05.04.2023: 18xx auf dem Meer

1. “East India Companies”

Nein, dieses Spiel ist keine 18xx-Variante, obwohl fast alle Spielelemente dieser großen Spielefamilie vorhanden sind. Es gibt Gesellschaften, die Transportlinien betreiben, sie haben einen Präsidenten und geben Aktien aus, die gekauft und verkauft werden können. Die Linien der Gesellschaft müssen allerdings nicht explizit gebaut werden, sie sind apriori vorhanden. Sie befinden sich auch nicht auf dem Land, sondern es sind feste Wasserwege zwischen Europa und den fernöstlichen Häfen in Indien, Indonesien und China. Entsprechend kaufen und nutzen wir keine Lokomotiven, sondern Schiffe. Sie haben unterschiedliche Ladekapazitäten und fahren mit unterschiedlichen Geschwindigkeiten.

Spielbrett von “East India Companies”

Wir transportieren keine virtuellen Passagiere, sondern reale Produkte (Holzwürfel), die wir auf dynamischen Märkten in Fernost einkaufen und in dynamischen Märkten in Europa verkaufen. Ziel des Spiels ist es, durch optimalen Einsatz seiner Schiffe in diesem Marktgeschehen am meisten zu verdienen.

Das Spiel läuft in fünf Runden zu je sechs Phasen ab. In der ersten Phase (A) setzen wir unsere drei Pöppel ein, um weitere und bessere Schiffe zu kaufen oder neue Docks für unsere Schiffe anzulegen, um Marktentwicklungen zu studieren oder zu beeinflussen, um Vorteile bei Einkaufs- oder Verkaufspreisen einzuhandeln oder – und das ist das Allerwichtigste – um die Startspielerolle für die folgenden Phasen zu ergattern.

In der nächsten Phase (B) kaufen wir Aktien, entweder von unserer Gesellschaft oder von denen unserer Mitspieler. Pro gekaufter Aktie steigt der Kurs um eine Stufe. Der erste Vorteil des Startspielers: er kauft alle Aktien am relativ billigsten ein.

In allen weiteren Phasen kann jeder Spieler zu jeder Zeit Aktien verkaufen. Danach fallen die Kurse wieder jeweils pro verkauftes Stück um eine Stufe. Es ist ein selbstverständlicher Spielablauf, dass alle Spieler in Phase B ihr Geld vollständig in Aktien anlegen und in Phase C wieder so viele davon verkaufen, wie sie zum Bestreiten ihrer Einkaufsambitionen in den folgenden Epochen brauchen. Man kann bei den hieraus folgenden Kursbewegungen nur gewinnen. Zweiter Vorteil des Startspielers: er kann als Erster Aktien verkaufen und entsprechend höhere Kursgewinne einstreichen.

In Phase C entscheidet jeder Spieler reihum pro eigenem Schiff, wohin es fährt, um Ladung aufzunehmen. Wer sich als Erster für einen definierten Hafen entschieden hat, darf später – bei gleicher Schiffsbeschaffenheit – auch als erster aufladen.

In Phase D wird aufgeladen. Wer zuerst einkauft, kauft am billigsten. Die Einkaufspreise steigen pro eingekaufter Ware nach einem festen Tableau. Dabei sind die Preisdifferenzen krass. In der Regel können die ersten Waren für 1 bis 2 Geldeinheiten pro Stück gekauft werden, für die weiteren Waren müssen Summen bis zu 6 Geldeinheiten pro Stück hingelegt werden. Dritter Vorteil des Startspielers: da er seine Schiffe als Erster am Starthafen positioniert, darf er auch als Erster einkaufen und kann so seine Schiffe für das wenigste Geld beladen.

In Phase E fahren die Schiffe nach Europa und verkaufen dort ihre Ladung. Wer zuerst verkauft, verkauft am teuersten. Die Verkaufspreise steigen pro eingekaufter Ware nach einem festen Tableau. Auch hier sind die Preisdifferenzen enorm. Wer Glück hat, kann die seine ersten Waren in der Größenordnung von 8 und 9 Geldeinheiten pro Stück verscherbeln; die Billigheimer bei vollem Tableau bringen nur noch 3 oder 4 Geldeinheiten. Vierter Vorteil des Startspielers: da seine Schiffe in Europa als erste entladen werden, bekommt er auch die besten Erlöse.

In der letzten Phase (F) kommen wieder die Aktien ins Spiel. Die Kurse steigen in Abhängigkeit des höchsten Gewinns. Und es werden Dividenden ausgeschüttet. Aber wie!?! Für die eigenen Aktien bekommt man nichts, gar nichts! Nur an die Mitaktionäre wird ausbezahlt, bei Spielende sogar erkleckliche Summen.

Kurze Überlegungsfrage: Soll man als taktisches Vorgehen vorzugsweise eigene Aktien kaufen, um keine Dividende auszahlen zu müssen, oder lieber fremde Aktien, um von den Mitspielern eine solche zu kassieren? Diese grundsätzliche Frage ist nach ein- bis zweimaligem Spielen von „E.I.C.“ bei uns noch nicht entschieden. Vielleicht müssen wir dafür eine Modellrechnung anstellen, denn bevor wir das Spiel bei uns noch einmal auflegen, muss diese Frage entschieden sein. Die Modellrechnung dazu wird aber nur angegangen, wenn wir das Spiel noch einmal auflegen werden. Beißt sich hier die Katze in den Schwanz?

WPG-Wertung: Aaron: 7 (der Aktienmarkt ist nicht gelungen, das Dividenden-Handling ebenfalls nicht), Günther: 7 (mit einer Änderung der Dividendenzahlung), Walter: 7 (eigentlich ein schönes Spiel mit vielen hübschen, spielerisch-logisch abgestimmten Elementen, aber auch mindestens einem KO-Kriterium: der Vorteil des Startspielers ist untragbar).

29.03.2023: Äpfelzählen mit Heckenschützen

1. “Applejack”

Ein Rosenberg-Spiel. Lukas Siegmon hat mitgezeugt.

“Applejack” : Rondell mit der Hexagon-Auswahl

Jeder Spieler hat einen eigenen Spielplan mit einem leeren Hexagon-Muster vor sich und muss es Stück-für-Stück füllen. Dazu liegen um ein Rondell mit 7 Anlegestellen Hexagons mit verschieden vielen verschiedenfarbigen Äpfeln, mit Blumen und mit ein paar Zahlen am Rand, von denen man pro Zug jeweils eines nehmen und an beliebiger Stelle seines Spielplans einfügen darf.

Lukrativ ist das Einfügen, wenn dabei Zahlenpaare aneinanderstoßen, d.h. wenn Zahlen des neu gewählten Hexagons an vorhandene Zahlen des sich füllenden Spielplanes zu liegen kommen. Das gibt Siegpunkte. U.U. sogar sehr viele.

Siegpunkte gibt es auch, wenn zu definierten Wertungspunkten viele gleichfarbige Apfelsorten innerhalb einer zusammenhängenden Hexafläche liegen. Und für jede Blume in unserem Apfelgarten.

Nicht alle Hexagons stehen jedem Spieler zur Verfügung. Nur von jeweils zwei individuellen Anlegestellen darf sich jeder Spieler bedienen, und muss dabei auch noch einen Platz davon mit seinem Vordermann teilen. Aber ein richtiger Konkurrenzdruck entsteht dabei nicht.

Doch auch so hängen die Äpfel hoch. Die Anzahl von Äpfeln und Blumen pro Hexagon sind sehr begrenzt, und es ist nicht möglich, alle Äpfel einer Farbe (für alle Farben!) in Nachbarschaft zu halten. Zudem sind die Randzahlen dünn gestreut und liegen oft nicht da, wo wir sie gerne für eine lukrative Ernte hätten. Vorausschauend zu planen und zuweilen auch in einem Zug gewollt leer auszugehen, um dafür bessere Weichen für die Zukunft zu stellen, das ist das Geheimnis von „Applejack“.

WPG-Wertung: Aaron: 5 (7 Punkte für das 2-Personen-Spiel), Günther: -(6 Punkte für das 2-Personen-Spiel, keine Wertung für unsere 4er Runde), Moritz: 3 (unglaublich langweilig), Walter: 5 (6 Punkte für die Solo-Variante, eine topologische Herausforderung mit Zufallseffekten und intermedialer und finaler Erbsenzählerei).

2. “Dark Venture – Battle Of The Ancients”

Ein Kickstarter. Ein Würfelspiel. Ein Kriegsspiel wie „Risiko“, nur mit weniger Pöppeln. Ein Siegpunkt-Eroberungsspiel wie “Small World“, nur mit weniger Strategie und Taktik. Obwohl es bei BGG – euphemistisch übersetzt – heißt: „ein kompetitives taktisches Strategiespiel, in dem die Spieler asymmetrische Fraktionen in brutale Schlachten gegeneinander führen.“

“Dark Venture – Battle Of The Ancients” – Truppen der Roten Fraktion

Jeder Spieler führt also ein paar Figuren mit unterschiedlicher Stärke in Angriff und Verteidigung. Ein paar wenige davon stehen zu Beginn wie verloren auf dem Spielbrett herum. Eines der temporären Spielziele ist es, mehr Figuren aufs Spielbrett zu bringen und die Figuren stärker zu machen. Dazu würfelt jeder Spieler pro Zug mit 6 eigens konstruierten Hexa-Würfeln, die entweder Bewegungen erlauben, mehr Stärke gewähren, weitere Figuren gebären oder sogleich ohne jeden Schweiß zu Siegpunkten führen. Man muss nur passend würfeln.

Trifft man auf der Prairie auf einen Gegner, kann man ihn angreifen. Entsprechend Stärke und Verteidigung würfelt man mit einer Anzahl normaler Hexawürfel, und in der Regel ist hinterher der Verteidiger tot. Andernfalls hat sich der Angreifer in Stärke und eigener Würfelpotenz verschätzt. Mit normalen Hexawürfeln ist auf keinen Fall zu spaßen! Das haben wir vor 19 Jahren schon bei „Chicago“ erfahren, siehe Spielbericht vom 9.03.2004.

Durch Item- und Action-Cards zufälligen Inhalts, die man an definierten Stellen des Spielbretts erwürfelt, kann man seine Kriegerpotenzen aber auch noch mit (un)heimlichen Sondereffekten ausstatten. Als die Szenerie ins Harmagedon überging und Walter schon allein durch erwürfelte Siegpunkte unmittelbar vor der Ziellinie stand, suchte Moritz die Entscheidung durch eine Schlägerei gegen Aaron. Mit Action-Cards hatte er seine Würfelchancen vorsorglich aufgepäppelt und mit zwei-drei Morden hätte er das Spiel fast no-brainingly zu seinen Gunsten gedreht. Aber siehe da, auch Aaron hatte ein paar geile Action-Card gehortet und konnte Moritz nach Strich und Faden abspecken. Zusätzlich legte er Würfelergebnisse hin wie ein Weltmeister. Aus der Heckgruppe heraus katapultierte er sich zum Sieg.

WPG-Wertung: Aaron: 9 (weil ich gewonnen habe und weil es mich an die schlechteren Spiele von Avalon Hill erinnert), Günther: 4, Moritz: 8 (mindestens; man sollte ja nicht das verkürzte Scenario spielen), Walter: 4 (keine Ahnung, wie man das Spiel angehen sollte, außer gut würfeln; aber wie macht man das?).

15.03.2023: Creazione dello Zoo Nuovo

1. “Arche Nova”
“Arche Nova” ist kein „Terra Nova“ und auch kein „Terraforming Mars“, obwohl einige Stimmen eine Ähnlichkeit mit letzterem behaupten und das Handhaben mit Entwicklungskarten sowie Merkmale von deren Design das nahelegen. Doch Vorgehen und Spielgefühl sind absolut anders: es ist eine um Potenzen mächtigere Maschinerie zu konstruieren und zu nutzen.

Material und Auslage von “Arche Nova”

Jeder Spieler hat eine in Hexagons eingeteilte Grundfläche vor sich liegen, einen Zoo repräsentierend, in der er sukzessive Tiergehege einbauen und sie mit Tieren bevölkern soll. Die Tiergehege bedecken 1 bis 5 Hexagons, und abhängig von ihrer Größe müssen für den Bau entsprechende Geldsummen hingeblättert werden. Ansonsten liegt Wahl und Auswahl der Gehege absolut frei dem Belieben eines Spielers.

Die Tiere sind nur virtuell vorhanden. Sie werden durch Karten repräsentiert, von denen 212 (zweihundertzwölf!) vorhanden sind. Jeder Spieler hat eine (sehr limitierte) Anzahl davon auf der Hand und zieht sporadisch-gezielt welche nach. Um ein Tier in seinen Zoo zu bringen, muss ein Spieler ein passendes freies Gehege haben und einen – teilweise sehr hohen – Preis dafür bezahlen.

Getrieben werden die Aktionen eines Spielers durch 5 Aktionskarten, die neben den Basisaktionen 1) Gehege bauen, 2) Tier kaufen und 3) Tierkarten nachziehen noch zwei Sonderaktionen enthalten 4) Sponsoren beteiligen und 5) Verbandsarbeit betreiben.

Diese Aktionskarten liegen auf 5 Kartenplätzen der Stärke 1 bis 5, und von der Stärke abhängig kann man größere Gehege bauen, mehr Tiere kaufen, mehr Tierkarten nachziehen oder ertragreichere Sponsoren- oder Verbandsleistungen in Anspruch nehmen. Nach dem Nutzen einer Aktionskarte wird sie auf den Kartenplatz der Stärke 1 geschoben, die anderen Aktionskarten rücken entsprechend hoch. Es ist eine der Herausforderungen guten Spiels, hier seine Aktionskarten in der richtigen Reihenfolge einzusetzen.

Aber es gibt noch eine ganze Latte weiterer Herausforderungen, die zu meistern sind.

  1. Beim Bau werden auf der Zoo-Grundfläche einzeichnete Bonusfelder überbaut, die dabei Geld und andere Spielvorteile einbringen. Diese Vorteile müssen in einer für die Entwicklung optimalen Reihenfolge genutzt werden.

  2.  Manche Tierkarten fordern vor ihrem Kauf den Besitz einer Reihe anderer Tierkarten oder Zoo-Eigenschaften. Grundsätzlich sind Mittel und Möglichkeiten, eine Tierkarte aus der Hand zu kaufen und auszulegen, sehr begrenzt. Hier heißt es, die „richtigen“ Tierkarten zu ziehen, zu behalten und im gegebenen Moment zu kaufen.

  3. Über „Verbandsarbeit“ werden einerseits Bonusfelder freigelegt, die uns a) sofort und b) Runde für Runde verschiedenerlei Vorteile einbringen, und andererseits kurzfristig Ansehen und Kaufkraft unseres Zoos stärken sowie mittelfristig nützliche Entwicklungsstufen erklimmen lassen. Auch hier muss man für den Sieg nicht nur ein glückliches, sondern auch ein gut rechnendes Händchen haben.

Günther war in seinem Element. Geld zu erwirtschaften, seine Zoofläche zielgerichtet zu bebauen, geld- und siegpunktträchtige Tiere zu kaufen, effiziente Verbandsarbeit zu leisten und die angebotenen Entwicklungsfortschritte in optimaler Reihenfolge und Quantität zu nutzen, das ist sein Metier. Es brachte ihn vom ersten Augenblick an in Führung, die ihm auch vom Spiel-Design her immer stärker begünstigte, so dass seine Mitspieler zwar solitär an ihren eigenen Vorhaben arbeiten konnten, es aber ausgeschlossen war, ihm nochmal irgendwie irgendwo an den Wagen zu pinkeln. Ich persönlich vermisse hier so etwas wie die Dieselloks von „1830“, die einem überlegenen Besitz zu einem bestimmten Zeitpunkt des Spiels noch einmal eine besondere Planungsleistung abfordern.

Hinter “Arche Nova” steckt zweifellos eine sehr gelungene Autorenleistung. Hut ab vor Mathias Wigge und seinem zoologischen Engagement. Als Nicht-Günther finde ich aber doch einige Haare in der Suppe.

  1. Von den 212 vorhandenen Tierkarten bekommt jeder Spieler nur einen winzigen Bruchteil in die Hand. Die Auswahl ist viel zu gering, als dass damit eine akzeptable Planung möglich ist. Manche Karten sind zu teuer, die kann man sich ohnehin erst in den letzten Runden leisten. Manche Karten erfordern ein großes Gehege, das ebenfalls erst in späteren Runden zur Verfügung steht, und für manche Karten gibt es Voraussetzungen, die man erst einmal – einige Runden lang – mühsam erfüllen muss, bevor man sie auslegen darf. Von den 2 bis 5 Tierkarten, die ein Spieler in der Regel auf den Hand hat, kann er sich zuweilen – oft – keine einzige leisten. Und wenn man hoffnungsvoll einen Streichelzoo anfängt, aber bis zum Spielende kein einziges Streicheltier mehr bekommt, dann hat man wohl auf das falsche Pferd gesetzt.

  2. Verbandsarbeit ist eine wichtige Voraussetzung für den Sieg. Dazu braucht man aber einen Verbandsarbeiter. Zu Beginn besitzt jeder Spieler genau einen. Wenn sich ein Spieler nicht unverzüglich dran macht, weitere Verbandsarbeiter loszueisen – dazu sind mehrere gezielte Entwicklungsschritte nötig – , dann vergammelt die schöne Aktionskarte „Verband“ unnutzbar auf dem hochwertigen Kartenplatz der Stärke 5 und blockiert diese Position für die anderen Aktionskarten.

  3. An „Partnerzoos“, „Universitäten“, „Artenschutz-Projekten“ und nicht zuletzt an den vielen Tierkarten gibt es so viel Erbsenzählerei, dass ein Günther (und vielleicht ein Moritz) seine helle Freude daran haben kann, womit aber den aus dem Gefühl heraus Spielenden nur lauter Bäume vor den Wald gestellt werden.

WPG-Wertung: Aaron: 5 (mir geht es hier wie bei „TM“: von Mal zu Mal habe ich weniger Spaß daran), Günther: 8 (ich habe es schon ein paarmal mit großer Freude gespielt, es ist ein sehr schönes Aufbauspiel; auch thematisch ist es stimmig, aber das ist für mich eh nicht so wichtig), Walter: 6 (für die Solo-Variante würde ich 8 Punkte vergeben, die topologischen Aufgaben im Zoo und das Handhaben der Aktionskarten sind gut gelungen; aber für 3 Stunden Spielzeit am Westpark erwarte ich mehr als ein solitäres Aufbauspiel).

08.03.2023: Neuer Beat auf neuer Erde

1. “Hey Yo”
Ein kooperatives Spiel. Eines, das sogar am Westpark funktioniert.

Alle Spieler haben jeweils vier Karten auf der Hand, wählen reihum eine davon aus und legen sie in einer wachsenden gemeinsamen Reihe nebeneinander auf den Tisch. Danach ziehen sie sofort eine Karte nach.

Auslage von “Hey Yo”

Auf den Karten sind oben und unten je eines von insgesamt vier Symbolen aufgedruckt, rot oder grün oder gelb oder blau. Manchmal auch nichts. Weiterhin gibt es „Punchline“-Karten mit den gleichen vier farbigen Symbolen. Gemeinsame Punkte für alle Mitspieler gibt es für jede gespielte Punchline-Karte und für die ununterbrochene Sequenz davorliegender gleicher Symbole. Beim Ablegen der Karten sollten die Spieler also möglichst viele gleiche Symbole nebeneinander ablegen und die Reihe durch eine entsprechende Punchline-Karte abschließen. Falls ein Spieler keine geeignete Karte hat und eine ausliegende Symbolfolge unterbrechen muss, dann haben alle Spieler Pech gehabt und die Punkte für die Symbolfolge sind futsch.

Das Gute an „Hey Yo“ ist aber, dass die Spieler zwar ihre Karten nicht zeigen dürfen, aber beliebig viel darüber reden dürfen! Endlich mal ein kooperatives Spiel, bei dem die Kommunikation explizit zugelassen ist.

Der Gag des Ganzen, warum das Spiel überhaupt Spaß machen kann und kein dröges Puzzle ist, ist eine kleine, batteriegetriebene Rhythmus-Maschine. Die schlägt einen Takt und gibt ungefähr alle 4 Sekunden einen Pfeifton von sich. Dann muss der nächste Spieler seine Karte ablegen. Das schafft eine gewisse Spannung, einen gewissen Druck, und verhindert, dass die Spieler eine Ewigkeit über ihre Karten debattieren und die theoretisch beste Ablagereihenfolge ausrechnen. Es sorgt auch dafür, dass ein Spiel schnell über die Bühne geht. Die 38 Karten sind in knapp 3 Minuten ausgelegt und die Wertung kann erfolgen.

Man sollte nicht schneller ablegen, als vom Beat vorgegeben wird, aber keiner außer Moritz hat beim Aussuchen und Ablegen den Pfeifton abgewartet, alle waren im Eifer des Gefechtes jeweils schneller. Moritz war über das mangelnde Rhythmus-Gefühl seine Mitspieler ganz verzweifelt. Zumindest sind dafür keine Strafpunkte vorgesehen, wohl aber, wenn ein Spieler zu langsam gewesen wäre.

Das Allerdümmste an diesem Spiel ist – für mich – der zwanghafte Text, mit dem diesem abstrakten Ablegespiel ein Thema untergeschoben wird: „Ihr seid Mitglieder einer neuen Rap Crew und seid startklar für euer erstes Rapbattle. Haltet euch an den Beat, den der DJ vorgibt und rappt alle nacheinander. Haut das Publikum mit Reimen und krassen Phasen um.“ Allein diese verarschenden Zeilen würden mich daran hindern, dieses Spiel zu kaufen. Günther hat es getan.

WPG-Wertung: Aaron: 5 (Dödelspiel), Günther: 5 (Partyspielchen), Moritz: 5 (Aus der Idee hätte man mehr machen können), Walter: 5 (Als kooperatives Spiel gegen eine zufällige Herausforderung OK. Ich habe aber jede Art von Lacher vermisst.)

2. “Terra Nova”

Ein abgestripptes „Terra Mystica“, was die Autoren auch zugeben und wovon sie von dessen Verlag das „Placet“ bekommen haben.

Wir besiedeln eine Hexalandschaft, indem wir uns, von jeweils zwei Ausgangspunkten ausgehend, Feld für Feld ausbreiten und darauf Häuschen bauen. Zu Beginn dürfen wir nur auf Nachbarfelder mit unserer Farbe bauen, aber wir dürfen andersfarbige Felder durch teures Umgraben in unsere Farben verwandeln. Häuser können wir zu Kontoren ausbauen und Kontore zu Palästen. Je mehr wir gebaut haben, desto höher sind die Einnahmen an Geld und Machtpunkten für die nächste Runde, mit der wir Hausbau und sonstige Entwicklungen bezahlen. Sobald unsere Siedlungen eine gewisse Größe erreicht haben, werden sie automatisch Städte und bringen uns weitere Vorteile.

„Terra Nova“: Günther liebäugelt mit seinem nächsten Palast.

Wenn wir uns in Schifffahrt engagiert haben, müssen neu zu belegende Felder nicht mehr in unmittelbarer Nachbarschaft liegen. Das bringt erhebliche Vorteile beim Besiedeln der verstreuten, uns zugeordneten farbigen Feldern, ohne sie umgraben zu müssen. Dabei sollten wir uns aber unserer Ausbreitung selber Schranken auflegen, denn bei Spielende werden die größten zusammenhängenden Gebiete nochmals extra honoriert.

Walter als Startspieler besiedelte nur am Anfang via Umgraben zwei Felder in der – umkämpfen – Spielmitte; den Rest des Spiels erfreute er sich über ungestörtes alleiniges Bauen in der Antarktis. Da er sich auch sonst wenig um die punkteträchtigen Züge kümmerte, wurde er Letzter! Obwohl er in jeder Runde der Startspieler blieb! (Spieldesign-Schwäche?)

Aaron als Mittelspieler fühlte sich schnell von den Bauaktionen seiner beiden Nachbarn eingeengt. Seine Dominanz im südlichen Westen konnte die Defizite in der Mitte nicht ausgleichen.

Moritz, als erfahrener Terra-Mysticus, entwickelte gleich in der ersten Runde seine Schifffahrt und belegte im Nu über das gesamte Spielbrett hinweg eine ganze Reihe seiner blauen Hexafelder. Das sah für ihn sehr gut aus. Eigentlich hätte er gewinnen müssen. Aber er hatte sich mit seinen Siedlungen zu sehr verzettelt und konnte nur eine einzige Stadt bauen.

ünther als Sieger schilderte post mortem seinen Siegeszug: „Ich glaube, ich hatte (gefühlt) die meiste Zeit mehr Material auf dem Brett und damit mehr Einkommen. Ich hatte am Ende auch als einziger zwei Städte gebaut – Moritz nur eine. (Er hatte ja gesagt, dass er möglicherweise mit der zweiten Stadt gewonnen hätte, da er damit 9 + 5 + 4 Punkte bekommen hätte.) Moritz hat auch mit der Gebietsmehrheit „relativ“ zu mir 8 Punkte verloren. Er hat mit seiner Spezialeigenschaft mehrere Einzelgebäude gebaut; das war zwar kurzfristig gut und günstig, gefährdete aber den sicheren/schnellen Bau einer zweiten Stadt.“

WPG-Wertung: Aaron: 7 (1 Punkt mehr als „Terra Mystica“; die Erfahrung bringt es halt), Günther: 8 (bleibt, aber mit Tendenz zu mehr; „Terra Mystica“ ist komplexer und bietet mehr taktische und strategische Möglichkeiten, aber man benötigt dafür auch mehr Erfahrung), Moritz: 8 (1 Punkt mehr als „Terra Mystica“), Walter: 7 (bleibt: konstruktiv; wenn sich alle Spieler allerdings schnell im Schiffbau engagieren, steigen Chaos-Komponente und Kingmakerei).

3. “Cat in the Box”

Unser aktueller Edel-Absacker behält seinen Charme. Leider ist er aktuell nicht mehr käuflich. Wer als Stichkartenspieler irgendwo irgendwie noch ein Exemplar davon ergattern kann, sollte es tun.

Keine neue WPG-Wertung für ein 8-Punkte-Spiel.

15.02.2023:Fußvolk in Firenze

1. “Florence”

Die „Händler“ sind es nicht, die hier die Straßen von Florenz bevölkern, es sind die Bürgerlichen und die Möchtegerns, die durch die Straßen eilen, um einen Blick auf die führenden Personen des Hauses Medici zu werfen, oder umgekehrt, von ihnen gesehen zu werden und damit vielleicht einen Vorteil zu erhaschen. Dies ist das Thema von „Florence“.

Drei Medicis fahren in ihren Kutschen (rot, rosa und blau) unsichtbar durch die Innenstadt, und wir müssen uns möglichst zahlreich und potent an den Stationen ihrer Fahrt positionieren. Entsprechend erhalten wir Siegpunkte.

Jeder Spieler hat 5 Debütanten, 3 Donnas und 1 Maestro, den er mit Zeiteinheiten (= Geldeinheiten) an den Kreuzungen platziert, wo die Kutschen vorbeikommen oder halten werden. Das ist relativ teuer. Um einen Debütanten zu platzieren, muss man schon ein Drittel des Startkapitals hinblättern. Und um ihn dann in eine Donna zu konvertieren, ginge schon mehr als die Hälfte unseres Restkapitals drauf. Damit hätten wir nach zwei Zügen unser Pulver bereits verschossen und müssten auf die nächste Runde warten, in der uns allen nach einem zufälligen Schlüssel wieder neue liquide Mittel zufließen. Wir können allerdings auch billigere Züge machen oder passen und unser Kapital für die nächste Kutschfahrt sparen.

Insgesamt 9 solcher Kutschfahrten werden unternommen. Wir wissen immer drei Runden vorher, wo die Reise einer der farbigen Kutschen enden wird und welche Strecke dabei genommen wird. Je nach Farbe der Kutsche bekommen wir für die best-positionierte Figur auf der Strecke ein paar Punkte, und für (fast) jede unserer Figuren am Ziel einen ganzen Batzen davon. Hier im richtigen Moment die richtigen / meisten / höchstwertigsten Figuren platziert zu haben, ist eine der Herausforderungen des Spiels.

Ein Westpark-Trio in “Florence”

Wer zuerst kommt, mahlt zuerst. Doch kann man hier dem Mahlgeschick der Mitspieler ins Handwerk pfuschen, wenn man an Giovanni di Medici rechtzeitig ein „Geschenke“ verteilt hat. Dann darf man an ausgewählte Kreuzungen einen „Türsteher“ platzieren, der die eigenen, neu hinzukommenden Figuren auf die vorderen Plätze schiebt.

Die Stehplätze an einer Kreuzung sind limitiert. Wenn alle belegt sind, dann hat man das Nachsehen. Wer zu spät kommt, den bestraft das Leben. Unter Umständen bekommt man allerdings die Möglichkeit, eine fremde Figur an einer begehrten Kreuzung gegen eine eigene Figur von einer benachbarten Kreuzung auszutauschen. Leider haben wir hier die Regel falsch verstanden und falsch gehandhabt: „Swap 1 Family Member you have with an adjacent Familiy Member“ heißt es im Regelheft. Hier steht nichts darüber, dass die geswappte Figur ebenfalls aus unserer Familie stammen muss. So haben wir es aber gehalten und damit war das Swappen praktisch bedeutungslos.

Über Geschenke haben wir schon gesprochen. Auch die anderen Medici-Mitglieder sind Geschenken nicht abgeneigt und gewähren dafür Vorteile beim Bewegen unserer Figuren von Kreuzung zu Kreuzung oder über „Skandalkarten“, die verschiedenen Unfug erlauben.

Außer durch rechtzeitiges Erscheinen an der Kutschenstrecke kann man vor allem durch „Protzen“ massig Punkte machen. Auf dem Spielfeld gibt es neun Positionen, an denen man Freibier (na ja, es wird wohl Freiwein sein) ausschenken kann. Entsprechend den neun verschiedenen Kriterien, die hier angegeben sind (Anzahl, Rang und Position eigener Figuren in Kreuzungsreihen oder Kreuzungsspalten) bekommt man dann Siegpunkte. Wer zu früh protzt, hat natürlich erst wenig Substanz auf dem Spielfeld und bekommt entsprechend wenig, wer damit wartet, geht zwar die Gefahr ein, dass ein Mitspieler ihm eine Protzposition wegnimmt, bekommt dafür aber erheblich mehr. – Im Prinzip eine hübsche Spielidee. Allerdings ist das Abchecken des eigenen Besitzstandes an den neun Position nach den neun verschiedenen Kriterien, unter Einbeziehung von Besitzstand und Ambitionen der Mitspieler, eine zeitraubende Angelegenheit. Das Kosten-Nutzen-Verhältnis ist – für die ambitionierten Rechner am Westpark – etwas unglücklich.

„Florence“ ist eigentlich ein schönes Spiel. Wie es sich für einen Kick-Starter gehört, ist es reichlich mit hübschem Material ausgestattet. Leider nicht immer funktionell. Simple Scheiben anstelle der hübschen Holzfiguren für Debütanten etc. wären an den Kreuzungen leichter zu platzieren und einfacher zu verschieben gewesen. Noch dazu kann der „Türsteher“ beim Zählen leicht mit einer Figur verwechselt werden; und oft genug steht er allen im Weg.

Beim Design des Stadtplans von Florenz hat man eher an ein ehrwürdiges Fresco von Leonardo gedacht als an eine Unterstützung des Spielablaufes. Die Kreuzungen und ihre zugehörige Umgebung sowie die (freien) Stellplätze sind nicht gut zu übersehen, das Erkennen der Wegführung für unsere Figuren erfordert einige Übung, genauso wie der Streckenverlauf der Kutschen.

Ein nicht unerheblicher Design-Fehler wird erst am Ende erkennbar. Jeder Spieler sollte alle seine Figuren bei Spielende an definierten Kreuzungspunkten stehen haben; die mittels einer individuell zugeteilten Plankarte angezeigt sind. Dafür wird eine Schlussprämie an Siegpunkten ausbezahlt. Wenn zufällig der Endpunkt der letzten Kutschfahrt unter den eigenen Planpunkten ist, hat man Glück gehabt und kann sich hier punktverlustlos engagieren. Ist dieser Endpunkt allerdings nicht unter den eigenen Zielpunkten, muss man entweder auf eine erkleckliche Summe seiner Schlussprämie oder auf die Siegpunkte für die letzte Kutschfahrt verzichten. Hier hat der Zufall an ungeeigneter Stelle seine Hand im Spiel.

WPG-Wertung: Aaron: 5 (zu viel Mitspieler-Chaos; die Skandal-Karten gefallen mir gar nicht), Günther: 6 (die Regeln sind nicht intuitiv), Moritz: 6 (das Spiel funktioniert; bemerkenswert ist, dass die Spielerreihenfolge – bezüglich Siegpunkten – sich von der ersten bis zur letzten Wertung sich nicht mehr geändert hat; dahinter könnte ein Design-Problem stecken), Walter: 5 (schöne Spielelemente, hübsches Material, das „Protzen“ enthält eine sinnvolle antagonistische Idee, doch das dominierende Gerangel um Majoritäten und Prioritäten ist nicht mein Fall).

2. “Bluff”

Beim letzten „Bluff“, vor einem halben Jahr, war Walter im Nu draußen. Diesmal erwischte es Aaron, der nach zwei Runden seine 5 Würfel losgeworden war und sich nach Hause verabschieden durfte. Günther und Walter standen sich im 1:1-Endspiel gegenüber. Günther hatte Moritz herausgekickt und musste die erste Vorgabe machen. Er hatte eine 2 gewürfelt und peilte die Lage, ober er mit Walters Immer-die-4 oder mit seiner eigenen Immer-die-5-Strategie antreten sollte. Ehrlichkeit hätte ihm heute den Sieg gebracht.

Keine neue WPG-Wertung für ein Super-Spiel.

08.02.2023: Zwietracht in Belgien

1. “Discordia”

Sind dem Bernd jetzt die P-Wörter ausgegangen, so dass er seine Spiele jetzt mit „D“ anfangen lassen muss, wo doch „Pax“, „Palmyra“, „Phalanxx“ und viele andere Namen praktisch blind als Eisenstein-Spiele zu erkennen waren. Jedenfalls sind wir zeitlich und örtlich im Römischen Reich geblieben waren und haben uns nur in etwas nördlichere Gefilde begeben. Hermann der Cherusker hatte die Legionen, um die Augustus geweint hat, schon abgeschlachtet und Nero kommt als Kleinkind mit seiner vielseitigen Mutter herbei, um sich die Bescherung anzusehen. Oder so ähnlich. Ist auch wurscht. Das Spiel lebt von klaren Farben in Pöppeln und Würfeln, und trotz des eifrigen Bemühens des Graphikers um römische Symbolik und Szenerie ist der Grundtenor ein abstraktes Spiel um Aufbau und Nutzen einer farbigen Maschinerie, in der wir unsere leider (fast) ständig wachsende „Arbeiterschar“ unterbringen müssen.

Spielszenerie in „Discordia“

Motor sind drei Hexawürfel in den Farben rot, gelb und blau. Einer würfelt für alle und legt die Würfel entsprechend der Augenzahl in zugehörige Spalten auf dem gemeinsamen Spielbrett. Danach darf er sich einen davon aussuchen und alles tun, was in der gewählten Spalte erlaubt ist: seine Maschinerie ausbauen, d.h. Basis- und Aufbauplättchen in den Farben rot, gelb, blau oder weiß in sein privates Spielbrett legen, oder seine farbigen Arbeiter in den entsprechend-farbigen Aufbauplättchen unterbringen. Danach dürfen reihum die anderen Spieler mit den restlichen Würfeln entsprechend verfahren. Wenn ein Spieler es geschafft hat, allen seinen Arbeitern einen Arbeitsplatz zu verschaffen, hat er gewonnen und das Spiel ist sofort zu Ende.

So leicht ist das allerdings nicht. 15 Arbeiter bekommt man zu Spielbeginn und dazu keinen einzigen Arbeitsplatz. Nach fünf Hauptaktionen ist ein „Jahr“ herum und die Natur schustert uns schon wieder eine erkleckliche Zahl hungriger Mäuler zu. Dazu klopfen die bösen Germanen an unsere Türen, und wer nicht genügend Abwehrkräfte mobilisiert hat, dem schieben sie auch noch ein paar Arbeitslose ins Lager.

Unsere Arbeitsplatzbeschaffung wird dadurch erleichtert, dass auf unseren Aufbauplättchen Würfel aufgedruckt sind, und wenn wir einen Würfel nehmen, der in Farbe und Augenzahl mit einem oder mehreren Aufbauplättchen übereinstimmt, dürfen wir überall dort, sofern noch Platz frei ist, ebenfalls Arbeiter unterbringen.

Neben der obligatorischen Hauptaktion dürfen wir, falls unser Würfel zufällig aus der „richtigen“ Spalte für die aktuelle „Jahreszeit“ stammt, auch noch hübsche kleine Nebenaktionen ausführen. Bemerkenswert ist das Platzieren von Sternen auf einem Expeditionspfad und auf einer Entwicklungsleiste, womit wir früher oder später richtiggehende Zugverdoppelungen und Kettenzüge absolvieren können. Doch keine Angst, die Zugauswahl ist begrenzt, ihre Effekte sind überschaubar, alles kann flüssig über die Bühne gebracht werden, und keiner muss ellenlang darauf warten, dass ein Mitspieler seine Planung und Berechnung abgeschlossen hat.

WPG-Wertung: Aaron: 7 (gefällig, keine Macken, keine Downtime, die anfänglichen einschränkenden Zufallseffekte kann man im Laufe des Spiels ausreichend entschärfen), Günther: 6 (ich fand mich ein bisschen gespielt), Walter: 7 (einschließlich Sympathiepunkte für Bernd und sein Autorentum, spielerisch locker, ein dominanter aber gut funktionierender Würfelmechanismus).

Kleine Einschränkung aus unserer ersten Spielpraxis. Aaron war der einzige Spieler, der im ersten Jahr die Germanen abwehren konnte. Günther bekam dafür kein rotes Aufbauplättchen und Walter keine roten Arbeiter in die Finger. Als Strafe wurden den beiden vier weitere Arbeiter aufgedrückt, während Aaron einen Stern auf der Entwicklungsleiste platzieren durfte und damit mehr oder weniger mit der Nase auf die dort wartenden Mehrfachzüge gestoßen wurde. Er zog davon, und es war nicht erkennbar, wie seine Mitspieler ihn dabei noch hätten einholen können. Zusätzlich waren auch die Würfel, ganz ungewöhnlich für Aarons übliches Spielergeschick, häufig auf seiner Seite. Kann es sein, dass in „Discordia“ etwas zu schnell der Weizen von der Spreu getrennt wird?

2. “Tiletum”

Nein, dieses Spiel haben wir heute nicht anschließend, sondern schon letzte Woche gespielt. Doch Günther hat sein Exemplar wieder mit nach Hause genommen und Walter war zu faul, aus dem Internet die Regeln zusammenzukratzen.

Würfelrondell in „Tiletum“

Wir lassen unseren Architekten und unseren Händler durch Westeuropa reisen, handeln, bauen Kathedralen, buhlen um die Kunst des Königs und lassen überall Duftmarken und Form von Häusern und Säulen setzen.

Herzstück ist hier wie in „Discordia“ ein Würfelmechanismus. Allerdings noch mehr Farben und noch mehr Würfel. Gleich 3 Würfel pro Spieler plus 2 „Noagerl-Würfel“ werden pro Hauptrunde ausgewürfelt und nach einem definierten, wechselnden Schema in einem Rondell angeordnet. Reihum nimmt nun jeder Spieler einen beliebigen Würfel aus dem Rondell, bekommt Ressourcen entsprechend der Würfelfarbe und den Würfelaugen. Dann darf er eine Aktion ausführen, die der Position im Rondell entspricht, aus der er den Würfel genommen hat. Ganz raffiniert ist die Idee, die „Potenz“ der Aktion, die man ausführen darf und die Anzahl der bekommenen Ressourcen reziprok zu halten: je mehr von der einen Sorte, desto weniger von der anderen Sorte. Da dürfen scharfe Rechner an die Front, vor allem, weil die auszuführenden Aktionen u.U. weitere Potenz und weitere Ressourcen liefern können.

Wer nach vier Hauptrunden sich an Adeligen, an Wappen und an Königsgunst die meisten Einheiten zulegen konnte, ist Sieger.

WPG-Wertung: Aaron: 5 (schöne Elemente, keine Schwächen, aber die Downtime und die Spieldauer ist zu lang), Günther: 7 (für eine 2-3 Personen-Runde; am Westpark für 4 Personen zu lang, viele Zugmöglichkeiten; die Zufallseffekte könnten problematisch sein), Moritz: 7 (spielerisch sehr interessant, alles funktioniert, die verschiedenen Mechanismen sind in sich fair. Ist es die Zukunft des Spiels, dass man an Material und Regeln jetzt immer wieder und überall noch etwas anfügt?), Walter: 7 (hübsche Designleistung, reichlich viele Restriktionen gut integriert und ausbalanciert, allerdings sind die aus den Nebeneffekten möglichen Kettenzüge gewaltig und inspirieren gerade unsere Geistesgrößen zu Höchstleistungen, deren Ergebnis die Mitspieler nur staunend-anbetend abwarten können).

25.01.2023: Dissens im Taubertal

1. “Der Taubertalexpress”

Unsere verhaltene Kritik vom November letzten Jahres zu diesem Spiel über das Transportieren von Passagieren und Waren im Taubertal, zusammen mit unserer Andeutung von Verbesserungsmöglichkeiten hat den Autor Christoph Kraus animiert, uns seine Ideen dazu vorzustellen. Er ließ uns auch gleich die zugehörigen Änderungen am Spielplan zukommen. Heute fand zum veränderten Design der Probelauf statt.

Der Taubertalexpress – Szenerie am Westpark

Moritz war bei unserer Premiere nicht dabei gewesen und musste erst eine Stunde lang mit Material und Regeln vertraut gemacht werden. Dann bekundete er, sein Erfahrungsdefizit zum Ausreizen von Extremsituationen ausnutzen zu wollen. Insbesondere reizte ihn am Spieldesign, dass die Minuspunkte, die für unbezahlte Arbeiter oder mangelnden Platz für Passagiere vergeben werden, auf Minus-5 begrenzt sind? Könnte man da nicht gleich zu Beginn mit seinen Anschaffungen ungebremst-gebremst in die Miesen gehen, um danach umso größeren Gewinn zu machen? Kann man nicht! So leicht lässt sich Christoph nicht aushebeln. Eine „Hungerstrategie“ gibt es im Taubertal nicht, zumindest keine gewinnträchtige. Auch Moritz musste sich der mühsamen Arbeit von Ackerbau und Viehzucht unterziehen, um seine Güterwaggons mit den daraus gewonnenen Gütern beladen zu können.

Walter mit Stammsitz im Badischen verzichtete wie beim letzten Mal auf den Güterverkehr und versuchte allein über schnellen Passagierverkehr seine Kassen zu füllen. Dieses Vorgehen fand Moritz unter seiner geistigen Würde, sondern höchstenfalls passend zum Intelligenzquotienten seines rechten Nachbarn, der mit dieser Qualifikation durchaus leben konnte. Aber irgendwie verschob sich der Stimmungsschwerpunkt ins Negative.

Auch Aaron verlegte seinen Wirtschaftsschwerpunkt auf Passagiere. Dazu baute er seinen Zug gleich auf drei Personenwaggons aus. Aus seiner Hessenecke ertönte dann allerdings periodisch ein verzweifeltes „geil“, wenn der Kraichgauer gerade mal wieder einen Passagier auflud, den er selber gerne transportiert hätte. Oder es ertönte ein ärgerliches „Schwachsinn”, wenn die Ressourcensteine nicht die geforderten Farben hatten. Vielleicht auch umgekehrt. (Vielleicht auch aus einem anderen Grund, der mir bis jetzt nicht ersichtlich ist.) Diese vorzeitige monotone „Wertung“ wies der gebürtige Unterfranke Walter zurück, der sich das genüssliche Herumreisen in seiner Heimat nicht vermiesen lassen wollte.

Der zugereiste „Unterfranke“ Günther war der einzige, der ruhig und sachlich alle Gegebenheiten des Spieldesigns kennenlernen, ausreizen und erst hinterher sein Werturteil dazu abgeben wollte.

Aaron hatte sich recht früh das „Stellwerk“ zugelegt, das ihm bei jedem Durchfahren der Hauptstadt Lauda einen Kohlestein zuschusterte. Im kleinen Grenzverkehr zwischen Tauberbischofsheim, Grünsfeld und Königshofen konnte er fast beliebig Passagiere transportieren, ohne dabei wesentlich Treibstoff zu verbrauchen. Als er dabei aber auch versehentlich eine nicht-vorhandene Direkt-Verbindung zwischen Königshofen und Schwäbisch Hall präjudizierte, konnte sich Walter nicht enthalten, den Zicke-Zacke-Kurs-Irrtum durch Lauda zu bewitzeln. Das war zu viel für Aaron. Er wollte nicht mehr weiterspielen. Walter vollendete diesen Vorsatz. Wir hatte ja auch schon zwei Stunden lang eine knappe Hälfte des Spiels absolviert.

Fazit: Auch wenn das Spiel hübsche Mechanismen präsentiert und eine Vielzahl verschiedenartiger Strategien zulässt, ist die Spielzeit für ungeduldige, grüblerische, die Lokalitäten nicht goutierende Spieler zu lang. Wo geht die Zeit flöten?

  1. Das Abchecken der ständig wechselnden abholbereiten Passagiere nach Start und Zielort und ihre Integration in die eigene aktuelle Streckenführung stellt ein nicht unerhebliches Transportoptimierungs-Problem dar, das bei jedem Zug neu gelöst werden muss.
  2. Das Aufnehmen und Abliefern von Passagieren mit dem damit verbundenen Umschlag von Ressourcen kann eine gewaltige Kettenreaktion nach sich ziehen, besonders wenn man bereits eine ganze Reihe von Personenwaggons gefüllt mit Passagieren in seinen Zug aufgenommen hat.
  3. Das Handling der bunten Ressourcen-Steine ist nach wie vor unnötig kompliziert. Das Überlegen, welche Farben ich mir zulege, um zusammen mit den Farb-Erträgen durch die Passagier-Ablieferung im richtigen Moment die richtige Farbauswahl für geplante Bauvorhaben zur Verfügung zu haben, ist zeitaufwändig und fehleranfällig.

Wie könnte man die Spielzeit verkürzen?

  • Moritz kam mit dem Vorschlag, die beim Abliefern eines Passagiers erhaltenen Ressourcen nicht sofort wieder in Kohle für die Weiterfahrt umsetzen zu dürfen. Das könnte noch eleganter dadurch gelöst werden, dass beim Abliefern von Passagieren überhaupt keine Ressourcen ausgeschüttet werden, sondern ausschließlich Siegpunkte und Geld.
  • Die Kettenreaktion beim Personentransport könnte auch dadurch eingeschränkt und die Auszeit für die Mitspieler entsprechend verkürzt werden, wenn jeder Passagier mindestens für die Dauer eines Aktionszuges im Zug bleiben müsste. Aber das ist nur ein Schnellschuss.
  • Die Mehrfarbigkeit der Ressourcen könnte überhaupt abgeschafft werden. Wenn ich an verschiedenen Stellen schon weiße, gelbe, blaue oder lila Ressourcen in beliebiger Zusammensetzung an mich nehmen kann, warum werden dann die Farben überhaupt unterschieden?
  • Das mühsame Erkennen von Start- und Zielort für jeden Passagier könnte durch eine massive Farbgebung unterstützt werden. Dann wäre viel schneller zu erkennen, welche roten Passagiere für meine anvisierte Fahrt ins Blauland passen könnten. Aber das wäre natürlich kontraproduktiv zu den Ambitionen des Verkehrs- und Tourismus-Amtes in Lauda-Königshofen. Wir sollen uns doch allgemein und lokal-geographisch bilden, wenn wir den Wilhelm Conrad Röntgen von Heilbronn nach Würzburg transportieren und nicht einen gelben Pöppel ins schwarze Rechts-Außen.
  • Bleibt noch der triviale Vorschlag, jedem Zug gleich zur Startausstattung einen Güterwaggon mitzugeben und dafür die Rundenzahl von 7 auf 6 zu verkürzen. Christoph Kraus wird schon wissen, warum er das anders eingerichtet hat.

Auf jeden Fall ist „Der Taubertalexpress“ ein gelungenes Objekt im Portefeuille für Öffentlichkeit der Stadt Lauda und quasi ein „Must Have“ für Spielkenner aus dem Drei-Länder-Eck. Noch dazu offenbart es im Spiel zu zweit seine besonderen Duell-Qualitäten. Spielekenner aus anderen Regionen unserer Republik werden dagegen nicht so schnell ein Auge gegenüber dieser oder jener Schwächelei zudrücken.

WPG-Wertung: Aaron: 4 (bleibt, zu viele Frustelemente), Günther: 5 (die Tendenz realisiert, eine halbe Stunde für eine Hauptrunde ist immer noch zu lang), Moritz: 4 (eine Mischung aus „Age of Steam“ mit „Thurn & Taxis“; die verschiedenen Strategien sind gut ausbalanciert, Development im Sinne von „stream lining“ hat gefehlt), Walter: 7 (für die Ingenieurleistung und die Heimat).

2. “QE (Quantitative Easing)”

Letzte Woche hatte Walter schlechte Noten hierfür verteilt, heute sollte auch Moritz seinen Senf dazu geben können. Er konzentrierte sich dabei stark auf Walters vermeintliche Behauptung: „das Spiel ist broken“, dabei hatte der nur gesagt: “das Spielprinzip macht mir keinen Spaß“.

Walter begann mit der Drohung, das Spiel so zu spielen, dass sein „Kaputt-Machen-Können“ zum Tragen kommt. Sollte das jetzt heißen, dass er wieder nichts bieten wolle oder dass er mit superhohen Geboten alle Scheiben erwerben und so das Spiel verderben wollte?

Moritz als Neuling begann die Auktion mit einem vorsichtigen 100er Gebot, und Walter bekam die erste Scheibe. Wieviel hatte er geboten? Günther raunte etwas von Millionen.

Aaron versteigerte die zweite Scheibe für 1000 Euro, und wieder bekam Walter den Zuschlag. Selbst die dritte Scheibe, für die Günther schon mal 10.000 Euro angesetzt hatte, ging an Walter. Der ließ die Katze aus dem Sack, als er die vierte Scheibe für 30.000 Euro auf den Markt brachte. Er hatte sich also anders besonnen und – semi-geplant aber höchst erfreut – die ersten drei Scheiben für etwa diese Summe unter den Nagel reißen können.

Das war auch die Größenordnung, in der ab sofort die restlichen Scheiben ihren Besitzer fanden.

Der Vorsprung war fast nicht mehr einzuholen. Moritz hätte der Forderung von 30.000 Euro für die letzte Scheibe widerstehen sollen, dann wäre Walter doch noch ausgehebelt worden.

Hallo Michael, das Spiel “funktioniert zu viert oder fünft”. Tatsächlich! Zu dritt möchte ich das Funktionieren immer noch bezweifeln. Aber weder zu dritt, zu viert oder zu fünft möchte ich mich noch einmal darauf einlassen. Nicht einmal als Absacker.

WPG-Wertung: Aaron: 7 (bleibt; ich könnte es den ganzen Abend spielen), Günther: 7 (bleibt), Moritz: 6 (das Spiel ist nicht broken. [WS: die beste Aussage, die sich Moritz zu QE herausquetschen ließ]); Walter: 4 (1 Punkt mehr; ich habe das Spielprinzip jetzt verstanden, aber mehr Spaß hat es nicht gemacht. Ich wüsste nicht, warum ich es noch einmal spielen sollte).

18.01.2023: Teotihuacan zum Zweiten


1. “Die Erbauer von Teotihuacan”

Nachdem bereits 2018 „Teotihuacan – City of Gods“ herauskam, kann man sich als Mitteleuropäer doch fragen, warum in “Die Erbauer von Teotihuacan” erneut genau diese Ruinenmetropole Mexikos in den Titel kam? „Chichén Itzá“ wäre doch wenigstens etwas Neues gewesen und „Uxmal“ hätte sich dazu noch leichter aussprechen lassen. Der Autor Filip Głowacz bzw. sein Verlag Schwerkraft werden es wohl wissen, denn thematisch ist weder von dem einen noch dem anderen etwas zu spüren. Das ist auch nicht so wichtig und wird auch in mindestens 95 Prozent aller anderen „Historien-Spiele“ genauso gehandhabt.

Material und Szenerie in “Die Erbauer von Teotihuacan”

Jeder Spieler hat ein eigenes Spielbrett, in dem er aus Tetris-artigen farbigen Bauplättchen seine Teotihuacan-Landschaft aufbaut. Legt man braune, graue oder gelbe Teile, so bekommt man für jedes freie Feld rund herum braune, graue oder gelbe Ressourcen. Diese Ressourcen werden wiederum gebraucht, um grüne, blaue oder rote Tempelplättchen in seine Landschaft einzufügen, die in höherem Maße siegpunktträchtig sind. Am lukrativsten und teuersten sind die Pyramidenplätten, die als Faktor in eine Siegpunktberechnung eingehen.

Hübsch ist der Aktionsmechanismus. Auf 9 Arbeitsfeldern liegen zufällig verteilt 9 Aktionsplättchen, die neben der Hauptaktion – Erstehen und Nutzen eines Bauplättchens – einen Bonus gewähren: eine zweite Aktion, Erhalten von Ressourcen oder Siepunkten, höhere Mächtigkeit (siehe unten). Auf diese Aktionsplättchen legt ein Spieler seine Aktionsscheibe, wenn er die entsprechende Aktion ausführen will. Dabei kann jedes Arbeitsfeld von allen Spielern insgesamt bis zu viermal belegt werden. Die Mächtigkeit einer Aktion ist umso höher, je mehr Scheiben bereits auf einem Aktionsplättchen liegen. Es gibt keine Engpässe, eher Überfluss.
Wofür gibt es jetzt Siegpunkte?

  1. für bestimmte Aktionsplättchen
  2. für das Überbauen bestimmter Formationen in seiner Landschaft
  3. für das Erfüllen von „Anbetungsplättchen“, in denen bestimmte Baukombinationen gewertet werden
  4. für die richtig-farbigen Tempelplättchen in den Landschaftsquadranten mit den richtig-farbigen Pyramidenplättchen
  5. Sicherlich habe ich jetzt noch etwas übersehen.

Nach drei Runden ist das Spiel zu Ende, für das was jeder noch vorhatte viel zu kurz, verglichen mit der offiziellen Angabe von 1 Stunde Spieldauer viel zu lang; am Westpark dauerst ein Spiel grundsätzlich doppelt so lange wie angegeben. Das liegt aber wohl an uns.

Bei Spielende lagen wir alle dicht beieinander in der Größenordnung von 70 bis 80 Siegpunkten. Könnte diese „Dichte“ ein Design-Problem (Schlagwort „Gießkanne“) sein? Oder ist das Gießkannenprinzip innerhalb einer Spielerfamilie eher positiv zu werten?

WPG-Wertung: Aaron: 4 (6 Punkte für die Ingenieurleistung, völlig uninspiriert und unelegant, Mischmasch von Mechanismen, die thematisch nicht unterstützt sind, viel Planung für problematische Effekte), Günther: 7 (weniger komplex als die „City of Gods“, man muss nur den richtigen Dreh in Richtung Siegpunkte finden [WS: das war jetzt positiv gemeint]), Walter: 7 (viele Siegpunktquellen, die es natürlich nicht leicht machen, die besten davon auszusuchen, deshalb sollte man das Spiel locker angehen, dann hat man ein hübsches Aufbauspiel ohne Gram und Harm).

2. “Künstliche Intelligenz”

Nein, das ist kein Spiel. Aber wir diskutierten nach „Teotihuacan” noch geschlagene drei Stunden (bis zwischen Mitternacht und Morgengrauen) ziemlich kontrovers über das Thema, ob es „Künstliche Intelligenz“ gibt, d.h. ob Rechner im Sinne von „Intelligenz“ mehr können, als Programmierer mit ihrer Programmierung algorithmisch in sie hineingelegt haben.

Lassen wir hierzu mal Wikipedia zu Wort kommen: „Intelligenz umfasst die Gesamtheit unterschiedlich ausgeprägter kognitiver Fähigkeiten zur Lösung eines logischen, sprachlichen, mathematischen oder sinnorientierten Problems. Da einzelne kognitive Fähigkeiten unterschiedlich stark ausgeprägt sein können und keine Einigkeit darüber besteht, wie diese zu bestimmen und zu unterscheiden sind, gibt es neben der bereits erwähnten Definition keine weiterführende, allgemeingültige Definition der Intelligenz.“

Na, wenn uns nicht einmal Wikipedia eindeutig sagen kann, was „Intelligenz“ ist, dann haben wir uns wohl um des Kaisers Bart gestritten.

11.01.2023: Quantitativer Brückenbau

1. “QE (Quantitative Easing)”

Um gleich mit dem Fazit anzufangen: Aaron und Günther hat das Spiel gefallen, 7 lockere Punkte von beiden, mir hat es nicht gefallen.

QE: Aaron und Günther ringen um das Verständnis, welche Teile in einer 3-Personen-Runde aussortiert werden müssen.

Wir ver- und ersteigern Scheiben, die aufgrund ihrer verschiedenen Eigenschaften (Farben, Formen, Namen …) in Kumulation und Diversifikation für jeden Spieler progressiv steigende Siegpunkte bringen. Der Auktionator wechselt reihum für jeweils eine Scheibe. Er fordert offen einen Mindestwert; die Mitspieler schreiben verdeckt auf, was sie zu bieten gedenken. Der Höchstbietende bekommt das Stück, der Preis bleibt, außer für den Auktionator geheim. Soweit sogut, „Modern Art – einmal reihum auf die Hand” lässt grüßen.

Wir können so viel bieten, wie wir wollen, bei jeder neuen Scheibe an unser voriges Gebot eine, zwei oder mehr Nullen anhängen. Tausend, Millionen, Billionen oder Quadrillionen, das spielt überhaupt keine Rolle. Jetzt kommt aber der Haken: Wer am Ende für seine erworbenen Objekte in Summe am meisten geboten hat, scheidet aus der Wertung aus. Ist er damit jetzt Letzter?

In unserer Dreierrunde brauchte ich bloß am wenigsten, also nur Einer, oder noch besser nur Nuller zu bieten, und schon war ich mindestens Zweiter.

Aaron verlangte als erster Auktionator für die erste Scheibe 50 Kröten, Günther bot geheim 500 und bekam damit das erste „Schnäppchen“. Ich hatte als Gebot nur eine simple 1 hingeschrieben und erntete von Günther und Aaron dafür kritische, fragende, vorwurfsvolle Blicke. Hatte ich etwas nicht verstanden? Günther verlangte für die zweite Scheibe gleich 10.000 (Zehntausend) Kröten und mir wurde ganz flau im Magen. Ich schrieb wieder nur ein 1 auf mein Gebotsschild . Aaron bekam die Scheibe; offensichtlich hatte er mehr als 10.000 investiert. Nur Günther wusste den genauen Betrag.

Für die restlichen 14 Scheiben hätte ich jetzt jeweils 700 Kröten hinblättern können, und wäre immer noch unter Aarons erstem Erwerb geblieben. Hätte ich Günther jetzt ein entsprechendes Abkommen vorschlagen können?

Bei der dritten Scheibe war ich Auktionator und verlangte wiederum nur meine obligatorische 1 Kröte. Wiederum strafende Blicke der Mitspieler, das erste Ansinnen zum Abbruch des Spiels wurde laut. Ja warum sollte ich mit meinem Eröffnungsgebot für ein Objekt, das ist nicht wollte, bis zu meiner Schmerzgrenze gehen? Wenn Aaron und Günther Interesse daran hatten – und das auch voneinander wussten, konnten sie sich auch ohne meine Vorgabe mit ihren Geboten in diejenigen Höhen begeben, die sie für richtig hielten. Sollte ich mit einem von mir absolut nicht gewünschten 20.000 beginnen, nur damit die beiden dadurch verlockt würden, vielleicht 100.000 (hunderttausend) zu bieten? Psychologen und Statistiker an die Front!

In einer Dreierrunde funktioniert das Spiel einfach nicht. Und ob es mir in einer 4er oder 5er Runde gefallen hätte, möchte ich stark bezweifeln. Es ist nicht mein Fall, ohne jeden Anhaltspunkt für irgendetwas von zweifelhaftem Wert eine hohe Summe hinzublättern, a) um es zu bekommen b) um zu verhindern, dass ein anderer es bekommt, c) um meine Mitspieler hochzutreiben, d) für etwas, was vielleicht kein anderer will, wenn e) meine hingeblätterte Summe am Ende todsicher kontraproduktiv ist.

Vielleicht könnte man das Spiel retten, wenn es die Regel aufnähme: ALLE Spieler einschließlich des Spielers mit dem höchsten Summengebot haben VERLOREN, nur ein einziger Spieler, der mit der höchsten Punktzahl, gewinnt und bekommt einen „Satzpunkt“. Soviele Sätze wie Spieler entscheiden über den Sieg.

Aber auch so hätte und hat das Spiel einen entscheidenden Design-Fehler. Ein Spielverderber kann ALLE Scheiben erwerben, indem er für jede Scheibe gigantische, in Zehnerpotenzen steigende Werte verlangt. Ist der Ruf erst ruiniert, lebt sich’s völlig ungeniert.

Erkennt ein einziger Spieler diese Spielverderber-Technik und bietet mit, so läuft er damit Gefahr, den Schwarzen Peter zu bekommen. Der Spielverderber braucht mit dieser Politik aber auch erst ab der zweiten Scheibe beginnen und kann so den Ersteigerer der ersten Scheibe zum Sieger machen. Er kann auch erst in den letzten Runden mit seinen irrwitzigen Geboten anfangen, einen willkürlichen Spielstand mit dieser Methode einfrieren und so den dann gerade führenden Spieler zum Sieger machen. Kingmakern nennt man das. Und kein Milligramm der Spielregel versucht, das zu verhindern.

WPG-Wertung: Aaron: 5 (mit so jemandem wie Walter, ansonsten mit Tendenz zu 7; locker, man muss sich nur auf die Spielidee einlassen können), Günther: 7 (locker, ungewöhnlich), Walter: 3 (ich habe das Spielprinzip nicht verstanden; und was ich davon verstanden habe, macht mir keinen Spaß).

2. “Old London Bridge”

Wir setzen unseren einen Pöppel auf einen von 7 Arbeitsplätze und erwerben damit ein Bauteil für unsere private London Bridge; jedes Bauteile hat eine Ordnungszahl; die einzelnen Bauteile müssen mit monoton abfallenden Ordnungszahlen lückenlos nebeneinander eingebaut werden; hat das erworbene Bauteil eine höhere Ordnungszahl als unser aktuelles Endstück, dürfen wir es nicht dort einbauen, sondern müssen damit eines unserer fertigen Bauteile – an der passenden Stelle – ersetzen. Unsere Brücke wird damit nicht länger, was bei Spielende in einem empfindlichen Punkteabzug endet.

Außer einem Bauteil bekommen wir abhängig vom Arbeitsplatz auch noch 1 bis 3 Siegpunkte. Die Zuordnung Siegpunkte / Arbeitsplatz ändert sich von Runde zu Runde.

Außerdem bekommen wir alternativ einen der folgenden Nebeneffekte:

  1. eine Aktionsprioritätenkarte mit Zahlenwerten zwischen 1 und 4, anhand der die Reihenfolge bestimmt wird, in der die Spieler ihren Pöppel setzen dürfen.
  2. Fortschritte auf der Prioritätenleiste; wer weiter vorne ist, darf vor einem Mitspieler mit gleichwertiger Aktionsprioritätenkarte ziehen.
  3. Die Erlaubnis, an der aktuellen Stelle unserer gebauten Brücke die Monoton-Absteigend-Regel zu unterbrechen.
  4. Siegpunkte; die sind natürlich begehrt, aber oft genug passt das Bauteil nicht.
  5. Die Erlaubnis, uns auf Seitenwege zu begeben, wo abschnittsweise Zusatz-Siegpunkte verteilt werden.
  6. Eine Multifarbenkarte; jedes Bauteil hat eine definierte Farbe; die Effekte für Siegpunkte, Fortschreiten, Geld etc. sind um so höher, je mehr Bauteile dieser Farbe wir bereits in unserer Brücke haben. Da gelten solche Multifarbenkarten als Joker.

So bauen wir unsere Brücke lustig fort. Nach 12 Runden ist Schluss. In der 3er Runde, die wir waren, hat keiner keinem weh getan. Irgend ein Bauteil oder irgend Nebeneffekt ist immer gut.

WPG-Wertung: Aaron: 5 (kleine Zufallseffekte, z.B. bei der Priorität, können sich hoch auswirken), Günther: 5 (zu dritt nur 4 ½; lockeres Familienspiel mit wenig Konkurrenz), Walter: 5 (lieb und brav, Planung nicht nötig und nicht möglich, wir leben von der Hand in den Mund und müssen Zug für Zug aus der gegebenen Situation das Beste machen).

3. “Cat in the Box”

Auf den ersten Blick kommt dieses Karten-Stichspiel, bei dem jede Karte jede andere stechen kann, recht chaotisch daher. Aber wenn man erst mal das Prinzip verstanden und seine Haken und Ösen kennengelernt hat, dann verlangt (und erlaubt) es auf einmal eine wohldurchdachte Vision, in welcher Reihenfolge man seine Karten ausspielt und wieviel Stiche man damit machen kann und möchte. Oder auch nicht.

Keine neue WPG-Wertung für ein 8 Punkte Spiel.

04.01.2023: Planetoid

1. “Planet B”

Planet B: Aaron leicht ratlos über den angebotenen Aktionen- und Punkte-Pudding.

Das Beste, was ich über dieses 4-von-10-Punkte-Spiel jetzt nach der Wiederholung am Westpark sagen kann ist, dass mein Spielbericht in Minutenschnelle niedergeschrieben werden kann.

Unser HiG-minded Günther legte das Spiel trotz seiner schlechten Wertung beim ersten Kennenlernen noch einmal auf. (Ein Weinkenner würde sich einen mickrigen Rotwein nach dem ersten Glas nicht noch einmal nachschenken lassen.) Vielleicht hatte er die vage Hoffnung, dass dieses Spiel nach einer gewissen Lagerung noch etwas besser würde. Aber ganz sicher ist er der Meinung, dass ein HiG-produziertes Spiel grundsätzlich von allen Westpark-Gamers kennengelernt werden sollte. Heute war Aaron der Neuling.

Wie immer war es ein eifriges Frage- und Antwortspiel, bis Günther seine anderthalbstündige Einführung erfahren, kompetent, geduldig und schweißtreibend über die Bühne gebracht hatte.

Nach der am Westpark gegenüber den Angaben üblicherweise doppelten Spielzeit von drei Stunden hatten wir das Spiel abgeschlossen. Dass Günther mit nur 12 mageren Punkten Vorsprung, knapp 4 Prozent seiner Gesamtpunktzahl, Sieger werden konnte, ist ein Indiz für die Mischung aus Können und Glück, die in „Planet B“ über den Erfolg entscheidet: knapp 4 Prozent Können, gut 96 Prozent Glück.

Aarons Seufzer: „Warum hat HiG nicht mehr aus diesem Spiel gemacht“ wird schon durch einen Text auf der Spieleschachtel beantwortet: „Spielautor J. Natterer infiltriert Verlag um eigenes Spiel zu veröffentlichen“. Das ist leider kein Gag, das ist eine reine Entschuldigung.

WPG-Wertung: zu den bisherigen 4,6 Punkten am Westpark vergab Aaron 4 Punkte, plus einen halben Punkte für die Balancierung (viele zu lang für das, was es ist, eine Menge Totzeit ohne Interaktion).

Walter hatte noch im letzten Jahr die verschiedenen Karten unter die Lupe genommen, um – ähnlich wie in „Terraforming Mars“ – doch noch etwas Schickliches (oder etwas Ungeschicktes) in deren Handhabung zu entdecken. In seiner Modellrechnung musste er natürlich einige Annahmen treffen, z.B.

  1. Ressourcen werden immer zum Höchstpreis verkauft
  2. Es wird davon ausgegangen, dass alle benötigten Ressourcen für die Erträge vorhanden sind
  3. Arbeiter-Farben werden ignoriert
  4. Es wird nicht unterschieden, ob man einen Faktionswert nur erhöhen oder auch abrechnen kann
  5. Die Präsidentin wählt immer die Siegpunkte
  6. Beliebig viele Bauwerke abwerfen hat kein Effekt
  7. Bei einer kostenlosen Bau-Aktion wird die dadurch gewonnene Aktion an sich nicht mehr gewertet, da man ohnehin nicht genug Geld hat, alle Bauwerke zu bauen
  8. und vieles mehr.

Am Ende gibt es eine Tabelle über den Nutzeffekt einer jeden Karte. Im Folgenden ist sie. Sie zu studieren, um sie später mal im Spiel nutzen zu können, ist nicht besonders effektiv. Im Gegensatz zu „Terraforming Mars“ haben wir ja kaum Einfluss auf die Karten, die wir bekommen. Es sind ohnehin nur sehr wenige und bis auf das Mini-Drafting in der Startaufstellung ist die Auswahl reiner Zufall.

KartennameNutzen pro Geldeinheit
Öffentliches WC-0.3
Brauerei1.2
Schneiderei5.9
Steakhouse3.2
Beauty Salon1.5
Bordell2
Candy Shop2.8
Chip Fabrik4.5
Bauunternehmen0.7
Kosmetik Labor3.6
Gewächshaus1.5
Recycling Anlage0.8
Waffenladen2.6
Hanf Manufaktur1.1
Durchschnitt A2.2
Krankenhaus1.3
Restaurant2.5
Architekturbüro1
Spielzeugfabrik2
Robotik Firma2.7
Brettspiel Verlag2.4
Illegale Klinik0.3
Fahrzeugfabrik1.4
Kraftwerk2.3
Konservenfrabrik0.5
Pharmahersteller1.3
Labor2.3
Distillerie2.3
Wellnesshotel2.6
Durchschnitt B1.8
Versuchsreaktor3.6
Organfarm1
Skyhook1.8
Pflegeheim2.1
Militärbasis0.1
Museum0.9
Weltraumhafen1
Smoothie Fabrik0.5
Weltraumaufzug1.6
Stadion3
Klonfabrik1.4
Casino2.7
Vergnügungspark1.7
Startrampe2.8
Durchschnitt c1.7

 

"Was lag auf den Tisch?"