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“Auf den Spuren von Marco Polo” ist unser Spiel des Monats

Auf den Spuren von Marco PoloBei diesem mit Spannung erwarteten Spiel vom Hans im Glück Verlag reisen wir auf den Spuren von Marco Polo durch Asien und errichten an unseren Ankunftsorten Kontore. Nun können wir dort mit Gold, Pfeffer und Seide Handel treiben. Stimmen diese Orte mit unseren persönlichen Zielkarten überein, erhalten wir am Spielende hierfür noch zusätzliche Siegpunkte.

Nachschub an Waren erhalten wir durch einen sehr schönen Würfel-Workerplacement-Mechanismus; dieser Nachschub kann dann über Auftragskarten oder über unsere Kontore in Siegpunkte verwandelt werden.

Das Salz in der Suppe und ein echtes Highlight sind aber die Charaktere: Jeder Spieler schlüpft zu Beginn des Spieles in eine von mehreren unterschiedliche Rollen mit spezifischen Spielvorteilen. Die eigene Spielweise geschickt an diese Charaktere anzupassen, ist der Schlüssel zum Sieg! Auch wenn dies in den ersten Spielen noch nicht so richtig geklappt hat, liefert dies zusammen mit dem variable Spielaufbau viele Herausforderungen für andauernden Spielspaß in weiteren Partien.

“Marco Polo Expedition” is our Game of the Month

Auf den Spuren von Marco PoloIn this highly anticipated game published by Hans im Glück we travel through Asia following the footsteps of Marco Polo and on our arrival build trading posts. From now on, we are able to trade gold, pepper and silk there. If these locations coincide with our personal goal cards we receive additional victory points at end of the game.

The supply of goods is handled by a very nice dice-worker-placement mechanism and these goods can into victory points using contracts or our trading posts.

But the icing on the cake and a real highlight are the characters. Each player at the beginning of the game takes in a different role card with specific game advantages. Adjusting one’s tactics to those characters is the key to victory! Even if this has not worked so properly in the first few games, this and the variable game setup provide many challenges for ongoing fun in many more plays.

22.04.2015: Der Charme von Marco Polo

Charme ist besonders aufmerksame Ignoranz.
Charme ist die Erotik des Geistes.
Charme ersetzt auf Dauer keine Leistung.
Charme ist angewandte Lebenserfahrung – ohne Erfolg.
Charme reicht bis zur ersten Enttäuschung.
Charme fesselt das Auge, aber Verdienst erobert die Seele.
Charme ist oft nur ein anderer Name für geistige Biegsamkeit.
Charme ist die Gabe, den anderen vergessen zu lassen, daß er aussieht wie er aussieht.
Charme ist die Eigenschaft bei anderen, die uns zufriedener mit uns selbst macht.

Das Leben hat nur einen wirklichen Charme: Das Spiel. (Baudelaire)

1. ” Auf den Spuren von Marco Polo “

Auf den Spuren von Marco Polo
Auf den Spuren von Marco Polo

Obwohl Moritz letzte Woche gute 7 Punkte für dieses Spiel vergeben hat, leistete er heute erheblichen Widerstand gegen eine Wiederauflage. So viel zum Wiederspielreiz von hoch bewerteten Spielen! (Oder schwelgen wir in einem Spiele-Schlaraffenland, wo es nicht immer Kaviar sein muss… ?)

Marco-Polo-Neuling Walter gab den Ausschlag für die Auswahl des ersten heutigen Spiels; die Alternative „Die Staufer“ war zwar verlockend, aber bereits bekannt. Um den „Experten“ noch einen kleinen Motivations-Schub zu geben, durften sie vor den Spiel geheim schätzen, welche Note am Ende Walter wohl für „Marco Polo“ vergeben würde.

Aaron hat das Spiel und unsere Eindrücke in seinem Session-Report von letzter Woche schon ausreichend beschrieben. Würfel sind der Motor des Spiels. Fünf Runden lang darf jeder Spieler je einmal mit fünf Würfeln würfeln und aus dem Ergebnis das Beste machen, d.h. die Würfel an den verschiedenen Arbeitsplätzen einsetzen: Einzelne Würfel, Würfel-Kombinationen und nachträglich erworbene Würfel erlauben den Gewinn von Rohstoffen, das Herumreisen zwischen Venedig und Peking, und den Erwerb von Aufträgen, die über das Abliefern von Rohstoffen Siegpunkte einbringen.

Was den Vor- oder Nachteil hoher Augenwürfe betrifft, möchte ich einer Aussage unseres notorisch schlechten Würflers Aaron doch gelinde widersprechen: Hohe Augenzahlen sind nicht durchwegs gute Werte; z.B. erzielt lediglich der erste Anleger bei den Ressourcen dafür kostenlos mehr Einkommen; der zweite Interessent muss schon eine seiner Augenzahl entsprechende Geldsumme blechen, um sich hier beteiligen zu dürfen; je höher die Augenzahl, desto größer die Beteiligungskosten. Das gilt gleichermaßen auch für alle anderen Arbeitsplätze. Bei den Bewegungspunkten reichen meist Augenzahlen zwischen 1 und 2 für die gewünschte und bezahlbare Mobilität, weil man für mehr Schritte auch erheblich mehr Geld bezahlen muss, was die Geldbörse schnell überfordert, da spielt eine höhere Augenzahl auch keine Rolle mehr.

Siegpunkte lauern überall; von der Menge der konstruktiven Optionen könnte man sich schier überfordert fühlen. Doch für Spiele-Freaks steckt gerade dahinter die entscheidende Herausforderung des Spiel: jeder wählt zu Spielbeginn ein individuelle Rolle mit charakteristischen Qualitäten und füllt sie – auf einem konstanten, überschaubaren Schauplatz – so aus, dass er optimal davon profitiert, jedenfalls mehr als seine Mitspieler. Es ist schon erstaunlich, wie viele total verschiedene Fähigkeiten hier sehr gut ausbalanciert angeboten werden.

Günther wurde studienhalber die Rolle des „Wilhelm von Rubruk“ aufgedrückt, in der er möglichst weit reisen und möglichst viele Handelsposten errichten sollte. Ihm stellte sich Moritz als „Johannes Caprini“ gegenüber, der mit seiner Sonderfähigkeit einer springenden Fortbewegung ebenfalls viel unterwegs sein wollte. Zu diesen beiden Reisenden gesellte sich Walter als Polo-Gebrüder und peilte die hohe Prämien für die doppelt erfüllten Reiseaufgaben an. Alle konkurrierten um das beschränkte bzw. um das immer teurer werdende Reisepotential, was ihre Siegeschancen erheblich beeinträchtigte. So konnte sich Peter als „Raschid ad-Din Sinan“, der seine Würfel jeweils auf beliebige Augenzahlen drehen durfte, als unbewegter Erfüller viele Aufträge schnell an die Spitze des Feldes setzen und einem unangefochtenen Sieg entgegengehen.

WPG-Wertung: Günther: 8 (bleibt), Moritz: 6 (ein Punkt weniger als letzte Woche, „blödes Maximierspiel, das Spiel hat keine Magie, es fehlt der Charme“), Peter: 7 (es ist ein gutes Spiel, aber eines der schwächeren HiG-Spiele), Walter: 7 (ausgewogenes Spieldesign gekonnt umgesetzt, längerfristige Herausforderung für Freaks, auch wenn gewisse autistische Züge nicht zu übersehen sind).

Peter hat Walters Wertungsnote “7” exakt geschätzt, Günther lag mit der Einschätzung „6“ knapp, Moritz mit „5“ schon deutlich daneben.

2. “AbluXXen”

In den letzten 12 Monaten schon 8 mal am Westpark gespielt, hat das schnelle, pfiffige Kartenspiel noch nichts von seinem Charme verloren. Jeder bastelt an seinem Glück, freut sich über sein Können, dass ihm den Sieg beschert, und lacht mit dem Zufall, der ihm und den anderen den Sieg verwehrt.

Dass in einer Vierer-Runde ein Spieler einen Durchgang gewinnt, ist absolut sicher. Dass der gleiche Spieler auch noch den zweiten Durchgang gewinnt, dafür ist die Wahrscheinlichkeit statistisch gesehen nur noch 25%. Dass er auch noch das dritte Spiel gewinnt, kommt nur in 6,25 % aller Fälle vor. Moritz brachte heute dieses Kunststück fertig – eine Mischung aus Können und Zufall, wobei jeder Mitspieler den Anteil der Grundstoffe hier unterschiedlich einschätzen wird.

Keine neue WPG-Wertung für ein glattes 8 Punkte-Spiel.

3. “Bluff”

Peter ging mit zwei Würfeln in das Endspiel gegen Moritz mit einem Würfel und legte stramm „einmal die Fünf“ vor. Moritz hatte nur eine Drei unter dem Becher, kniff den Schwanz ein und zweifelte an. Das war natürlich sein Ende.

Peter hatte nicht nur eine Fünf, sondern sogar eine Fünf und einen Stern unter dem Becher. Ein schnell geblufftes „zwei mal die Fünf“ von Moritz hätte ihn nicht nur aus der Bahn werfen können, sondern es hier tatsächlich auch getan.

In der Post-Mortem-Analyse kamen Günther und Walter beide zu dem Schluss, dass Moritz’ Anzweifeln „schlecht“ war, dass Peters Vorgabe aber noch schlechter gewesen war. Mit der trivialen Vorgabe „zweimal die Fünf“ hätte er schon mit (ungefähr) zwei Drittel Wahrscheinlichkeit den Sieg auf seiner Seite gehabt. So hat er mit der erheblich risikobehafteten Ein-Drittel-Wahrscheinlichkeit spekuliert, dass Moritz eine Fünf oder einen Stern unter dem Becher hat.

Tip1 (erste Näherung): Stehst Du mit einem Würfel in Endkampf gegen einen Gegner mit zwei Würfeln, der mit „einmal die Fünf“ anfängt, so hebe grundsätzlich auf „zweimal die Fünf“.
Tip2 (zweite Näherung) für die gegebene Situation: Hebe nicht grundsätzlich auf „zweimal die Fünf“, sondern ziehe einen Zufallsgenerator für die Entscheidung heran, ob Du hebst auf

  • zweimal die Fünf
  • zweimal die Zahl, die Du selber unter dem Becher hast
  • dreimal die Fünf, wenn Du eine Fünf unter dem Becher hast
  • einmal den Stern, egal, was Du unter dem Becher hast
  • … und es gibt noch mehr, keineswegs ganz aussichtslose Hebungen

Man sieht mal wieder, dass das so einfach aussehende “Bluff” doch eine verblüffend hohe Anzahl von sinnvollen Entscheidungsfreiheiten hat. Als es 1993 zum “Spiel des Jahres” gekürt wurde, waren wir über diese Auszeichnung bass erstaunt. Heute überhaupt nicht mehr.

Keine neue WPG-Wertung für ein Super-Spiel.

15.04.2015: Frustrationstoleranz

Seit ein paar Tagen diskutieren wir darüber, warum unsere Spielewertungen in den letzten Jahren immer schlechter geworden sind. Liegt es an den Spielen, liegt es an uns oder liegt es an etwas ganz anderem?

wpgwertungenjgDie Grafik zeigt die Tendenz der Wertungs-Mittelwerte aller Westpark Gamer der Spielejahrgänge 2003 bis 2014. Bemerkenswert ist der Peak der Wertungen im Jahr 2007, und dass danach die Wertungen, mit einem Ausreißer im Jahr 2010, stetig schlechter geworden sind.

Während es beim Jahrgang 2007 kein einziges Spiel mit einer Durchschnittswertung schlechter als 4 gab, waren es im darauf folgenden Jahr bereits vier (Senji, Rice Wars, Krakow 1325AD, Monopoly Deal) und im Jahr 2009 gab es die ersten Spiele mit Wertungen im 2er-Bereich (Die Insel der steinernen Wächter, Sector 41, 7 ate 9, Chairman of the Board). Auf der positiven Seite gab es 2007 noch vier Spiele mit einem Mittelwert 8 oder größer (1848, Steam over Holland, Wikinger, Brass), zwei Jahre später beim Jahrgang 2009 nur noch eins (Small World).

Wie schaut es nun beim Jahrgang 2014 aus? Dort gibt es immerhin drei Spiele mit Durchschnittwertungen im 8er-Bereich (Sankt Petersburg 2. Ausgabe, Istanbul, AbluXXen), dafür aber zehn(!) Spiele mit Durchschnittswerten im 4er-Bereich oder schlechter. Ähnliches gilt für die beiden Jahre davor.

Die Anzahl der von uns gut bis sehr gut bewerteten Spiele eines Jahrgangs hat sich also über die Jahre nicht stark verändert. Umgekehrt ist aber die Anzahl der von uns als schlecht bis sehr schlecht bewerteten Spiele gestiegen. Die Auswahl von Spielen, die uns gut gefallen, passt also weiterhin. Eine sinkende Tendenz durch eine generell kritischere Bewertung ist nicht zu erkennen. Aber die Anzahl der Gurken in unserem Einkaufskorb hat zugenommen und hier fehlt uns noch eine Erklärung.

Mögliche Gründe könnten sein:

  • Die größere Anzahl an Spielen in den aktuellen Jahrgängen bringt auch mehr schlechte Spiele hervor und damit die höhere Wahrscheinlichkeit, eine Gurke zu erwischen.
  • Die gegenüber vor 10 Jahren vielen Berichte und Rezensionen im Netz, die bei manchen Spielen einen Hype verursachen können, uns zum Kauf veranlassen, dann aber bei uns durchfallen.
  • Die Bereitschaft, einem Spiel, das uns nicht gefällt, auch einmal richtig schlechte Wertungen zu geben ist gestiegen, seitdem wir keine Rezensionsexemplare mehr anfordern.
  • Eine Übersättigung ist bei uns eingetreten. Das erste Worker Placement Spiel (Caylus) war noch toll, das hundertste ist vielleicht genauso gut, landet aber durch die Gewöhnung nur noch im Mittelfeld.
  • Unsere Wertungsskala hat sich verschoben: mittelmäßige Spiele bekommen jetzt auch mittelmäßige Wertungen (also 4, 5 und 6).
  • Es gibt einfach mehr schlechte Spiele als vor 10 Jahren.
  • Wir bewerten ganz andere Dinge gut oder schlecht als noch vor Jahren.

Vermutlich treffen viele, wenn nicht gar alle Gründe und noch weitere zu. Eines ist aber sicher: wir sind, was unseren Spielegeschmack angeht, keine homogene Gruppe, denn zu oft klaffen die Bewertungen für ein und dasselbe Spiel weit auseinander (s.u.). Das sollte man berücksichtigen, wenn man unsere Wertungen liest und bedenken, dass alleine deshalb ein Mittelwert aller Wertungen problematisch ist. Und genau deshalb veröffentlichen wir auch die Einzelwertungen mit einer Kurzbegründung.

1. Auf den Spuren von Marco Polo

Das Auffälligste geschieht gleich beim Spielaufbau: jeder Spieler bekommt eine Personenkarte mit einer Sondereigenschaft zugeteilt (in der Basisversion), die er im Spiels dauerhaft nutzen kann. Das klingt jetzt nicht besonders aufregend, schaut man sich allerdings die Sondereigenschaften an, staunt man doch über die relativ krassen Unterschiede und Effekte und fragt sich, wie ausbalanciert das wirklich ist. Günther, der das Spiel bereits zweimal gespielt hat, erklärte, dass diese Asymmetrie gewollt ist und man mit jeder Personenkarte das Spiel gewinnen könne. Nun denn…

Das Spiel geht über sechs Runden in denen wir auf 10 Feldern unsere 5 Arbeiter einsetzen, um 4 verschiedene Ressourcen sowie Geld, Aufträge, Siegpunkte oder Bewegungspunkte für unsere Reise zu erhalten. Weitere Arbeiter können wir für die laufende Runde erwerben, wenn wir die passende Ressource (Kamele) dafür abgeben. Weitere 8 Arbeiter-Einsetzfelder können wir für uns im Laufe des Spiels durch unsere Reise freischalten, wenn wir die zugehörigen Städte erreicht haben. Welche Städte wir ansteuern sollten, ergibt sich aus den bei Spielbeginn ausgelegten Stadteigenschaften sowie zwei jedem Spieler zugeteilte Karten mit einem Reiseauftrag, der bei (Teil-) Erfüllung zusätzliche Siegpunkte bringt.

Damit sich AdSvMP von den 1000 anderen Worker Placement Spielen unterscheidet, sind unsere Worker nicht einfache Pöppel sondern normale 6-seitige Würfel. Und man ahnt es schon: zu Beginn einer Runde würfeln alle Spiele mit ihren Arbeiterwürfeln. Dabei gilt: hohe Werte sind gute Werte, denn mit hohen Werten erhält man mehr Ressourcen, mehr Bewegungspunkte und hat eine größere Auswahl an Aufträgen. Kleine Würfelwürfe sind schlecht, zumindest meistens. In weiser Voraussicht hat Hans im Glück einen kleinen Ausgleich für besonders schlechte Würfe eingebaut: wer mit seinen fünf Würfeln weniger als 15 Punkte erwürfelt, darf sich die Differenz in Geld oder Kamelen aus dem Vorrat nehmen. Aha, kleine Würfe sind also wirklich schlecht.

Da wundern wir uns schon, wenn die Personenkarte des Startspielers der ersten Runde die Sondereigenschaft besitzt: „Du brauchst nicht würfeln sondern drehst, wenn du Würfel einsetzen willst, diese auf den gewünschten Wert.“ Ist das jetzt nicht superstark? Wir werden sehen.

Zu den anderen Sondereigenschaft. Der 2. Spieler bekommt zu Beginn jeder Runde einen weiteren Arbeiterwürfel und einen kostenlosen Auftrag. Der 3. muss nie Geld bezahlen, wenn er ein bereits besetztes Aktionsfeld ebenfalls besetzen möchte und der 4. Spieler bekommt jedes Mal, wenn ein anderer Spieler auf einem der 4 Marktfelder Ressourcen erwirbt, eine Ressource dieses Typs kostenlos. Bemerkenswert asymmetrisch.

Die sechs Runden laufen nach dem gleichen Schema mehr oder weniger interaktionslos dafür mit umso mehr Grübelei ab. Es gilt aus seinem Würfelwurf das Optimum herauszuholen, da jeder eingesetzte Würfel extrem wichtig ist. Völlig frustfrei geht es dabei nicht zu, denn oft passt der Würfelwurf nicht zu dem, was man eigentlich machen wollte und man ist gezwungen, den nächstbesten Zug zu wählen. Also nochmal von vorne überlegen. Und sich darüber ärgern, dass ein Spieler völlig unabhängig vom Würfelglück alles legen kann, was er mag. Das muss man mögen.

Überhaupt, es gibt viele Fehlermöglichkeiten bei AdSvMP und man braucht sicherlich ein paar Spiele, um die schlimmsten zu vermeiden und die richtig sprudelnden Siegpunktquellen anzuzapfen (Peter machte mit nur zwei Würfeln  40 seiner 60 Siegpunkten bei Spielende!).

WPG-Wertungen: Aaron: 4 (funktioniert, aber langweilig), Günther: 8 (man kann optimieren und der Würfelmechanismus ist gut), Moritz: 7 (man kann dem Spiel nichts vorwerfen, ich muss es aber nicht öfter spielen), Peter: 7 (funktioniert gut, zündet aber nicht; nicht elegant).

2. Kraftwagen

Peter fühlt sich wegen einiger problematischer Phalanx-Spiele immer noch Blennemann-geschädigt und war nicht erbaut, als er hörte, dass das neue Spiel von Matthias Cramer von besagtem Redakteur realisiert wurde. Aaron, der das Spiel als Prototyp bereits gespielt hatte, konnte dann aber doch genug Überzeugungskraft aufbringen, um „Kraftwagen“ an diesem Abend eine Chance zu geben.

Wir sind Autobauer. In unserer Fertigung stellen wir aus Karosserie und Motor bestehende Kraftwagen her, die wir zu von uns festgelegten Preisen auf den Markt bringen. Parallel beteiligen wir uns an Grand Prix Rennen und versuchen, dort mit den besten Motoren möglichst jedes Rennen für uns zu entscheiden.

Die Forschung ist der Dreh- und Angelpunkt in der Autokonstruktion. Wer hier am besten investiert, kann Autos mit den besten Karosserien oder den besten Motoren auf den Markt werfen. Aber es gibt auch Käufer, die am Prestige einer Marke interessiert sind oder solche, die nur das günstigste Auto kaufen. Welche Käufer überhaupt an Autos in einer Runde interessiert sind, entscheiden die Spieler ebenfalls über ihre Aktionen.

Und damit sind wir beim zentralen Motor des Spiels: dem schon aus „Glen More“ bekannten Aktionsrondell mit variabler Zugweite. Jedem Spieler stehen grundsätzlich alle Aktionen zur Verfügung. Das Dilemma ist, dass nicht unbedingt die besten Aktionen die in unmittelbarer Nähe sind. Wer aber auf dem Rondell weit nach vorne zu seiner Lieblingsaktion zieht, muss eventuell lange warten bis er wieder an der Reihe ist. Wer diesen Mechanismus schon bei „Glen More“ mochte, der wird ihn auch hier gut und stimmig finden. Andere mögen sich über die Ungerechtigkeit und Unbestimmtheit dieser Art der Aktionsauswahl ärgern („Hier wird man ja gespielt.“).

Neben den Aktionen für die Forschung an Karosserie und Motor gibt es noch die für die Käuferauswahl, die Grand Prix Bewegung sowie den Erwerb von Motoren, Karosserien und Arbeitern. Eine Spielrunde (von dreien) endet, sobald entweder 6 Autos zum Verkauf stehen oder nachdem siebenmal die Käuferauswahl-Aktion gewählt wurde.

Das Timing innerhalb einer Runde kann ziemlich trickreich sein. Einerseits versucht man einen Kraftwagen in seiner Werkstatt herzustellen, der in einer der vier von den Käufern gewünschten Kategorien besser ist als die der Mitspieler, andererseits muss man dafür sorgen, dass mindestens ein Käufer dieses Typs auch wirklich im Spiel ist. Und da jeder Käufer bei gleichwertigen Fahrzeugen immer den billigsten kauft, lohnt es sich, so lange wie möglich zu warten, bis man seine Fahrzeuge auf den Markt bringt, um die Preissituation besser abschätzen zu können. Ganz dumm gelaufen ist es dann, wenn man das beste Auto auf den Markt geworfen hat, aber man es nicht mehr schafft, den passenden Käufer dazu zu rekrutieren.

„Kraftwagen“ schafft es, mit wenigen Spielmechanismen dauernd viele kleine Dilemmata zu erzeugen, die für stetige Spannung im Spiel sorgt. Und anders als das erste Spiel des Abends bringt es dazu noch das Thema des Spiels gut rüber.

Einen kleinen Wermutstropfen gibt es allerdings. Braucht das Spiel wirklich die zusätzlichen Sonder-Siegpunktplättchen und die Ingenieure? Erstere bringen kaum zusätzliche taktische Optionen und Letztere erhöhen den nicht unbeträchtlichen Glücksfaktor der Forschungskartenauswahl zusätzlich. Dem 75-Minutenspiel hätte ein wenig weniger Glück bei den Forschungskarten ebenso gut getan wie eine Verkürzung der Erklärzeit bei fehlenden Ingenieuren.

WPG-Wertungen: Aaron: 8 (locker, mit wenigen Elementen viel Spielspaß und Spannung), Günther: 5 (wenn man es locker spielt, ist es okay;  die Forschungskarten bringen zu viel Zufall ins Spiel), Moritz: 8 (spannend und unterhaltend), Peter: 4 (man wird gespielt, zu viele Regeln).