15.04.2015: Frustrationstoleranz

Seit ein paar Tagen diskutieren wir darüber, warum unsere Spielewertungen in den letzten Jahren immer schlechter geworden sind. Liegt es an den Spielen, liegt es an uns oder liegt es an etwas ganz anderem?

wpgwertungenjgDie Grafik zeigt die Tendenz der Wertungs-Mittelwerte aller Westpark Gamer der Spielejahrgänge 2003 bis 2014. Bemerkenswert ist der Peak der Wertungen im Jahr 2007, und dass danach die Wertungen, mit einem Ausreißer im Jahr 2010, stetig schlechter geworden sind.

Während es beim Jahrgang 2007 kein einziges Spiel mit einer Durchschnittswertung schlechter als 4 gab, waren es im darauf folgenden Jahr bereits vier (Senji, Rice Wars, Krakow 1325AD, Monopoly Deal) und im Jahr 2009 gab es die ersten Spiele mit Wertungen im 2er-Bereich (Die Insel der steinernen Wächter, Sector 41, 7 ate 9, Chairman of the Board). Auf der positiven Seite gab es 2007 noch vier Spiele mit einem Mittelwert 8 oder größer (1848, Steam over Holland, Wikinger, Brass), zwei Jahre später beim Jahrgang 2009 nur noch eins (Small World).

Wie schaut es nun beim Jahrgang 2014 aus? Dort gibt es immerhin drei Spiele mit Durchschnittwertungen im 8er-Bereich (Sankt Petersburg 2. Ausgabe, Istanbul, AbluXXen), dafür aber zehn(!) Spiele mit Durchschnittswerten im 4er-Bereich oder schlechter. Ähnliches gilt für die beiden Jahre davor.

Die Anzahl der von uns gut bis sehr gut bewerteten Spiele eines Jahrgangs hat sich also über die Jahre nicht stark verändert. Umgekehrt ist aber die Anzahl der von uns als schlecht bis sehr schlecht bewerteten Spiele gestiegen. Die Auswahl von Spielen, die uns gut gefallen, passt also weiterhin. Eine sinkende Tendenz durch eine generell kritischere Bewertung ist nicht zu erkennen. Aber die Anzahl der Gurken in unserem Einkaufskorb hat zugenommen und hier fehlt uns noch eine Erklärung.

Mögliche Gründe könnten sein:

  • Die größere Anzahl an Spielen in den aktuellen Jahrgängen bringt auch mehr schlechte Spiele hervor und damit die höhere Wahrscheinlichkeit, eine Gurke zu erwischen.
  • Die gegenüber vor 10 Jahren vielen Berichte und Rezensionen im Netz, die bei manchen Spielen einen Hype verursachen können, uns zum Kauf veranlassen, dann aber bei uns durchfallen.
  • Die Bereitschaft, einem Spiel, das uns nicht gefällt, auch einmal richtig schlechte Wertungen zu geben ist gestiegen, seitdem wir keine Rezensionsexemplare mehr anfordern.
  • Eine Übersättigung ist bei uns eingetreten. Das erste Worker Placement Spiel (Caylus) war noch toll, das hundertste ist vielleicht genauso gut, landet aber durch die Gewöhnung nur noch im Mittelfeld.
  • Unsere Wertungsskala hat sich verschoben: mittelmäßige Spiele bekommen jetzt auch mittelmäßige Wertungen (also 4, 5 und 6).
  • Es gibt einfach mehr schlechte Spiele als vor 10 Jahren.
  • Wir bewerten ganz andere Dinge gut oder schlecht als noch vor Jahren.

Vermutlich treffen viele, wenn nicht gar alle Gründe und noch weitere zu. Eines ist aber sicher: wir sind, was unseren Spielegeschmack angeht, keine homogene Gruppe, denn zu oft klaffen die Bewertungen für ein und dasselbe Spiel weit auseinander (s.u.). Das sollte man berücksichtigen, wenn man unsere Wertungen liest und bedenken, dass alleine deshalb ein Mittelwert aller Wertungen problematisch ist. Und genau deshalb veröffentlichen wir auch die Einzelwertungen mit einer Kurzbegründung.

1. Auf den Spuren von Marco Polo

Das Auffälligste geschieht gleich beim Spielaufbau: jeder Spieler bekommt eine Personenkarte mit einer Sondereigenschaft zugeteilt (in der Basisversion), die er im Spiels dauerhaft nutzen kann. Das klingt jetzt nicht besonders aufregend, schaut man sich allerdings die Sondereigenschaften an, staunt man doch über die relativ krassen Unterschiede und Effekte und fragt sich, wie ausbalanciert das wirklich ist. Günther, der das Spiel bereits zweimal gespielt hat, erklärte, dass diese Asymmetrie gewollt ist und man mit jeder Personenkarte das Spiel gewinnen könne. Nun denn…

Das Spiel geht über sechs Runden in denen wir auf 10 Feldern unsere 5 Arbeiter einsetzen, um 4 verschiedene Ressourcen sowie Geld, Aufträge, Siegpunkte oder Bewegungspunkte für unsere Reise zu erhalten. Weitere Arbeiter können wir für die laufende Runde erwerben, wenn wir die passende Ressource (Kamele) dafür abgeben. Weitere 8 Arbeiter-Einsetzfelder können wir für uns im Laufe des Spiels durch unsere Reise freischalten, wenn wir die zugehörigen Städte erreicht haben. Welche Städte wir ansteuern sollten, ergibt sich aus den bei Spielbeginn ausgelegten Stadteigenschaften sowie zwei jedem Spieler zugeteilte Karten mit einem Reiseauftrag, der bei (Teil-) Erfüllung zusätzliche Siegpunkte bringt.

Damit sich AdSvMP von den 1000 anderen Worker Placement Spielen unterscheidet, sind unsere Worker nicht einfache Pöppel sondern normale 6-seitige Würfel. Und man ahnt es schon: zu Beginn einer Runde würfeln alle Spiele mit ihren Arbeiterwürfeln. Dabei gilt: hohe Werte sind gute Werte, denn mit hohen Werten erhält man mehr Ressourcen, mehr Bewegungspunkte und hat eine größere Auswahl an Aufträgen. Kleine Würfelwürfe sind schlecht, zumindest meistens. In weiser Voraussicht hat Hans im Glück einen kleinen Ausgleich für besonders schlechte Würfe eingebaut: wer mit seinen fünf Würfeln weniger als 15 Punkte erwürfelt, darf sich die Differenz in Geld oder Kamelen aus dem Vorrat nehmen. Aha, kleine Würfe sind also wirklich schlecht.

Da wundern wir uns schon, wenn die Personenkarte des Startspielers der ersten Runde die Sondereigenschaft besitzt: „Du brauchst nicht würfeln sondern drehst, wenn du Würfel einsetzen willst, diese auf den gewünschten Wert.“ Ist das jetzt nicht superstark? Wir werden sehen.

Zu den anderen Sondereigenschaft. Der 2. Spieler bekommt zu Beginn jeder Runde einen weiteren Arbeiterwürfel und einen kostenlosen Auftrag. Der 3. muss nie Geld bezahlen, wenn er ein bereits besetztes Aktionsfeld ebenfalls besetzen möchte und der 4. Spieler bekommt jedes Mal, wenn ein anderer Spieler auf einem der 4 Marktfelder Ressourcen erwirbt, eine Ressource dieses Typs kostenlos. Bemerkenswert asymmetrisch.

Die sechs Runden laufen nach dem gleichen Schema mehr oder weniger interaktionslos dafür mit umso mehr Grübelei ab. Es gilt aus seinem Würfelwurf das Optimum herauszuholen, da jeder eingesetzte Würfel extrem wichtig ist. Völlig frustfrei geht es dabei nicht zu, denn oft passt der Würfelwurf nicht zu dem, was man eigentlich machen wollte und man ist gezwungen, den nächstbesten Zug zu wählen. Also nochmal von vorne überlegen. Und sich darüber ärgern, dass ein Spieler völlig unabhängig vom Würfelglück alles legen kann, was er mag. Das muss man mögen.

Überhaupt, es gibt viele Fehlermöglichkeiten bei AdSvMP und man braucht sicherlich ein paar Spiele, um die schlimmsten zu vermeiden und die richtig sprudelnden Siegpunktquellen anzuzapfen (Peter machte mit nur zwei Würfeln  40 seiner 60 Siegpunkten bei Spielende!).

WPG-Wertungen: Aaron: 4 (funktioniert, aber langweilig), Günther: 8 (man kann optimieren und der Würfelmechanismus ist gut), Moritz: 7 (man kann dem Spiel nichts vorwerfen, ich muss es aber nicht öfter spielen), Peter: 7 (funktioniert gut, zündet aber nicht; nicht elegant).

2. Kraftwagen

Peter fühlt sich wegen einiger problematischer Phalanx-Spiele immer noch Blennemann-geschädigt und war nicht erbaut, als er hörte, dass das neue Spiel von Matthias Cramer von besagtem Redakteur realisiert wurde. Aaron, der das Spiel als Prototyp bereits gespielt hatte, konnte dann aber doch genug Überzeugungskraft aufbringen, um „Kraftwagen“ an diesem Abend eine Chance zu geben.

Wir sind Autobauer. In unserer Fertigung stellen wir aus Karosserie und Motor bestehende Kraftwagen her, die wir zu von uns festgelegten Preisen auf den Markt bringen. Parallel beteiligen wir uns an Grand Prix Rennen und versuchen, dort mit den besten Motoren möglichst jedes Rennen für uns zu entscheiden.

Die Forschung ist der Dreh- und Angelpunkt in der Autokonstruktion. Wer hier am besten investiert, kann Autos mit den besten Karosserien oder den besten Motoren auf den Markt werfen. Aber es gibt auch Käufer, die am Prestige einer Marke interessiert sind oder solche, die nur das günstigste Auto kaufen. Welche Käufer überhaupt an Autos in einer Runde interessiert sind, entscheiden die Spieler ebenfalls über ihre Aktionen.

Und damit sind wir beim zentralen Motor des Spiels: dem schon aus „Glen More“ bekannten Aktionsrondell mit variabler Zugweite. Jedem Spieler stehen grundsätzlich alle Aktionen zur Verfügung. Das Dilemma ist, dass nicht unbedingt die besten Aktionen die in unmittelbarer Nähe sind. Wer aber auf dem Rondell weit nach vorne zu seiner Lieblingsaktion zieht, muss eventuell lange warten bis er wieder an der Reihe ist. Wer diesen Mechanismus schon bei „Glen More“ mochte, der wird ihn auch hier gut und stimmig finden. Andere mögen sich über die Ungerechtigkeit und Unbestimmtheit dieser Art der Aktionsauswahl ärgern („Hier wird man ja gespielt.“).

Neben den Aktionen für die Forschung an Karosserie und Motor gibt es noch die für die Käuferauswahl, die Grand Prix Bewegung sowie den Erwerb von Motoren, Karosserien und Arbeitern. Eine Spielrunde (von dreien) endet, sobald entweder 6 Autos zum Verkauf stehen oder nachdem siebenmal die Käuferauswahl-Aktion gewählt wurde.

Das Timing innerhalb einer Runde kann ziemlich trickreich sein. Einerseits versucht man einen Kraftwagen in seiner Werkstatt herzustellen, der in einer der vier von den Käufern gewünschten Kategorien besser ist als die der Mitspieler, andererseits muss man dafür sorgen, dass mindestens ein Käufer dieses Typs auch wirklich im Spiel ist. Und da jeder Käufer bei gleichwertigen Fahrzeugen immer den billigsten kauft, lohnt es sich, so lange wie möglich zu warten, bis man seine Fahrzeuge auf den Markt bringt, um die Preissituation besser abschätzen zu können. Ganz dumm gelaufen ist es dann, wenn man das beste Auto auf den Markt geworfen hat, aber man es nicht mehr schafft, den passenden Käufer dazu zu rekrutieren.

„Kraftwagen“ schafft es, mit wenigen Spielmechanismen dauernd viele kleine Dilemmata zu erzeugen, die für stetige Spannung im Spiel sorgt. Und anders als das erste Spiel des Abends bringt es dazu noch das Thema des Spiels gut rüber.

Einen kleinen Wermutstropfen gibt es allerdings. Braucht das Spiel wirklich die zusätzlichen Sonder-Siegpunktplättchen und die Ingenieure? Erstere bringen kaum zusätzliche taktische Optionen und Letztere erhöhen den nicht unbeträchtlichen Glücksfaktor der Forschungskartenauswahl zusätzlich. Dem 75-Minutenspiel hätte ein wenig weniger Glück bei den Forschungskarten ebenso gut getan wie eine Verkürzung der Erklärzeit bei fehlenden Ingenieuren.

WPG-Wertungen: Aaron: 8 (locker, mit wenigen Elementen viel Spielspaß und Spannung), Günther: 5 (wenn man es locker spielt, ist es okay;  die Forschungskarten bringen zu viel Zufall ins Spiel), Moritz: 8 (spannend und unterhaltend), Peter: 4 (man wird gespielt, zu viele Regeln).

10 Gedanken zu „15.04.2015: Frustrationstoleranz“

  1. ” unsere Worker [sind] nicht einfache Pöppel sondern normale 6-seitige Würfel” : Dazu möchte ich der Erfinder-Redlichkeit zuliebe doch noch erwähnen, dass ich dieses – sehr gelungene – Prinzip erstmals bei Bernd Eisenstein’s “Panthalos” gesehen habe. Ihm gebührt also der Erfinderlorbeer.

  2. Walter, da wäre ich vorsichtig. Ein Jahr vor Panthalos erschien bereits Euphoria, das diesen Mechanismus bereits verwendete (war erst vor Kurzem bei uns Spiel des Monats). Neu ist der Mechanismus nicht und ich bin ziemlich sicher, dass andere Spiele den auch vorher schon verwendet haben. Bernd hat ihn bestimmt nicht erfunden.

  3. Tipp zur Erklärung von Kraftwagen: Nur grob erwähnen, dass es diverse Ingenieure gibt, die diverse Vorteile bieten. Weil es ist sowieso unklar, ob und wann diese Ingenieure ins Spiel kommen und somit kann man damit nicht planen. In einer Erstpartie sowieso nicht. Wenn die dann offen ausliegen, kann man die immer noch erklären. Spart Zeit vor dem Spiel, weil im Grunde ist Kraftwagen recht gradlinig – auch vom Regelwerk. Funktioniert allerdings nicht mit Spielern, die eine Spieleneuheit nicht spielerische entdecken mögen. Aber das ist dann eher ein Problem der Spielrunde und nicht des Spiels, oder?

    Die Sonder-Siegpunktplättchen belohnen, der Erste in bestimmten Kategorien zu sein. Deshalb lohnt es sich auch nicht, anderen Spielern hinterherzulaufen und deren Spielweise zu kopieren. Stattdessen werden unterschiedliche Spielansätze (die Kraftwagen durchaus bietet) gleichermassen belohnt, nur das Hinterherlaufen eben nicht. Macht für mich das Spiel nochmals reizvoller.

    Zu Auf den Spuren von Marco Polo: Bisher habe ich noch niemanden persönlich getroffen, der nicht von dem Spiel begeistert war oder es zumindestens gut fand. Auf einem Spieletreff wurde es sogar an drei Tischen zeitgleich gespielt und das obwohl ausreichend andere Spiele und auch Neuheiten vorhanden waren.

  4. Würfel-/Arbeiter-Einsetzspiele u.a.:
    Kingsburg 2007
    Alien Frontiers 2010
    Troyes 2010
    Euphoria 2013
    Panthalos 2014
    :)

  5. Hallo Ravn, die Ingenieure haben wir so wie du es beschreibst während des Spiels erklärt. Trotzdem finde ich, die braucht das Spiel nicht wirklich. Die Sonder-Siegpunktplättchen auch nicht. Ein Hinterherlaufen durch Kopieren der Spielweise eines anderen Spielers macht doch sowieso keinen Sinn, weil die Forschungsauslage dazu viel zu zufällig ist und das Aktionsrondell dies gar nicht zulässt. Oder übersehe ich da etwas.

    Zu Marco Polo: Ich hatte mir das Spiel auf der Spielwarenmesse in Nürnberg erklären lassen und war danach begeistert. Beim ersten Spiel am Mittwoch wurde meine (vielleicht zu hohe) Erwartungshaltung bitter enttäuscht: keine Spannung und viel Langeweile. Was begeistert denn die Spieler an dem Spiel?

  6. Hallo Aaron,

    bisher habe ich Kraftwagen bisher nur zu dritt gespielt – zwei Partien. Eventuell ergibt sich dadurch auch ein leicht anderer Spieleindruck im Vergleich zu Eurer Viererpartie. Eben weil das Spiel berechenbarer wird, weil man selbst mehr Aktionsanteile hat und einem “Mitspieler-Chaos” weniger ausgeliefert ist.

    In meinen Spielpartien konnte man schon versuchen, jemanden hinterherzulaufen, der zum Beispiel bei der Erforschung der Motoren um mehr als 2 Entwicklungspunkte vorne lag. Allerdings hätte man dazu zu viele Aktionen Forschung und Arbeiter aufwenden müssen, wobei dann andere Bereiche vernachlässigt worden wären und das nur, um eventuell vor ihm das Motoren-Bonusplättchen abzuräumen und auf dem Markt ebenfalls Autos mit Verkaufschancen auf Motor platzieren zu können. Deshalb hat das keiner gemacht und sich lieber selber spezialisiert, was bei nur drei Spielern dann nochmals einfacher ist, seine Nische für Bonussiegpunkte zu finden, eben weil es weniger potentielle Konkurrenz gibt.

    Somit belohnen die Bonussiegpunkte eine eher zielgerichtete Spielweise im Vergleich zu “in allen Bereichen gut sein zu wollen”. Sozusagen Zwischenziele, die man sich selbst setzen kann und damit dem Spiel eine Richtung geben, bevor alle anfangen würden, in langsamer Aufbauarbeit überall gleich gut sein zu wollen, um ja alle Eventualitäten abzufangen. Die Bonussiegpunkte unterstützen den direkten Wettbewerbsaspekt, schneller und besser als die Mitspieler zu sein oder sich eben auf andere Bereiche zu konzentrieren, wenn man meint, den Wettbewerb in diesem Bereich nicht gewinnen zu können. Damit gibt es einen zusätzlichen Antrieb, sich in den diversen Bereichen zu entwickeln und das Spiel voranzutreiben und sind in der Summe gesehen ein durchaus bereicherndes Spielelement.

    Ebenso wie die Ingenieure. Erfordern sicherlich den meisten zusätzlichen Erkläraufwand, aber sorgen für interessante Möglichkeiten, das Spielgeschehen aufzubrechen durch deren Besonderheiten. So konnte eine Mitspielerin in meinen Partien doch noch konkurrenzfähige Autos mit überlegenen Motoren auf den Markt bringen, obwohl die in Sachen Motoren-Forschung hintendran lag. Das sorgte bei uns für ein zusätzliches Spannungsmoment, weil nochmals wichtiger wurde, wie spät (aber bitte nicht zu spät) man seine Autos auf den Markt platziert.

    In einer vereinfachten Familienspiel-Variante könnte man die sicherlich (wie auch die Bonussiegpunkte) weglassen, aber dann würde Kraftwagen für mich wohl zu vereinfacht sein und die “genaue richtige Denktiefe” verlassen, die für mich das Spiel aktuell so interessant und spielenswert macht. Wie es sich zu viert so schlägt, muss es allerdings noch beweisen.

    Marco Polo ist ein reinrassiges Eurogame. Wenig Thema, aber dafür viele Mechanismen, um Siegpunkte zu scheffeln. Das lag genau im Fokus der Mitspieler, die das Spiel ebenso begeistert gespielt haben, wie ich selbst.

    Die Begeisterung begründete sich dann in den Aspekten der unterschiedlichen Startbedingungen und der Herausforderung, es damit besser als die Mitspieler zu machen. Ebenso wurde die Vielfalt der Auslage gelobt, weil durch die verschiedenen Charaktere und die Stadtkarten und Boni-Plättchen der Kleinstädte ein immer neues Optimierungs-Puzzle gestellt wurde, das hohen Widerspielreiz verspricht. Dann der Spannungsbogen innerhalb einer Runde, welche Aktionsfelder bis wann offen sein würden und wo man Aktionen besser vorzieht, um den Mitspielern zuvor zu kommen. Sowie die rundenübergreifende Konkurrenz, durch seine eigene Spielweise mehr Siegpunkte abzugreifen als die Mitspieler, obwohl man ganz anders spielt – reisen und Boni freischaufeln gegen Aufträge erfüllen. Der eine macht da schon wieder Siegpunkte und wie schaffe ich es, mich nicht abhängen zu lassen?

    Zwar spielt und optimiert jeder für sich, aber das alles spielt sich auf dem zentralen Spielplan ab – in indirekter Interaktion, die aber direkte Konkurrenz-Situationen entstehen lassen. Das alles, in der Summe in einem Spiel erlebt, hat fasziniert und begeistert. Richtung langweilig drohte es bei uns nur dann zu werden, wenn Dauergrübler den Spielfluss einseitig aufhielten, während andere am Tisch lieber zügiger spielen wollten, was aber zum Glück eher die Ausnahme war. Zumal die Buffet-Auswahl ausreichend Nebenbeschäftigung bot. Eine gute Grundstimmung durch das gebotene Drumherum kann da auch nochmals positiv beeinflussen.

  7. @ravn: You’re preaching to the converted, denn wie du an meiner Wertung siehst, finde ich Kraftwagen sehr gut. Diese Bonusplättchen und in gewissem Maß auch die Ingenieure halte ich weiterhin für überflüssiges Beiwerk. Sie schaffen für mich auch nicht die richtige Denktiefe, sondern ich finde es eher lästig, auch darüber noch nachdenken zu müssen (um dann doch wegen der Zufallseffekte nicht das durchziehen zu können, was ich ursprünglich wollte).

    Marco Polo: Da werden wir nicht zusammen kommen: ich mag autistische Optimierungspuzzle mit vielen Siegpunktquellen nicht. Erst recht nicht, wenn auch noch Zufallselemente mit Würfeln dabei sind (ich bin ein notorisch schlechter Würfler).

    Aber die Geschmäcker sind verschieden und das ist gut so.

  8. @Aaron: Ok, dann kann Dir Marco Polo nicht gefallen, egal wie gut es in seinem Genre auch ist. Aber gibt ja ausreichend Auswahl an alternativen Spielen. :-)

  9. @ravn:
    Kraftwagen:
    Diese vielen Zusatzsiegpunkte lagen zu weit von mir entfernt – da könnte ich kein Auge drauf halten…
    Wie man ohne Karosserie und Motor Entwicklungen im 4er Spiel gewinnen soll kann ich momentan nicht erkennen. In unserer Runde gab es 2 Karosserie und 2 Motor Spezialisten … Und damit kam es zum Hinterherlaufen mit starken Zufallseffekten durch die Kartenauslage und dem “Alles oder Nichts Effekt” auf dem Markt.
    Wenn wir keine Konkurrenz haben (einer fährt nur Formel 1, einer macht in Motoren, …), dann weiß ich allerdings auch nicht, ob ich das Spiel besser finde. Übrigens ist das Aktionsrondelprinzip recht schön, allerdings bei weitem nicht so gut gelöst wie bei Glen More.
    Marco Polo:
    Da kann ich deine Ausführungen nur unterstützen; wobei die “Optimierungstiefe” bei weitem keine Rosenberggrössenordnung erreicht, was ich extrem wichtig finde.

  10. Nach meiner ersten Partie Kraftwagen zu viert, muss ich sagen, dass die Konfrontation zu viert doch erheblich höher ist als in Dreierrunde. Da das Spiel zwischen drei und vier Spieler nicht skaliert, hat man zu viert weniger Chancen auf passende Käufer und ebenso eine höhere Verdrängung auf dem gemeinsamen Automarkt. Das Spiel ändert schon arg seinen Charakter von “ausreichend gut kontrollierbar” (zu dritt) hin zu teilweise “alles oder nix” Situationen” (zu viert). Mir hat Kraftwagen zu dritt wesentlich besser gefallen. Eventuell erklärt das zumindest ansatzweise unsere unterschiedlichen Betrachtungsweisen zum Spiel.

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