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07.09.2015: Nord im Gegenwind

Liebe treue Leser unserer Seite, Ihr braucht jetzt nicht weiter zu lesen, dies ist nicht einer unserer üblichen Session-Reports. Die Betreuung der Enkeltochte hat die normale Rentnerfreizeit für Spielkritiken erheblich eingeschränkt. Zudem hat Moritz die Beschreibung unseres spielerischen Hauptprogramms gleich wieder mit nach Hause genommen, so dass jede lustvoll-böse Kritik leicht ins Auge gehen kann. Nur damit die Kontinuität über die Berichterstattung zu unseren Spielabenden – wer war da und was wurde gespielt – gewahrt bleibt, hier eine kurze Zusammenfassung zum letzten Mittwoch.

1. “Nord”

„Nord“ : Kämpfe mit dem Aufbau, Kämpfe mit dem Kampf!
„Nord“ : Kämpfe mit dem Aufbau, Kämpfe mit dem Kampf!

Moritz hatte das Spiel schon im Vorfeld vorgeschlagen. In der Kronberger Spieleschmiede wurde es entwickelt. Unser Freund Christoph Tisch hat die Graphik gemacht. Der Autor (?) Roland Goslar hatte sich gewünscht, dass wir es einmal spielen. Was war seine Motivation? Sollten wir unsere Freude daran haben? Sollten wir unsere Kritiker-Meinung dazu abgeben? Sollten wir seinen Geschäftserfolg fördern? Wer weiß!

„Nord“ hat einen zwiespältigen Eindruck hinterlassen. Erst rund und schön, dann unausgegoren und broken. Da, wie gesagt, Moritz vergessen hat, das Spiel hier am Westpark zu lassen, kann ich hier nur ganz oberflächlich darüber schreiben, was subjektiv in der Erinnerung hängen geblieben ist.

  • In 60 Minuten soll das Spiel über die Bühne sein. Solange brauchten wir allein, um das Spielbrett zusammen zu bauen! Eigentlich ganz einfach: Acht orthogonale Polygonflächen, die Feld, Wald und Wiese-Landschaften enthalten, sollen in beliebiger Ausrichtung aneinander gelegt werden. Eine Sekundenaufgabe. Doch die leichten lockeren Lösungen scheitern alle an den Randbedingungen, die so nach und nach auftauchen. Da müssen Mindestabstände eingehalten, Land- und Seegrenzen beachtet, und unklare Verteilungsvorschriften für „Schatzkästchen“ berücksichtigt werden. Ständig mussten wir unsere aktuelle Zusammensetzung modifizieren, um neu entdeckten Bedingungen zu genügen. (Oder war hier nur unser Moritz bei der Interpretation des Regelheftes überfordert?)
  • Ausgehend von frei gewählten Start-Städten bevölkert jeder Spieler sein Umland, zieht mit seinen Nordmännern zu seinem Nachbarn oder zu den neutralen Jarls, die wie die Moai-Köpfe auf den Osterinseln in der Landschaft herumstehen: zuerst friedlich und Wege bahnend, dann erobernd und Siegpunkte einheimsend.
    Theoretischer Konstruktionsfehler: Der Startspieler! Wer bestimmte Felder zuerst besetzt, mahlt zuerst. Er kann seinen Mitspielern ganz schön das Wasser abgraben. Wenn er dann noch als erstes genug Masse für seine Heldenkämpfe beisammen hat und eine Schlacht beginnt, löst er eine Wertung aus, bei der er natürlich am besten dran ist. Da der Startspieler dazu auch noch als Erster sich die strategisch beste Start-Stadt aussuchen kann, hat er von seinem Privileg ausschließlich Vorteile. Das dürfte bei einem “gerecht” ausbalancierten Spiel grundsätzlich nicht so sein!
  • ”Nord” ist ein Denkerspiel. Kronsberger behauptet sogar “ohne große Glückselemente”. Warum liegen dann die Schatzkästchen, deren passende Sortierung eine quadratisch steigende Punkteausbeute mit sich bringt, verdeckt auf dem Spielplan herum, so dass es reine Glücksache ist, ob man dreimal nur einen Punkt oder einmal gleich zehn Punkte dafür kassiert?
  • Bei einem Denkerspiel sollten der Aufbau und die Entwicklung des Spielgeschehens recht “stetig” von sich gehen. In “Nord” kann mit einem einzigen Zug die gesamte Position eines Mitspielers zunichte gemacht werden. So geschehen, als Moritz den ersten Kampf absolvierte, seinen hoffnungsvollen Nachbarn Horst dabei in jeder Beziehung übertrumpfe, gleich sieben Siegpunkte einstrich und Horst mit null Wertungspunkten in die Röhre schauen ließ. Das ist reines Mitspielerchaos und sollte durch einfache, lustige, zufällige Winkelzüge ausgelöst werden, aber nicht durch erzwungene Denkprozesse mit dem Pseudo-Eindruck von Planbarkeit.
  • Warum liegen eigentlich auf dem Walboot, das die erschlagenen Helden nach Walhall bringt, ständig ein paar Geister-Jarls herum? Zuviel übriges Spielmaterial oder haben wir da etwas falsch gemacht? Vielleicht steht darüber etwas im Regelheft.

Kurz und gut, nach der ersten Wertung bekundete Horst, dass er KEINERLEI Spaß an diesem Spiel habe. Unter Rücksichtnahme auf unseren Kriegerfreak Moritz gestanden wir noch eine Fortsetzung bis zur zweiten Wertung zu, dann brachen wir ab.

Das Kampfprinzip in „Nord“ ist zweifellos neuartig und bemerkenswert. Doch eine Balance von Aufwand und Nutzen, eine Stimmigkeit von Mitteln und Effekten ist nicht erreicht!

Die Spielregel empfiehlt drei Mitspieler. Eine bessere Formulierung: „Zu viert nicht spielbar“! Zumindest nicht am Westpark

WPG-Wertung: Aaron: 4 (bis ich wieder am Zug bin, ist so viel passiert, wogegen ich mich nicht schützen kann), Horst: 3 (ich hasse diese Art von Spielen, langweilig, ich habe keinerlei Motivation, hier irgend einen Zug zu machen), Moritz: 8 (fand das abstrakte erst Verbindungen-Schaffen dann Angreifen sehr gelungen), Walter: 4 (leider extreme Effekte in chaotische Richtungen)

Das nordgermanische Thema fanden wir nicht wieder. Horst erkannte darin eher die Rotten von syrischen (islamischen!) Flüchtlingen wieder, die das christliche Abendland (München) überrollen. Eine heiße Debatte über Gefahren und Gebaren der bundesdeutschen Flüchtlingspolitik schloss sich an, die der Gastgeber mit einer Runde

2. “Looping Louis”

erfolgreich abkühlen konnte. Zehn Minuten mechanisches Tasten-Drücken, um zu verhindern, dass ein routierenes Flugzeug nicht die eigenen Chips abschießt, sondern eher die der Mitspieler, bringt selbst die erregtesten cholerisch angehauchten Hitzewallungen wieder in ein normales Mentalgleis.

Keine neue WPG-Wertung für ein 7,2 Punkte Spiel.

3. “Hamsterbacke”

Noch ein kleiner Absacker, diesmal nicht mechanischer Art sondern als richtig gehendes Kartenspiel. Letzte Woche zum ersten Mal gewogen und keineswegs für zu leicht befunden, sollte es diesmal den Trend der ansteigende Spiellust-Kurve weiter fördern. Was nur mit Einschränkungen gelang; die Notengebung der Neulinge konnte mit der Euphorie der ersten Nacht nicht mithalten.

WPG-Wertung: Die bisherigen unisono 7 Punkte von Aaron, Günther und Walter wurden um eine ganze Stufe nach unten gedrückt: Horst: 6 (es plätschert unkompliziert vor sich hin; es fehlt die Herausforderung; ragt aus der Masse der vielen konstruierten Kartenspiele nicht heraus), Moritz: 5 (nicht so prickelnd; zu eindimensional; die Spannung hält nicht bis zum Schluss).

4. “Diggers”

Aarons Eigenentwicklung ist unter Dach und Fach. Vertragsgemäß musste er bis Ende August alle Änderungswünsche des Verlags bedienen. Jetzt ist der Startschuss für Beschreibung, Design und Produktion gegeben. Im Januar nächsten Jahres auf der Messe in Nürnberg soll das Spiel der Öffentlichkeit präsentiert werden.

Noch keine WPG-Wertung für ein Spiel in der Produktionsphase. Doch ganz gewiss wird Horst nicht sagen können, dass es nur eines der „vielen konstruierten Kartenspiele“ ist. Es enthält eine Menge Pfiff, ist spielerisch, gibt Raum für Planung und Kartenpflege, gewährt dem Zufall einen angemessenen Einfluss, und ist absolut stimmig in Zeit und Idee.

05.08.2015: Looping mit dem Drachen

„Nichts ist schwerer zu ertragen, als eine Reihe von guten Tagen“, sagte schon Goethe. Sagt doch mal selbst, Ihr nordischen Teutonen, geht Euch dieses „geile“ Sommerwetter nicht auch schon längst auf den Keks? Für den Balaton, wo mich ab morgen die Urlaubssonne bescheint, zeigt der Wetterbericht ununterbrochen bis zum bitteren Ende 33 bis 35 Grad im Schatten an. Ohne ein einziges Wölkchen, ohne einen einzigen Tropfen Regen. Hoffentlich wird der Plattensee in dieser Zeit nicht total platt …

Kein Bock zum Denken, Lesen oder Session-Report-Schreiben. Nur der anstehende Urlaub zwingt mich jetzt an die Computer-Tasten. Da freut man sich doch schon auf den Winter. Oder wenigstens auf den Herbst. Auf das Oktoberfest. Das glücklicherweise ja schon im September beginnt. Nur noch vierzig mal schlafen …

1. “Looping Louie”

Freudestrahlende Gesichter beim „Looping Louie“
Freudestrahlende Gesichter beim „Looping Louie“
Vor drei Monaten stand es schon auf dem Tisch, als die Westpark-Gamers bei Moritz im Glockenbackviertel antraten und zunächst mal „Spielen mit dem Nachwuchs“ auf dem Programm stand. (Günther konnte sich heute an gar nichts mehr erinnern!)

Ein batteriegetriebener Mechanismus dreht ein Flugzeug an einer Stange im Kreis. Wenn seine Flugbahn unsere Lebensscheiben kreuzt, fallen sie um – eine nach der anderen. Wenn unsere letzte umgefallen ist, sind wir ausgeschieden.

Heute spielten wir die „Turnierversion“: Wir scheiden nicht aus, wenn unsere drei Lebensscheiben umgefallen sind, sondern wir spielen mehrere Runden bis zur letzten Scheibe des letzten Mitspielers. Wer jeweils als Letzter übrig geblieben ist, muss eine Lebensscheibe abgeben und tritt die nächste Runde mit einer Scheibe weniger an. Wer es schafft, mit einer einzigen, letzten Scheibe in die Runde zu gehen und gegen die ggf. mehreren Scheiben aller Mitspieler zu überleben, hat gewonnen.

Wie kann man sein Überleben beeinflussen? Sehr hübsch: In die Bahn des kreisenden Flugzeuges ist für jeden Spieler eine Wippe eingebaut; wer hier zum richtigen Zeitpunkt draufdrückt, schnellt das Flugzeug hoch in die Luft und weit weg von seinen zu beschützenden Lebensscheiben. Wenn das Flugzeug dann auch noch im unmittelbar anschließenden Sturzflug direkt und unvermeidbar die Lebensscheibe eines Mitspieler mit sich mitreißt, dann hat sich das Aufstehen gelohnt. „Da lachen ja die Hühner“ steht zu Recht auf der Schachtel.

“Looping Louie” von Hasbro ist ein tolles Spiel, überall nur Bestnoten.

  • Es bietet einen ganz neuen, ungewöhnlichen Spielablauf.
  • Die Regeln sind schnell erklärt und verstanden.
  • Es kann ohne jegliche Genusseinbuße von 1 bis 4 Spielern skaliert werden.
  • Eine Runde ist blitzschnell gespielt, ein Turnier kann aber problemlos auch zu einem abendfüllenden Programm ausgedehnt werden.
  • Interaktion ist ganz groß geschrieben.
  • Es kann sowohl kompetitiv als auch kooperativ gespielt werden, alles sowohl hintereinander als auch gleichzeitig.
  • Das Spielmaterial ist gefällig und solide.
  • Das Thema ist überzeugend und keineswegs aufgepfropft.

Eigentlich müsste man nach unserer Skala hier 11 Punkte vergeben. Ganz ohne Risiko gibt der Verlag eine „Geld-zurück-Garantie“ : Wer innerhalb von zwei Wochen nach dem Kauf dieses Spiel zurücksendet, erhält anstandslos Kaufpreis und Rücksende-Porto ersetzt. Das sollen mal die heute marktüblichen Spiele nachmachen können!

WPG-Wertung: Aaron: 8 (1 Punkt mehr als letztes Mal), Günther: 8 (2 Punkte mehr!), Peter: 7, Walter: 7.

Das Spiel wird morgen die Reise zum Balaton mitmachen. Es ist eine geniale Alternative zum üblichen „tocado y hundido“ mit meinem katalanischen Schwiegersohn!

2. “Dragonscroll”

Zoologie a la "Dragonscroll"
Zoologie a la “Dragonscroll”
Schon vor einem halben Jahr im Glockenbachviertel gespielt, haben wir damals die WPG-Noten vergessen. Auch dieses Spiel ist von höchstem Reiz, wenn man es nachts spielt, und zwar nicht „in der Gluthitze von Walters Dachgeschoss“ sondern auf der lindwarmen Terrasse, wo das laute Gelächter und Geschrei den linken Nachbarn nicht stört, weil der von unserer Männerrunde fasziniert ist, den rechten Nachbarn nicht stört, weil der in Urlaub ist, und nur den überrechten Nachbarn stört, aber soviel Toleranz muss sein …

Wir bauen Stück für Stück unsere Märchenwelt auf, lassen darauf Orks, Zauberer, Ritter, Zwerge, Elfen und Ziegen entstehen, Töten die Bösen, Fressen die Guten und erweitern unsere Fähigkeiten zu mehr Töten; mehr Fressen können wir ohnehin. Wenn die vollständige Märchenwelt entstanden ist, hat der Spieler mit der größten Potenz gewonnen.

Eine Besonderheit des Spiels ist der wunderbare Feuerturm, mit dem wir den Kampf gegen die Bösen bestreiten. Hier werfen wir eine an unseren individuellen Fortschritt angepasste Anzahl von Kugeln hinein, und je nachdem, auf welcher Seite sie wieder herauskommen, haben wir einen Ork, Zauberer, etc … getötet. Falls ein solches Vieh überhaupt in greifbarer Nähe stand.

Herausragende Eigenschaften des Spiels:

  • Die Figuren (wenigstens einige) sind äußerst liebevoll gestaltet, wie immer bei den Spielen von Fragor Games.
  • Die Einführung in die schottische Ziegologie ist höchst bemerkenswert.
  • Die topologische Orientierung über den rechten Weg zur linken Elfe – gerade heute im Zeitalter der GPS-Navigatoren – stellt für alle Mitspieler eine hübsche, spielerische Herausforderung dar.
  • Die Anforderungen an das statistische Grundwissen zur Berechnung der erforderlichen Feuerstärke sind enorm. Deshalb wird “Dragonscroll” auch erst ab 13 Jahre empfohlen.
  • Auch die geforderte feinmotorische Feinfühligkeit zum erfolgreichen Beschicken des Feuerturms zielt auf eine reifere Altersgruppe unter den Spielern. Kein Wunder, dass beim letzen Mal im Glockenbachviertel unser Milo gewonnen hat.
  • Die Freude über eigene erfolgreiche Kämpfe sowie die Schadenfreude über fremde nicht-erfolgreiche Kämpfe hallt weit über den übernächsten Nachbarn hinaus.
  • Durch einen mehr oder weniger eifrigen Ausbau der Märchenwelt hat jeder Spieler einen entscheidenden Einfluss auf das Spielende.
  • Das schreckliche, märchenhafte Thema ist meisterhaft umgesetzt.

WPG-Wertung: Aaron: 5 (wegen der Figuren), Günther: 4 (wegen der Figuren, das Spiel reicht fast an „Colt-Express“ heran), Peter: 4 (wegen der Figuren), Walter: 4 (auch ohne die Figuren)

3. “Abluxxen”

Jedesmal ein Staunen über die faszinierenden Abläufe eines im Grunde doch recht simplen Spielprinzips. Heute positiv aufgefallen: die langsame, vorbereitende Kartenpflege in der Einleitung und die plötzlich explodierende Dynamik am Ende.

Keine neue WPG-Wertung für ein Super-Spiel.

4. “Worms”

Aaron steht mit seiner Neu-Entwicklung immer noch ziemlich am Anfang. Aktuell kämpft er mit dem Antagonismus zwischen Besitzstandswahrung und Übernahme-Freuden.

Keine WPG-Wertung für ein Spiel in der Entstehungsphase.

30.05.2012: Halli Galli beim Anwohnerparken

Ausnahmsweise wurde gestern nicht am Westpark sondern am Röcklplatz gespielt – für den Ortskenner ein Graus, was die Parkplatzsuche betrifft. Doch schon nach einer vergeblichen Runde um den Block tat sich ein wunderbar großer Parkplatz auf. Der hatte zwar einen kleinen temporären Nachteil, da dort bis 20:00 Uhr Halteverbot galt, aber es war ja bereits viertel nach Sieben. Brav wie immer dackelten wir zum Parkscheinautomaten und stellten erstaunt fest, dass nicht wie üblich bis 23 Uhr Zahlungspflicht besteht sondern nur bis 18 Uhr. Prima, auch noch die Parkgebühren gespart!

1. “Looping Louie”
Bei Moritzens stand erst einmal eine Stunde Spielen mit dem Nachwuchs auf dem Programm. Hocherfreut stellte Aaron fest, dass Looping Louie schon spielbereit auf dem Tisch stand. Das Spiel war bereits Anfang der 90er Jahre auch unter erwachsenen Spielern sehr beliebt und endlich ergab sich die Möglichkeit, es einmal auszuprobieren.

Pilot Louie in seiner knatternden Kiste dreht unentwegt seine Kreise und stößt dabei die kleinen Münzen der Spieler von deren Ablage und wer als letzter noch eine Münze besitzt, gewinnt das Spiel. Dazu muss geschickt eine kleine Wippe direkt vor der eigenen Münzablage gedrückt werden, wenn Louie gerade zur Karambolage ansetzt. Wenn das Timing und der Schwung stimmen, fliegt Louie über die eigene Ablage hinweg und greift den nächsten Spieler an. Mit gutem Augenmaß und gefühlvollem Finger lässt sich Louie so beeinflussen, dass der nächste Spieler chancenlos ist und eine seiner drei Münzen verliert.

Konzentration, Gefühl und Timing führen hier zum Erfolg und nicht nur der Jüngste in der Runde hatte einen Riesenspaß.

WPG-Wertung: Aaron 7 (schneller Spaß für die ganze Familie), Günther 6, Moritz 6

2. “Halli Galli”
Ähnlich wie beim 15 Jahre früher veröffentlichten „Zaster“ geht es hier wild zu. Reihum decken die Spieler die oberste Karte ihres Stapels auf und sobald in Summe genau fünf gleiche Früchte auf dem Tisch zu sehen sind, gilt es als erster die kleine Glocke in der Tischmitte zu schlagen. Der Gewinner bekommt alle offenliegenden Karten auf seinen Stapel und wer als letzter nach vielen Durchgängen noch Karten besitzt, gewinnt das Spiel.

Der vierjährige Milo schlug sich im Kreis der Erwachsenen bestens und landete mit Günther im Endspiel. „Halli Galli“ kann also ebenfalls als echtes schnelles Familienspiel überzeugen.

WPG-Wertung: Aaron 6 (nett, aber etwas zu wenig Wiederspielreiz), Günther 6, Moritz 7

3. “Nightfall”
Vor vier Wochen lag „Nichtfall“ bereits auf dem Tisch und hatte schon während des Spiels heftige Diskussionen über die richtige Spielstrategie ausgelöst. Zum Schluss gab es dann eine eher vernichtende Kritik wegen der Unausgewogenheit und gefühlten Beliebigkeit der Spielzüge. Diesmal sollte das Spiel ebenfalls in einer 3er-Runde aber mit anderer Zusammensetzung nochmal eine Chance bekommen.

Bereits in der ersten Runde entspann sich fast die identische Diskussion wie vor vier Wochen: ist es besser, nur einen Spieler anzugreifen und damit den Schaden zu konzentrieren oder verteilt man lieber seine Angriffsstärke auf die beiden Gegenspieler und schwächt möglichst gleichmäßig? Obwohl Günther und Aaron eher konzentrierte Angriffe durchführten, hatten alle Spieler zu Beginn der (wie sich herausstellte) letzten Runde je fünf Schadenskarten. Zu diesem Zeitpunkt hatten alle drei Spieler schon eine recht mächtige Kartenhand und konnten entsprechend viele Schadenspunkte verteilen.

Günther griff mit geballter Macht den völlig wehrlosen Moritz an und fügte ihm acht Schaden zu. Damit war der Sieg für Moritz ausgeschlossen. Der revangierte sich dann postwendend, indem er mit einer gekonnt konstruierten Kette sieben Schaden auf Günther spielte. Damit war die letzte Schadenskarte gezogen und das Spiel zu Ende. Alle fanden das Ergebnis (Aaron 5 Schaden, Günther 12, Moritz 13) äußerst unbefriedigend, denn mit etwas anderer Verteilung der Schadenspunkte hätte beliebige andere Spielergebnisse erzeugt werden können.

Was bleibt, ist das Gefühl, dass aus den schönen Mechanismen in „Nightfall“ nicht das herausgeholt wurde, was machbar gewesen wäre und die Vermutung, dass es eigentlich ein 2er-Spiel ist.

WPG-Wertung: Günther 4 (5 für eine 2er-Runde), Rest unverändert

4. “Urban Sprawl”
„Dominant Species“ vom gleichen Autor war vor einem Jahr bei uns wegen seiner guten Mechanismen gelobt worden, die leider durch eine zu lange Spieldauer und unglückliche Kingmaker-Effekte etwas entwertet werden. Nun liegt Chad Jensen’s neuestes Spiel auf dem Tisch, dass im Netz teils überwältigend gute, teils ebenso schlechte Kommentare bekam. Entsprechend gespannt waren wir, wie es in unserer 4er-Runde ankommt.
Urban Sprawl
Wir sind Stadtplaner und –entwickler mit der Aufgabe, auf einem Spielplan die ausgewiesenen Bauplätzen möglichst optimal mit Gebäuden der vier Kategorien „residential“, „commercial“, „civic“ und „industrial“ zu bebauen. Bauen kostet Geld, umso mehr, je teurer ein Viertel ist und bringt Siegpunkte, umso mehr, je zusammenhängender die einzelnen Gebäudekategorien gebaut werden.

Um überhaupt bauen zu können, benötigen wir einerseits passende Baugenehmigungen und anderseits passende Bauaufträge. Beides gibt es in einer offenen Auslage zu erwerben. Dabei kosten die Karten unterschiedlich viele Aktionspunkte, von denen jeder Spieler pro Runde sechs ausgeben kann. Das reicht dann immer für die beiden „billigsten“ Baugenehmigungen und die beiden „billigsten“ Bauaufträge. Leider passen die nicht notwendigerweise zueinander und so muss man sich doch mal mit weniger Kartenerwerb zufrieden geben. Entsprechend geringer ist dann die Anzahl möglichen Bauaktionen auf dem Spielplan. Zu guter Letzt muss dann noch für jedes gebaute Gebäude Baukosten entsprechend dem bebauten Viertel bezahlt werden. Das passende Geld hat man besser schon rechtzeitig durch die Abgabe (unbrauchbarer) Baugenehmigungen eingestrichen.

Doch zurück zu den Baugenehmigungen und –aufträgen. Nachdem ein Spieler seine Aktionen durchgeführt hat, werden die Kartenreihen wieder vom verdeckten Stapel aufgefüllt. Ob jetzt hier Brauchbares dabei ist und zu welchen Aktionspunktkosten, ist völlig zufallsabhängig und damit unplanbar. Damit wird schon ein Problem deutlich: man kann nicht nachdenken, wenn man nicht dran ist. Dazu kommt, dass es außer Baugenehmigungen und –aufträgen noch jede Menge Ereigniskarten gibt, die, wenn aufgedeckt, sofort ausgeführt werden müssen. Dazu kommen gelegentliche Ämterwahlen, die durch ein Symbol auf den Karten angezeigt werden. Diese Nachfüll/Ereignis/Wahlphasen zwischen den Zügen kann gerne noch einmal solange dauern wie der Zug eines Spielers und bringen pro Runde Geld-/Siegpunkt-Zu-/Abflüsse, die ebenfalls in der Größenordnung dessen liegt, was ein Spieler pro Runde durch eigene Aktionen bewerkstelligen kann.

Das alles führt dazu, dass man in einer 4er-Runde ¾ der Zeit unbeteiligt dabeisitzt und staunend die Schwankungen des eigenen Geld- und Siegpunktstands bewundert.

Nach 2 Stunden hatten wir ca. ein Drittel der Kartenstapel durchgespielt und keiner hatte mehr Lust, möglicherweise 4 weitere Stunden gespielt zu werden. Also brachen wir ab.

Die Auswertung ergab, dass bei unserer Runde rund 50% der eigenen Siegpunkte nicht durch eigene Aktionen sondern durch Aktionen der Mitspieler oder Ereigniskarten generiert wurden. Dass ein Spiel mit einer Spieldauer von 4 oder mehr Stunden, von denen man 3 Stunden plan- und aufgabenlos rumsitzt und bei dem die Hälfte der Siegpunkte fremdgesteuert vergeben werden, bei Boardgamegeek so viele Top-Bewertungen bekommt, ist bemerkenswert.

Obwohl die Spielmechanismen von „Urban Sprawl“ recht gut und stimmig sind, wollte bei uns trotzdem kein gutes Spielgefühl aufkommen und das Spiel wirkt insgesamt „kaputt“. Kein Vergleich zu „Dominant Species“ jedenfalls.

WPG-Wertung: Aaron 3 (eine ätzende Kombination aus Zufall, Wartezeit und langer Spieldauer), Günther 4, Moritz 4

Gegen 1 Uhr morgens ging es dann zurück zu unserem Auto. Und siehe da, wir hatten ein Knöllchen. Interessanterweise ausgestellt um 22:05 Uhr, also nicht weil wir vor 20 Uhr im Halteverbot standen. Hatten wir den Hinweis auf dem Parkautomaten falsch gelesen? Hatten wir nicht, wie wir schnell prüfen konnten. Aber da war ja noch dieses Schild am Anfang der Straße. Und da lernten wir dann eine neue Parkzeitenkonstruktion in München kennen: bis 18 Uhr kostet es Geld, von 18 bis 23 Uhr dürfen nur Anwohner parken und ab 23 Uhr darf wieder jeder umsonst. Parken am Röcklplatz wird immer schwieriger…