Archiv der Kategorie: Spieleabende

03.09.2025: Vom Eise befreit


1. “Revive”

Eine dicke Eisschicht hat unsere Erde überzogen und die Menschheit hat sich in den Untergrund zurückgezogen. Aber dank Klimawandel taut das Eis langsam wieder auf, wir können aus unseren Löchern wieder herauskriechen und die bekannte Schlamastik von neuem beginnen: uns vermehren, Hütten und Häuser bauen, neues Land entdecken und dabei Siegpunkte einsammeln.

Gesteuert wird der Spielablauf über Aktionskarten, die uns Ressourcen zum Bezahlen unserer konstruktiven Aktionen liefern oder sonstige Aktionsfreiheiten verschaffen,

Auf Nebenschauplätzen betritt jeder Spieler drei Trampelpfade, wo ihm wundersame Maschinen begegnen, die er zusätzlich zu seinen Hauptzügen in Bewegung setzen und für sich nutzen kann: Ressourcen sammeln oder tauschen, Siegpunkte und Sonstiges ernten.

Überall lauern Geschenke: neue Aktionskarten, Effizienzsteigerung bei der Ressourcenbeschaffung oder günstigere Entwicklung.

Überall dürfen (müssen?) wir Auswahlen treffen: unter neuen Aktionskarten, unter Effizienzsteigerung, unter günstigerem Vorankommen und unter neue Maschinen. Die Nebenzüge können sich zu einer ganzen Orgie von Aktionen ausweiten. Die rechten Baumeister schwelgen in solchen Kettenzügen und die unbedarften Mitspieler müssen noch nicht einmal lange auf deren Beendigung warten. Alles ist positiv, alles nur Lust, und am Ende – bei uns nach 2 ½ Stunden – gewinnt Günther,

WPG-Wertung: Aaron: 7 (spielt sich immer noch relativ schnell. [WS: Verglichen mit was?]), Günther: 6 (die Labyrinth-Maschinerie ist ziemlich unübersichtlich), Walter: 6 (ziemlich solitär – das haben die Mitspieler anders gesehen, aber das Spiel hat ja auch eine Solovariante -; unnötige Zufälle, ziemlich viel Fieselei.)

Aaron und Günther hatten das Spiel auf der Online Plattform BGA kennen-, schätzen und lieben gelernt. Ja wenn das Programm Kartenmanagement und Ressourcenverwaltung komplett übernimmt und wir uns dem reinen Planen und Agieren hingeben können, dann steigt der Spielspaß ins Unermessliche.

2. “Lumen”

Ein Stichkartenspiel der besonderen Art. Wir müssen die Karten verkehrt halten und sehen nur die Karten (Zahlenkarten in 5 verschiedenen Farben) der Mitspieler, die eigenen aber nicht. Die Karten, auch die eigenen, sind aber wie durch Zauberhand nach Farben und Zahlen sortiert. Nicht alle Karten werden verteilt, so dass wir anhand der Mitspieler-Kartenhände unsere eigene Kartenhand keinesfalls auszählen können.

Jetzt muss jeder Spieler angeben, wie viele Stiche er mit seiner – ihm unbekannten – Hand machen wird. Liegt er am Ende richtig, bekommt er eine feste Anzahl Pluspunkte, liegt er falsch, so bringt jeder über- oder unterzählige Stich Minuspunkte.

Das Abspiel ist ziemlich kacifántos. Wir wissen von Einzelkarten nicht, ob sie hoch und stichträchtig oder nur Luschen sind. Wir wissen von mehreren Karten in einer Farbe nicht, ob wir sie „hochkriegen“ und viele Stiche damit machen können oder ob Mitspiele hier besser liegen und uns mit Trumpfen ohnehin einen Strich durch die Rechnung machen können. Selbst der Startspieler kann nicht einmal den ersten Stich sicher kalkulieren.

Das absolut unkalkulierbare Handeln mit Stichen hat Gaudicharakter, vor allem wenn man es locker spielt und weniger auf die vorhergesagten eigenen Stiche aus ist, als vielmehr darauf, den Mitspielern deren Vorhersage zu vermasseln. Aber welcher Stiche-Profi kann so spielen? Fazit: Der Frust größer als die Lust.

WPG-Wertung: Aaron: 7 (Gaudi), Günther: 6 (anstrengend, pseudo-locker), Walter: 7 (das Prinzip der unkalkulierbaren Kalkulation ist in sich unstimmig).

27.08.2025: Gaudi ohne Freude

1. “Die Artemis – Odysee”

Thema verfehlt. Wir gehen weder mit der jungfräulichen Artemis auf die Jagd noch irren wir durch das östliche Mittelmeer. Keine Kalyso hält uns mit ihrer Verführung fest und keine Kirke verwandelt uns in Schweine.

Wir fahren mit unserem Raumschiff gezielt und mehr oder weniger geskriptet auf die Planeten ferner Sonnensysteme, um dort die sechs verschiedenen Ressourcen zu gewinnen, mit denen wir den Bau von Kolonien, Fabriken, weiterer Raumschiffe und Platzhalter bezahlen.

Wir lassen unsere Fabriken produzieren, um weiter Rohstoffe zu erhalten – einer oder zwei günstig platzierte Mitspieler dürfen dann ebenfalls produzieren (= Kingmaker-Effekt 1).

Etwa viermal im Spiel darf jeder Spieler eine individuelle Wertung ansetzen, in der seine Konfiguration an Objekten mit Siegpunkten beschert wird. Auch hier profitieren ein paar wenige glücklich konfigurierte Mitspieler mit (= Kingmaker-Effekt 2).

Wir haben die Regel weggelassen, dass der Spieler, dessen Zug ausgewertet wird, auch noch bestimmen darf, wer mit ihm mitprofitieren darf und wer nicht. Bei so einem Kingmakerei-Potential hätte zumindest Walter sofort das Handtuch geworfen.

Bei diesen Wertungen werden zufällig unglücklich bis dumm konfigurierte Mitspieler noch explizit mit Siegpunkt-Abzug bestraft. Welchen positiven Effekt auf den Spielablauf soll denn diese Frust-Regel haben? Die Spieler sind doch schon durch ihren Minderertrag bestraft, und auch ohnehin viel zu sehr mit Ressourcen-Beschaffung für ihre Bauvorhaben beschäftig, als dass sie sich um die unvorhersehbaren Wertungsaktionen ihrer Mitspieler Gedanken machen können.

Auch den Startspielervorteil hat der Vielspieleerfinder Faidutti nicht gelöst. Durch die vorgegeben unterschiedliche Verteilung der Planeten um ihre Sonnen verdienen in den ersten drei – zwangsläufigen – Reisezüge der Spieler jeweils nur die beiden linken Spieler mit, danach aber alle. Fazit: nachdem alle Spieler ihren ersten (Reise-)Zug gemacht haben, besitzt der dritte Spieler 2 Ressourcen mehr als der erste, der 4te und der 5te Spieler. Das sind etwa 10 Prozent mehr, als man im gesamten Spiel erwirtschaftet. Kann das gut sein?

Offensichtlich hatte Faidutti ein Gaudispiel im Sinn. Das ist ihm auch gelungen. Aber in Bayern hat „Gaudi“ etwas mit chaotischer Freude zu tun, das französische „gauche“ ist eher linkisch, schief und krumm.

WPG-Wertung: Aaron: 3 (es wären 5 Punkte, wenn man in den angegebenen 45 Minuten durch wäre, wir brauchten aber 2 ½ Stunden, grottige Ikonographie, kein Spielspaß, mehr Frust als Lust), Andrea: 4 (da steckt ein schönes Spiel drin, wenn man eine Menge verändert), Günther: 5 (ein akzeptables Aufbauspiel für 3 Personen. [WS: Gelten Deine 5 Punkte auch für das Spiel in einer 5er Runde?]), Moritz: 5 (die Wertungen sind ein Scheiß; es wäre besser, wenn jeweils eine allgemeine Wertung zu Beginn einer Runde offen ausläge), Walter: 4 (das Ressourcen-Handling ist ein Scheiß; die Zufallseffekte erschlagen die Planung; ich hatte an keinem einzigen Zug einen Spielspaß).

PS: Aaron erkannte, dass wir die „Artemis“ schon vor 14 Jahren unter dem Namen „ad astra“ gespielt haben. Da stimmt wenigstens der Titel, auch wenn wir nicht zu Sternen, sondern zu deren Planeten fliegen.

2. “Cat in the Box”

Walter spielt dieses eigenartige, höchst bemerkenswerte Stichkartenspiel sehr gerne, konnte sich heute mit diesem Vorschlag aber nur durchsetzen, weil unsere seltene, aber immer höchst attraktive Mitspielerin Andrea sofort darauf ansprang.

Aaron schlug eine „Faidutti-Regel“ vor: Bei Spielende bekommt der Letzte seine Punkte mit Minus-1 multipliziert und darf dann die Hälfte davon an einen beliebigen Mitspieler abgeben.

WPG-Wertung: Keine neue Wertung für ein 8 Punkte-Spiel.

23.07.2025: Buch und Spiel

1. “Red Rising”

Es kommt häufiger vor, dass ein Roman-Geschehen zu einem Spiel verarbeitet wird. Damit ist ja gleich ein eingängiger Titel gefunden, z.B: „Herr der Ringe“. (Hallo Autoren: Wann erfindet Ihr endlich ein „Krieg und Frieden“!) In „Red Rising“ soll es um das gleichnamige Buch (Trilogie + Quadrologie) gehen. Wir kannten das Buch nicht – erst Moritz las uns jetzt on-the-flight etwas aus dem Internet dazu vor. Aber außer leeren Namen und Farben von handelnden Personen des Romans findet man im Spiel kein Milligramm davon. Es ist schlichtweg ein Kartensammelspiel, noch dazu eines von der schwerfälligsten Sorte.

Fünf Karten bekommt jeder Spieler zu Spielbeginn auf die Hand. Die Karten haben einen mehr oder weniger nichtssagenden individuellen Namen (romanhaft halt) , eine Farbe, einen individuellen Text mit einem Ablage-Effekt und eine Bedingung für die Vergabe von Sonderpunkten, die am Ende ausgezahlt werden oder nicht.

In seinem Zug legt jeder Spieler jeweils eine seiner Karten ab und zieht aus einem von vier offenen Stapeln eine beliebige nach. Manchmal, aber selten darf er, abhängig von der ausgespielten Karte, auch zwei Karten nachziehen. Nachdem wir etwa die Hälfte der insgesamt 125 Karten „verarbeitet“ hatten, war Schluss und wir hatten jeder sechs bis sieben Karten auf der Hand.

Ziel war es, mit der letzten Kartenhand möglichst viele Punkte einzuheimsen. Jede Karte liefert a priori einen Batzen davon. Die Bedingungen für Sonderpunkte – z.B. wenn man nur eine einzige goldene Karte, oder mindestens eine blaue Karte, oder die Luna-Karte ebenfalls auf der Hand hat – wurden etwa zur Hälfte erfüllt und liefern einen kleineren Batzen Siepunkte.

Dazu kommen noch Siegpunkte für Einflussmarker, die man loswerden, oder rote Knöpfe, die man einsammeln konnte. Und für die Position auf der Flottenleiste.

WPG-Wertung: Aaron: 4 (dabei 1 Punkt für die schönen Bilder; viel zu viel Brimborium für die jeweils erzielbaren Mini-Effekte; das Durchlesen der vielen Effekt-Texte ist lästig, das Zusammensuchen von Karten-Kombis ist ohnehin nicht mein Fall), Günther: 5 (die den Spielern zu Spielbeginn ausgeteilten „Häuser“ sind ziemlich unausgewogen), Moritz: 5 (die Geschichte kommt im Spiel überhaupt nicht vor), Walter: 3 (Quartett für Erwachsene).

2. “Bomb Busters”

Zum achten Mal gespielt, jetzt zum ersten Mal unter dem Glorienschein von „Spiel des Jahres“.

Beim Schwierigkeitsgrad 33 haben wir zweimal gepatzt. Einmal war Walter in der frühen Spielphase ein kalkuliertes aber unnötiges Risiko eingegangen und hatte dabei alle mit ins Unglück gestürzt. Moritz motzte ob des benötigten Neuaufbaus. Beim zweiten Mal ging Moritz das unnötige Risiko ein oder er hatte sich verkalkuliert. Keiner motzte.

Bemerkenswert die Aufgabe von Schwierigkeitsgrad 35. Allen Spielern wird eine Abfrage-Einschränkung zugeteilt (z.B: nur grade oder ungerade Kabel schneiden, oder nur Kabel innerhalb eines definierten Nummernbereiches), aber nur ein einziger Spieler muss sich daran halten. Es gilt, sehr schnell herauszufinden, für welchen Spieler die Einschränkung gilt, sonst kann man die Aufgabe praktisch nicht erfüllen. Moritz skizzierte eine tricky Hilfsmatrix, die uns den sicheren Weg zum beschränkten Spieler führte.

WPG-Wertung: Keine neue WPG-Wertung für ein 8 Punkte Spiel.

16.07.2025: Bernd Eisenstein lässt grüßen

1. “Pillars of Heracles”

Vom Outfit her ein echter Eisenstein: der Titel fängt mit „P“ an (so wie „Peloponnes“, „Phalanxx“ oder „Porto Carthago“) und spielt im antiken Mittelmeerraum. Das Infit hat dagegen viele VäterInnen: Ein mildes Deckbuilding für Aktionskarten, mit den wir das Spiel betreiben, ein Aktionsrondell zur Bestimmung unserer jeweiligen Aktion, Personal zum Aufbau und zur Zerstörung (sorry: überwiegend zur Verteidigung), Gebäude um unsere Duftmarken in Ländern und Regionen zu hinterlassen, Rohstoffe für Handel und Wirtschaft, und tausende von Karten und Kärtchen in hunderten von Kategorien mit jeweils individuellen Eigenschaften und Attributen.

Friedlich gestimmt oder in Verkennung des Alternativ-Charakters von „Herkules“ entwickelten wir uns praktisch ohne jede Aggression in unseren Homelands. Günther war als Hellene ziemlich eingeklemmt zwischen Moritz (Iberer) und Walter (Aigyptos). Von daher versuchte er schon keinen Zweifrontenkrieg vom Zaun zu brechen. Walter war glücklich in seinem Königreich zwischen Memphis und Jerusalem, und so durfte sich Moritz ungehindert von Muhammads Granada zurück bis Tariks Carthago ausbreiten, natürlich mit reichlich Schifffahrt, die ihm in der Schlusswertung auch dicke Siegpunkte ins Kontor hageln ließ.

WPG-Wertung: Günther: 5 (schlussendlich doch ziemlich repetitiv), Moritz: 7 (für mehr Punkte etwas too much), Walter: 5 (viel Weg für ein in der Gigantomanie aus Karten- und Kärtchen verlorenes Ziel.).

2. “Cat in the Box”

Kurz vor der vorletzten U-Bahn noch ein spielerisches Aufatmen.

Keine neue WPG-Wertung für ein 8 Punkte Spiel.

02.07.2025: Wer oder was war Tabannusi

1. “Tabannusi”

Annosi waren hochbetagte Lateiner.
Cabanossi sind schnittfeste Rohwürste aus Speck und Schweinefleisch.
Tabanus ist eine stechende Pferdefliege.
Und Tabannusi war eine berühmtere Architektenfamilie, die eine der ältesten Städte der Menschheit, nämlich das sumerische Ur, geplant und gebaut hat.
So erzählt es uns wenigstens der Verlag Board&Dice bzw. die Autoren Daniele Tascini und David Spada.

Wir belegen Grundstücke, bauen darauf Häuserblöcke, erhöhen den Immobilienwert mittels Grünanlagen und Bewässerung und drehen an Tabellen, die unser Besitztum in Siegpunkte umsetzen.

Bemerkenswert 1: Es ist effizienter, nicht unbedingt die eigenen Grundstücke zu bebauen, sondern die der Mitspieler. Das ist billiger. Allerdings profitieren dadurch auch die Mitspieler, denn sie steigen in den Wertungstabellen nach oben. Entsprechend lassen wir gerne unsere eigenen Grundstücke von den Mitspielern bebauen.

Bemerkenswert 2: Wir steuern unsere Züge durch Würfel. Es gibt sie massenweise in fünf Farben auf fünf Regionen. Jede Augenzahl ist einem bestimmten Gebiet zugeteilt und entsprechend der Augenzahl des gewählten Würfels agieren wir im entsprechenden Gebiet. Doch es ist überall schön und zudem ist die 6 eine Jokerzahl, nach der wir in jedem beliebigen Gebiet aktiv werden können, so dass der vielversprechende Würfelmechanismus eher banal und lästig ist.

Eine gewaltige Workerplacement-Szenerie ist uns hier vorgesetzt. Wir hantieren mit Projekten und Dekreten, mit Kisten und Kasten, mit Goldbarren und Eigentumsmarkern, mit Architekten und Assistenten, mit Fundamenten, Häusern, Würfeln und Waren. Gut anderthalb Stunden führte uns Günther in Material und Spiel ein, weitere gut anderthalb Stunden brauchten wir bis zur ersten Wertung. Nach vier weiteren Wertungen – zweifellos in jeweils einer kürzeren Zeitspanne – hätten wir das Spielende erreicht. Doch wir verzichteten Weise auf den weiteren Teil der Reise.

Fast genauso lange wie der Spielaufbau dauert auch wieder der Abbau. Und bei der gebremsten Farbgestaltung muss man gewaltig aufpassen, dass dabei keine Teile unter den Tisch fallen.

WPG-Wertung: Aaron: 5 (es hat mich nicht angemacht; das Thema ist abstrakt und unterstützt auch nicht das Vorgehen; auch die Variationsplättchen, mit denen ein flexibler Spielaufbau bewerkstelligt wird, spricht nicht für ein überzeugendes Design; vom Würfelmechanismus hatte ich mir mehr erwartet), Günther: 5, Moritz: 6 (ich würde das Spiel sogar gerne solitär spielen), Walter: 5 (ein Haus aus lauter Balkonen; mir fehlt eine Struktur, die Wege und Ziele und das Gerangel darum beinhaltet).

2. “Bomb Busters”

Die Schwierigkeitsgrade 31 und 32, die Einschränkungen im Schneideraum – z.B. nur gerade Schnitte oder nur Schnitte zwischen 4 und 9 – enthalten. wurden anstandslos bewältigt.

Keine neue WPG-Wertung für ein 7,8 Punkte Spiel.

25.06.2025: Bomben in Caracas

1. “Caracas”

Was assoziiert „man“ mit dem Begriff „Caracas“? Weniger den rasanten Rennfahrer Rudolf Caracciola, sondern eher Drogen und Kriminalität, zumindest etwas Aufregendes.

Im Spiel „Caracas“ gibt es das politische Zentrum Venezuelas noch gar nicht, wir müssen es erst entdecken bzw. die ganze Landschaft darum herum erst bauen. Auf einer offenen Auslage mit den definierten Plätzen A bis D liegt je ein Landplättchen. Reihum dürfen wir ein beliebiges davon nehmen und in unseren Ein-Plättchen-Vorratsspeicher legen. Das dort befindliche Landplättchen legen wir orthogonal anschließend zu einem wachsenden spielerspezifischen nach unten offenem Gebiet (auf dem Tisch) und zwar in genau die Spalte A,B, C oder D, von wo wir das neue Plättchen genommen haben.

Aus diesen zwei dürren Sätzen besteht die Aktionsanweisung der Spielregel, Was danach noch seitenweise folgt, sind die tausend Regeln, nach denen Siegpunkte vergeben werden, nachdem jeder Spieler 4 x 4 = 16 Plättchen zu seinem Gebiet zusammengefügt hat.

Beispielsweise:
Für jedes separate gelbe Plättchen gibt es 1 Siegpunkt.
Für jedes dunkelgrüne Plättchen im größten zusammenhängenden Gebiet gibt es 1 Siegpunkt.
Für jedes Plättchen mit einem Leoparden, das an kein weiteres Leopardenplättchen grenzt, gibt es 1 Siegpunkt.
Für jeden Brüllaffen im kleinsten Gebiet gibt es 1 Siegpunkt. (Dazu darf man kein zweites, gleichgroßes Gebiet mit Brüllaffen haben!)
Für „seltene“ Tiere gibt es sogar gleich 2 Siegpunkte, dafür müssen sie aber mit gewissen Randbedingungen platziert sein.

So haben wir Landplättchen mit 3 Farben, deren Topologie unterschiedlich bewertet wird, 5 häufige Tiere für je 1 Siegpunkt, und 16 (sechzehn!) seltene Tiere, die jeweils 2 Siegpunkte bringen können.

Am Anfang verliert man schnell die Lust, beim Legen des einen gespeicherten Plättchens und beim Nehmen des nächsten Plättchens auf mehr als ein oder zwei Siegpunkt-Kriterien zu achten, am Ende gibt es gar keine freie Auswahl mehr dazu.

Eine gewaltige Fleißarbeit des Autors, die 21 Tiere mit ihren individuellen Sonderbedingungen auszustatten und auf die Plättchen mit unregelmäßigen Flussläufen zu verteilen. Sicherlich war seine Erzeugerlust deutlich größer als unsere Konsumentenlust. Die einzige Herausforderung sind die erheblichen Restriktionen bei der Plättchenwahl.

WPG-Wertung: Aaron: 4 (ich habe mir unter dem komplexen Legemechanismus mehr versprochen, es ist verzwirbelt und sonst nichts; nichts, was ich noch einmal spielen möchte), Günther: 5 (4 Punkte sind gemein, aber vielleicht gerechtfertigt, weil das Regelheft lückenhaft ist; wir müssen etwas grundsätzlich falsch gemacht haben), Walter: 4 (ich würde es genau noch einmal spielen, um es noch lockerer anzugehen als jetzt).

Während des Spiels kamen uns immer mehr Randbedingungen spanisch vor. Warum muss ein Bär in einem 3 x 3 Quadrat platziert sein, da er in einem gefüllten 4 x 4-Quadrat doch automatisch auch in einem 3 x 3-Quadrat liegt? Wie kann die Tarantel nur ein einziges angrenzendes Landplättchen haben, da doch allein schon jedes Eckplättchen an zwei Landplättchen grenzt? Sind die Plättchen vielleicht eingeteilt in „Landplättchen“ und „Flussplättchen“?

Günther schaute noch mal in der Spielregel nach. Nein, alle Plättchen sind „Landplättchen“. Doch dann fiel es uns wie Schuppen von den Augen. Wir müssen unsere 16 gelegten Plättchen nicht in einem Quadrat auslegen – diesbezüglich sind wir offenbar Kingdomino-Geschädigte -, sondern wir können daraus eine beliebig bizarre Form bilden. Jetzt sind auch die Restriktionen bei der Plättchenwahl auf eine vernünftige Größenordnung geschrumpft. Aaron war aber trotz Walters Ansinnen nicht bereit, noch ein zweites Caracas, diesmal mit dem richtigen Verständnis, zu beginnen.

2. “Guck Wal”

Wir machen uns mit je drei Touristenbooten auf, um unseren sechs Touristen die Attraktion einer Wahlbeobachtung zu bieten. Aber wo sind die Wale?

Auf dem Tisch liegen acht mögliche Beobachtungsquadrate und an den vier Seiten von jedem davon liegt ein Plättchen mit einer verdeckten Zahl von 0 bis 5. Diese Zahlen geben die statistische Wahrscheinlichkeit an, auf dem angrenzenden zentralen Beobachtungsquadrat Wale zu finden. (Na ja, der Ästhetik wegen sind das alles keine Quadrate, sondern Parallelogramme.)

Bei Spielende werden diese Wahrscheinlichkeitsplättchen alle aufgedeckt und das Beobachtungquadrat mit der höchsten Summe rund herum ist das Quadrat, auf dem die Wale sichtbar werden. Wer hierin seine Boote mit möglichst vielen Passagieren platziert hat und dazu vielleicht auch noch einen Anker geworfen hat, sahnt die meisten Siegpunkte ab.

Und wie läuft das Spiel ab? Fünfmal darf jeder Spieler sich eines der Wahrscheinlichkeitsquadrate ansehen und anschließend eines seiner drei Boot auf irgendeinem Beobachtungsquadrat platzieren oder es von dort um eine Position weiterschieben.

Bei Positionieren der eigenen Boote darf / muss / sollte geblufft werden, weil sich an bekanntermaßen aussichtsreichen Stellen schnell die bösen Boote der Mitspieler tummeln.

Das Spiel ist schnell (glücklicherweise), kein Spieler hat genügend Zugmöglichkeiten, um das komplette Wahrscheinlichkeitsfeld zu eruieren. Aus mäßigen Informationen und richtigem Lesen-Können der Mitspieler-Aktionen schnellstmöglich die eine richtige Entscheidung zu treffen, macht den Sieg aus.

Es gibt aber auch noch eine zweite richtige Entscheidung: Wer seine Touristen auf das Beobachtungsquadrat mit der geringsten Umgebungswahrscheinlichkeit gebracht hat, sichtet keinen Wal, sondern einen Orca, was aber genauso hoch honoriert wird.

WPG-Wertung: Aaron: 5 (die Idee ist nicht schlecht, es fehlt aber etwas; das ist zu wenig, zu beliebig), Günther: 6 (vielleicht auch nur 5, aber die Schnelle und das Spielbesitztum bringt den Ausschlag), Walter: 6 (für die Schnelle).

3. “Bomb Busters”

Recht zügig schafften wir Schwierigkeitsgrad 28 und 29. Beim 30ten blieben wir hängen. Wir müssen mal wieder ein Gerät bemühen, um uns die spezifischen Schwierigkeiten akustisch einblenden zu lassen und dabei auch noch eine Zeitspanne vorgeben zu lassen, wann wir den nächsten Schritt (jeweils ein vorgegebenes Kabel zu zerschneiden) gelöst haben müssen. Die Stimme des Moderators ist derart aufdringlich und blöd, dass wir sie bald nicht mehr hören konnten bzw. wollten. Und Logik-Knobeleien unter Zeitdruck sind ohnehin nicht unser Begehr. Wir werden diesen Schwierigkeitsgrad das nächste Mal a priori ohne diesen Marktschreier angehen.

Keine neue WPG-Wertung für ein 7,8 Punkte Spiel.

18.06.2025: Mit Bomben im Zenit aufpassen

1. “Uffbasse!”

Ein Stichkartenspiel aus der Pfalz. Für gewonnene Stiche bekommt man was mer in e Supp drinn dut, zum Beispiel Gelberiewe, Zwiwwel oder Schammerle. Nach einer Runde aus 8 Stichen darf jeder aus seinen Zutaten ausliegende Rezepte – mit zwei bis fünf Zutaten – realisieren. Dafür gibt es Siegpunkte. Nicht verwendete Zutaten darf man für die nächste Runde aufheben.

Leider falsch dimensioniert, im Anspruch unstimmig und spielpsychologisch falsch.

Zur Dimensionierung: 4 Spieler bekommt in 8 Stichen durchschnittlich je 2 Zutaten. Damit kann man gerade ein einziges der billigsten 2-Zutatigen-Rezepte herstellen. Falls für die gewonnenen Zutaten überhaupt ein entsprechendes Rezept ausliegt. Und wer schlechte Karten hat, bekommt überhaupt nur eine oder auch gar keine Zutat. Das kann doch nicht stimmen.

Unstimmig: Zutaten für Stiche ist ja ganz goldig. Für welches Alter? Nach unten offen. Für Stichspiele sollte man schon gut schulpflichtig sein. Das – im Prinzip bemerkenswerte und innovative – Trumpf-Handling erfordert dagegen noch mehr Pfiffigkeit. Das Suppe-Kochen wäre wieder etwas für die jüngeren Semester, wenn die Auslage der zulässigen Rezepte doch nur etwas übersichtlicher wäre!

Spielpsychologie: Wenn ich Skat spiele, dann kann ich mir 10 Stiche lang überlegen, wie ich mein Alleinspiel durchführe oder wie ich den Alleinspieler zu Fall bringen kann. Beim Bridge sind es sogar 13 Stiche. Und erst danach wird die einzige Entscheidung, gewonnen oder verloren, sichtbar. Beim „Uffbasse!“ gibt es nach jedem Stich eine Belohnung: nach jedem Stich ist ein Spieler erfreut und drei Spieler sind frustriert! Eine schlechte Bilanz.

WPG-Wertung: Aaron: 4 (6 Punkte für das Spiel zu zweit), Günther: 4(fast 4; keine Chance gegen schlechte Karten), Moritz: 3 (das Spiel umschifft alle Möglichkeiten, interessant zu sein), Walter: 4 (dabei 1 Zusatzpunkt für die heute nicht eingesetzte „Uffbasse!“-Karte).

2. “Zenith”

Ein kartenbasiertes Tauziehen auf fünf Farbbahnen. Beim Ausspielen einer roten Karte zieht man das rote Tau ein Stückchen auf seine Seite, und vielleicht ein paar andere Taue ebenfalls. Entsprechendes gilt für die anderen vier Farben.

Man kann seine Karte aber auch auf dem Technologie- oder auf dem Privileg-Tableau einsetzen. Da passiert aber ganz Ähnliches.

Jeder kann durch die Wahl seiner gespielten Karte entscheiden, ob er ein Tau, das schon ziemlich auf der gegnerischen Seite liegt, wieder ein Stückchen zurück auf seine Seite zieht, oder lieber ein Tau, das schon ziemlich auf der eigenen Seite liegt, vollends zu sich zieht und damit einen entsprechenden Farbpunkt gewinnt.

Und woher bekommt man die Karten? Sie werden gemischt, zufällig ausgeteilt und zufällig nachgezogen. Das Ganze ist also ein Hin und Her auf Zufallsbasis.

Dass hierbei auch noch Geld und gelbe Bonuschips eingewoben sind, ändert nichts am Prinzip.

WPG-Wertung: Aaron: 5 (in einer 4er Runde hat das Spiel nichts, was über das Mittelmaß hinausgeht), Günther: 6 (für die 4er Runde, 7 Punkte für eine 2er Runde), Moritz: 6 (nettes Karten-Wettrennen), Walter: 5 (man lebt mit den Karten von der Hand in den Mund. „To have a plan“ ist Fehlanzeige).

3. “Bomb Busters”

Den letzte Woche verpassten Schwierigkeitsgrad 24 schafften wir heute auf Anhieb. Die Erfahrung für aktuell wichtige und weniger wichtige Züge machte sich bemerkbar.

Der Schwierigkeitsgrad 25 war eine Kinderei. Anstatt die gehandelten Zahlen jeweils verbal zu nennen , darf man sie hier nur per Zeichensprache kundtun. Wir ließen das aus.

Mit Moritz zu viert schafften wir problemlos die weiteren Schwierigkeitsgrade 26 und 27, ohne Moritz zu dritt, wurde auch noch der Schwierigkeitsgrad 28 absolviert. Hierbei durfte der „Kapitän“ keine Fehlentscheidung treffen. Die Herausforderung der Mitspieler bestand also darin, jeweils solche Züge zu tun, die dem Kapitän einen eigenen totsicheren Zug erlaubten. Auch wenn in anderen Stufen alle Spieler gleichwertig sind, muss das eine Maxime des Spiels sein.

Keine neue WPG-Wertung für ein 7,8 Punkte Spiel.

11.06.2025: Zappelphilipp

Was ist ein Plagiat? Nach Wikipedia ist es die Anmaßung fremder geistiger Leistungen. Das bezieht sich auf Texte, Ideen oder Designs. Bei Texten ist die Identifikation eines Plagiats vielleicht noch einfach. Bei Musikstücken könnten 4 bis 8 Töne ausreichen, wenn sie „als wesentlicher Teil“ eines Werkes gelten. Ta-ta-ta-taaah. Das ist gesetzlich aber nicht festgelegt.

Beim Spieledesign ist der Graubereich noch größer. Da darf man unangefochten fast alles kopieren. Wenn ich z.B. eine Mensch-ärgere-Dich-nicht-Variante herausbringe, bei der jeder Spieler 5 Pöppel in Pyramidenform mittels 2 Würfeln rechtsherum vom Start zum Spiel bringen muss, sind bereits so viele Veränderungen eingebracht worden, dass diese Schöpfung als ganz neues Spiel gilt. Und wenn ich Glück habe, bekomme ich dafür von der Jury Spiel-des-Jahres sogar noch den Lorbeerkranz.

Aaron und Günther haben uns heute drei Kartenspiele vorgestellt, die alle sehr, sehr ähnlich sind, die nur handwerkliche Umformungen darstellen, aber keineswegs Geistesblitze voraussetzen. Eines davon hat es tatsächlich in die SdJ-Preisränge gebracht.

Alle drei funktionieren nach dem Prinzip „can’t stop“ bzw. „push-your-luck“,

1a. “Pairs”

Das älteste dieser drei Spiele. 2014 erschienen, James Ernest und Paul Peterson sind die Autoren.

Aus einem gemeinsamen, verdeckten Stapel von 55 Karten mit Zahlen von 1 bis 10 zieht jeder Spieler solange er will jeweils eine Karte heraus und legt sie vor sich aus. Wenn er eine Karte mit einer Zahl zieht, die er bereits vor sich liegen hat, muss er alles hergeben und bekommt 0 Siegpunkte.

Hört er rechtzeitig auf, geht er mit der Summe seiner ausgelegten Karten in die Endwertung ein. Der Spieler mit der größten Summe bekommt die meisten Siegpunkte, in der Rangfolge nach unten gibt es jeweils einen Siegpunkt weniger. Brav, sauber, übersichtlich.

WPG-Wertung: Aaron: 5, Günther: 5, Moritz: 4 (1 Punkt mehr dafür, dass hier gleich 30 verschiedene Spiele aufgeführt sind), Walter: 4 (Beer & Pretzel Spiel).

1b. “Abgestaubt”

Der Meister Knizia sowie sein Mitautor Miguel Ángel Galán haben es am 23. Januar dieses Jahres herausgebracht. Der prinzipielle Spielablauf ist gleich. Aus einem gemeinsamen, verdeckten Stapel von 115 Karten mit Zahlen von 1 bis 15 zieht jeder Spieler solange er will jeweils eine Karte heraus und legt sie vor sich aus. Wenn er eine Karte mit einer Zahl zieht, die er bereits vor sich liegen hat, muss er alles hergeben und bekommt 0 Siegpunkte.

Hört er rechtzeitig auf, bekommt er die Summe seiner ausgelegten Karten gutgeschrieben. Aber nicht gleich! Erst wenn er das nächste Mal wieder an der Reihe ist. Hier hatte doch zumindest Knizia seine Meisterhand im Spiel!

Jeder Spieler darf nach jedem Ziehen einer Karte – und sofern er dabei nicht ausscheidet – schauen, ob ein oder mehrere Mitspieler eine oder mehrere gleiche Zahlenkarten vor sich liegen haben. Alle diese Karten darf er an sich nehmen und in seine Auslage legen. Jeder Spieler geht also immer die Gefahr ein, dass seine Auslage geplündert ist, bevor er wieder an der Reihe ist und sie sichern kann.

Wir haben viel gelacht. Reine Schadenfreude.

WPG-Wertung: Aaron: 7, Günther: 6, Moritz: 5, Walter: 6 (zum warming-up).

1c “Flip 7”

Vom Autor Eric Olsen und KOSMOS dieses Jahr genau 2 Monate nach Knizias „Abgestaubt“ herausgebracht

Aus einem gemeinsamen, verdeckten Stapel von 81 Karten mit Zahlen von 0 bis 12 zieht jeder Spieler solange er will jeweils eine Karte heraus und legt sie vor sich aus. Wenn er eine Karte mit einer Zahl zieht, die er bereits vor sich liegen hat, muss er alles hergeben und bekommt 0 Siegpunkte.

Der Verlag preist sein Spiel an mit: „Das beste Kartenspiel aller Zeiten!“ Bei so einem stinkenden Eigenlob habe ich keine Lust, weitere Einzelheiten zu beschreiben. Lediglich: Es gibt Bonus- und Ärgerkarten. So etwas wird am Westpark ja grundsätzlich mit Abzügen gehandelt.

Nominiert zum ‘Spiel des Jahres 2025’.

WPG-Wertung: Aaron: 5, Günther: 6, Moritz: 3 (Da alle drei Spiele nur Glücksspiele sind, bin ich für das zweite, da haben wir wenigstens gelacht), Walter: 3.

2. “Cities”

In diesem Workerplacementspiel darf jeder Spieler in jeder der acht Spielrunden einen seiner vier Pöppel in eine von vier Kategorien platzieren:

1) Er eignet sich ein quadratisches Grundstück mit zusammen vier Subquadraten aus Wasser, Wiese oder Baugrundstücken in vier Farben an.

2) Er baut zwei, drei oder vier Stockwerke in definierten der vier Farben auf seine gleichfarbigen Grundstücke.

3) Er legt sich Modifier zu, die seine Wasser- oder Wiesenflächen wertvoller machen, und

4) Er wählt Aufträge, die in der Schlusswertung sein Besitztum an Häusern mit Punkten honorieren, z.B. gibt es für jedes 1, 2, 3 oder 4-stöckige Haus in den Farben rot, grün, gelb oder blau 2, 3, 4 oder 6 Siegpunkte.

Zusätzlich gibt es Punkte für die Spieler, die mit ihren Bauaktivtäten vorgegebene Stadtentwicklungspläne als erste realisiert haben.

Im Finale hat jeder unweigerlich 8 Aufträge angesammelt, nach denen aus seinem Besitztum Siegpunkte fließen. Dazu kommen die Wiesen- und Wasserflächen mit ihren Modifieren sowie angesammelte fixe Siegpunkte. Ganz schön aufwendig.

Der Verlag wirbt mit „Ein Städteausbauspiel für die ganze Familie mit intuitivem Puzzle-Charakter und schnellen Spielzügen“. Westparks Meinung: Da muss das jüngste Familienmitglied aber schon ganz schön alt sein.“

WPG-Wertung: Günther: 7 (in einer 3er Runde ist es ganz locker), Aaron: 4 (überhaupt nicht locker; als „Familienspiel“ firmiert es unter einer falschen Flagge; allein die Siegpunkt-Ausrechnung bei Spielende ist eine Zumutung), Moritz: 6 (ich wünschte mir mehr Varianz in den Auftragskarten, aber ich würde es noch einmal spielen), Walter: 5 (wenn man es gut spielen will, müsste man bei jedem Zug ungezählte Optimierungen durchrechnen; das ist es das Spiel nicht wert).

Zwischendrin gab es bei uns mal wieder einen heftigen Regelstreit um lumpige 3 Siegpunkte. In Buenos Aires gab es diese Punkte für den zweiten Spieler, der den Stadtentwicklungsplan für einen „Regattasee“ erfüllt hat. Dazu musste eine Wasserfläche aus mindestens 3 zusammenhängenden Subquadraten vollständig von Gebäuden umschlossen sein. Was heißt „vollständig umschlossen“?

Ein Gebiet ist zusammenhängend, wenn alle Subquadrate orthogonal miteinander verbunden sind. Diagonale benachbarte Teile gelten nicht als verbunden. Muss die „vollständige Umschließung“ jetzt auch an den diagonal angrenzenden Subquadraten vorhanden sein? Die Logik sagt ja, die Abbildung im Regelheft zeigt ja, nur der 3-Siegpunkt-geile-Spieler sagte nein. Heftig! Eindringlich. Penetrant. Er liest die Definition von lauter unwesentlichen Begriffen vor, um anschließend wie ein Winkeladvokat klare Aussagen im Regelheft zu verfälschen. Aus „vollständig umschlossen“ macht er im Handumdrehen ohne das geringste Zittern in der Stimme „orthogonal umschlossen“. Von dieser Unverfrorenheit musste ich mich in einer Auszeit erst einmal erholen.

Und die Spieler blickten stumm
um den ganzen Tisch herum.

Inzwischen wurde die KI gefragt, wie sie diesen Streitpunkt entscheiden würde. Und siehe da, ohne dass es dafür irgendwo einen Anhaltspunkt gab, behauptete sie:
„Eine Wasserfläche ist vollständig umschlossen, wenn sie von benachbarten Plättchen vollständig umringt ist – also an allen vier Seiten (oben, unten, links, rechts) direkt an andere Plättchen angrenzt. … Diagonale Verbindungen zählen nicht – es müssen tatsächlich angrenzende Seiten sein.“
1:0 für den 3-Siegpunkt-geilen-Spieler.

Doch das konnten wir nicht auf uns sitzen lassen. Aaron suchte weiter im Internet und fremdsprachigen Regeltexten zu „Cities“. In Polen wurde er fündig:
„Jezioro Regatas. Jezioro skladajace sie z przynajmniej 3 pól, calkwicie otoczone (równiez w narodznkach) parkami i/lub działkami budowlanymi“.
Auf gut Deutsch: „Ein Regattasee, besteht aus mindestens 3 Feldern und ist vollständig (auch in den Ecken) von Parks und/oder Baugrundstücken umgeben.“
0:1 gegen den 3-Siegpunkt-geilen-Spieler.

Zwei Lehren daraus:

1) Wenn die KI etwas behauptet, ohne Quellen für ihre Behauptung anzuführen, dann ist sie genauso glaubwürdig wie ein Würfel.

2) Wenn in einer strittigen Sachfrage drei Spieler einer Meinung sind und nur ein einziger Spieler einer anderen Meinung, und falls diese Sachfrage nicht eindeutig geklärt werden kann, dann sollte einfach die Meinung der Mehrheit gelten.

3. “Bomb Busters”

In diesem kooperativen Deduktionsspiel haben wir uns in mehreren Sessions recht zügig bis zur Stufe 24 hochgearbeitet. Heute nahmen wir uns die Stufe 25 vor: Jeder darf als Startvorgabe nicht mehr eine seiner Zahlen kundtun, sondern nur noch von einer seiner Zahlen, wie oft sie auf seinem Zahlenbänkchen vorkommt.

Für gutes, notwendiges Spiel dürfen wir nicht locker ungefährdete Soloschnitte hinlegen, sondern wir müssen ganz scharf aufpassen, unser Potential dafür nutzen, den Mitspielern die gerade zu diesem Zeitpunkt wichtigste Information aufzudecken.

Wir schafften es nicht. Zweimal nicht mit Moritz und einmal nicht, als er bereits mit der vorletzten U-Bahn unterwegs nach Hause war.

Keine neue WPG-Wertung für ein 7,8 Punkte Spiel.

30.04.2025: Fertig ist längst nicht gut

1. “Plus-Plus-Minus”

Aarons neue Spielentwicklung hat eine internationale Feuertaufe bestanden. Gewogen und für gut befunden.
Italienisches Design ist nur etwas verspielter als das teutonische, deshalb gab es Vorschläge, noch ein paar Schnörkel einzubauen, ggf. sogar eine ganz eigene zweite Wertungsebene einzuziehen. Am Westpark nicht unbedingt für gut befunden.

Keine WPG-Wertung für ein Spiel in der Entstehungsphase.

2. “Right on time”

Ein Karten-Ablege-Spiel in der Größenordnung von Mau-Mau. Jeder gibt reihum immer eine oder zwei Karten aus seiner Hand auf den gemeinsamen Ablegestapel. Als Bedingung sind einzuhalten: Entweder muss die eine gespielte Karte höher sein als die letzte Karte vom Stapel, oder die zwei gespielten Karten müssen beide niedriger sein. Einziger Intelligenz-Effekt: Es geht nicht darum, als Erster alle seine Karten abgelegt zu haben, sondern als Zweiter. Alle anderen gehen leer aus.

Wer nichts ablegen kann, zieht eine Karte nach.

Einige Karten besitzen Nebeneffekte: Wer sie spielt, darf z.B. bestimmen, welcher Spieler als nächstes dran ist mit dem Ablegen, oder gar, welcher beliebige Spieler eine zusätzliche Karte ziehen muss. Lustig, lustig! Und zudem eine garstige Kingmakerei. (Es wird zwar kein König auf den Thron gehoben, aber ein willkürlich gewähltes dummes Schwein erhält eine Arschkarte!) Nichts für mich, nichts für den Westpark.

Noch dazu ist die Handlungsfreiheit, d.h. die Anzahl möglicher Züge, aus denen ein Spieler wählen kann, durchschnittlich in der Größenordnung von 1, also praktisch NULL. OK, meine sechsjährige Enkeltochter …

WPG-Wertung: Aaron: (enthält sich der Stimme), Günther: 6 (das Spiel ist wenigstens locker), Moritz: 5 (aus der Grundidee mit „Second first“ hätte man mehr machen können), Walter: 4 (ein Spieldesign, bei dem ich Karten abspielen muss, das Mitspieler-Chaos aber keinerlei Vision aufkommen lässt, in welchen Reihenfolge ich das tun sollte, kann bei mir nicht punkten.).

3. ” Bomb Busters “

Das kooperative Deduktionsspiel wird uns wohl noch ein Weilchen beschäftigen. Die gemeinsame Logik gefällt und der steigende Schwierigkeitsgrad ist eine Herausforderung.

Die folgende Szene versteht nur jemand, der das Spiel bereits gut kennt.

Im Spiel gab es eine gelbe 11,1 und vielleicht die Hälfte aller Zahlen war bereits bekannt. Mit dem Ausspruch „Jetzt passt mal alle auf, was ich tue“ forderte Moritz von allen Mitspielern die höchste Aufmerksamkeit für seinen nächsten Zug. Es war dann aber doch nur ein Fehlzug, d.h. er konstatierte bei Walter eine 11 an einer Stelle, wo keine war.

Jetzt konnte aber postwendend Aaron bei Moritz die 11 ausfindig machen und das Spiel war im Nu erfolgreich absolviert.

Danach behauptete Günther, es sei von Aaron leichtsinnig gewesen, bei Moritz an dieser Stelle die 11 zu postulieren, dort hätte auch die gefährlich 11,1 sein können. Unisono wandten sich die drei Mitspieler gegen Günthers Behauptung. Moritz‘ 11er Suche bei Walter war – vielleicht – nicht ganz ohne Risiko, doch Aarons 11er Suche bei Moritz war absolut risikofrei, denn Moritz konnte nur dann die logische Schlussfolgerung provozieren, dass er und wo er eine 11 habe, wenn in dieser Schlussfolgerung kein Risiko lag. Verstanden?

WPG-Wertung: Keine Änderung für ein 7,8 Punkte-Spiel.

23.04.2025: Päpstlicher als der Papst

1. “Bomb Busters”

Ein funktionierendes kooperatives Deduktionsspiel, erstmals gespielt am 26.03.2025 (siehe Session-Report). Wir müssen gegenseitig die zwölf oder mehr Zahlen erraten bzw. ermitteln, die jedem Spieler zufällig zugeteilt wurden und die jeder in aufsteigender Reihenfolge verdeckt vor sich aufgereiht hat.

Natürlich darf keiner die Zahlen seiner eigenen Zahlenreihe verraten. Auch sonst sollte man mit Hinweisen vorsichtig umgehen und keine künstlichen Abfrageregeln einführen, die den Mitspielern die eigene Zahlenbank . billig offenlegen. Doch wir sind doch für ein spielerisches Miteinander zusammengekommen, und nur strikt schweigend die Kombinationsversuche der Mitspieler über sich ergehen zu lassen, ist nicht Sinn der Übung.

Die Vereinbarung, immer genau die Abfrage durchzuführen, die den Mitspielern die wichtigsten Informationen gibt, ist ja wohl selbstverständlich und entsprechend legitim. Die Mitspieler auf gefährliche Positionen aufmerksam zu machen, oder darauf, dass ein anderer Spieler eine offensichtlich anstehende Abfrage NICHT durchgeführt hat, damit sie daraus die Schlussfolgerungen ziehen können, welche Zahlen dieser Spieler jetzt (wahrscheinlich) NICHT hat, dies haben wir ohne jegliche Skrupel erlaubt. Wir wollten ja nicht päpstlicher sein als der Papst, was uns in der aktuellen Zeit der Vakanz ja auch leichtfiel.

Ergebnis. Nachdem auch Walter klar geworden war, welche Abfrage-Risiken unbedingt zu vermeiden sind, konnten wir problemlos drei Durchgänge mit steigenden Schwierigkeiten meistern. Moritz hat gefehlt.

Aaron fragte: Für welche Zielgruppe ist dieses Spiel? Spontane Antwort von Günther: „Für uns“. Freude am gemeinsamen Erfolg individueller Logik.

WPG-Wertung: Keine Änderung der bisher schon hohen Punkte zwischen 7 und 8.

2. “Porto”

Eine Stadt in Portugal, die für ihre bunten Häuserreihen bekannt ist (sein soll?). Wir bauen gemeinsam an diesen bunten Häusern weiter, aber wir stecken die Siegpunkte für unsere Bauaktivitäten individuell und in Konkurrenz zu einander ein.

Für eine Bauaktivität spielen wir zwei – im Prinzip artgleiche – Baukarten aus: Die Farbe der einen Karte gibt die Farbe des Hauses an, an dem wir bauen (anfangen oder weiterbauen), die Zahl auf der anderen Karte gibt die Anzahl der Stockwerke an, die wir bauen dürfen. Oder umgekehrt. Für die Gesamtzahl der Etagen vom aktuell gebauten Haus sowie für die Zahl der angebauten Etagen in den Nachbarhäusern gibt es Siegpunkte. Claro: Wer zuerst kommt, den bestraft das Schicksal. Wer später baut, nutzt die Vorgänger unter und neben sich. Eine kleine Entschädigung sind die Bonus-Punkt für das Anfangen eines neuen Hauses.

Zwei der benötigten Baukarten dürfen wir uns – als Zugalternative zur Bautätigkeit – jeweils gratis aus einer öffentlichen Auslage nehmen. Fünf Baukarten liegen dort aus, die Etagenzahl reicht von 1 bis 3; in der Summe dürfen die genommenen Etagenwerte 3 nicht überschreiten. Es gibt genug zu klagen, wenn weder die angebotenen Farben noch die Stückelung der Etagenwerte unseren Wunschvorstellungen entspricht.

Aber was hindert uns, auf Teufel-komm‘-raus, in unseren ersten Zügen auf das Bauen zu verzichten und uns ausschließlich Baukarten zuzulegen? Nichts und niemand, nicht einmal die Spielregel. Und wenn das alle tun, wird das Spiel noch dröger. Bauen wir also lieber von der Hand in den Mund, und sehen zu, wie die Mitspieler mit ihrer gebauten Farbkombination und Etagenhöhe unseren Privat-Interessen einen Strich durch die Rechnung machen. Der Weg ist das Ziel.

Im Design ist leider eine Fehlkonstruktion eingebaut: Da man nolens volens, auf jeden Fall aber ohne es zu erkennen, den Mitspielern ihre Privataufträge vermasselt, kann sich noch nicht einmal Schadenfreude einstellen.

WPG-Wertung: Aaron: 4 (alle Siegpunkte ergeben sich mehr oder weniger durch Zufall; für den überall strotzenden Zufall zu viel Brimborium, zu viele Frustelemente [wenn nicht der Weg, sondern das Ziel das Ziel ist]), Günther: 5 (lockeres Familienspiel [hoffentlich locker!]), Walter: 7 (ausschließlich in der Vorstellung, dieses Spiel mit meiner 6jährigen Enkelin Lena zu spielen;).