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14.12.2011: Flotter Siebener

Nach Peters strikter Vorgabe werden Spielrunden größer als 5 schon im organisatorischen Vorfeld peinlichst vermieden. Heute kamen er und Loredana nach einer mehr als halbjährigen beruflichen Aushäusigkeit im gelobten Land zurück in die weiß-blaue Heimat, und aus der Freude am Wiedersehen wurde die Teilnehmerbegrenzung aufgehoben.

Würfel, Bluff und Wein

Zunächst war geplant, mit einer gemeinsamen Bluff-Runde anzufangen und dann die Gesellschaft auf zwei Tische aufzuteilen. Doch dann fanden Aaron und Günther mit dem WPG-Spielefinder soviele geeignete Viel-Personen-Spiele (und brachten sie mit), so dass wir bis zum Schluß alle zusammenblieben.
1. “Bluff”
Eigentlich ist das Spiel für maximal 6 Mitspieler ausgelegt, doch wenn man die Würfel aus zwei Spielen zusammenlegt, können problemlos 12 Mitspieler teilnehmen. Flott ist es allemal und für die vorzeitig Ausgeschiedenen auch beim Nur-Zuschauen keineswegs langweilig.
Horst konnte beim ersten Durchgang mit 17 mal die Fünf gleich 6 Mitspieler um einen Würfel kürzen. Im zweiten Durchgang wäre ihm das ebenfalls geglückt, wenn er sich getraut hätte, von 13 auf 14 mal die Fünf zu erhöhen. Sein Nicht-Mut kostete ihn genau den Würfel, der ihm später im 1:1-Endspiel gefehlt hatte.
Keine neue WPG-Wertung für ein Super-Spiel.
2. “The Resistance”
Vor einem halben Jahr hatte das Spiel in einer 5er Runde die Hoffnung geweckt, dass es sich in einem noch größeren Teilnehmerkreis weniger durchsichtig präsentiert. Gilt es doch herauszufinden, welchen der Mitspieler eine „Gute“ und welchen eine „Böse“ Rolle zugedacht ist.
Jeweils ein Spieler stellt als Kapitän ein Team für eine „Mission“ zusammen und alle Mitspieler stimmen mehrheitlich offen darüber ab, ob die Teamzusammenstellung akzeptiert wird. Ist das der Fall, stimmen anschließend die Mitglieder des Team geheim darüber ab, ob die Mission erfolgreich ist. Eine einzige Gegenstimme bringt die Mission zum Scheitern.
Ein „guter“ Kapitän muss also versuchen, eine Mannschaft aus lauter „Guten“ zusammenzustellen. Ein „böser“ Kapitän muss versuchen, wenigstens einen „Bösen“ in die Mannschaft zu schmuggeln. Ist eine Mission gescheitert, dann war mindestens ein „Böser“ dabei. Ist die Mission aber gelungen, dann ist keineswegs gesichert, dass nur „Gute“ dabei waren. Ein Böser kann sich ja getarnt haben. Allerdings für einen hohen Einsatz. Denn er hat eine ganze Mission und damit 33% der Siegbedingungen hergeschenkt.
Übrigens: Nur „Böse“ tarnen sich. „Gute“ müssen mit allen Mitteln versuchen, Klarheit in die moralische Rollenverteilung zu bringen. Warum?
Weiterhin wird ein „guter“ Kapitän auf jeden Fall sich selber in die Mannschaft aufnehmen. Ein „böser“ kann sich da schon mal auslassen. Er muss es sogar tun, wenn er bereits entlarvt ist.
Es könnte eine Menge Rechnerei und Schlußfolgerungen geben, um aus den Ablehnungen von Teams und aus dem Scheitern von Missionen auf die „Bösen“ zu schließen, um am Ende mit den reinen Schäfchen die drei benötigten erfolgreichen Missionen durchzuführen. Allerdings erlaubt die Spielregel ausdrücklich „Diskussionen – und soziale Interaktion“, sprich lautes Gelaber, um die eigene böse Rolle zu verschleiern und den anderen Mitspielern die Schuld am Scheitern einer Mission in die Schuhe zu schieben. Das kann zu den lustigsten Anschuldigungen und zu den beschissensten Offenbarungen führen.
Offensichtlich ist diese Phase der lauten, lauteren und unlauteren Diskussion gewünscht und ein Teil des Spielspaßes. Heute war es das auch. Peter nahm seinen Präcox-Kommentar „Oh Gott, ist das ein Scheiß“ stillschweigend zurück und reihte sich mit seinen 7 Punkten genau im (relativ guten) Durchschnitt der bisherigen Wertungen ein. Loredana auch. Ohne Kommentar.
Hallo Peer, diesmal haben wir mit den Plotkarten gespielt. Ich fand sie aber keineswegs als Bereicherung des Spiels. Wenn ich dadurch meine Identität offenbaren muß, wenn ich eine von Haus aus verdeckte Abstimmung öffentlich mache, wenn ich gar eine ganze erfolgreiche Teamzusammensetzung canceln kann, wird der Logik-Anteil immer mehr zurückgedrängt. Moritz hätte mit einer Plotkarte die letzte Abstimmung ungültig machen können und damit den „Bösen“ die letzte Mission für den Sieg schenken können. Selbst als „Böser“ wollte er aber nicht so böse sein und den „Guten“ damit die gute Laune verderben bzw. sein Spiel in Mißkredit bringen.
WPG-Wertung: Aaron: 7, Günther: 6, Horst: 7, Loredana: 7, Moritz: 8, Peter: 7, Walter: 6.
3. “Zaster”
33 Jahre hat dieses Parker-Spiel auf dem Buckel. Vor 9 Jahres war es zum letzten Mal bei uns auf dem Tisch. Jeder Spieler bekommt 10 Karten von verschiedenen Farben (Zahlen) in die Hand und muß durch verdecktes Tauschen mit seinen Mitspielern erreichen, dass alle 10 Karten seiner Hand die gleiche Farbe aufweisen. Sobald das ein Spieler geschafft hat, ist ein Spiel zu Ende.
Tauschen kann jeder mit jedem und in beliebiger Reihenfolge und Häufigkeit. Zum Tauschen kündet der Tauschwillige eine beliebige Anzahl Karten einer Nomination an und wer das Gebot annimmt, muß eine entsprechend große Anzahl Karten einer beliebigen anderen Nomination dagegen halten. Dieser Vorgang führt zu einem lauten chaotischen Durcheinander-Schreien wie auf der Börse. Wer am lautesten schreit, am häufigsten zum Zuge kommt und somit am öftesten tauscht, hat als erster die Chance auf den Sieg.
WPG-Wertung: Horst blieb mit 6 Punkten nahe beim bisherigen Durchschnitt, Loredana mit 3 und Moritz mit 2 Punkten drückten den Durchschnitt um einen ganzen Punkt nach unten. Wahrscheinlich entgleitet in einer 7-er Runde das Börsen-Schrei-Chaos jeglicher Kontrolle.
4. “Linq”
Ein Partyspielchen für sprachbegabte Verschleierer. Verdeckt werden den Spielern paarweise identische Begriffe zugeordnet, die sie durch zwei Schlagwörter umschreiben müssen. Dann müssen die Spieler auf Grund der genannten Schlagwörter herausfinden, welche Spieler jeweils begrifflich zusammengehören. Finden zusammengehörige Spieler die eigene richtige Zuordnung heraus, bekommen sie Pluspunkte, findet einer von ihnen diese Zuordnung nicht, gehen beide leer aus. Finden Spieler fremde Zuordnungen heraus, so müssen die „entdeckten“ Paare Punkte abgeben. Es kommt also darauf an, für den eigenen Partner eindeutig erkennbar zu sein, für die anderen Mitspieler aber möglichst nicht.
Dabei ist es natürlich hilfreich, wenn man gemeinsame Erfahrungen hat, die sich auf ein einziges Schlüsselwort reduzieren lassen. Walter stand mit seinem „Schiefer“ ziemlich allein dar. Wer weiß denn noch, dass damit eine „Tafel“ gemeint sein kann? Wer hat denn noch in der „Volksschule“ mit dem Griffel auf eine Schiefertafel geschrieben? Loredana gab sich zwar mit „Schokolade“ gleich als Partner zu erkennen, für die Schiefertafel aber war sie 30 Jahre zu jung. Da konnte selbst der „Arthus“ mit seiner Tafelrunde nichts mehr retten.
Dagegen lag Aaron mit „Schmidt“ für „Schnauze“ goldrichtig. Glücklicherweise war hierbei nicht Loredana seine Partnerin sondern unser Oldtimer. Kein anderer in unsere Reihe kannte die Zusammensetzung „Schmidt-Schnauze“. Google findet dazu immerhin 32 Tausend Einträge. Heutzutage wird der alte Schmidt aber nur noch als ausgeschamter Kettenraucher wahrgenommen.
Keine neue WPG-Wertung für ein 7,3 Punkte Spiel.
5. “Choice”
Ein Würfelspiel, bei dem öffentlich jeweils 5 Würfel geworfen werden, die jeder Spieler in zwei mal zwei Paaren plus einen Überbleibsel-Würfel zusammenstellen muss. Das Ergebnis trägt jeder in ein privates Tableau ein. Wer am Ende die lukrativsten Kombinationen zusammenstellen konnte, hat gewonnen.
Wer mehr darüber wissen möchte, kann Moritz’ Spielbericht vom 5. Mail 2002 oder Walters Session-Report vom 20. Juli dieses Jahres (mit Bild) nachlesen.
Bisher waren unsere Kommentar überwiegend positiv. Moritz fand das Spiel damals sogar „Sucht erzeugend“ und Horst ging heute mit „ein tolles Würfelspiel“ durchaus in die gleiche Richtung. Nur Peter fiel meilenweit zurück. Das Spiel ist „komplett öde“. Es besitzt eine „eindeutige Gewinnstrategie“, es ist „wahnsinnig leicht optimierbar“. Es enthält „keinerlei Interaktion“. Im letzten Punkt hat er wohl recht, in den anderen wurde ihm heftig widersprochen. Wir warten auf die Darstellung seiner Lösung.
WPG-Wertung: Der bisherigen Durschnitt von 7,3 wurde zwar nicht von Horsts 8, aber von Peters 3 Punkten deutlich nach unten gedrückt.

20.07.2011: Würfelspiel und Liebeskunst

„Noch ein Kunstgriff, ihr Mädchen, um einen Mann zu angeln: Ihr müßt spielen lernen! Zunächst das Glücksspiel mit den elfenbeinernen Würfeln, sei es nun Choice, Verflixxt oder Bluff. Die Wertigkeit der Augenzahlen sei euch bekannt und ihr solltet mit den hierin enthaltenen Risikowahrscheinlichkeiten rechnen können. Als Geschicklichkeitsspiel solltet ihr das Mikado-ähnliche Spiel mit den lose geworfenen Kugeln beherrschen, und ihr solltet mit dem Spannungsbogen auf dem Liniennetz des Mühlespiels vertraut sein. Schlußendlich solltet ihr die strategischen Kraftflüsse im Schach kennen und wissen, wie man eigene Steine schützt und ungeschützte gegnerische Steine schlägt.
Es ist beschämend für ein Mädchen, wenn sie von alledem nichts versteht. Ein gekonntes Vorspiel ist der halbe Weg zu erfolgreicher Liebe.“

Diese Liebesspiel-Weisheiten lehrte schon vor ziemlich genau 2012 Jahren der gute alte Ovid in seiner „Liebeskunst“. Es ist allerdings bis heute umstritten, ob er darin alles ernst gemeint hat, oder ob er nicht schon damals eine gehörige Portion Verarschung in die „Ars amatoria“ hineingepackt hat.
1. “Choice”
Die moderne Version dieses römischen Klassikers hat Sid Sackson im Jahre 1989 herausgebracht. Vor 9 Jahren lag es zum letzten Mal bei uns auf dem Tisch. Ein Spieler würfelt für alle Mitspieler mit fünf Würfeln. Jeder Spieler gruppiert davon je zwei Würfel zu einem Paar, der fünfte Würfel ist das Überbleibsel. Von den beiden Würfelpaaren wird die Augensumme gebildet, und es wird für jeden Spieler gezählt, wie oft er bis zum Spielende jede einzelne dieser Summen bilden konnte. Die seltenen Augenkombinationen wie 2 oder 12 werden mit je 100 Siegpunkten honoriert, die Durchschnitts-Kombination 7 bringt dagegen nur 30 Punkte ein. Siegpunkte gibt es allerdings nur für Augenkombinationen, die ein Spieler bis zum Spielende mehr als 5 mal bilden konnte. Kommt eine Kombination weniger als 5 mal vor, so wird ihr Auftreten mit 200 Minuspunkten bestraft.

Das Bestreben eines jeden Spielers muß es sein, möglichst wenige und möglichst hoch dotierte Augenkombinationen zu bilden. Doch natürlich ist dies abhängig von den ca. 30 Würfen, die innerhalb eines Spiels auszuwerten sind. Ein bißchen kann man das durch eine taktische Wahl des Überbleibsels beeinflussen: Überbleibsel der Augenzahlen 1 und 6 bewirken, dass mit deutlich höherer Wahrscheinlichkeit wenige konzentrierte Augenkombinationen im mittleren Bereich gebildet werden können. Überbleibsel der Augenzahlen 3 und 4 führen bei der Summenbildung eher zu Extremwerten mit größerer Streuung. Doch mit etwas Glück bleibt einem die Streuung erspart und man kann die hohen Siegpunkt-Prämien einstreichen, ohne zugleich auf vielen Strafpunkten sitzen zu bleiben. Die Hoffnung stribt zuletzt.
WPG-Wertung: Aaron: 8, Andrea: 7, Günther: 8 (es macht Spaß), Moritz: 5 (unkommunikativ), Walter: 8.
Man beachte die mentale Weiterentwicklung von unserem Moritz: Vor 9 Jahren schrieb er noch in seinem Session-Report: „dieser Sucht erzeugende Klassiker machte einen Riesenspaß“. Heute fand er es eher „autistisch“. Doch wie sagte schon vor 60 Jahren der alte Bundeskanzler Adenauer: „Es kann mich niemand daran hindern, über Nacht klüger zu werden!”
2. “Strasbourg”
Letzten Monat schon mit Vergnügen gespielt, wurden diesmal Aaron und Andrea in die Geheimnisse der elsässischen Hauptstadt eingeführt. Jeder Spieler erhält den gleichen Satz Einflußkarten, mit denen er seine Ambitionen bei der Vergabe von Ämtern und Positionen geltend macht. Dazu bildet er Häufchen, mit denen er seine Konkurrenten beim Bieten auszustechen versucht. Andrea war etwas aus der Übung, sie fühlte sich beim Häufchen-Machen „total gestresst“. Offensichtlich wohltuend, denn hinterher bekannte sie: „Ich finde das Spiel super!“
„Strasbourg“ bietet eine Unmenge von Entscheidungsfreiheiten, wie man auf den verschiedensten Wegen zu Siegpunkten kommt. Keinen einzigen Zug sollte man ohne taktische und strategische Überlegung vornehmen. Und ständig unterliegt man dabei den teils verdeckten, teils erkennbaren Aktionen der Mitspieler. Auch die ausgiebigen Post-Mortem-Diskussionen über die eigenen Fehler belegen die meisterlichen Herausforderungen des Spieldesigns. Selbst unser Stratege Günther kämpfte verzweifelt um die richtige Dosierung seiner Einflußkarten. Seine Zwischenkommentare reichten vom „Das macht mit fertig!“ bis zum „Ich habe mich beim Häufchen-Machen völlig verkackt!“
Moritz hatte sich nicht verkackt. In einem risikoreichen Plan hatte er von Beginn an alles auf eine Karte gesetzt: Erst die richtigen Positionen im Stadtbild besetzten und dann in der letzten Runde den Bürgermeister ersteigern, um diesen Positionen einen üppigen Siegpunktsegen zuströmen zu lassen. Er bekam tatsächlich den Bürgermeister und konnte sich mit einem Zuwachs von 32 Siegpunkten (bei insgesamt 51) auf den ersten Platz hochkatapultieren.
WPG-Wertung: Aaron: 8 (bleibt), Andrea: 8 („total schön“), Günther: 8 (bleibt), Moritz: 8 („außergewöhnlich gut, hat aber nichts mit dem Thema ’Strasbourg’ zu tun“, er war allerdings seit 41 Jahren nicht mehr dort), Walter: 8 (bleibt).
3. “Choice”
Andrea mußte ihren Babysitter zuhause ablösen und konnte sich nur noch einen Absacker leisten. Der Riesenspaß „Choice“ wurde ein zweites Mal aufgelegt. Walters Vorschlag, die Warmduscher-Variante zu spielen, wurde abgelehnt. Hier werden die nicht ausreichend häufigen Würfelkombinationen nur mit 100 Strafpunkten bedacht und es werden ca. 10 Würfe mehr ausgewertet. Damit werden die extremen Augenkombinationen deutlich lukrativer.
Alle gingen sehr vorsichtig zu Werke und konzentrierten sich auf die billigen Augenkombinationen im Durchschnittsbereich. Erfolgreich: Alle Spieler landeten am Ende in Pluspunkten.
Dazwischen posaunten alle in unregelmäßigen Abständen höchst euphorisch ihre Zwischenstände hinaus: „Nur noch 170 Minus!“ oder „Jetzt bin ich im Plus!“. Höchst kommunikativ!
4. “Verflixxt”
Das schöne Kramer-Kiesling-Würfelspiel aus dem Jahren 2005 konnte erneut überzeugen. Auf Englisch heißt das Spiel „That’s life“ und Moritz erinnerte daran, dass die englische bzw. die amerikansche Sprache für das liebe und brave „verflixxt“ kein richtiges Pendant besitzt. „Damned“ ist etwas zu stark, und erst recht das „Fuck me right now“.
Keine neue WPG-Wertung.
5. “Bluff”
Der dritte und letzte Vertreter der Ovidischen Würfelspiele. Moritz hat schon etwas Übung darin, sich mit super Würfen auf einen Streich selber herauszukicken. Das ist die Einsamkeit des Genies, dass keiner seinen Sternen folgen kann.
Aaron gelang das seltene Kunststück, ohne einen einzigen Würfel Verlust als Sieger hervorzugehen.