wurden, werden an alle Mitspieler gemeinsam 10 Fragen zum konkreten Kriminalfall gestellt. Z.B. ist der Aufenthalt von Berta: a) in der Küche b) im Wald c) unbekannt d) irrelevant. Über die Antworten darf beliebig diskutiert werden. Sämtliche Informationen auf sämtlichen Informationskärtchen stehen zur Verfügung. Für jede richtig beantwortete Frage gibt es Siegpunkte. Für jedes – falsch platzierte – irrelevante Kärtchen auf der offenen Ablage gibt es Punktabzüge. Hinterher sind wir alle Meisterdetektive oder auch nur kleine Sherlock-Fische. Der Fall ist allerdings perdu. Die Karten können entsorgt (oder verschenkt) werden.

WPG-Wertung: Günther: 7 (vom Prinzip her lustig), Moritz: 8 (das Spiel ist gut, weil es keinen Zeitdruck kennt, kommunikativ ist, nicht kompliziert; jeder kommt sofort hinein, jeder trägt etwas bei, und keiner kann die Boss-Funktion an sich reißen), Willi: 8 (kurzweilig ohne störenden Leader-Effekt), Walter: 7 (konstruktive, freie Diskussion; bei uns zum Warming-Up gut geeignet; hinterher muss man sich allerdings am Feuer wärmen, das mit den Karten genährt wird).

Indizien – Willi hinter Sichtschirm

2. “13 Indizien”

Gleich noch ein Deduktionsspiel. Diesmal aber kompetitiv. Über Sichtschirme geregelt besitzt jeder Spieler zwei Karten, die nur er kennt, und drei Karten, die er selber nicht nicht kennt, aber alle anderen. Auf den Karten sind Personen (männlich/weiblich), Lokalitäten (innen/außen) und Tatwaffen (für Nah- oder Fern-Einsatz) abgebildet, verschiedentlich eingefärbt. Durch geschicktes Fragen und richtiges Schlüsse daraus ziehen muss jeder Spieler nun herausfinden, welches die drei Karten vor seinem Sichtschirm sind, die er nicht kennt.

Die Fragen sind alle nach dem Muster:
Hallo Günther, wie viele Männer siehst Du? Wie viele Personen siehst Du? Wie viele Fernwaffen siehst Du? Wie viele rote Karten siehst Du? Andere Fragestellungen sind uns nicht eingefallen, vielleicht gib es auch keine anderen, oder sie wären nicht zulässig gewesen.

Moritz hat gewonnen.

Indizien – Wer hat sich hier Notizen gemacht?

WPG-Wertung: Günther: 5 (übliche logische Deduktion), Moritz: 6 (ganz OK, haut mich aber nicht um; das Spiel funktioniert, hat vom Design her aber nicht das Rad neu erfunden), Willi 7 (wunderbar kurz, man ist immer beschäftigt, der Geist ist immer in Bewegung, man vertut sich beim Antworten – fast – nie. Im Deduktionsbereich das Beste, was es gibt), Walter: 6 (Der Fragen-Typ ist sehr konform und enthält keinen besonderen Esprit, das muss aber nicht einmal ein Nachteil sein).

3. “Kensington”

Auf einem öffentlichen Haufen liegen mit der Rückseite nach oben tetris-artiger Bauteile aus, daraus soll jeder Spieler für sich den schönsten Kensington-Palast bauen. Auf den Bauteilen sind Fenster aufgedruckt; sie sind gelb oder schwarz, haben eine rechts-links bzw. oben-unten Ausrichtung und natürlich Ecken und Kanten. Jeder Spieler zieht reihum eines der Bauteile aus dem Haufen und baut es, ausgehend von einer Tür, in sein Bauwerk ein. Die Teile müssen farblich zu ihren Nachbarteilen passen und kein Teilstück davon darf in der Luft hängen.

Auch wenn aus Markierungen auf der Rückseite her erkennbar ist, von welchem Typ das Bauteil ist, leicht oder schwer, so ist über Farbe und Orientierung nichts bekannt. Wenn das Bauteil zudem noch etwas tiefer im Haufen liegt und zu einem Teil verdeckt ist, kann es beim Herausziehen noch Überraschungen über die konkrete Länge oder Form des Bauteils geben. Kann ein Spieler ein Bauteil nicht in seiner Baustelle einbauen, muss er es offen in seinem privaten Lager ablegen.

Jeder Mitspieler darf sich anstelle des großen Haufen auch aus den Lagern seiner Mitspieler bedienen, muss dann aber dem ursprünglichen Besitzer einen Chip abgeben. Zu Beginn besitzt jeder Spieler einen einzigen dieser Chips; weitere Chips erhält man beim Einbauen von komplizierten Bauteilen. Diese Chips werden aber im Wesentlichen benötigt, wenn man Dachteile (auf der Rückseite farblich gekennzeichnet) aus dem Bauteil-Haufen ziehen will. Dachteile sind in der Siegpunkt-Wertung am Ende wichtig. Ohne Dach nix los. Jedes Fenster unter einem Dachteil gibt einen Siegpunkt, Fenster ohne Dach gehen leer aus. Weiterhin bringt die Anzahl von verschiedenen Stockwerken, auf denen sich Dachteile befinden, eine arithmetisch steigende Anzahl von Siegpunkten ein. Wenn das Bauwerk komplett überdacht ist, hagelt es noch einmal Siegpunkte. (Nach Willis Hausregeln werden auch Gebäude mit nur einer Lücke im Dach mit Siegpunkten bedacht.) Als tröstliches Schmankerl werden auch die Anzahl von Katzen, die sich – zufällig gezogen – in den Fenstern unseres Palastes befinden, mit Siegpunkten belohnt.

Kensington – Willis Palast

Wie gewinnt man das Spiel? Günther gab die Devise aus: Man muss so bauen, dass man flexibel bezüglich weiterer Einbaumöglichkeiten bleibt und muss dann und wann ein Risiko eingehen und ein komplizierteres Bauteil auswählen. Wie wahr, so einfach! Immerhin konnte er diese Strategie erfolgreich demonstrieren. Und im gleich folgenden zweiten Spiel, nachdem Aaron spät aber doch noch dazugekommen war, setzte sich mit Willi der zweite Kensington-Experte durch.

Das Spiel ist übrigens zu Ende – sudden death – sobald der siebte Vogel unter einem Dach gefunden wurde. Zweifellos ein Handicap für eine konsequente Bauplanung. Und zweifellos ein – unzulässiger – Vorteil für den Startspieler, der im Haufen der Bauteile auch noch den Vorteil des ersten Zugreifens hat.

WPG-Wertung: Aaron: 6 (lockeres Familienspiel, blindes Herumfischen im Haufen der Bauteile), Günther: 6 (zum Warming Up, ein Pluspunkt ist, dass es in einer 5er Runde gut funktioniert), Moritz: 4 (eher zum Warming Down, öde, hohes Glückselement, das zweite Spiel war noch langweiliger als das erste), Willi: 7 (Spaß an den topologischen Überraschungen), Walter: 6 (zum Zeitvertreib mit den Enkelkindern geeignet; ansonsten ist der Spielcharakter wegen der Diskrepanz zwischen Planung und Zufall nicht stimmig).

4. “Bluff”

Seit langem mal wieder ein „Bluff“. In einer 5er Runde immer wieder ein besonderes Erlebnis. Im Endspiel Günther mit zwei gegen Willi mit einem Würfel legte Günther – standesgemäß – 1 mal die Fünf vor. Willi hob auf 2 mal die Drei? Was hättet Ihr an Günthers Stelle getan, wenn Ihr eine Eins und eine Drei unter dem Becher gehabt hättet?

Hatte Günther aber nicht. Willi hat glatt den Sieg verschenkt! Oder hatte er durch seinen Bluff sogar seine rechnerischen Chancen erhöht, seinem Gegner eine (oder zwei) Würfel abzuknöpfen?

Keine neue WPG-Wertung für ein Super-Spiel.

15.05.2019: Bluff über Rätselraten mit Werwölfen

1. “L.A.M.A.”

Günther sollte das Spiel als solches und wir anderen alle seine Warming-Up-Qualitäten kennenlernen. Vor drei Wochen zum ersten Mal bei uns in einer 3er Runde gespielt, konnte es uns trotz seines Mau-Mau-Charakters überzeugen. Selbst Moritz bekannte überrascht: „Doch nicht ganz so schlecht.“

Wie schon an anderer Stelle beschrieben, müssen wir hier unsere Kartenhand Karte für Karten nach einem festgelegten Schema ablegen. Als deutliche Verbesserungen gegenüber Mau-Mau kam uns vor, a) dass man – mit minimalen Strafpunkten in der Hand – vorzeitig passen und b) beim „Ausmachen“ auch wieder erhebliche Strafpunkt abgeben kann.

Natürlich gibt es auch so etwas wie Kartenpflege. (Vorschläge dazu werden angenommen!) Doch in einer Viererrunde zieht das längst nicht mehr so gut. Das Bremsen bzw. Beschleunigen bei der Steigerung der abgelegten Augenzahl verliert erheblich an Effizient. Der Spielausgang liegt mehr oder weniger doch nur im Glück der zufällig ausgeteilten Karten. Aus „deutlichen Verbesserungen“ gegenüber Mau-Mau“ wurden jetzt nur noch „zwei-drei Modifikationen“. Nur Moritz als Sieger konnte stolz verkünden, „ich habe einfach taktisch gespielt“, fand das Spiel hinterher aber doch nur „einfach läppisch“. Unsere Noten wurde alle nach unten korrigiert:

WPG-Wertung: Aaron 6 (statt bisher 7), Günther: 6 (ganz nettes Spielchen, eine mögliche Einordnung als „Spiel des Jahres“ ist allerdings etwas zu hoch gegriffen), Moritz: 3 (so war seine nicht-quantifizierte Einschätzung „doch nicht ganz so schlecht“ vom letzten Mal also zu verstehen), Walter: 5 (statt bisher 6).

2. “One Week Werewolf”

Das Spiel lag schon einmal bei uns auf dem Tisch, doch da hatte Moritz wichtiges Spielmaterial zu Hause vergessen, und er musste es unverrichteter Dinge wieder einpacken. Diesmal war alles dabei und Aaron stimmte ohne rechte Überzeugung zu: „Dann lasst es uns hinter uns bringen.“

Spielmaterial im “Werewolf”

Drei verschiedene Charaktere, böser Werwolf, tricky Gerber und braver Bauer, werden verdeckt unter die Spieler und zwei Dummies aufgeteilt. Alle tragen ihre Charakterzuordnung als Scheibchen mit ihrer jeweiligen Spielfigur herum.

Die Spieler bewegen sich am Tag in einem Gebilde mit fünf Räumen beliebig vorwärts oder rückwärts und führen bei Nacht eine geheime Aktion durch: Vertauschen der Charakter-Scheibchen einer fremden Spielfigur mit der unsrigen oder Ansehen fremder Charakter-Scheiben; beides aber nur, wenn die Figuren mit unserer Figur in einem Raum oder in definierten Nachbarräumen stehen. Natürlich ist es auch sinnvoll, öfters mal wieder die eigene Charakter-Scheibe zu sichten, sie kann ja praktisch in jeder Nacht verändert worden sein.

Bewegung und Nacht-Aktion erfolgt mittels Karten, von denen jeder Spieler einen identischen Satz hat, und die pseudo-wrap-around genutzt werden.

Am Ende des Spiels, nach fünf Runden, sollen die Spieler den Werwolf identifizieren. Jeder deutet gleichzeitig, aber mittels eines langen Palavers abgesprochen, auf den Spieler, den er für den Werwolf hält. Bekam der „richtige“ Werwolf die meisten Stimmen, so hat er verloren; bekam der Gerber die meisten Stimmen, so hat er gewonnen, ansonsten gewinnen die Bauern.

Technische Schwächen im Design:

  1. Wofür brauchen wir extra Karten für die Bewegung, wenn wir in unserer Bewegungsfreiheit ohnehin kaum eingeschränkt sind. Es wäre viel effizienter, ohne Karten einfach beliebig 0 bis 3 Felder zu ziehen zu dürfen.
  2. Das Ausspielen der Karten für die Nachtaktion ist noch bescheuerter: Wir können eine beliebige Karte ausspielen und eine GANZ ANDERE Aktion durchführen. Die ausgespielte Karte ist absolut unrelevant für unsere Aktion. Die stark geäußerte Vermutung, dass hier ein Regel-Missverständnis vorliegen müsse, konnte sich nicht durchsetzen.
  3. Bedenklich: Während eines Zuges sollen die Mitspieler die Augen zu machen und die vom handelnden Spieler durchgeführte Aktion nicht verfolgen. Absichtliches oder unabsichtliches Blinzeln kann niemals ausgeschlossen werden. Genauso wenig kann ausgeschlossen werden, dass der handelnde Spieler mogelt und sich die Charakter-Scheiben aller Spieler anschaut.

Fazit: Aus unbekannten, ungesehenen, fragwürdigen Aktionen unserer Mitspieler sollen wir also herausfinden, unter welcher Spielfigur sich am Ende das Werwolf- und/oder das Loge-Scheibchen befindet. Nicht einmal bei Boardgame-Geeks wurde das für gut befunden.

Das einzige Schöne am Spiel ist die Diskussion nach Ende der fünf Aktionsrunden, wenn die Spieler ihre gemachten Aktionen und die dadurch erzielten Effekte erläutern und auf diese Weise versuchen, das Dunkel des verdeckten Rollenspiels zu lichten. Dabei darf natürlich jeder Spieler beliebig viel lügen. Es gilt also auch noch, aus der Fülle von Aussagen und Schlussfolgerungen die bewussten Irreführungen von ernsthafter Deduktion ahnungsvoll zu unterscheiden.

In dieser Diskussion hielt sich Günther extrem zurück. Seltsamerweise fiel das keinem auf. In der post-mortem Analyse wurde aber klar, dass er der Werwolf gewesen sein musste, denn mit jeder Aussage, die er gemacht hätte, hätte er entweder noch unbekannte Informationen offenlegen oder sich eindeutig als Lügner, und deshalb als Werwolf zu erkennen geben müssen. Günther hatte sich diese Rolle in seiner allerletzten Nacht-Tausch-Aktion zugelegt. Das hätte ohnehin keiner mehr verifizieren können.

Schwerfälliges Hantieren mit Aktionskarten, wahre und unwahre Schlussfolgerungen aus unbekannten Spielzügen und am Ende nochmals eine Alles-oder-Nichts-Lotterie, das ist “Werwolf”. Doch selbst mit solchen Kakoludien wird die Kickstarter-Welle wohl nicht gebrochen.

WPG-Wertung: Aaron: 4 (einschließlich 1 Punkt für das Material), Günther: 3 (darin 1 Minuspunkt für Charakter-Scheiben und 1 Pluspunkt für das restliche Material), Moritz: 4 ([AbN: NUR,] in der jetzigen Form, hofft auf Verbesserung), Walter: 2 (einschließlich 1 Punkt für das Material).

3. “UNLOCK!”

Rätselraten in “UNLOCK!”

Wir sollen gemeinsam eine umfangreichen Rätselaufgabe lösen. Auf Zahlenkarten mit Bildern (sekundär) stehen „interne“ Zahlen, meist klar sichtbar, manchmal aber auch extrem versteckt, klein, und von der Untergrundfarbe kaum zu unterscheiden. Diese „internen“ Zahlen erlauben, das Aufdecken weiterer Zahlenkarten. Die Zahlen von roten oder blauen Karten sollen – anhand der aufgedruckten Bilder passend – kombiniert werden und erlauben ebenfalls das Aufdecken weiterer Zahlenkarten. Zuweilen muss auch ein Bilderrätsel gelöst werden, das – in die zugehörige Applikation eingegeben – ebenfalls Zahlenkarten freigibt. Und wenn man alles richtig gefunden und gelöst hat, ist man am Ziel und wir haben alle gemeinsam gewonnen. Wobei aber noch eine Uhr mitläuft, und wenn die Zeit abgelaufen ist, bevor wir fertig sind, haben wir halt alle verloren.

Wir operierten die Anfängerversion mit optionaler Hilfestellung. Oft genug hielten wir die Zeit an, weil für unsere geballte Intelligenz die 1 Stunde Lösungszeit ohnehin viel zu kurz war. Tröstliche Erkenntnis: „Bis jetzt haben wir nur gute Augen, aber keinen Verstand gebraucht“, und schlechte Augen sind weitaus leichter zuzugeben als ein beschränkter Verstand.

Schlussendlich fanden wir wortwörtlich nicht „die Nadel im Heuhaufen“ (Hinweis der Hilfestellung). Auf einer der Zahlenkarten gab es braun in braun eine ländliche Szene mit auch irgendwo einem Heuhaufen und in einer Ecke des Heuhaufens gab es mittelbraun in hellbraun eine winzige 25! Das war die Erlaubnis, die Zahlenkarte 25 mit dem Heuhaufen aufzudecken, der die Luftballons zum Platzen brachte, mit dem die stinkende Rohrleitung verstopft wurde, so dass sich die Maus die Schnorchelbrille aufsetzen und im Milcheimer untertauchen durfte.

WPG-Wertung: Aaron: 3 (mein Ding ist es nicht, die Story ist unlustig, die Rätsel sind unlogisch, die Sucherei nach klein geschriebenen und versteckten Zahlen passt überhaupt nicht dazu), Günther: 4 (bin mir unklar, was ich von diesem Spiel-Prinzip erwarten darf), Moritz: 3, Walter: 3 (das Schönste daran war, meine Westpark-Gamers bei der Sucherei und Raterei zu beobachten; das Lösen von solchen künstlichen, von Menschen erfundenen Aufgabenstellungen hat bei mir ohnehin eine sehr geringe Priorität. Die Natur bietet so viele verborgene Rätsel, deren Entschlüsselung um Größenordnungen schöner ist).

4. “Bluff”

Nach einem ganzen Jahr Bluff-Enthaltsamkeit wollten wir mit diesem Absacker dann doch noch einen spielerisch befriedigenden Abschluss des Spielabends erreichen. Mit Erfolg, Bluff hat einfach alles, was ein großes Spiel benötigt.

Walter gewann den ersten Durchgang, Moritz wurde Letzter. Moritz gewann den zweiten Durchgang, Walter wurde Letzter. Bluff ist über allem auch noch ein reines Glücksspiel!

Keine neue WPG-Wertung für ein Super-Spiel.

16.10.2013: Götter und Gelehrte

Alle Schaltjahre schaut der Millionenspieler Michael Andersch mal bei uns am Westpark vorbei. Heute war es wieder soweit.

Seine Einschätzung zum Trend auf dem Spielemarkt:

  • Es gibt mehr Kooperationsspiele als früher.
  • Crowd Funding bringt einschneidende Bewegungen in die Spiele-Herstellung. Allerdings kann er diesem neuen Markt-Verfahren überhaupt nichts abgewinnen. Er hat in diesem Genre noch kein einziges Spiel gefunden, das ihn überzeut hat. (Wir übrigens auch noch nicht.) Nicht umsonst haben die Götter vor den Preis den Schweiß gesetzt.

1. “Numeris Romanis”
Aarons Drei-Wochen-Embyro zur Einstimmung. Wir würfeln mit altrömischen Ziffern neurömische Zahlen und müssen dabei vorgegebene Zielwerte erreichen.

Die Verblüffung über das einfache und eigentlich jeden Berufs-Kniffler überzeugen müssende Prinzip hat nachgelassen. Wir warten noch auf den entscheidenen Kick, der dieser Spielidee in bezug auf Spannung, Variabilität, Spielwitz und Nachhaltigkeit zum Durchbruch verhilft.

Noch keine WPG-Wertung.

2. “Noblemen”
Die erste Freude am Spiel entsteht beim Zusammenstecken der Sichtschirme. Peter forderte Aaron auf, bei seinen Spielen auch mal etwas zu Stecken zu erfinden. Hier bleibt Aaron aber lieber beim Altbewährten. Peters Rat, den oberen Querstab doch besser hinten rein zu stecken, weil man da tiefer komme, wurde hingegen gerne angenommen. Adel verpflichtet.

In einem sehr vielseitigen Entwicklungsspiel erweitern wir unseren Grundbesitz an Feld, Wald und Wiese, bauen Burgen, Schlösser und Kapellen, reißen uns die Königin unter den Nagel, treiben Steuern ein und stiften der Kirche, um aus all diesen Aktivitäten zu mehr Geld, mehr Immobilien, mehr Prestige und finalmente zu mehr Siegpunkten zu kommen.

Michael durfte Peter das Spiel erklären. Ruhig, überlegen, gekonnt. Er ist halt ein Profi und „Noblemen“ ist eines seiner (vielen) Lieblingsspiele. Das Spiel ist ein Kampf gegen die vielfältigen eigenen Engpässe an Entwicklungsresourcen; doch wenn man die Linien erkannt hat, wird aus dem Darben schnell ein Schwelgen.

Michael zog auch siegpunktemäßig gleich allen davon. Schnell eine Wiese angelegt, Burg und Kirche gebaut, die Königin becirct (ständig), die Grundstücke so geformt, dass sich keine fremden Ritter darauf tummeln konnten, umgekehrt aber seine Ritter schnell auf die Kirschbäume in Nachbars Garten gescheucht. Seine 81 Siegpunkte gegenüber den 65 von Günther und Peter – von Aaron und Walter ganz zu schweigen – kamen schon fast einer Deklassierung gleich.

Das Ritter-Prinzip wurde als nach allgemeinem Empfinden als negatives Spielelement („Designfehler“!) eingestuft:

  • Der Ritter schadet einem willkürlich wählbaren Mitspieler.
  • Ein Hintermann profitiert von den Spielfehlern seines Vorgängers; die anderen Mitspieler sind gegenüber diesen unverdienten Profiten machtlos.

WPG-Wertung: Zum bisherigen guten Durchschnitt von 8 Punkten vergaben Michael 9 und Peter 7 Punkte (weniger Zufallseffekte wären ihm lieber).

Gelehrtendiskussion
Nach jeder Dekade erhält jeder Spieler eine „Skandalkarte“. Er nimmt sich dazu drei Karten vom Stapel, wählt davon eine aus und gibt die anderen zurück. Frage: Unterscheidet sich die Auswahl an Skandalkarten, unter denen jeder Spieler wählen darf, wenn man

  1. die zurückgelegen Skandalkarten vom Vorgänger zur Seite legt, oder
  2. die zurückgelegen Skandalkarten vom Vorgänger in den Reststapel wieder einmischt?

Anachronistisch
Wer eine Kapelle baut, erhält zur Belohnung ebenfalls eine Skandalkarte! Hört, hört! Der Autor Dwight Sullivan hat während der Entwicklung von „Nobleman“ garantiert noch nix von Limburg und Tebartz-van-Elst gewußt!

3. “Tutanchamun”

Michael und Peter beim Tutanchamun
Michael und Peter beim Tutanchamun

Was spielen wir als nächstes? Michael war für Aarons „Yunnan“. Er wollte das Spiel nicht erst auf der Spielermesse in Essen kennenlernen. Doch Peters Mienen legten ein Veto ein. Er geht bei der Spielauswahl die wenigsten Kompromisse ein. Und seine Mienen besitzen ein erhebliches Gewicht bei der Entscheidungsfindung – nicht nur wegen der Seltenheit, mit der er in den letzten Jahren am Westpark erscheint.

So durfte Günther die wohlerhaltenen Knochen von „Tutanchamun“ auftischen, ein Knizia-Spiel, das vor ca. dreitausend Spieljahren auf der Auswahlliste zum „Spiel des Jahre 1993“ stand. Ziemlich genau vor 10 Jahren hat unser Hans seine erste Rezension verfasst – über „Tutanchamun“.

69 „Schatzkärtchen mit verschiedenen Schatzarten“ liegen in einer langen Schlange auf dem Tisch. Die Spieler müssen diese Schlangen-Strecke einmal von vorne bis hinten durchlaufen. Jeder darf so schnell – soviele Schatzkärtchenschritte – vorwärts gehen, wie er will, rückwärtsgehen ist nicht erlaubt. Das Kärtchen, bei dem er einen Stop einlegt, gehört ihm. Sobald das letzte Kärtchen einer Schatzart aufgenommen wurde, gibt es Punkte für die Mehrheiten daran.

Spielende ist, wenn entweder alle Schätzkärtchen aufgenommen wurden, oder wenn ein Spieler die geforderte Summe an Siegpunkten beisammen hat.

Peter versuchte schnell zu punkten, um die zweite Endbedingungen zu schaffen, doch ein bis zwei Punkte vor dem Ziel verließen ihn seine Kräfte. Michael verlegte sich auf hochwertige Schätzkärtchen, unterschätzte dabei aber ihre Verteilung innerhalb der Schlange: Drei von acht Kärtchen seines „Pharaonenklaviers“ lagen ganz am Ende der Strecke, sie wurden nicht mehr gewertet! Da hatte er einem Menge Ambitionen in ein gewichtiges Objekt investiert, das aber keine einzigen Tropfen Milch und Honig gab.

WPG-Wertung: Aaron: 6 (bleibt), Günther: 8 (bleibt), Michael: 4 (doofes Gelatsche. Objektiv ist das Spiel besser als es meine subjektive Punktevergabe aussagt), Peter: 6 (bleibt), Walter: 7 (ein Punkt mehr als bisher. Honorar für die kurze Spieldauer angesichtes der zu erwartenden Restlebenszeit).

4. “Bluff”
Michael gelang es, Moritzens schon einmal vor Jahren praktiziertes Kunststück zu wiederholen, auf Anhieb fünf Sterne zu erwürfeln. Problemlos konnte er damit mit einem Schlag unseren Günther rauskicken. Nachdem er sich auch gegen die drei anderen Westparker schadlos durchsetzen und mit fünf jungfräulichen Würfeln trimphieren konnte, gab es zunächst betretene Mienen am Westpark.
Eintagsfliege! Über sein Abschneiden im zweiten Durchgang schweigt des Sängers Höflichkeit. Die Welt war wieder in Ordnung.

Nach Michaels sorgsam geführter Statistik über alle gespielten Spiele, alle Sieger und alle Resultate konnte er den zwingenden strategischen Charakter von Bluff einwandfrei nachweisen: Bei insgesamt fünf Durchgängen hatte jeder einmal gewonnen.

Keine neue WPG-Wertung für ein Super-Spiel.

24.04.2013: Desaster, Debakel, Prügel

Wir sehen uns im Finale.
“Wir sehen uns im Finale!” – “Bei Dir oder bei mir?”

Munich était simplement meilleur. «Il faut féliciter le Bayern. Ils ont été très forts, très physiques.»
El fútbol va por un camino diferente, el que ahora simboliza el Bayern, un equipo poderoso físicamente, muy bien organizado tácticamente, lleno de matices técnicos y recursos, muy científico, inmisericorde con los rivales que desfallecen progresivamente como el Barcelona.
Una debacle como la que sepultó al ‘Dream Team’
Hacía casi 20 años que el club azulgrana no recibía una goleada de estas magnitudes en Liga de Campeones.

Juegan en 3D. Corren en 3D. Definen en 3D. Al Bayern Munich se lo ve en otra dimensión.
“Barcelona heeft Europa de afgelopen vijf jaar gedomineerd. We kunnen er trots op zijn dat we ze op deze manier hebben verslagen.”
Szenzációs Bayern-győzelem a Barcelona ellen.

Man muss kein großer Sprachenkenner sein, um die Schlüsselwörter in diesen Sätzen zu erkennen und damit ein Gefühl für die darin enthaltenen Aussagen zu bekommen. Aber man muss ein Bayern-Fan sein, um sich diese Wörter auf der Zunge zergehen zu lassen und ihren Sinn ausgiebig zu genießen.

1. “Yunnan”
Aaron wollte die Korrektur des vorletzten Bugs in seiner Spielentwicklung testen. Wie soll es gehandhabt werden, wenn ein Spieler im Auktionsprozess für mehr Geld bietet als er besitzt? Hart bestrafen, so dass dieses Vergehen in jedem Fall den Sieg kostet? Oder nur einen milden Ausgleich dafür verlangen, so dass dieses Vorgegen als taktische Option offenbleibt? Der Argentum-Verlag wird entscheiden. Hoffentlich im Einvernehmen mit dem Autor.

Aaron hatte versehentlich nur für vier Spieler das Spielmaterial mitgebracht, und sein Test wäre schon fast wieder in der Schublade gelandet. Doch es gibt natürlich Ersatz. Hättet Ihr sofort gewusst, in welchen Spielen ein adäquates Ersatzmaterial vorhanden ist? Zielgerichtet (!) mussten wir immerhin vier Spiele plündern, („Euphrat und Tigris“, „La Cittá“, „Trans Europa“ und „Viva Java“), um alle Marker, Pöppel, Brücken, Teehäuser und Tempel beisammen zu haben.

Der Spielverlauf ähnelt einem Radrennen. Alle versuchen sich in die besten Positionen zu lavieren, um dann plötzlich in den Endspurt auszubrechen und hoffen, von den Verfolgern nicht mehr eingeholt zu werden. Günther lief diesmal als erster los, er hatte aber das notwendige Potential noch nicht beisammen und verlor beim Nachfassen wertvolle Punkte. Außerdem mußte er sich in den Niederungen des Himalaya mit zuviel Konkurrenz herumschlagen. Peter hatte sich die größte Reichweite zugelegt und konnte konkurrenzlos die fettesten Weiden im tibetanischen Hochland abgrasen. Mit den dabei noch zusätzlich eingeheimsten Gastgeschenken (die französischen Tester waren von der „cadeaux“-Idee ganz begeistert) reichte es zum Sieg.

Obwohl „Yunnan“ ohne Zufallselemente auskommt, verläuft jedes Spiel anders. Es gibt keine erkennbare Gewinnstrategie. Sie würde durch die zahlreichen Einwirkungsmöglichkeiten der Mitspieler auch sofort sabotiert werden können.

Im Nachspann diskutierten wir hierzu eine grundsätzliche Frage: Ein Spieler, der sich mehr „Einfluß“ zugelegt hat, kann einen schwächeren Mitspieler auf der Tee- und Pferderoute von einem lukrativen Platz verdrängen. Falls mehrere schwächere Spieler zum Verdrängen bereitstehen, sollte der Einflußreiche dann willkürlich einen beliebigen Spieler verdrängen dürfen oder sollte dies nach genau definierten Regel über Einfluß und Zugprioriäten fest vorgegeben sein?

Aaron plädierte für Freiheitsgrad und Willkür. Damit kann sich ein Spieler auch in den hinteren Rängen noch relative Platzvorteile erarbeiten. Walter war strikt dagegen. Erstens ist es ein Kingmaker-Element, dem er schon grundsätzlich ablehnend gegenübersteht und zweitens kostet es unnötig Zeit, beim Verdrängen auch noch den optimalen Gegner herauszusuchen. Und es kostet beim Plazieren seiner Händler deutlich mehr Zeit, die viele Unwägbarkeiten und Risiken des subjektiven Verdrängtwerdens abzuschätzen. Kein einheitliches Meinungsbild. Walter drohte mit 2 Wertungspunkten Abzug, falls das Kingmaker-Element in der Endfassung erhalten bleiben sollte.

Noch keine WPG-Wertung für ein Spiel in der Entstehungsphase.

2. “Ein solches Ding”
Peter freute sich schon auf eine lange Bluff-Session, aber es war noch viel zu früh am Abend. Im Repertoire am Westpark suchte er ein Füller-Spiel.

„”Ein solches Ding”“ ist kein richtiges Spiel, eher eine Unterhaltung. Die man zudem noch ganz locker angehen muss, was am Westpark in der Regel nicht gewährleistet ist. Es wird ein Begriff gesucht, der zu einer steigende Anzahl sehr vager Umschreibungen paßt, z.B. „Gehört zu einem richtigen Rummelplatz“ + „Würde – wenn es jetzt hier auftauchte – grosse Heiterkeit erregen“ + „Hat Haare (Borsten, Zotten) und doch keine Zähne“ . Gilt das alles z.B: für eine Damenunterhose? (Herzliche Grüße an Susanne!)

Strittige Punkte werden nicht nach Lexikon oder via Recherchen im Internet entschieden, sondern durch demokratische Abstimmung unter den Spielern. Subjektivität und Miesnickeligkeit sind Tor und Tür geöffnet. Wir verzichteten bereits vor dem ersten Durchgang auf das Spiel.

Die WPG-Wertung liegt bei knapp 6 Punkten.

3. “Linq”
Noch so eine Art Unterhaltungsspielchen.

Je zwei Mitspieler bekommen geheim den gleichen Begriff zugeteilt und müssen dazu assoziierende Worte nennen, so dass sich die Partner finden, die anderen Spieler aber nicht so leicht erkennen können, wer zusammengehört. Wem z.B. der Begriff „Reifen“ zugeteilt ist, kann versuchen, sich mit dem Wort „Auto“ erkennen geben. Beim Stichwort „Bordeaux“ muss der Partner schon ein Dégustateur sein, um die gemeinsame „Reife“ zu erkennen. Ein bayerischer Krustenbratler hätte damit unüberwindliche Schwierigkeiten. (Hatte er auch!)

Welches Wort war wohl Aaron zugeteilt worden, für das er sich mit den Begriffen „Opferabo“ und „Fliesenleger“ zu erkennen geben wollte? Nicht nur für seine Partnerin Loredana war es zu schwer. Es handelte sich um „Wetter“. Eine Frage an die findige Spielergemeinde: Welches Wort, oder besser, welchen Namen hat Aaron mit seinem Suchbegriff assoziiert? Der erste Einsender (als Kommentar auf unserer Seite) erhält eine Flasche Wein.

Loredana, die die deutsche Sprache perfekt beherrscht, zeigte überraschenderweise Schwierigkeiten mit deutschen Wortverbindungen. „Papier“ bringt sind nicht so selbstverständlich mit „Tiger“ zusammen wie ein Eingeborener. Dann gab es sogar ein Wort, bei dem sie passen musste, weil sie es gar nicht kannte: „Floh“! Pulex simplex. Sie kannte das Wort nur in der Mehrzahl „Flöhe“. Daraus wollen wir aber bitte keine voreiligen Schlüsse für ihr Herkunftsland ziehen.

Die WPG-Wertung liegt bei knapp 7,3 Punkten.

4. “Bluff”
Keine besonderen Vorkommnisse. Peter verlor beim Anzweifeln von 5 mal der Stern alle seine Würfel. Und noch einen mehr. Es gab insgesamt 11 Sterne unter den 25 Würfeln.

Aaron gewann das Endspiel gegen Walter und Peter behauptete, dies sei Aarons erster Sieg bei „Bluff“ gewesen. Dabei hat Moritz schon vor über zehn Jahren Aarons ersten Bluff-Sieg in einem Spielbericht gebührend erwähnt.

Die Anmerkungen zu Bluff in unserem Session-Report stellen nur einen winzigen Ausschnitt der genussvollen Beschäftigung mit diesem Spiel dar. Peter verlangte eine vollständige Aufzählung aller Sieger. Doch das geht entschieden zu weit.

Keine neue WPG-Wertung für ein Super-Spiel.

27.03.2013: Ora et Formica

Zu der Zeit kam eine große Teuerung über das ganze Land. Eine Weile hielt das Volk geduldig aus; als aber kein Ende war, sannen sie darauf, wie sie sich dagegen helfen könnten, und erfanden allerlei Mittel. Und so wurde um diese Zeit das Würfelspiel, das Knöchelspiel, das Ballspiel und alle anderen Arten von Spielen erfunden, mit der Ausnahme des Brettspiels [; denn dessen Erfindung halten sich die Lyder nicht zugute.] Mit diesen Spielen erwehrten sie sich des Hungers, indem sie an einem Tag spielten, um ihre Eßlust vergessen zu machen, am anderen aßen sie aber und ließen das Spiel und erhielten sich auf diese Weise achtzehn Jahre am Leben. (Diese Geschichte ist kein verfrühter Aprilscherz. Herodot, um 450 v. Chr, erzählt sie in seinen Historien, lange bevor der 1. April erfunden wurde.)

1. “Myrmes”

Myrmes: Nach 3 Stunden Spielzeit sind die Vorratsschüsseln alle leer
Myrmes: Nach 3 Stunden Spielzeit sind die Vorratsschüsseln alle leer
Die Humanisten finden im Namen etwas von Achilles und seinem Ameisenvolk, den Myrmidonen. Ystari hat ein „Y“ darin gefunden und das reichte ihm für seine traditionelle Namensgebung. Wir spielen im Ameisen-Millieu und lassen unsere Ammen tanzen. Sie erzeugen Larven, Arbeiter, Soldaten und neue Ammen, graben Ausgänge aus unserem Ameisenhaufen, lassen uns auf der Entwicklungsleiter zu verbesserten Zugoptionen voranschreiten und setzen unser Besitztum in das Gros der zu erzeugenden Punkte um. Die Arbeiter-Ameisen graben die Erde um (zum Einsammeln von Sand, Erde, und Nahrung, aber auch ein paar Siegpunkte können dabei herausspringen), die Soldaten-Ameisen töten herumkrabbelnde Insekten und liefern sie als Nahrung und Siegpunkte nach Hause).
Eigentlich liefern sie die Früchte ihrer Arbeit nicht selber ab: nach jedem Beutemord hauchen sie ihr eigenes Ameisenleben aus. Das Spiel ist ein ständiges Erzeugen und Opfern von Arbeitern und Soldaten, die jeweils nur eine einzige Lebensaufgaben erfüllen, um dann wieder für die nächste Reinkarnation zur Verfügung zu stehen.
Nur die Ammen besitzen ein ewiges Leben. Neue Ammen können aber nicht direkt erzeugt werden, sonst wären die ersten optimalen Spielzüge ziemlich trivial. Man muss den Umweg über Arbeiter und Soldaten und deren Werkeln in der Außenwelt wählen, um sie zu vermehren.
Damit noch etwas mehr Variablität in die große Schöpfung des Ameisendaseins gerät, gibt es Würfel, mit denen die Effekte der einzelnen Spielzüge (Erzeugung neuer Ameisenwesen etc.) verbessert werden können. Die Würfel werden zu Beginn jedes der drei „Spieljahre“ geworfen und gelten für alle Spieler. Allerdings kann jeder Spieler durch Einsatz von Larven das Würfelergebnis zu seinen Gunsten modifizieren. Wenn z.B. für eine Jahreszeit eine Vier gilt, mit der standardmäßig die Bewegungsfreiheit der Arbeiter erweitert wird, kann man ein Larve opfern und damit aus der Vier eine Fünf machen, womit sich bei der Erzeugung von Ameisensoldaten die Geburtenrate erhöht. Da früher oder später im Prinzip reichlich Larven vorhanden sind, werden die Unbilden schlechter Würfel weitgehend eliminiert; dafür werden dadurch die Möglichkeiten planerischen Vorgehens weiterhin erhöht.
Kein Wunder, dass in Essen die Spielergemeine wie paralysiert vor dem Spielbrett saß: Kein Peil für durchschlagend beste nächste Züge. Deshalb verzichtete Aaron vorsichtshalber auf einen Kauf. Günther aber ließ sich nicht abschrecken. Dafür hat schon allein der Name Ystari bei uns einen zu guten Klang.
Günther plädierte in seiner Regel-Einführung für ein „nicht-denkerisches“ Vorgehen, also ein schnelles Spielen aus dem Bauch heraus, um die vielfältigen Mechanismen und Abhängigkeiten des Spiels erst einmal kennen zu lernen. Das erinnerte fatal an die „Haltet den Dieb“-Taktik. Es gibt kaum eine Aufforderung, die bei ihm selbst auf weniger fruchtbaren Boden fällt. Er kann einfach nicht soeben mal seine Ammen auf irgend ein Aktionsfeld setzen. Er muss einfach – mehr oder weniger zwanghaft – ausrechnen, welcher Zug jetzt, gleich und übergleich den besten Ertrag ergibt.
In einer Situation hatte er ganz alleine noch 4 Arbeiter und 4 Soldaten auf seinem Tableau, während für die anderen mit dem Ammenziehen die Spielzüge bereits vorbei waren. Damit durfte er eine halbe Stunde lang (na ja, leicht übertrieben) ganz allein seine Zugoptionen analysieren und bewerten. Weidlich kostete er diese Situation aus. Leider gab es für die anderen weder eine Papstwahl noch ein Spiel der Nationalelf im Fernsehen, um die Wartezeit kurzweilig zu überbrücken.
In diese Szene ist ein sachlicher Fehler eingebaut.
In diese Szene ist ein sachlicher Fehler eingebaut.

Nach 1 ½ Spieljahren schlug Walter vor, die insgesamt 3 Spieljahre auf 2 zu verkürzen. Sein Vorschlag fand aber keine Resonanz. Geschlagene 3 Stunden wollten sich seine Mitameisen weiter durch den Insektenwald schlagen. Brav, linear, gefahrlos, spannungslos.
WPG-Wertung: Aaron: 5 (viel zu wenig Interaktion, viel zu viel Fummelei, keine wachsende Spannung), Günther: 6 (schweißtreibend, leider nicht sehr locker), Horst: 6 (das Spiel funktioniert, die Mechanismen greifen alle, aber spaßig ist es nicht), Walter: 6 (gewaltige ausbalancierte Konstruktion, aber solitär und wenig spielerisch).

2. “Trans Europa”
Eine gute Stunde bis zum Zapfenstreich, da konnte kein weiteres Hauptprogramm mehr auf den Tisch gebracht werden. Aaron packte sein „Viva Java“ wieder ein. Vor dem abschließenden Bluff-Absacker war noch ein Vor-Absacker angesagt. „Trans Europa“ kam da gerade richtig.
Jeder Spieler zieht 5 Karten mit Namen von 5 Städten irgendwo in Europa und muss sie durch ein reihum Gleisstück für Gleisstück zu legendes gemeinsames Eisenbahnnetz verbinden. Wer zuerst damit fertig ist, hat gewonnen. Zumindest eine Runde. Alle Mitspieler bekommen Strafpunkte für jedes noch fehlende Verbindungsstück. Leicht, locker, konstruktiv, spielerisch.
Aber auch ein bißchen ungerecht. Wessen Städte in allen Ecken Europas verstreut liegen, wie z.B. bei der Kette Madrid-Glasgow-Charkiv-Thessaloniki plus eine weitere Mittelstadt a la Berlin, hat keine Chance, die Runde zu gewinnen. Wer mit mehr zentral gelegenen Städten gesegnet ist, wie z.B. London, Malmö, Vilnius und Florenz, der tut sich damit wesentlich leichter. Wie könnte man dieser Ungerechtigkeit des Schicksals begegnen? Mehrere Lösungsvorschläge wurden diskutiert:

  • Jeder zieht ein paar mehr Karten und darf sich daraus die besten auswählen. Nicht absolut gerecht aber deutlich gerechter als die starre Zuordnung gemäß Regelheft.
  • Jeder darf eine Anzahl “schlechter” Städte zurückgeben, ggf. gegen Strafpunkte, und sie durch neue Karten zu ersetzen
  • Alle Städekarten werden nicht blind gezogen, sondern öffentlich versteigert. (Unsinn! Damit wäre der ganze psychologische Reiz des Geheimhaltens der eigenen Zielstädte dahin.

Nun ja, Gerechtigkeit ist nicht alles. Auf Dauer gleichen sich Vor- und Nachteile bei der Städteverteilung wohl aus. Man muss nur lang genug spielen. Allerdings sorgte heute Horst dafür, dass noch nicht einmal jeder Spieler wenigstens einmal Startspieler wurde.
Keine neue WPG-Wertung für ein 7,8 Punkte-Spiel.

3. “Bluff”
Aaron konnte ein 2:3-Endspiel gegen Walter für sich entscheiden.
Im ersten Durchgang hatte er die 1-mal-Vier-Standard-Eröffnung auf 2 mal die Zwei gehoben. Was sollte Walter jetzt mit einer Zwei, Fünf und einem Stern unter dem Becher bieten? Seine Erhöhung auf 2 mal Stern war falsch! Schon von der – post mortem – Theorie her. 4 mal die Zwei wäre es gewesen.
Im zweiten Durchgang ging die Steigerung 1 mal Drei (Aaron), 1 mal Fünf, 2 mal Drei , 2 mal Fünf. Aaron gewann mit 3 mal die Fünf! Was hatte beide wohl unter ihren Bechern?
Keine neue WPG-Wertung für ein Super-Spiel.

20.02.2013: Der Westpark im Asyl

Unser Malermeister Stefan werkelt wieder am Westpark. Jetzt werden die Treppen geschliffen und gestrichen. Dank modernster Staubsauger hält sich der anfallende Staub in Grenzen, doch als Spiellokalität kann die Baustelle nicht benutzt werden. Peter und Loredana sprangen als Gastgeber ein und luden in ihre wunderschöne Wohnung nach Schwabing ein. Nach zwölf Jahren gemeinsamen Westparkgamerns war Walter erstmals dort zu Gast.

1. “Yunnan”

Yunnan - Tee- und Pferderoute
Yunnan – Tee- und Pferderoute

Argentum hat Aarons Eigenentwicklung fest in den Griff genommen, um es dieses Jahr in Essen herauszubringen. Es kommt nochmals ein ganz neuer Wind hinein, wenn ein Profi-Verlag den letzten Schliff an einer Spieleentwicklung übernimmt. Das Neudesign des Spielbretts mit seinen spieltechnischen Merkhilfen hat auch in unseren Augen eine ganze Stufe neuer Qualität hinzugewonnen. Die verschiedenen Stärken und Schwächen der Mitspieler-Entwicklung sind jetzt auf einen Blick für jedermann erkennbar. Ein Teil der unvermeidlichen Rechenarbeit (Additionen und Multiplikationen im unteren Zahlenraum) wird von Tabellen übernommen.

Eine ganze Reihe Testgruppen von Gelegenheits- bis zu Vielspielern durften bei Argentum ihren Senf abgeben. Nach Ansicht des Verlags „verlief jede Partie anders“. Was zweifellos als Qualitätsmerkmal anzusehen ist. Zu groß ist das Angebot alternativer Gewinnstrategien, von denen sich jede einzelne innerhalb eines bestimmten Mitspielerchaos’ (= im positiven Gewurl der verschiedenen Mitspieler-Ambitionen) als überaus erfolgreich erweisen kann, und mit der man zum Sieg schießt. Das Schießen liegt aber nicht an einer ausufernden Balance, sondern an der Vielzahl aussichtsreicher Zug-Optionen. Aaron hast die verschiedenen Möglichkeiten nicht ausgebremst, um die Mitspieler auf einen goldenen Mittelweg zu zwingen, sondern er hat sie gefördert, so dass jede einzelne für sich die Chance auf einen Gesamtsieg bietet. Und für das nächste Spiel Überlegungen herausfordert, diesen Siegespfad entweder selber zu nutzen oder den anderen zu verbauen.

Auf dem Aktionen-Tableau, wo die einzelnen Spieler um ihre Entwicklungsfortschritte an Masse und Beweglichkeit, an Stärke und Resourcen bieten, findet ein regsamer Verdrängungswettbewerb statt. Ein sicheres Indiz für eine wohlporportionierte Bilanz von Angebot, daraus resultierenden Vorteilen und vorhandener Geldmasse. Und wenn zu viele Mitspieler sich hier einmal ambitioniert verausgaben, dann lohnt sich ein einmaliger, schneller Gang zur Bank, um für die nächsten paar Runden alle Geldsorgen loszuwerden.

Nach einer knappen Stunde Spielzeit ist die Schlacht geschlagen. Neuling (und Hausherr) Peter gewann. Vor Günther. Entweder ein Zeichen für seine überragende Intelligenz und Spielplanung, oder ein Zeichen für die vielen netten Überraschungen, die Yunnan bereithält. Alle Verlierer wußten oder ahnten, dass sie etwas falsch gemacht hatten. Nur Aaron hatte alles richtig gemacht. Er war der Non-playing-Protokollführer und sammelte Erfahrungspunkte für neue Detailgespräche mit dem Argentum Verlag.

Keine WPG-Wertung für ein Spiel in der Entwicklung.

2. “T-Rex”
Gastgeber Peter forderte nostalgischen Spielgenuß und legte eine ganze Latte alter und antiquierter Spiele aufs Parkett. „San Juan“ : das geht doch bloß zu viert! „Bluff“ : doch nicht den ganzen restlichen Abend! „Havoc“ : etwas zu pokerig, und was der Spiele und der Ablehungsslogans noch mehr sind. Schließlich landeten wir bei „T-Rex“, vor 10 Jahren gleich zweimal von Aaron und Moritz mit einem englisch-sprachigen Report bedacht.
Jeder Spieler hat das gleiche Set von Karten, von dem er aber immer nur einen zufällig ausgewählten Teil zum Spielen auf der Hand hält; die restlichen Karten liegen als verdeckte Nachziehstapel auf dem Tisch.

Reihum spielt jeder Spieler eine Karte aus und darf dann

  • ein bis drei Karten nachziehen

oder

  • eine Wertung einleiten

Ist eine Wertung eingeleitet, darf jeder Spieler noch genau eine Karte spielen (mit den gleichen Effekten wie oben). Ist eine der nachgespielten Karten wiederum Wertung-einleitend und mit zwar mit höheren Wert als die aktuelle Karte, so wird die Wertungseinleitung prolongiert, d.h. jeder Spieler darf / muss jetzt noch eine Karte spielen. Danach wird geschaut, wer die höchstwertige Karte vor sich liegen hat. Dieser Spieler bekommt ein einfarbiges Kuckucksei. Wer am Ende die meisten Eier hat, hat gewonnen. Gleichfarbige Eier bringen eine quadratische steigende Siegpunktquote.

Eine Mischung aus Glück und Mitspielerchaos führen zum Sieg. Man kann das auf zweierlei Weise angehen:
Ernsthaft: dann geht das Ganze ziemlich verkniffen über die Bühne
Locker: dann ist das ein reiner Zeitvertreib.

Wir spielten es überwiegend locker. Unsere begleitenden locker-lästerlichen Kommentare veranlaßten Peter zum leidensvollen Kommentar: „Mit Euch spiele ich das nicht mehr!“

WPG-Wertung: Aaron: reduzierte seine vor 10 Jahren vergebenen 7 Punkte auf 5, Günther: gesellte sich mit erstmal vergebenen 5 Punkten dazu, die anderen blieben bei ihrer im Schnitt 2 Punkte höhreren Wertung.

3. “Traumfabrik”
Aaron suchte mittels seines „Spielefinder“ (ein Menue-Punkt links auf unserer Internet-Seite) ein 5-Personen-Spiel, das Loredana glücklich macht. Die ehemals ausgiebig getesteten 2-Personen-Spiele mit Peter werden schon lange nicht mehr kommentiert. Wir landeten bei der „Traumfabrik“, vor 9 ½ Jahren letztmals am Westpark aufgelegt, mit 10 Punkten von Peter und 9 von Loredana höchlichst eingestuft.

Aaron kramte etwas süffisant unsere damalige Spielkritik hervor:

Dabei handelt es sich doch nur um ein simples Versteigerungsspiel. Keine großen Strategien, keine rätselhaften Abenteuer, keine tödlichen Gladiatoren-Kämpfe, lediglich trivialer Geldeinsatz zum Anwerben von Personal für die Realisierung von Filmprojekten.“ und „Jeder verfolgt seine eigene Strategie des ersten Anscheines, ohne viele Gedanken daran zu verschwenden, welcher Blumentopf dabei herausspringen könnte. Zum Glück, denn wenn alle die wahre, geprüfte und für gut befundene Strategie einschlagen, dann ist Traumfabrik nur noch ein Versteigerungsspiel. Ein simples.“

Zweifellos muss man das Prinzip loben, wie die gebotenen Summen für Regisseure, Kamera, Schauspieler, Spezialeffekte und Musik wieder unter die Leute gebracht werden. Einer guten Designidee entsprechen auch die beiden Felder, in denen die Filmrollen nicht versteigert werden, sondern von denen jeder Mitspieler genau eine Rolle kostenfrei bekommt, so dass auch ein Spieler, der sich bei einer Versteigerung gerade total verausgabt hat, nicht rundenlang nur passiv zuschauen muss.

Und die Querwirkungen von aktuellem Besitztum und Startspielerposition auf Bonuspunkte und Zugriffsvorteile stellen sogar eine planerische Herausforderung dar. Daneben sind Filmtitel wie „Vom Winde verweht“ und Schauspieler wie „Marilyn Monroe“ durchaus von cineastischer Attraktivität.

WPG-Wertung: Aaron reduzierte schon wieder seine vor 10 Jahren vergebenen 7 Punkte auf 5, Loredana reduzierte auf 7, die anderen wollten Peters 10-Punkte-Euphorie nicht weiter beschädigen.

4. “Bluff”
Heiße Diskussion um das regelgerechte Nachwürfeln. In der „Spielerweiterung für ultracoole Zocker“ heißt es dazu wörtlich: „Während eines Durchgangs hat jeder Spieler die Möglichkeit, neu zu würfeln.“ Gilt diese Zusatzregel auch für den Startspieler? Darf auch der Startspieler würfeln, die Würfel anschauen, einen oder mehrere Würfel offen herauslegen, eine beliebige erste Vorgabe machen und dann die restlichen Würfeln nachwürfeln? Ist dem Startspieler diese Option genommen, oder gilt das „während“ im Regelheft – in älteren Auflagen sogar noch unterstrichen – auch für dem Beginn eines Durchgangs? Günther plädierte aus Symmetriegründen heftig für das Recht des Startspielers auf eine im Prinzip unsinnige und bei uns noch nie praktizierte Zusatzaktion.

Ändert sich der Spielcharakter, wenn der Startspieler nach seinem ersten Wurf einen Würfel herauslegt und nachwürfelt? Alle hielten den Unterschied für „minimal“, nur Peter empfand ihn als „monströs“ und versuchte dies leidenschaftlich bis verzweifelnd seinen vernagelten Mitspielern klar zu machen. Endlich ging der Versammlung das Licht auf: Legt der Startspieler einen Würfel heraus und würfelt nach, so sind die Augenzahlen aller verdeckten Würfel stochastisch gleichverteilt. Selbst für einen dummen Computer wäre es ein Kinderspiel, die Wahrscheinlichkeiten für Erhöhen oder Anzweifeln zu berechnen. Das Bluff-Element ist gleich Null!

Leitet der Startspieler aber anhand lediglich seines Erstwurfes die Zocker-Sequenz ein, dann wird das Spiel seinem Namen gerecht, erst dann hat das überaus reizvolle psychologische Bluff-Element seinen würdigen Platz bekommen! Wirklich ein monströser Unterschied!

Keine neue WPG-Wertung für ein Super-Spiel.

02.01.2013: Einvernehmliche Abbrüche

In trauter Westpark-Gamers Runde feierten wir Aarons Geburtstag. Fast einen ganz runden. Er hat ihn aber auf 59’2 (Strich Zwei) abgebildet. Vorsicht: Liegt in dieser Notierung nicht eine sagenhafte Chance für die Renten-Politiker drin?

Vor ziemlich genau 10 Jahren durften wir alle an einer Geburtstagsüberraschung von Peter teilnehmen. Hier – mit freundlicher Genehmigung – sein Bericht von damals.

Heut’ morgen, ich dös’ im Bett, sieben war’s wohl, klingelt das Telefon (Festnetz).
Ich hatt’ den Dachauer Lampenverkäufer in Verdacht (“Bitte mailen Sie mir die Preisliste! Nicht anrufen! Mailen! B – i – t – t – e!”), aber als ich ans Telefon torkelte, war da eine Handynummer angezeigt. Naja, das hatte Zeit, ich ging zurück ins Bett.
Zwei Stunden später.
Abhören: “Sie haben eine Kurznachricht empfangen.” Aja. Festnetz-SMS. Ich erinnere mich, mal in einem Artikel vor ein paar Jahren geschrieben zu haben, dass die Nachts über nicht zugestellt werden, dafür am nächsten Tag ab 7. Ich glaub’, dass ich damals schon dazuschrieb, dass ich 7 asozial finde und 9 aufwärts fair sei. Ich hasse es, immer recht haben zu müssen.
Eine Frauenstimme flötet:
“Leider mag ich [unverstehbar] meine Email nicht verwenden. Deswegen Foto erst wenn ich wieder in B bin. Alrun.”
Tja, irgendein Berliner freut sich auf Alruns Foto, kriegt aber nicht, weil Alrun nicht mailen mag. Ob sie belästigende E-Mails erwartet? Und warum lässt sie dann ihre Handynummer anzeigen? Typisch Mädels, testen jeden Blödsinn wie Festnetz-SMS und wollen Fotos verschicken. Vermutlich schaut sie auch “Superstar”, die gute Alrun.
Und dann das ganze auch noch fälschlich an mich schicken und mich aus dem Bett holen. Grr…
Egal, alles nicht mein Bier.
Aber die Handynummer lässt mich nicht los. Verdammt, ich kenn’ die Nummer. Ich hab’ zwar eine Rückwärtssuche für ein paar Zehnmillionen deutscher Festnetznummern, aber nicht für Handynummern. Dennoch, ich kenn die Nummer.
Schnapp’ mir mein Notizbüchlein und werd’ auf Seite 1 bei “Aaron” fündig.
Moral von der Geschicht’:
1. Telekommunikationsdienste, die Aaron zu Alrun machen sind unbrauchbar.
2. Telekommunikationsdienste, die mich um 7:00 aufwecken, sind unbrauchbar.
3. Telekommunikationsdienste, die mich den ersten Satz auch nach 5 Abhören nicht verstehen lassen, sind unbrauchbar.
4. Meine Handynummer ist 017xxxxxxxx3. Nur, falls mal jemand SMSen will.

Ein paar Details zum besseren Verständnis:

Die Festnetz-SMS hatte Aaron aus Peking abgesendet. Er wollte eigentlich ein Handy-Bild versenden, doch die China Mobile erlaubte per Handy damals ausschließlich Anrufe und das Versenden / Empfangen von SMS.

Mit „B“ ist nicht „Berlin“ sondern ein „D“ wie „Deutschland“ gemeint. Aber was verstehen Chinesen schon vom deutschen Alphabeth? Oder umgekehrt?

1. “Qwixx”
Ein kleines, sauberes Würfelspiel nach Art von „Überbleibsel“ (Gott hab es selig), mit dem meine Eltern jahrzehntelang ihren Lebensabend verspielt haben.Quixx
Jeweils ein aktiver Spieler würfelt für alle. Die Augenzahl eines der vier Farbwürfeln (rot, grün, gelb und blau) wird zu der Augenzahl eines weißen Würfels addiert und die Summe in einer entsprechenden roten, grünen, gelben oder blauen Zahlenreihe notiert. Besonderheit: die Zahlen dürfen nur streng aufsteigend (bei rot und gelb) bzw. nur streng absteigend (bei grün und blau) eingetragen werden. Wer z.B. bei sich schon eine rote 9 angekreuzt hat, darf hinterher keine rote 8 (oder kleiner) mehr nutzen. Man sollte seine Zahlenreihe also möglichst ohne große Lücken füllen, denn desto mehr Einträge passen hinein, und desto höher ist hinterher die quadratisch steigende Siegpunkt-Prämie dafür.

Der aktive Würfler darf dann zusätzlich noch die beiden weißen Würfel nutzen, d.h. sie addieren und die Summe in einer beliebigen Farbreihe ankreuzen. Er ist auch der einzige, der pro Wurf mindestens eine Würfelsumme nutzen muss, entweder die aus den beiden weißen Würfeln oder die aus einem der weißen und einem beliebigen Farb-Würfel. Andernfalls bekommt er Strafpunkte. Die Mitspieler dürfen auf einen Eintrag verzichten.

Das alles läuft sehr überschaubar ab. Pro Wurf fallen ja nur wenige Einträge an. Wenn jeder noch laut seine gewählte Farb-Summe kundtut, können alle verifizieren, ob „man“ die Summierungsregeln verstanden hat. Diese Eintragungen sind deutlich weniger fehleranfällig als die unkoordinierten, und auch gegen absichtlichen oder unabsichtlichen Betrug nicht gefeiten Eintragungen bei „Überbleibsel“.

Nach dem ersten Spiel schlug Aaron eine sofortige Wiederholung vor. Unverzüglich wurde dem stattgegeben. Ein seltenes Ereignis am Westpark.

WPG-Wertung: Aaron: 6 (etwas stumpfsinnig, zu wenig Taktik), Horst: 8 (spannend), Loredana: 8 (gefällig, schnell), Peter: 6 (hoher Glücksfaktor, dafür schnell), Walter: 8 (stimmig, locker).

2. “Libertalia”
Noch ein Spiel nach Vorschlag und Besitztum von Horst, der das Spiel auch erklären durfte.

Jeder Spieler bekommt das gleiche Kartenset von 30 „Piraten“, mit dem drei Kampagnen lang je sechs Schiffe gekapert, die dort vorhandenen Schätze unter den Piraten aufgeteilt und hinterher Beute und eingesetzte Mannschaft prämiert werden.

Pro Zug legt jeder Spieler verdeckt eine frei gewählte Piratenkarten in das Schiff. Es gibt

  • richtige Piraten-Nulliger wie z.B. den Schiffsjungen, der überhaupt nichts einbringt.
  • Raibacher wie den Koch, der bei der Beuteverteilung gleich zweimal zulangen darf, und damit mindestens einen der Mitpiraten leer ausgehen läßt.
  • einen Schläger, der andere Piraten auf dem Schiff in die ewigen Jagdgründe versetzt.
  • eine Piratenbraut Mata Hari, die zusätzliche Morgengaben einstreicht, aber nur, wenn sie die einzige Frau auf dem Schiff ist.
  • Schmarotzer, die für verschiedene Konstellationen von Piraten oder Beutestücken mit Dublonen belohnt werden.
  • einen absolut negativen Quartiermeister, der 8 Dublonen kostet, wenn er sich am Ende einer Kampagne noch in der Höhle vom Piratenboss befindet.
  • weitere ein- oder abträgliche Gesellen.

Nach dem Auslegen der Piratenkarten werden zunächst mal in aufsteigender Reihenfolge (der schwächste Pirat zuerst) die Sondereigenschaften wie Verdrängen und Abmurksen von Konkurrenten ausgewertet, dann dürfen sich die Überlebenden in absteigener Reihenfolge je ein (oder zwei) Beutestücke nehmen.

Die Beutestücke können positiv oder negativ sein, d.h. sich im Zuwachs oder im Abzug von Dublonen bemerkbar machen. Sie können aber auch einen direkten Eingriff in die Besitzstände der Mitspieler haben: „Töte einen Piraten in der Höhle deiner Nachbarn.“ (Ein großer Gänseschauer lief über Walters Rücken: „Meine Höhle gehört MIR!”)

In der zweiten Runde hatte Horst als erster seinen Schläger gespielt. Er tötete nicht Walters „Spieler“, der in der Kampagnenwertung 8 Dublonen wert war, sondern Aarons Ach-was-weiß-ich, weil Aaron in Führung lag. Peter ging dann mit dem zweiten Schläger doch noch auf Walters Spieler los, obwohl der immer noch am Schluss lag. Einsichtiger und konsequenter Spielzug eines Maximum-Damage-Strategen.

Wen zerstörte schlußendlich Walter mit seinem Schläger? Horsts Quartiermeister! Das ersparte dem Konkurrenten immerhin 8 Duplonen Abzug in der Kapagnenwertung, d.h. es brachte dem Gegner 8 Siegpunkte Gewinn! Warum diese Selbstlosigkeit? Hatte Walter das Spiel nicht verstanden? Nein! Wenn das Schlußergebnis ohnehin so stark zufallsabhängig ist und keinerlei Rückschlüsse auf Intelligenz, Planungssicherheit und Übersicht der Spieler zuläßt, konnte man sich schon mal zu Lebezeiten dankbar zeigen und Horsts ursprüngliche Solidarität honorieren.

Peter war sprachlos. Mehrmals versuchte er Walter auf das Widersinnige seines Schläger-Verhaltens hinzuweisen. Er hielt ihm die am Westpark verpönte Kingmakerei vor. Doch Walter lies sich nicht beirren. Bei so einem widersinnigen Spieler-Verhalten (in einem unberechenbaren Spiel!) schlug Peter einen Spielabbruch vor. Der Vorschlag wurde ohne jeglichen Vorbehalt einstimmig angenommen.
Die einzige gute Idee an dem Spiel ist die Auswahl der mehr oder weniger chancengleichen Piratenkarten: Jeder bekommt die pro Kampagne die gleiche Auswahl aus ursprünglich identischen Sets in die Hand. Nur durch den unterschiedlichen Gebrauch der Karten, durch unterschiedliches Zurückhalten, Töten und Wiederbeleben kommt in den letzten beiden Runde eine leichte Varietät ins Spiel. Doch das Design der unterschiedlichen Piratenkarten, ihre krassen unterschiedlichen Effekte, die beschänkte Auswahl unter den Beutestücken und ihre teilweise nichtsnutzigen Vorteile, unausweichliche Sachgassen und Dead-Horse-Mechanismen erschlagen selbst diese eine gute Idee.

WPG-Wertung: Aaron: 4 (langes Denken wegen nix), Horst: 6 (atmosphärisch), Loredana: 4 (möchte es nicht noch einmal spielen), Peter: 5 (es gibt Schlimmers), Walter: 3 (Viel Brimborium und Pseudotaktik für reines Chaos).

3. “Evolution”
Das Spiel war letztes Jahr in Essen schon am ersten Tag ausverkauft und Aaron buchte zuversichtlich ein Exemplar der zweite Auflage.

Wieder ein Kartenspiel um den Kampf ums Dasein. Zu Beginn erhält jeder Spieler sechs Karten, die er mit ihrer Vorderseite als Tier (alle Tiere sind gleich) vor sich auf den Tisch legt, oder mit ihrer Rückseite als Spezialeigenschaft – Fleischfresser, Wassertier, Flieger, Schalentier (mit Rückzugsmöglichkeit), Parasit oder ähnliches – zu einem bereits ausliegenden Tier legt.
Anschließend wird gewürfelt, wieviel Nahrung ins Spiel kommt. Bei fünf Spieler werden dazu drei Würfeln benutzt: minmal kommen 3 Essensportionen auf den Tisch, maximal 18. Reihum nimmt sich jetzt jeder Spieler eine Nahrung und füttert die vor ihm ausliegenden Tiere. Oder er frißt mit einem seiner Tiere ein beliebiges offen ausliegendes Tier eines Mitspielers. Sofern er dazu berechtigt ist. Landtiere können keine Flieger fressen und zuweilen entpuppt sich das fremde Tier als „Anglerfisch“, der die Freßintentionen kurzerhand umkehrt.

Manche Tiere besitzen ein Fettgewebe und können übriggebliebene Nahrung dort für die nächste Runde aufsparen. Meist bleibt aber nichts übrig. Ganz im Gegenteil, die Nahrung reicht nicht für alle, der letzte beißt garantiert ins Gras. Und meist noch ein paar Vorletzte mit. Dieses blödsinnige Auslegen, Gefressen-Werden, Fressen-und-dennoch-Verhungern ging ganz schnell auf den Geist. Horst, der die Abwertung seines „Libertalia“ noch nicht ganz überwunden hatte, rief als erster (und wiederholt): „So ein Scheiß, ein 3-Punkte-Spiel!“. Sinngemäß schlossen sich in kurzer Zeit alle anderen diesem Refrain an.

Wir brachen ab. Die „Evolution“ hat keine Klientel am Westpark. Irgendwo auf der Welt könnte es die geben. Wenn man genug Memoiren von vor-napoleonischen Offizieren gelesen hat, ist das sofort einsichtig. Nach Horsts Meinung, könnte sich „Evolution“ mit hohen (realen Geld-)Einsätzen auch als als Turnierspiel eignen. Doch selbst bei Poker gibt es wenigstens noch ein bißchen Logik und Psychologie. Innerhalb der „Evolution“ leider nicht.

Nachträglich verriet Aaron, dass er heute nur verifizieren wollte, was sich bei seinem Probespielen in Essen auch schon herausgestellt hatte: Das Spiel funktioniert nicht! Damals wurde in einer Dreierrunde für den letzten Durchgang mit zwei Würfeln 2 mal die Eins gewürfelt. Nur zwei Mahlzeiten standen zur Verfügung, maximal zwei Tiere konnten überleben. Der Startspieler mit einem dicken Tier-Portfolio von Fleischfressern mußte alle seine Tiere zu Grabe tragen. Der Zweite in der Runde, der sich gerade erst ein einziges mickriges Tierchen zugelegt hatte, konnte es bescheiden durchfüttern und gewann. I like it!

WPG-Wertung: Aaron: 2, Horst: 2 (nachträglich reduziert, weil er nicht schon wieder über allen stehen wollte), Loredana: 2, Peter: 2, Walter: 2.

Zwei Spielabbrüche am Westpark an einem einzigen Abend. Ohne jedes böses Blut. Das gab es noch nicht. Peter bekannte am nächsten Tag sogar per Telefon, dass gerade auch die beiden einvernehmlich akzeptierten Spielabbrüche die Qualität der Runde am Westpark zeigte. Und dass es sich allein für ein Spiel wie „Quixx“ schon gelohnt habe, zum Spielabend anzureisen.

4. “Zoff im Zoo”
Eines von Peters Lieblingsspielen (nach „Tichu“), das fast immer als Absacker auf den Tisch kommt, wenn er in der Runde dabei ist. Horst war relativ neu und brachte nicht viel Boden unter seine Füße.

Peters Fazit nach dem Endstand: Das Ergebnis bestätigt die geistige Herausforderung, je größer die Erfahrung, desto mehr Punkte. Er wollte sich nicht als Klügster exponieren, sondern nur als der Erfahrenste.

Keine neue WPG-Wertung für ein gutes 8-Punkte-Spiel.

5. “Bluff”
Ein alter David gewann das Endspiel mit zwei Würfeln gegen zwei junge Goliathe mit je 4 Würfeln. Dabei wurde ihm kein einziges Haar mehr gekrümmt.

Keine neue WPG-Wertung für ein Super-Spiel.

22.02.2012: Kehraus auf der Seidenstraße

Wenn die rheinischen Jecken ihre Kamellen verteilt und die Berliner ihren Wulff vergauckelt haben, trifft sich die bayerische Politprominenz in parteigebundenen Bierzelten, um den jeweiligen Gegner in die Pfanne zu hauen. Verbales Fingerhackeln um die griffigsten Sprüche. In den lokalen Zeitungen, ja sogar im Internetangebot der überregionalen Fernsehanstalten kann man sie nachlesen. Gerne hätte ich heute hier ein paar Kostproben dieses unseres Esprits an unsere außerbayerische Klientel weitergegeben. Doch sie waren samt und sonders flach, schal, hemdsärmelig und einfallsdumm. Im Original genauso wie im Plagiat. Als einziges aufmunterndes Sätzlein möchte ich in die Regionen jenseits der Mainlinie hinüberreichen: „Der FC Bayern hat das Champions-League-Hinspiel in Basel verloren.“

1. “Yunnan”
Moritz mußte sich seinem Besuch aus Australien widmen (vielleicht vor dem Fernsehapparat, um den vorgeführten FCB vorzuführen), Günther geht fremd, um für die Deutsche Brettspielmeisterschaft zu üben, P&L singen noch ihr Hosianna im Gelobten Land und Horst ist bei Sex, wo immer sich dazu Gelegenheit findet. So setzten sich Aaron und Walter in einer Minimalbesetzung tête-à-tête zusammen, um Aaron älteste Eigenentwicklung wieder einmal auf den Prüfstand zu bringen.

Seit fast zwei Jahren ist „Yunnan“ als Kampf- und Aufbauspiel in der Mache. Das führt mal wieder deutlich vor Augen, dass ein (gutes) Spiel nicht einfach in ein paar kurzen Augenblicken glücklicher Inspiration geboren wird, sondern dass viele Wochen heißer Schweiß von der Stirne rinnen muß, bis das Werk den Meister loben kann.

In „Yunnan“ spielt jeder Spieler eine Händlerdynastie weit hinter der Türkei zwischen Teeroute und Seidenstraße. Die Spieler müssen ihr finanzielles Potential in einem Versteigerungsprozess einsetzen

  • um ihr Händlernetz personell zu erweitern
  • um ihre Händler handfester zu machen als die der Gegenspieler
  • um ihren Aktionsradius zu erweitern
  • um die Transportwege für kostengünstigere Ausbreitung auszubauen
  • um Lagerhäuser für einen effizienteren Vertrieb zu errichten

Pro Runde liefert das jeweilige Händernetz mit seinen Eigenschaften an Masse und Struktur einen Gewinn ab, den jeder Spieler beliebig in neues Investitionskapital oder in Siegpunkte verwandeln kann. Viele Wege führen nach Rom (zum Sieg). Allgegenwärtige Frage am Westpark: Sind die verschiedenen Optionen gut ausbalanciert?

Sehr schnell erkannten wir, dass die engen Händlerlimits in den verschiedenen Regionen bei den aktuellen Blockierungslimits eine schnellere Entwicklung behinderten. Auch die Startausstattung der Spieler sollte etwas üppiger ausfallen. Zweimal brachen wir nach jeweils einer knappen Stunde ab, um mit den entsprechenden Regelmodifikationen neu anzufangen. Dann kam alles gewünscht flott aus den Startlöchern. Allerdings hatte sich nach der Hälfte der Spielzeit ein Spieler deutlich an die Spitze gesetzt, von der er rein theoretisch nicht mehr zu verdrängen gewesen wäre. Die dazu von ihm durchgeführten – zweifellos guten – Entwicklungszüge müssen in ihrer Kosten-Nutzen-Relation noch etwas gebremst werden, damit das Gleichgewicht länger auf der Kippe steht. Möglichkeiten dazu fanden wir genug, Aaron wird sie noch verinnerlichen. Dann kann „Yunnan“ einer nächsten Testsession am Westpark unterzogen werden. Mit freudiger Erwartung.

Keine WPG-Wertung für ein Spiel in der Entstehungsphase.

1. “Bluff”
Zum Absacken ergänzte die beste aller ungarischen Ehefrauen die beiden alten Hasen zu einem Bluff-fähigen Trio. In der ersten Runde katapultierte sie sich mit der längst stumpf gewordenen Horstschen Sternenstrategie blitzschnell aus dem Kreis der aktiven Spieler. Walter stand mit einem einzigen Würfel im Endkampf gegen die fünf Würfel von Aaron. Da hilft nur, den Stier bei den Hörnern zu packen. Also gar nicht erst unter den eigenen Becher schauen, sondern gleich mit 3 mal die Fünf den übermächtigen Gegner unter Druck setzen. Aaron legte zwei Fünfen heraus, erhöhte auf 4 die Fünf und würfelte mit drei Würfeln nach. Walter fand jetzt erst die lumpige Vier unter seinem Becher und zweifelte erwartungsvoll an. Aber Aaron hatte Stern und Fünf nachgewürfelt und durfte triumphieren.

Da kommentierte das kluge Weib sehr treffend: „Das hat auch mit Glück zu tun.“ Ein Satz, der sich heute noch öfters bewahrheiten sollte.

Keine neue WPG-Wertung für ein Super-Spiel.