Archiv der Kategorie: Spieleabende

8.10.2025: Völker hört die Signale


1. “People Power”

Welches sind die wesentlichen Rollenspieler für die Veränderung eine Regierungsclique?

Die „Reformer“ versuchen es im Guten: Protest, Demonstrationen, Überzeugungsarbeit und natürlich Gewinnen von Anhängern und Läuterung der Korrupten. Natürlich muss man auch die Revoluzzer dämpfen, damit die Waage nicht gleich ganz in die böse linke Richtung kippt.

Die Revoluzzer versuchen es mit Gewalt: Erpressung, Streik, Terror und Mordanschlägen. Möglichst alles aus dem Untergrund heraus.

Und die korrupte Regierung? Sie ist ja Herr von Militär und Polizei, hier muss sie immer rüsten. Dazu muss sie Säuberungen durchführen, Proteste und Streiks auflösen, Aktivisten verhaften, darf auch mal Gegner verschwinden lassen und bemüht sich um Sympathien bei der guten rechten ausländischen Schutzmacht.

Diese drei Rollen sind in „People Power“ sehr gut ausgearbeitet, die Szenerie sind die Philippinen, an der Regierung ist die Clique um Präsident Marcos.

Moritz kannte das Spiel und führte – zugelost – auch die Regierung. Mit riesigen Startvorteil an Menschen und Mitteln ging er ins Rennen und versuchte dabei noch, die Reformer gegen die Revoluzzer aufzustacheln. Aaron war Reformer, aber seine Startausstattung war so mickrig, dass er mehr ums Überleben kämpfen musste als dass er daran denken konnte, der Imelda die Schuhe auszuziehen. Walter war Revoluzzer und träumte von seinen Umsturzplänen, an die er sich als 68er-Student nicht herangetraut hatte. Aber seine Untergrunderfahrung reichte nicht. Schon bei der ersten Siegerwertung hatte Moritz sein Soll mehr als erfüllt, und wenn das Spiel noch eine Runde länger gedauert hätte, wäre es ihm sicherlich gelungen, alle Gegner kurz und klein zu hauen.

Die Mechanismen sind schön, auch thematisch sehr gelungen. Es gehört aber mehr als eine Einführungsrunde dazu, um zu verstehen, wie man seine Kräfte am effizientesten einsetzen muss und was die peinlichsten Gegenmaßnahmen der Gegenspieler sind, gegen die man sich wappnen muss.

Vielleicht stimmt auch die Balance nicht: zumindest Moritz als Regierung konnte sich in seinem Handlungsspielraum voll austoben, während die Reformer um Aaron über ein klägliches Randdasein nicht hinauskamen. Walters Terror war hier nur ein Kinderspiel.

WPG-Wertung: Aaron: 4 (es ist kein Aufbauspiel, es geht nur jeweils gegeneinander, ich möchte es nicht noch einmal spielen), Moritz: 8, Walter 6 (ich möchte es wenigstens noch einmal spielen, nur um zu sehen, wie Moritz die Reformer hochbringt).

2. “Faraway”

Vor genau zwei Jahren zum ersten und einzigen Mal gespielt (siehe Spielbericht vom 11.10.2023). Ein Karten-Sammelspiel, bei denen die lukrativsten Karten zuerst kommen, aber da hat man noch überhaupt keinen Peil, welches Potential in ihnen liegt. Die letzten Karten sind dann mehr oder weniger nur noch Füller (wenn man Glück hat), für die vorausgegangen Wertungsbedingungen.

WPG-Wertung: Keine neue Wertung für ein 5,3 Punkte-Spiel.

3. “Die Crew”

Vor 6 Jahren zum ersten Mal und vor 5 Jahren zum zweiten Mal gespielt. Kein Wunder, dass wir eine ganze Weile brauchten, um die Regeln wieder zusammen zu bringen.

Dann nahmen wir uns den Schwierigkeitsgrad 35 (von 50) vor, und alles lief wie am Schnürchen. Bis Walter im vorletzten Stich eine Karte zugab, die er selbst hätte einkassieren müssen. Aus die Maus. Moritz musste nach Haus.

WPG-Wertung: Walter erhöht seine Wertung von 6 auf 8. “Boom Busters” hat ihn eines Besseren belehrt. Die andern bleiben bei ihren Punkten zwischen 7 und 8.

01.10.2025: Bombenleger überm Tischtuch

1. “Lumen”

Die eigenen Karten von einem Mitspieler sortiert zu bekommen und sie dann verkehrt herum den Mitspielern präsentieren zu müssen, ist äußerst wenig intuitiv. Reichlich Fehlerquellen sind eingebaut: Die Karten anzuschauen, in der Sortierreihenfolge eine falsche Reihenfolge zur realisieren oder auch die Orientierung zu verdrehen. Alles kam bei uns vor und Moritz warf das Handtuch.

Dem bisherigen WPG-Wertung von durchschnittlich 6 Punkten schloss sich Moritz mit weitem Abstand an: 4 Punkte (weder Gaudi noch sonst was, das Handling ist unglücklich).

2. “Steam Power”

Martin Wallace! Eisenbahnen! Strecken, Transport und Einnahmen! Das ist guter alter Klang am Westpark, und so hat Günther sich auch das neueste Kind dieser Gattung zugelegt.

Die Gleisteile kommen gleich sehr bekannt vor, die Spielszenerie weniger, denn anstelle eines Brettes mit den Landschaftshexagons gibt es ein entsprechendes Tuch. (Darf man dann noch „Steam Power“ unter die „Brettspiele“ einordnen?)

Wir bauen unsere Strecken, eigene Strecken, die andere aber gegen Geld benutzen dürfen, bauen Fabriken, ebenfalls eigene, die verschiedene Produkte herstellen, davon sich aber jeder Spieler bedienen darf, und wir erfüllen unsere Aufträge, indem wir zusammengetragene Produkte über zusammengestopselte Strecken zu virtuellen Zielen transportieren, wofür wir Geld, freien Bau von Strecken oder Fabriken und/oder neue Aufträge erhalten.

Zuerst hatten wir beim Bau von Fabriken Bedenken, dass uns unsere Mitspieler alle dort produzierten Produkte wegnehmen; später erkannten wir, dass dies sogar positiv für uns ist, denn wir bekommen für unsere Produkte Geld und für leergeräumte Fabriken Siegpunkte.

Man sollte sich andererseits auch nicht scheuen, Geld für fremde Produkte auszugeben, genauso wenig wie Geld für den Warentransport über fremde Strecken – Geld hat man (hoffentlich) genug, es ist süß, aber Siegpunkte sind süßer.

Wir philosophierten darüber, ob auch Extremstrategien zum Erfolg führen könnten, z.B. nur Fabriken bauen oder nur Strecken, oder vielleicht sogar nur Aufträge erfüllen und alles andere zukaufen. Wir sollten das Spiel noch einmal auflegen, um jedem Spieler eine Strategie zuzuweisen, deren Erfolgsaussichten er verifizieren muss. Wäre kein schlechtes Vorhaben für die Wiederholung eines guten Spiels.

WPG-Wertung: Aaron: 7 (Das Spielmaterial ist etwas klobig [für das Spieltuch]), Günther: 7 (anspruchsvolles Familienspiel), Moritz: 7 (Spielzeit etwas lang), Walter: 7 (konstruktiv und im Spielablauf sehr freundlich).

3. “Bomb Busters”

Wir laborierten an Auftrag 41. Wir haben kein einziges freies Leben, jeder Fehlschnitt ist tödlich. Walter behauptet: Wenn der Zufall nicht hilft – z.B. via günstiger Zahlenverteilung bzw. via einer zufällig zugeteilten Technik (Walky Talky) uns ein zusätzliches Leben zu schaffen, ist es nicht möglich, diesem Auftrag zu erfüllen, d.h. man muss recht schnell ein (un)kalkulierbares Risiko eingehen, das für alle sofort tödlich ausgehen kann.

„Russisches Roulette“ wäre ja auch nicht ein solches, wenn jeder Teilnehmer mehrere Leben hätte und die tödliche Kugel nur eines davon auslöschen würde.

WPG-Wertung: Keine neue WPG-Wertung für ein 8 Punkte Spiel.

Und dann gab es auch noch ein

4. “Vantage”

nicht am gewohnten Mittwoch am Westpark, sondern in einer privaten Feierrunde bei Moritz. Der Verlag schreibt dazu:

Vantage ist ein kooperatives Open-World-Abenteuerspiel, bei dem ihr einen ganzen Planeten erforschen könnt. Mit fast 800 miteinander verbundenen Orten auf 400 Karten, und über 900 weiteren Karten, bietet das Spiel eine vielfältige Welt, die ihr frei erkunden könnt und in der ihr immer wieder Neues entdeckt.

Jede Partie beginnt auf einem intergalaktischen Schiff, das auf einen unbekannten Planeten zusteuert. Nachdem ihr weit entfernt von den anderen Crew-Mitgliedern auf diesem Planeten abgestürzt seid, habt ihr völlige Freiheit, wie ihr den Planeten erkundet, entdeckt und mit ihm interagiert. Ihr seht euren jeweiligen Standort aus der Ich-Perspektive. Von den Anderen seid ihr durch große Entfernungen getrennt, sodass ihr nur euren eigenen Standort sehen könnt. Allerdings dürft ihr mit den anderen Abgestürzten kommunizieren und sie bedingt unterstützen.

Eine Partie endet, wenn ihr eure Mission, euer Schicksal oder sogar beides erfüllt habt, oder wenn die verabredete Spielzeit abgelaufen ist.

Vantage ist kein Kampagnenspiel. Jedes Partie ist eine eigenständige Erfahrung. Ihr bringt in zukünftigen Sitzungen nur das mit, was ihr zuvor über die (immer gleiche) Welt gelernt habt.


Andrea bekam glänzende Augen beim Gedanken, in vielen, vielen Abenden, Aug‘ und Auge mit dem besten aller Ehemänner in die Geheimnisse dieser Offenen Welt einzusteigen. Der Rest der Westpark-Gamer sah es deutlich weniger euphorisch und Aaron gab am nächsten Tag seinen Senf dazu ab.

Gehypt über alle Maßen mit super Bewertungen auf BGG. Wie kommt es, dass mir ein Jamey Stegmaier Spiel nicht gefällt? Der macht doch ansonsten schön ausbalancierte, eher friedliche Spiele wie das hervorragende Tapestry. Und Open World Adventure mit SciFi-Setting klingt spannend.

Hier meine 10 Punkte, die mir gestern das Spiel verleidet haben:

1. Jeder Spieler spielt ein eigenes Minispiel ohne Interaktion mit den anderen Spielern (bis auf „Helfen“ durch Skill Tokens oder Würfelablageplätze). Das führt zu wenig bis gar keinem „Gemeinschaftsgefühl“. Für ein kooperatives Spiel sehr merkwürdig.

2. Die Beschreibung der Orte auf den Karten ist sehr knapp, oft ohne vollständige Erwähnung aller „features“ (z.B. vorhandener Wächter).

3. Die Ortsbeschreibung und die möglichen Aktionen an einem Ort passen oft nicht zusammen („hire“ obwohl man niemanden sieht). Das führt zu Schulterzucken und einem „Disconnect“ mit dem Spiel. Statt einem Abenteuer spielt man „Finde heraus, was der Designer sich überlegt hat.“

4. Wenn man einen Ort noch einmal besucht, darf man dort keine Aktionen (außer Weggehen) durchführen. Das ist völlig realitätsfern liegt aber daran, dass Orte keinen Status haben und damit die Spielmechanik nur so funktioniert (ansonsten würde bei einem erneuten Besuch eines Ortes dort gefundene Gegenstände wieder auftauchen oder bereits besiegte Monster wieder leben). Auch hierdurch wird ein Eintauchen in die Spielwelt viel zu stark behindert.

5. Die Aktionen an den Orten sind (bewusst?) kryptisch benamst. Daher ist es oft schwer sich vorzustellen, was man da gerade macht und was ein mögliches Ergebnis sein könnte. Ich frage mich was sich Stegmaier dabei gedacht hat.

6. Geplant an bestimmte Orte zu kommen ist ein Ding der Unmöglichkeit, weil es keine Info gibt in welche Richtung der liegt und es keine wie auch immer geartete Karte gibt.

7. Destinies tauchen zufällig auf und da für einen Sieg relevant, steuern einen in eine bestimmte Richtung. Zusammen mit Punkt 6 ist aber die Erfüllung der Bedingungen eher zufallsgetrieben und damit frustig.

8. Die Anzahl der Würfelablageplätze steigt im Laufe des Spiels, dadurch wird die Wahrscheinlichkeit eines „Erfolgs“ einer Aktion immer größer -> viel Würfelei für nix.

9. Die permanente Sucherei nach Karten auf Zahlenzuruf zerstört die Atmosphäre.

10. Es ist ein thematisch irrer Mix aus Fantasy und SciFi mit langweiligen Texten sowohl auf den Karten als auch für die Action-Ergebnisse in den Büchern.

Alles das führte für mich dazu, dass gestern keine rechte Abenteuerstimmung aufkam. Es fühlte sich eher wie eine repetitive, mechanistische Abhandlung der Schritte „zu einem Ort bewegen“, „irgendeine, hoffentlich sinnvolle, Aktion dort durchführen“ und „würfeln“ an. Ein Eintauchen in die Spielwelt habe ich zu keinem Zeitpunkt erlebt.

Das Experiment, ohne eine Karte als Spielplan nur mit FPV-Ortskarten eine Open World zu schaffen, sehe ich als gescheitert an. Zu groß sind die Nachteile (siehe 3. und 4.), die dann noch durch die schlechten Texte (siehe 2. und 5.) werden.


Dagegen stellte Moritz dann seinen Eindruck von diesem Spiel.

Ich respektiere das alles, nur sind viele der Kritikpunkte gerade das, was das Spiel attraktiv für viele macht.

Letztlich geht das ja alles auf das Prinzip “Spielbuch” zurück, nur, dass es hier mit interaktiven Mechanismen und Karten gelöst wird. Vorreiter war hier das Spiel “The 7th Continent”, wo das zum ersten Mal gemacht wurde. Es ist einerseits ein Brettspiel, weil man sich über einen Spielplan bewegt und eine Kartenhand managt, andererseits sind diese Karten aber nach Zahlen organisiert und man muss alle möglichen Dinge auf ihnen (mit der Lupe!) entdecken und knackige Rätsel lösen. “The 7th Continent” hat seine Fans, aber auch seine Kritiker, weil es sehr linear gestaltet ist und man in Sackgassen kommen kann, die sehr frustrierend sind.
Ja, Spielbücher sind meistens auch Rätsel, man will den idealen Weg finden. Gerade weil man Rätsel lösen will, will man nicht, dass das Spiel einen bei der Hand nimmt, gerade das Verwirrende und Obskure hat also System – man muss aus unklaren und vagen Informationen durch Raten und Ausprobieren weiterkommen. Dabei wird man immer besser, weil man immer mehr lernt.

Das Designprinzip von Stegmaier verstehe ich durchaus – er wollte das als Grundlage nehmen, aber eher ein “Open World”-Erlebnis schaffen, bei der es keinen einzigen Weg gibt, sondern sehr viele mögliche (Quests, Destinies, Missions).

Er wollte die Spielwelt bewusst mysteriös und verwirrend schaffen, damit man nicht gleich alles versteht, denn ansonsten wäre es für Fans dieses Genres (zu denen ich schon gehöre) zu langweilig.

Sein neuer Designansatz ist also, dass es keinen linearen Weg gibt, sondern viele verschiedene “richtige” Wege, man wird aber im Spiel nur besser, wenn man aus Erfahrungen lernt und immer wieder spielt. Unsere nächste Partie würde schon sehr anders verlaufen, weil wir jetzt vieles besser verstehen – wir würden also schneller zu Ergebnissen kommen und gezielter vorgehen, aber natürlich auch beim zweiten Mal nicht alles “lösen”.

Und Deine Kritik mit der fehlenden Karte: die sollen natürlich die Spieler selbst machen, und das ist auch Teil des Spielspaßes, siehe diese Diskussion hier: https://boardgamegeek.com/thread/3551652/totally-spoilerific-tips-on-vantage-map
Die Prinzipien einer solchen Karte herausfinden zu müssen ist also Teil des Designs und des “Erforschung/Abenteuer”-Erlebnis, das wegzunehmen indem man alles vorher erklärt und spoilert würde den intendierten Spielspaß eines solchen Spiels verringern, nicht vergrößern.
Ich habe schon viele solcher Spiele gespielt und natürlich mache ich mir dann irgendwann auch Notizen, Karten oder sogar Zettelkästen. Je erfahrener man in solchen Spielen wird, desto mehr versteht man, worauf es ankommt, man wird also hier “besser”, wobei aber Scheitern auch dazugehört, man kann es gar nicht 100% vermeiden.

Bei “Vantage” fand ich die Spielerzahl eher das Problem, weil die individuellen Quests nicht so gut zusammenkommen, wie es sich Stegmaier vielleicht vorgestellt hat und sich die Runden dann doch eher ziehen. Ideal sind aber vermutlich 2 Spieler, die sich sehr darauf einlassen und sorgfältig untereinander kommunizieren. Solitär geht natürlich auch.
Innovativ finde ich das Spiel mit seinem Ansatz schon, Stegmaier ist generell eher ein origineller Designer als jemand, der an alten Prinzipien sorgfältig feilt. Deswegen sind seine Spiele auch immer sehr polarisierend – manche lieben sie gerade deswegen, manche hassen sie. Als künstlerisch arbeitende Person finde ich den Willen zum Ausprobieren erst einmal grundsätzlich sympathisch bei ihm, und solche Spiele bringen das Hobby weiter.

Aber klar, man kann argumentieren, dass das auch nah an Computerspielen ist, aber das Computergenre “Adventure” (“Secrets of Monkey Island” usw.) war damals direkt inspiriert von Spielbüchern, die Inspiration ist also wechselseitig.

Dazu nochmals Aaron:
wie ich in der Einleitung schrieb, ist mir klar, was Stegmaier hier realisieren wollte und finde die Idee sehr spannend. Meine Kritikpunkte beziehen sich auf die, meiner Meinung nach, mangelhafte Umsetzung durch die kein wirkliches Abenteuer-Feeling, kein Entdeckerwille und keine Spannung bei mir aufkam. Mit meinen 10 Punkten habe ich versucht zu erklären woran das lag.
Aus einer Abfolge 1234 – lila – 1255 – grün – 1201 – gelb usw. ohne inspirierenden Flavour-Text kann ich kein Abenteuergefühl oder eine Spannung ableiten und deshalb fällt das Spiel bei mir durch.
Die Designleistung, mit über 1000 Karten eine Welt zu erschaffen, die in sich logisch ist, nur positive Ausgänge kennt und in der jede Mission und jede Destiny auch irgendwann mal schaffbar ist, möchte ich deshalb nicht abwerten.


Die Unterschiede in der Betrachtungsweise resultieren wohl aus der Erwartung von Aaron an ein „normales“ Brettspiel und die hier schätzenswerten Qualitäten wie Spielmechanik, Interaktion, angemessene Spieldauer und Dynamik, emotionale Spannung und Spaß (alles Begriffe von der KI ausgespuckt). Moritz dagegen schwelgt in den Geheimnissen einer unbekannten Abenteurerwelt.

Die KI formuliert die Unterschiede:

In Adventure-Games steht nicht in erster Linie Wettbewerb, sondern Erlebnis, Story und gemeinsame Entdeckung im Mittelpunkt. Hier die wichtigsten Unterschiede und zusätzlichen Eigenschaften, die ein gutes Adventure-Brettspiel braucht:

🎭 1. Starke Geschichte (Storytelling)
• Eine mitreißende, gut geschriebene Geschichte ist zentral.
• Entscheidungen der Spieler sollten den Verlauf der Handlung beeinflussen.
• Oft gibt es Kapitel, Szenarien oder Quests, die sich entwickeln.
🗣️ Beispiel: In „Gloomhaven“ oder „Destinies“ verändern Spieler durch ihre Handlungen die Welt und das nächste Szenario.

🌍 2. Atmosphärische Spielwelt
• Eine einzigartige Welt (Fantasy, Sci-Fi, Krimi, usw.) mit klarer Logik und Wiedererkennbarkeit.
• Illustrationen, Texte, Musik oder App-Unterstützung helfen, Immersion zu erzeugen.
🎨 Ein gutes Adventure-Game „fühlt sich an“ wie eine Welt, in der man Abenteuer erlebt.

🧙 3. Charakterentwicklung
• Spieler steuern oft Helden oder Figuren mit individuellen Fähigkeiten.
• Diese entwickeln sich im Laufe des Spiels weiter (z. B. Erfahrungspunkte, Ausrüstung, neue Fähigkeiten).
💡 Das motiviert langfristig und erzeugt emotionale Bindung.

🤝 4. Kooperation statt Konkurrenz
• In vielen Adventure-Games arbeiten alle zusammen, um ein gemeinsames Ziel zu erreichen.
• Statt zu gewinnen oder zu verlieren, erlebt man eine gemeinsame Geschichte.
• Konflikte sind meist gegen das Spielsystem, nicht zwischen Spielern.

🧩 5. Entscheidungsfreiheit und Entdeckung
• Gute Adventure-Games bieten mehrere Lösungswege und freie Erkundung.
• Überraschungen, Geheimnisse und „Was passiert, wenn wir X tun?“ sorgen für Spannung.
• Das Spiel sollte auf Entscheidungen reagieren – z. B. durch veränderte Ereignisse oder Konsequenzen.

🗺️ 6. Wiederspielwert durch verzweigte Pfade
• Verschiedene Wege oder Enden machen das Spiel wieder spielbar, trotz fester Story.
• Ideal: Kombination aus Story-Fortschritt und spielerischer Freiheit.

🧩 7. Gute Balance zwischen Spiel und Erzählung
• Zu viel Text → Spielgefühl leidet.
• Zu wenig Story → Abenteuergefühl fehlt.
• Ein gutes Adventure-Game schafft den Mix aus Taktik, Entdeckung und Erzählung.

💬 8. Gruppenerlebnis
• Gemeinsame Entscheidungen, Diskussionen („Was sollen wir tun?“) sind zentral.
• Das Spiel sollte Teamkommunikation fördern und jeden einbinden.

Ein Gruppenerlebnis hatten wir bei Moritz allemal. Spielespaß nur eingeschränkt. Dafür haben wir uns aber beliebig viel Spaß selber dazu gemacht.

24.09.2025: Ursuppe der Neuzeit


1. “Meister Makatsu”

Willis Stichkartenspiel von letzter Woche konnte heute bei Moritz nicht überzeugen. Claro: es gibt keine Orcs, keine Würfel und keine Schlachten. Jeder muss für sich selbst versuchen, die semi-zufälligen Kartenhände in dreierlei Hinsicht abzuspielen: möglichst nicht ans Ausspiel kommen, die orangenen Doppel-Strafer so früh wie möglich loszuwerden – nach Möglichkeit auch ohne damit (Straf-)Chips einzuheimsen -, Kartenpflege für das Gesamtdeck betreiben, und natürlich – kurzfristig – pro Stichrunde die Chips-Ausbeute zu minimieren. Ein bisschen hilft dabei, sich die gespielten Karten der Gegner (Mitspieler) zu merken. Locker ist das aber nicht.

WPG-Wertung: Zu den je 8 Punkten von Aaron, Günther und Walter vergab Moritz 6 Punkte (OK, aber nicht spannend)

2. “Dominant Species – Marine”

Vor gut 14 Jahren haben wir „Dominant Species“ ohne Marine gespielt, jetzt geht es ins Wasser, in die Ursuppe. Dort kämpfen unsere Lebewesen (Holzwürfelchen) den guten Kampf des Überlebens: Nahrung erzeugen und/oder aufsuchen bzw. uns an das variable Angebot anpassen, Vermehren, uns Zusammenziehen bzw. Zerstreuen, je nach unseren aktuellen Ambitionen, und vor allem die Konkurrenten so viel wie möglich schädigen.

Doris und Frank haben mit ihrer „Ursuppe“ demonstriert, wie man aus diesen Mechanismen ein 8-Punkte-Spiel zubereitet. Stromlinienförmig geht es ums Leben, Verdrängen und Überleben.

In Chad Jensens „Dominant Species“-Versionen wurden dagegen jede Menge Schnörkel und Umwege eingebaut, die weder das Spiel noch das Spielgefühl fördern. So wurde die irdische Version zu einem paralytischem 4-Stunden-Schinken, bei dem allein Günther eine halbe Stunde über einen einzigen Zug grübeln und rechnen konnte (siehe Spielbericht vom 27.1.2011). In der „Marine“ geht es schneller: Wir haben zwar immer noch 12 Arbeitsplätze für unsere fünf „Pawns“, aber die Auswahl wird dadurch eingeschränkt, dass wir die Plätze (in der Regel) von oben nach unten besetzen müssen. Wenn wir uns beispielsweise schon mal mit „Wanderlust“ betätigt haben, dürfen wir keine „Adaption“ mehr durchführen. Und wenn wir uns via „Domination“ einen „Special Pawns“ zugelegt haben, bleibt uns kein weiterer Zug mehr übrig – außer mit dem Special-Pawn selber – , wir müssen eine Erfrischungspause einlegen.

Innerhalb bestimmter Züge dürfen wir „Evolutionskarten“ aus einer offenen Auslage nehmen und in Anwendung bringen. Meist bekommen wir dafür Siegpunkte, mal mehr mal weniger. Manche von ihnen haben aber desaströse Auswirkungen auf die Mitspieler: Überlebenswichtige Nahrung wird ihnen weggenommen, so dass sie beim nachfolgenden Ernährungscheck wegsterben wie die Fliegen, oder sie werden gleich haufenweise direkt ins Ursuppenjenseits befördert.

Wir haben heute ziemlich friedlich gespielt. Unausweichlich mussten wir natürlich auch die bösartigsten Evolutionskarten spielen, aber ansonsten haben wir kein einziges Mal das Nahrungsangebot verknappt (übersehen?) und viel zu spät haben wir die Vent-Teilchen entdeckt, die eine konzentrierte feindliche Population mit einem Schlag auslöschen.

Friedfertigkeit ist sicherlich gegen den Charakter des Spiels. Damit es in keine banale Erbsenzählerei ausartet, muss jeder auf jeden dreischlagen, ja sogar versuchen, eine gegnerische Spezies komplett auszulöschen. Man ist es der Arterhaltung – und natürlich auch dem Siegpunkt-Segen – schuldig.

Wenn dann allerdings in der Spielregel steht: “A player is never ‘out of the game‘, even if they manage to empty their Gene Pool and lose their last remaining species on earth“ , dann ist das ein ausgesprochener Kack. Wenn ein Spieler rausgekickt wurde, muss ein Spiel beendet sein und die Schlusswertung beginnen.

WPG-Wertung: Aaron: 4 (nicht thematisch, völlig konstruiert, es passt nichts zusammen; beim Design haben sie sich wieder mal nicht getraut, etwas zu bringen, was irgendwie nach Sex aussieht), Moritz: 9 (besser als das alte „Dominant“, schneller, mehr Vielfalt), Walter: 5 (wenn man es „brav“ spielt, ist es langweilig; wenn man es „richtig“, d.h. auf Teufel komm‘ raus, aggressiv spielt, ist es a) Kingmakereri und b) nicht mein Fall und c) machen dann die unterschiedlichen Zufallseffekte der Evolutionskarten ein Lotteriespiel daraus.).

17.09.2025: Willi’s Kleinigkeiten

1. “Ab ins Beet”
Alle sechs Jahre wieder kommt der Willi zu uns. Heute wieder. Und er brachte selbstverständlich ein paar kleinere Spiele mit. Kartenspiele, seine Spezialität.

Mit „Ab ins Beet“ fing es an. Für mich vom Format her das kleinste Kartenspiel, das ich je gespielt habe. Auf den quadratischen Karten sind Objekte aus dem Gartenbau abgebildet: Paprika, Tomaten und Salat, manchmal nur ein Stück, manchmal auch drei. Nur vom Salat ist jeweils nur ein halber Kopf vorhanden. Dazu gibt es an zwei Seiten einen einfarbigen Rand in den Ausprägungen blau, rot und gelb.

Jeweils vier dieser Quadratkarten der Größe 1 müssen wir zu einem 2 x 2 quadratischen „Beet“ zusammensetzen, so dass die farbigen Ränder außen sind. Wenn alle Ränder eines Beetes die gleiche Farbe haben, ist es gut, denn das gibt Siegpunkte. Wenn zudem halbe Salate aneinanderstoßen und so einen kompletten Salatkopf bilden, ist es ebenfalls gut, denn das gibt ebenfalls Siegpunkte. Weitere Siegpunkte liefern Paare von Paprika und Tomaten.

Bisher einfach bis kindisch. Der Pfiff ist die Verteilung der Karten. Es gibt vier Runden, in denen jeweils drei Quadratkarten ausgeteilt werden. Davon darf man jeweils eine behalten, je eine bekommen der rechte und der linke Nachbar. Danach hat jeder Spieler wieder drei Quadratkarten auf der Hand, die er in seine vorhandenen oder noch nicht vorhandenen Beete einreihen muss.

Bei Spielende hat jeder Spieler drei komplette Beete vor sich liegen und entsprechend ihrer Zusammensetzung und Farbigkeit hagelt es Siegpunkte. Klingt locker, ist es auch, aber kindisch ist es nicht.

WPG-Wertung: Aaron: 7 (kombinatorisch mit einem gewissen Glücksfaktor, wenig Totzeit), Günther: 7 ([WS: Er hatte am wenigsten Totzeit, da er sie als einziger verursachte]), Willi: 7 (thematisch, hübscher Charakter mit einer gewissen Steigerung), Walter: 7 (lustig, schnell, konstruktiv).

2. “Meister Makatsu”

Noch ein hübsches kleines Kartenspiel von Willi. (Als Mitbringer, nicht als Autor, das ist nämlich der Reiner Knizia.)

Ein duales Stichkartenspiel der besonderen Art. Man muss schon ein Knizia sein, um in ein triviales Stichkartenspiel so viele verschiedene, überraschende, Effekte bringen zu können, die daraus schließlich ein geniales Spiel machen.

Jeder Spieler bekommt das identische Deck aus 24 Zahlenkarten von 1 bis 8 in drei Farben (trivial). Aus seinem verdeckt gemischten Spiel zieht jeder Spieler jeweils vier Karten – sechsmal insgesamt – mit denen er die Stiche bestreitet (trivial). Von einem Startspieler ausgehend wird reihum immer eine Karte ausgespielt, bis jeder zwei Karten vor sich liegen hat (bemerkenswert). Die restlichen beiden Karten legt jeder Spieler auf einen Zweite-Runde-Stapel (bemerkenswert). Man braucht nicht zu bedienen (bemerkenswert). Nach der zweiten Stichrunde bekommt jeder Spieler, der die höchste Karte einer Farbe hat, einen Chip (fast trivial). Die Farbe Gelb liefert sogar zwei Chips (bemerkenswert).Maximal werden also pro Stich drei Chips verteilt, minimal nur einer (trivial). Die Chips sind Minuspunkte (bemerkenswert).

Nach den sechs Runden liegen bei jedem Spieler 12 Karten in seinem „Zweite-Runde-Stapel“. Mit denen bestreitet er jetzt nach dem gleichen Spielprinzip die zweite Runde (höchst bemerkenswert). Die Chips, die jetzt ausgeteilt werden, sind aber gleich zwei Minuspunkte wert (bemerkenswert).

Im Dritte-Runde-Stapel liegen jetzt pro Spieler 6 Karten. Damit bestreitet er jetzt eine normale Runde. Nimmt dann die beiden restlichen Karten des Stapels zu seinen beiden nicht genutzten Handkarten dazu und bestreitet damit die letzte Runde (bemerkenswert). Die hier erhaltenen Chips sind sogar drei Minuspunkte wert (bemerkenswert). Die beiden übrigen Karten der letzten Runde werden nicht mehr gespielt (bemerkenswert).

WPG-Wertung: Aaron: 8 (kurzweiliger Absacker), Günther: 8 (vorerst hübsch, der Wiederspielwert muss sich noch erweisen), Willi: 8 (wenn auch nicht abendfüllend), Walter: 8 (flexibel auf die Kartenhand und Stichfolge reagieren, Kartenpflege ist die Herausforderung).

3. “Plus-Plus-Minus”

Willi sollte Aarons Eigenentwicklung beurteilen, die langsam aus dem Inkubator herauskommen soll. Grundsätzlich ist der ja kein Fan vom Biet-Mechanismus jeglicher Art, aber er fand ein paar bemerkenswerte Änderungsmöglichkeiten, um Kartenpflege und Timing effizienter zu machen. Vielleicht.

Keine WPG-Wertung für ein Spiel in der Entstehungsphase.

4. “Bomb Busters”
Zweimal sind wir in Stufe 41 gescheitert. Kein einziger Fehlerversuch ist gestattet, solange man nicht wenigstens eine der gelbem Störzahlen identifiziert hat, Ein ganz schön harter Brocken. Mal sehen, ob wir es beim nächsten Mal schaffen oder ob einfach eine erhebliche Portion glücklicher Zufall dazugehört, dieses Problem zu meistern.

(Vielleicht sollten wir mehr Flüsterpropaganda einsetzen.)

10.09.2025: Deckbuilding a la Aschenputtel


1. “Rocketmen”

Ein Martin Wallace ist am Westpark immer noch so eine Art Pflicht. Uns verbindet keine Art Hass-Liebe, sondern eher eine Vorfreude-Enttäuschung. Der Mann ist gut, fast sogar genial, seine Spiele haben keine technischen Fehler, aber schlussendlich reicht es bei uns dann doch nur zu einer mittelmäßigen Wertung.

In „Rocketmen“ muss jeder von uns aus dem Weltraum heraus zu verschiedenen Landeplätzen auf den drei Objekten Erde, Mond und Mars fliegen = Missionen erfüllen. Mehrmals. Mit mehr Einsatz und weniger Risiko oder mit weniger Einsatz und mehr Risiko.

Für jede Mission brauchen wir einen Mindestantrieb für den Start und ausreichend Betriebsmittel für den Flug. Die Betriebsmittel reichen aber nicht bis zum Ziel, bei Weitem nicht. Wir müssen unterwegs 3, 4 oder 5 zufällige Erfolgskarten ziehen, die uns jeweils 1 bis 4 Felder vorwärtsbringen, oder aber auch gar nicht. Es liegt in unserer Entscheidung, viel Zeit und Aktionen aufzuwenden, um die Betriebsmittel vor unserem Start aufzustocken, oder bereits mit halbem Tank loszufliegen und auf (über-)durchschnittliche Erfolgskarten zu hoffen, um billiger oder als Erster am gewünschten Ziel anzukommen.

Motor des Spiels sind Betriebskarten: einerseits geben sie an, welche Ziele wir damit anfliegen dürfen, andererseits stellen sie einen Antrieb oder ein Betriebsmittel dar, oder sie sind als Geld nutzbar zum Erwerb weiterer Betriebskarten, von denen jeweils fünf Stück auf einer offenen Auslage liegen. Diese weiteren Betriebskarten liefern ebenfalls Antrieb, Betriebsmittel oder Geld, und besitzen zudem individuelle Sonderfunktionen für mehr Erfolg innerhalb unserer Missionen.

Wie läuft das Spiel ab? Jeder Spieler zieht die obersten 6 Karten von seinem verdeckten Kartendeck und sichtet sie. Die Guten kommen ins Töpfchen bzw. auf unsere Startrampe, mit denen bestreiten wir den Flug. Die Schlechten bzw. aktuell nicht Nutzbaren – kommen ins Kröpfchen bzw. in unsere Ablage. Geldkarten sind ambivalent, mit ihnen bezahlen wir die Bestückung der Startrampe oder kaufen neue Betriebskarten.

Nach dem Verwursteln der Kartenhand dürfen wir noch eine Mission starten – nur sinnvoll, wenn wir entsprechend ausgerüstet sind. Falls die Mission erfolgreich war, erhalten wir Siegpunkte und ein paar Vorteile an Antrieb, Betriebsmitteln oder Geld.

Wenn wir das ungezählte Male praktiziert haben – bei uns dauerte es 3 ½ (dreieinhalb) Spielstunden -, hat der Erste genügend Siegpunkte gesammelt und beendet das Spiel. Meistens als Sieger: Es gibt aber auch noch Siegpunkte für Besitztümer, die erst nach dem Ende aller Missionen gewertet werden, da könnte ein Zweiter den Ersten noch überholen.

Was ist die Herausforderung des Spiels? Wie im richtigen Deck-Building: zur richtigen Zeit die richtigen Karten auf der Hand zu haben, um die richtigen Aktionen durchführen zu können. Die Missionserfolgskarten tragen das Ihrige (Irrige) dazu bei.

WPG-Wertung: Aaron: 5 (wohlwollend; Deck-Building hat mich noch nie fasziniert, dies hier ist eines der Schlechtesten; die bekommenen Karten sind überwiegend unglücklich, d.h. nicht passend zum Vorhaben), Günther: 6 (interessante Mischung aus Deck-Building und Entwicklung), Walter: 6 (brav und sauber und ausbalanciert, leider zu repetitiv und zu lang, irgendwie auch zu solitär: die Konkurrenz um das ius primae noctis auf dem Mond ist marginal und der Kampf um die lohnenswertesten Betriebskarten eher ein Hornberger Schießen).

03.09.2025: Vom Eise befreit


1. “Revive”

Eine dicke Eisschicht hat unsere Erde überzogen und die Menschheit hat sich in den Untergrund zurückgezogen. Aber dank Klimawandel taut das Eis langsam wieder auf, wir können aus unseren Löchern wieder herauskriechen und die bekannte Schlamastik von neuem beginnen: uns vermehren, Hütten und Häuser bauen, neues Land entdecken und dabei Siegpunkte einsammeln.

Gesteuert wird der Spielablauf über Aktionskarten, die uns Ressourcen zum Bezahlen unserer konstruktiven Aktionen liefern oder sonstige Aktionsfreiheiten verschaffen,

Auf Nebenschauplätzen betritt jeder Spieler drei Trampelpfade, wo ihm wundersame Maschinen begegnen, die er zusätzlich zu seinen Hauptzügen in Bewegung setzen und für sich nutzen kann: Ressourcen sammeln oder tauschen, Siegpunkte und Sonstiges ernten.

Überall lauern Geschenke: neue Aktionskarten, Effizienzsteigerung bei der Ressourcenbeschaffung oder günstigere Entwicklung.

Überall dürfen (müssen?) wir Auswahlen treffen: unter neuen Aktionskarten, unter Effizienzsteigerung, unter günstigerem Vorankommen und unter neue Maschinen. Die Nebenzüge können sich zu einer ganzen Orgie von Aktionen ausweiten. Die rechten Baumeister schwelgen in solchen Kettenzügen und die unbedarften Mitspieler müssen noch nicht einmal lange auf deren Beendigung warten. Alles ist positiv, alles nur Lust, und am Ende – bei uns nach 2 ½ Stunden – gewinnt Günther,

WPG-Wertung: Aaron: 7 (spielt sich immer noch relativ schnell. [WS: Verglichen mit was?]), Günther: 6 (die Labyrinth-Maschinerie ist ziemlich unübersichtlich), Walter: 6 (ziemlich solitär – das haben die Mitspieler anders gesehen, aber das Spiel hat ja auch eine Solovariante -; unnötige Zufälle, ziemlich viel Fieselei.)

Aaron und Günther hatten das Spiel auf der Online Plattform BGA kennen-, schätzen und lieben gelernt. Ja wenn das Programm Kartenmanagement und Ressourcenverwaltung komplett übernimmt und wir uns dem reinen Planen und Agieren hingeben können, dann steigt der Spielspaß ins Unermessliche.

2. “Lumen”

Ein Stichkartenspiel der besonderen Art. Wir müssen die Karten verkehrt halten und sehen nur die Karten (Zahlenkarten in 5 verschiedenen Farben) der Mitspieler, die eigenen aber nicht. Die Karten, auch die eigenen, sind aber wie durch Zauberhand nach Farben und Zahlen sortiert. Nicht alle Karten werden verteilt, so dass wir anhand der Mitspieler-Kartenhände unsere eigene Kartenhand keinesfalls auszählen können.

Jetzt muss jeder Spieler angeben, wie viele Stiche er mit seiner – ihm unbekannten – Hand machen wird. Liegt er am Ende richtig, bekommt er eine feste Anzahl Pluspunkte, liegt er falsch, so bringt jeder über- oder unterzählige Stich Minuspunkte.

Das Abspiel ist ziemlich kacifántos. Wir wissen von Einzelkarten nicht, ob sie hoch und stichträchtig oder nur Luschen sind. Wir wissen von mehreren Karten in einer Farbe nicht, ob wir sie „hochkriegen“ und viele Stiche damit machen können oder ob Mitspiele hier besser liegen und uns mit Trumpfen ohnehin einen Strich durch die Rechnung machen können. Selbst der Startspieler kann nicht einmal den ersten Stich sicher kalkulieren.

Das absolut unkalkulierbare Handeln mit Stichen hat Gaudicharakter, vor allem wenn man es locker spielt und weniger auf die vorhergesagten eigenen Stiche aus ist, als vielmehr darauf, den Mitspielern deren Vorhersage zu vermasseln. Aber welcher Stiche-Profi kann so spielen? Fazit: Der Frust größer als die Lust.

WPG-Wertung: Aaron: 7 (Gaudi), Günther: 6 (anstrengend, pseudo-locker), Walter: 5 (das Prinzip der unkalkulierbaren Kalkulation ist in sich unstimmig).

27.08.2025: Gaudi ohne Freude

1. “Die Artemis – Odysee”

Thema verfehlt. Wir gehen weder mit der jungfräulichen Artemis auf die Jagd noch irren wir durch das östliche Mittelmeer. Keine Kalyso hält uns mit ihrer Verführung fest und keine Kirke verwandelt uns in Schweine.

Wir fahren mit unserem Raumschiff gezielt und mehr oder weniger geskriptet auf die Planeten ferner Sonnensysteme, um dort die sechs verschiedenen Ressourcen zu gewinnen, mit denen wir den Bau von Kolonien, Fabriken, weiterer Raumschiffe und Platzhalter bezahlen.

Wir lassen unsere Fabriken produzieren, um weiter Rohstoffe zu erhalten – einer oder zwei günstig platzierte Mitspieler dürfen dann ebenfalls produzieren (= Kingmaker-Effekt 1).

Etwa viermal im Spiel darf jeder Spieler eine individuelle Wertung ansetzen, in der seine Konfiguration an Objekten mit Siegpunkten beschert wird. Auch hier profitieren ein paar wenige glücklich konfigurierte Mitspieler mit (= Kingmaker-Effekt 2).

Wir haben die Regel weggelassen, dass der Spieler, dessen Zug ausgewertet wird, auch noch bestimmen darf, wer mit ihm mitprofitieren darf und wer nicht. Bei so einem Kingmakerei-Potential hätte zumindest Walter sofort das Handtuch geworfen.

Bei diesen Wertungen werden zufällig unglücklich bis dumm konfigurierte Mitspieler noch explizit mit Siegpunkt-Abzug bestraft. Welchen positiven Effekt auf den Spielablauf soll denn diese Frust-Regel haben? Die Spieler sind doch schon durch ihren Minderertrag bestraft, und auch ohnehin viel zu sehr mit Ressourcen-Beschaffung für ihre Bauvorhaben beschäftig, als dass sie sich um die unvorhersehbaren Wertungsaktionen ihrer Mitspieler Gedanken machen können.

Auch den Startspielervorteil hat der Vielspieleerfinder Faidutti nicht gelöst. Durch die vorgegeben unterschiedliche Verteilung der Planeten um ihre Sonnen verdienen in den ersten drei – zwangsläufigen – Reisezüge der Spieler jeweils nur die beiden linken Spieler mit, danach aber alle. Fazit: nachdem alle Spieler ihren ersten (Reise-)Zug gemacht haben, besitzt der dritte Spieler 2 Ressourcen mehr als der erste, der 4te und der 5te Spieler. Das sind etwa 10 Prozent mehr, als man im gesamten Spiel erwirtschaftet. Kann das gut sein?

Offensichtlich hatte Faidutti ein Gaudispiel im Sinn. Das ist ihm auch gelungen. Aber in Bayern hat „Gaudi“ etwas mit chaotischer Freude zu tun, das französische „gauche“ ist eher linkisch, schief und krumm.

WPG-Wertung: Aaron: 3 (es wären 5 Punkte, wenn man in den angegebenen 45 Minuten durch wäre, wir brauchten aber 2 ½ Stunden, grottige Ikonographie, kein Spielspaß, mehr Frust als Lust), Andrea: 4 (da steckt ein schönes Spiel drin, wenn man eine Menge verändert), Günther: 5 (ein akzeptables Aufbauspiel für 3 Personen. [WS: Gelten Deine 5 Punkte auch für das Spiel in einer 5er Runde?]), Moritz: 5 (die Wertungen sind ein Scheiß; es wäre besser, wenn jeweils eine allgemeine Wertung zu Beginn einer Runde offen ausläge), Walter: 4 (das Ressourcen-Handling ist ein Scheiß; die Zufallseffekte erschlagen die Planung; ich hatte an keinem einzigen Zug einen Spielspaß).

PS: Aaron erkannte, dass wir die „Artemis“ schon vor 14 Jahren unter dem Namen „ad astra“ gespielt haben. Da stimmt wenigstens der Titel, auch wenn wir nicht zu Sternen, sondern zu deren Planeten fliegen.

2. “Cat in the Box”

Walter spielt dieses eigenartige, höchst bemerkenswerte Stichkartenspiel sehr gerne, konnte sich heute mit diesem Vorschlag aber nur durchsetzen, weil unsere seltene, aber immer höchst attraktive Mitspielerin Andrea sofort darauf ansprang.

Aaron schlug eine „Faidutti-Regel“ vor: Bei Spielende bekommt der Letzte seine Punkte mit Minus-1 multipliziert und darf dann die Hälfte davon an einen beliebigen Mitspieler abgeben.

WPG-Wertung: Keine neue Wertung für ein 8 Punkte-Spiel.

23.07.2025: Buch und Spiel

1. “Red Rising”

Es kommt häufiger vor, dass ein Roman-Geschehen zu einem Spiel verarbeitet wird. Damit ist ja gleich ein eingängiger Titel gefunden, z.B: „Herr der Ringe“. (Hallo Autoren: Wann erfindet Ihr endlich ein „Krieg und Frieden“!) In „Red Rising“ soll es um das gleichnamige Buch (Trilogie + Quadrologie) gehen. Wir kannten das Buch nicht – erst Moritz las uns jetzt on-the-flight etwas aus dem Internet dazu vor. Aber außer leeren Namen und Farben von handelnden Personen des Romans findet man im Spiel kein Milligramm davon. Es ist schlichtweg ein Kartensammelspiel, noch dazu eines von der schwerfälligsten Sorte.

Fünf Karten bekommt jeder Spieler zu Spielbeginn auf die Hand. Die Karten haben einen mehr oder weniger nichtssagenden individuellen Namen (romanhaft halt) , eine Farbe, einen individuellen Text mit einem Ablage-Effekt und eine Bedingung für die Vergabe von Sonderpunkten, die am Ende ausgezahlt werden oder nicht.

In seinem Zug legt jeder Spieler jeweils eine seiner Karten ab und zieht aus einem von vier offenen Stapeln eine beliebige nach. Manchmal, aber selten darf er, abhängig von der ausgespielten Karte, auch zwei Karten nachziehen. Nachdem wir etwa die Hälfte der insgesamt 125 Karten „verarbeitet“ hatten, war Schluss und wir hatten jeder sechs bis sieben Karten auf der Hand.

Ziel war es, mit der letzten Kartenhand möglichst viele Punkte einzuheimsen. Jede Karte liefert a priori einen Batzen davon. Die Bedingungen für Sonderpunkte – z.B. wenn man nur eine einzige goldene Karte, oder mindestens eine blaue Karte, oder die Luna-Karte ebenfalls auf der Hand hat – wurden etwa zur Hälfte erfüllt und liefern einen kleineren Batzen Siepunkte.

Dazu kommen noch Siegpunkte für Einflussmarker, die man loswerden, oder rote Knöpfe, die man einsammeln konnte. Und für die Position auf der Flottenleiste.

WPG-Wertung: Aaron: 4 (dabei 1 Punkt für die schönen Bilder; viel zu viel Brimborium für die jeweils erzielbaren Mini-Effekte; das Durchlesen der vielen Effekt-Texte ist lästig, das Zusammensuchen von Karten-Kombis ist ohnehin nicht mein Fall), Günther: 5 (die den Spielern zu Spielbeginn ausgeteilten „Häuser“ sind ziemlich unausgewogen), Moritz: 5 (die Geschichte kommt im Spiel überhaupt nicht vor), Walter: 3 (Quartett für Erwachsene).

2. “Bomb Busters”

Zum achten Mal gespielt, jetzt zum ersten Mal unter dem Glorienschein von „Spiel des Jahres“.

Beim Schwierigkeitsgrad 33 haben wir zweimal gepatzt. Einmal war Walter in der frühen Spielphase ein kalkuliertes aber unnötiges Risiko eingegangen und hatte dabei alle mit ins Unglück gestürzt. Moritz motzte ob des benötigten Neuaufbaus. Beim zweiten Mal ging Moritz das unnötige Risiko ein oder er hatte sich verkalkuliert. Keiner motzte.

Bemerkenswert die Aufgabe von Schwierigkeitsgrad 35. Allen Spielern wird eine Abfrage-Einschränkung zugeteilt (z.B: nur grade oder ungerade Kabel schneiden, oder nur Kabel innerhalb eines definierten Nummernbereiches), aber nur ein einziger Spieler muss sich daran halten. Es gilt, sehr schnell herauszufinden, für welchen Spieler die Einschränkung gilt, sonst kann man die Aufgabe praktisch nicht erfüllen. Moritz skizzierte eine tricky Hilfsmatrix, die uns den sicheren Weg zum beschränkten Spieler führte.

WPG-Wertung: Keine neue WPG-Wertung für ein 8 Punkte Spiel.

16.07.2025: Bernd Eisenstein lässt grüßen

1. “Pillars of Heracles”

Vom Outfit her ein echter Eisenstein: der Titel fängt mit „P“ an (so wie „Peloponnes“, „Phalanxx“ oder „Porto Carthago“) und spielt im antiken Mittelmeerraum. Das Infit hat dagegen viele VäterInnen: Ein mildes Deckbuilding für Aktionskarten, mit den wir das Spiel betreiben, ein Aktionsrondell zur Bestimmung unserer jeweiligen Aktion, Personal zum Aufbau und zur Zerstörung (sorry: überwiegend zur Verteidigung), Gebäude um unsere Duftmarken in Ländern und Regionen zu hinterlassen, Rohstoffe für Handel und Wirtschaft, und tausende von Karten und Kärtchen in hunderten von Kategorien mit jeweils individuellen Eigenschaften und Attributen.

Friedlich gestimmt oder in Verkennung des Alternativ-Charakters von „Herkules“ entwickelten wir uns praktisch ohne jede Aggression in unseren Homelands. Günther war als Hellene ziemlich eingeklemmt zwischen Moritz (Iberer) und Walter (Aigyptos). Von daher versuchte er schon keinen Zweifrontenkrieg vom Zaun zu brechen. Walter war glücklich in seinem Königreich zwischen Memphis und Jerusalem, und so durfte sich Moritz ungehindert von Muhammads Granada zurück bis Tariks Carthago ausbreiten, natürlich mit reichlich Schifffahrt, die ihm in der Schlusswertung auch dicke Siegpunkte ins Kontor hageln ließ.

WPG-Wertung: Günther: 5 (schlussendlich doch ziemlich repetitiv), Moritz: 7 (für mehr Punkte etwas too much), Walter: 5 (viel Weg für ein in der Gigantomanie aus Karten- und Kärtchen verlorenes Ziel.).

2. “Cat in the Box”

Kurz vor der vorletzten U-Bahn noch ein spielerisches Aufatmen.

Keine neue WPG-Wertung für ein 8 Punkte Spiel.

02.07.2025: Wer oder was war Tabannusi

1. “Tabannusi”

Annosi waren hochbetagte Lateiner.
Cabanossi sind schnittfeste Rohwürste aus Speck und Schweinefleisch.
Tabanus ist eine stechende Pferdefliege.
Und Tabannusi war eine berühmtere Architektenfamilie, die eine der ältesten Städte der Menschheit, nämlich das sumerische Ur, geplant und gebaut hat.
So erzählt es uns wenigstens der Verlag Board&Dice bzw. die Autoren Daniele Tascini und David Spada.

Wir belegen Grundstücke, bauen darauf Häuserblöcke, erhöhen den Immobilienwert mittels Grünanlagen und Bewässerung und drehen an Tabellen, die unser Besitztum in Siegpunkte umsetzen.

Bemerkenswert 1: Es ist effizienter, nicht unbedingt die eigenen Grundstücke zu bebauen, sondern die der Mitspieler. Das ist billiger. Allerdings profitieren dadurch auch die Mitspieler, denn sie steigen in den Wertungstabellen nach oben. Entsprechend lassen wir gerne unsere eigenen Grundstücke von den Mitspielern bebauen.

Bemerkenswert 2: Wir steuern unsere Züge durch Würfel. Es gibt sie massenweise in fünf Farben auf fünf Regionen. Jede Augenzahl ist einem bestimmten Gebiet zugeteilt und entsprechend der Augenzahl des gewählten Würfels agieren wir im entsprechenden Gebiet. Doch es ist überall schön und zudem ist die 6 eine Jokerzahl, nach der wir in jedem beliebigen Gebiet aktiv werden können, so dass der vielversprechende Würfelmechanismus eher banal und lästig ist.

Eine gewaltige Workerplacement-Szenerie ist uns hier vorgesetzt. Wir hantieren mit Projekten und Dekreten, mit Kisten und Kasten, mit Goldbarren und Eigentumsmarkern, mit Architekten und Assistenten, mit Fundamenten, Häusern, Würfeln und Waren. Gut anderthalb Stunden führte uns Günther in Material und Spiel ein, weitere gut anderthalb Stunden brauchten wir bis zur ersten Wertung. Nach vier weiteren Wertungen – zweifellos in jeweils einer kürzeren Zeitspanne – hätten wir das Spielende erreicht. Doch wir verzichteten Weise auf den weiteren Teil der Reise.

Fast genauso lange wie der Spielaufbau dauert auch wieder der Abbau. Und bei der gebremsten Farbgestaltung muss man gewaltig aufpassen, dass dabei keine Teile unter den Tisch fallen.

WPG-Wertung: Aaron: 5 (es hat mich nicht angemacht; das Thema ist abstrakt und unterstützt auch nicht das Vorgehen; auch die Variationsplättchen, mit denen ein flexibler Spielaufbau bewerkstelligt wird, spricht nicht für ein überzeugendes Design; vom Würfelmechanismus hatte ich mir mehr erwartet), Günther: 5, Moritz: 6 (ich würde das Spiel sogar gerne solitär spielen), Walter: 5 (ein Haus aus lauter Balkonen; mir fehlt eine Struktur, die Wege und Ziele und das Gerangel darum beinhaltet).

2. “Bomb Busters”

Die Schwierigkeitsgrade 31 und 32, die Einschränkungen im Schneideraum – z.B. nur gerade Schnitte oder nur Schnitte zwischen 4 und 9 – enthalten. wurden anstandslos bewältigt.

Keine neue WPG-Wertung für ein 7,8 Punkte Spiel.