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17.04.2014: Frieden mit Robinson Caruso

Unsere Wertungsnoten für Spiele sind von Jahr zu Jahr schlechter geworden. Die beigefügte Graphik suggeriert zwar ein buntes Auf und Ab, aber die mathematische Umsetzung zeigt unisono eine abfallende Trend-Linie. Eine Ausnahme hier bildet lediglich Peter, aber der hat umständehalber zwei Jahre lang nahezu total pausiert.

WPG-WertungstrendSind unsere Noten schlechter geworden, weil wir älter geworden sind? Kritischer? Weil uns viele neue Spielideen zwangsläufig als „alte Hüte“ vorkommen müssen? Oder sind die Spiele, die Jahr für Jahr herauskommen, tatsächlich von Jahr zu Jahr schlechter geworden? Oder nur die Auswahl auf unserem Tisch?

Zweifellos gibt es in jedem Jahrgang gute und sehr gute Spiele. Aber offensichtlich ist es bei den heutigen Hilfsmitteln für Erfinder leichter geworden, ein Spiel auf den Markt zu bringen, auch wenn es weniger gut gelungen ist. Notfalls im Eigenverlag. Oder als Kickstarter. – Unter denen haben wir ja überhaupt noch kein akzeptabel gutes Spiel gefunden. Günther schrieb: ”Die Qualität des Spielemarktes wird leider verwässert durch eine Unmenge von mittelmäßigen Spielen.“ Und damit hat er zweifellos recht.

Lösung: Weniger spielen? Nur Top-Spiele vorknöpfen? (Aber wie findet man die?) Häufiger mal in die Schatztruhe der Vergangenheit zurückgreifen! Unsere lange Liste von den „Spielen-des-Monats“ könnte helfen.

1. “Robinson Crusoe”

Nach der Verlagsauskunft „einer der Spielehits der SPIEL in Essen 2012.“. Doch als kooperatives Solitärspiel – man kann es schon ab 1 Spieler spielen! – besitzt es gleich zwei Eigenschaften, die am Westpark ziemlich verpönt sind. Moritz hatte das Spiel schon im Vorfeld vorgeschlagen, und gleich gingen die Mail-Wogen hoch. Dem verzweifelten User-Feedback: „Habe das Spiel zu Weihnachten bekommen und wir verzweifeln dran. Zunächst einmal ist die Anleitung super kompliziert, aber da habe ich mich durchgekämpft, doch nun schaffen wir das 1. Szenario einfach nicht“ stellte Moritz eine ganze Latte von euphorirschen BGG-Wertungen entgegen:

  • The best co-op game I’ve ever played.
  • Incredible genial game!!!… wow
  • “Dream come true” game!
  • Und noch eine längere Phrase, hier nach der Google-Übersetzung zitiert:
    Viel Variabilität im Setup. Spielbar mit 1-4 und skaliert gut. Schwierige Koop-Spiel, wie es sein sollte. Jede Entscheidung, die Sie machen, ist wichtig (sic!). Geschichte entfaltet sich organisch und versteckt die Mechanik geschickt als jede mechanische Aspekt macht Sinn kontextuell. Erstaunlich Spiel!
Robinson und Caruso auf vertauschten Sitzplätzen
Robinson und Caruso auf vertauschten Sitzplätzen

Vier Stunden hatte sich Moritz auf die heutige Spieleinführung vorbereitet. Das wollten wir ihm honorieren.

Ein Schiffbruch wirft uns an Land und wir müssen uns gemeinsam aufraffen, um unsere Überlebenschancen zu wahren oder zu verbessern. Wir können und müssen:

  • das Land um uns herum erkunden, und dabei hoffen auf etwas Essbares zu stoßen, ohne gleich von wilden Tieren selber angefressen zu werden
  • peut a peut Werkzeuge finden oder erfinden, die uns im Existenzkampf gegen natürliche Unbilden Vorteile bringen.
  • Holz sammeln, einen unabdingbaren Energiespender für jeglichen zivilisatorischen Fortschritt.
  • unser Lager in neue und bessere Gegenden versetzen, es ausbauen und verstärken, um gegen wilde Tiere, Regen und Schnee und Ähnliches geschützt zu sein.

Pro Runde hat jeder Spieler zwei Aktionssteine, die er beliebig auf dem großen Tableau der Aktionsmöglichkeiten einsetzen kann. Setzt er beide Aktionen für eine einzige Aktion ein, darf er diese unbedingt ausführen. Setzt er nur einen Stein (und den zweiten Stein woanders hin), dann muss er noch würfeln, ob ihm die Aktion erlaubt ist. Mit 5/6 Wahrscheinlichkeit haben wir dabei Glück, allerdings handeln wir uns dabei mit einer fast genauso großen Wahrscheinlichkeit Verletzungen ein (nach ca. 12 Verletzungen ist der Ofen aus), und wir müssen weitere Problem-Karten in das Kartendeck einreihen, die uns im Laufe des Spiels das Leben immer schwerer machen.

Im Prinzip agiert jeder für sich, doch da es nur ein gemeinsames Schicksal gibt – alle gewinnen oder alle verlieren – so entspringen die Züge einer gemeinsamen Ratio. Ratschläge über beste Züge sind notwendig und selbstverständlich.

Reicht die Nahrung nicht für alle, so müssen einige hungern. Wer das im einzelnen ist, entscheidet die Solidarstrategie. Einem Dreiviertel-Verhungerten wird eher noch ein Brosam zugeteilt als einem nur Halbverhungerten. Ohne jede Widerrede! Auch setzen wir unsere individuellen Spezialkräfte als Koch oder Zimmermann (oder als was auch immer) jederzeit dafür ein, den Schwächsten am Leben zu erhalten. So eine ausgeprägte Selbstlosigkeit jeder für jeden hat es in 15 Jahren Westpark noch nie gegeben. Ein einträchtiger spannender Kampf aller miteinander gegen die Macht des Schicksal.

Doch eigentlich sind die jeweils nächsten Schritte ziemlich prädestiniert: Es gilt, mit allen Mitteln den Mangel an Nahrung und Holz zu überwinden. Und die Möglichkeiten dazu sind äußerst begrenzt. Zudem hat überall auch noch der Zufall ein Wörtchen mitzureden.

Peter war für ein Maximum an Aktionen, alle mit dem bekannten Risiko behaftet. Er drängte uns auch dazu, unsere eigenen Aktionen nach dem gleichen Gieskannenprinzip über das Aktionentableau zu verstreuen. Aaron war zwar nicht dabei, hatte uns aber sein Würfel-Pech überlassen. So förderten die Risiko-Aktion weit häufiger als vermutet eine Kalamität nach der anderen zutage. Drei Runden brauchten wir allein dazu, das Messer zu erfinden. Und die bösen Auswirkungen der Risiko-Würfe übten im Laufe des Spiels einen immer stärker werdenden Druck auf unsere nacktes Überleben aus: Tiere fressen unsere Nahrung weg, ein Lagerbrand vernichtet das gesammelte Holz oder eine Überschwemmung zwingt uns, das schönste Lager mit dem dicksten Zaun drumherum und den weichesten Teppichen drinherin zu verlassen und in einer unwirtlichen neuen Gegend die Zivilivation von Neuem zu versuchen.

Wir haben gewonnen, wenn wir alle überlebt haben, und es bis zur zehnten Runde schaffen, ein riesiges Lagerfeuer zu entfachen (, das von vorbeifahrenden Schiffen gesehen wird, so dass es an Land kommt und uns rettet). Hoffnungsvoll hatten wir Runde für Runde Nahrung gesammelt, tapfer alle wilden Tiere besiegt, eifrig Holz für das Lagerfeuer gesammelt, und unsere Werkzeugkiste gefüllt. Eis und Frost hätte uns nichts mehr anhaben können. Mit unseren Waffen hätten wir Elefanten jagen können und der Zaun um unser Lager hätte einer ganzen Division von Leoparden widerstanden. Doch wir hatten versäumt, unserem Lager ein schützendes Dach zu verpassen. Der Monsun trieb einen gewaltigen Platzregen her, vier gewürfelte Regenwolken brachten dreien von uns den Tod. Günther überlebte als einziger, schwer verwundet. Seine fleißig gehortete Entschlossenheit konnte er in der Pfeife rauchen.

WPG-Wertung: Günther: 5 (Adventure-Spiele sind nicht mein Fall), Moritz: 8 (zugegeben, es gibt eigentlich nur eine einzige gemeinsame Entscheidung, aber: die thematische Umsetzung ist äußerst gelungen; die Spieldesign-Entscheidungen machen alle Sinn), Peter: 8 (hat mir sehr gut gefallen: Würde ich sofort noch einmal spielen – bis ich es einmal geschafft habe, zu gewinnen), Walter: 5 (es ist allemal wert, so ein Spiel im WPG-Kreis kennenzulernen; der Zufallseinfluß ist in die Überlebensplanungen gut integriert; die jeweils notwendigen Züge zum Überlegen sind allerdings recht einsichtig (= trivial)).

Abschließender Kommentar von Peter: „Solitätspiele haben die Eigenschaft, dass man sie nur solange spielt, bis man das Problem gelöst hat.“ Dazu drei Anmerkungen:

1) Es soll Leute geben, die eine einmal gefundene Lösung immer wieder wiederholen. Wie es die Goldhamster im Käfig vormachen!
2) „Robinson Crusoe“ ist mit unendlich vielen unterschiedlichen Szenarien üppig ausgestattet; da kann sich jeder jeden Tag einer neuen Herausforderung stellen.
3) Am Westpark werden Spiele in der Regel eh’ nur einmal gespielt, da ist es dann egal, ob man eine Lösung gefunden hat oder nicht.

2. “Pax”
Günther war in den zwei Stunden bis Mitternacht noch für ein weiteres Monster-Solitärspiel aufgelegt. Er hatte Uwe Rosenbergs „Die Glasstrasse“ auch schon aus seiner Tasche ausgepackt. Doch die allgemeine Stimmung war bereits auf Vor-Absacker eingestellt. Peter kramte „Pax“ von Bernd Eisenstein aus dem Regal hervor. Vor vier Jahren waren wir hier als Tester involviert gewesen. Am 18. Dezember 2011 lag das fertige Spiel dann zum ersten Mal bei uns auf dem Tisch. Doch für Moritz und Peter war das Spiel noch unbekannt.

Seltsamerweise scheuten sich alle „Bekannten“, die Regeln vorzutragen. Der Wust von inneren Abhängigkeiten sollte ja nicht einfach runtergelesen, sondern merkbar und verständlich dargelegt werden. Neuling Peter durfte dies dann aus dem Stegreif tun. Sein didaktisches Talent ist einfach unerreicht. Auch wenn Bernd es nicht so leicht gemacht hat, die im Prinzip einfachen Mechanismen auch einfach rüber zubringen.

Wir ziehen reihum Karten zu sieben verschiedenen Kategorien vom einem verdeckten Stapel und nehmen sie entweder auf die Hand oder legen sie offen beliebig an einen der fünf öffentlich ausliegenden Stapeln an. Auf die Hand nehmen ist immer gut. Auf die öffentlichen Stapeln legt man sie nur aus taktischen Gründen: Nach dem Karten-Ziehen darf sich der Spieler, der am Zug ist, auch noch alle Karten eines Stapels kaufen. Und je mehr Karten dort liegen, desto teurer wird das, so dass sich die nachfolgenden Spieler einen Stapel mit begehrten Karten-Kategorien bei dem grundsätzlich knappen Geld schon bald nicht leisten können.

Als letzte Aktion eines Zuges legen wir Karten aus unserer Hand nach Kategorien sortiert offen vor uns ab, jeder in seine eigene private Kartenauslage. Beliebig viele Karten. Allerdings wird das umso teurer, je mehr Karten wir auf einen Schlag ablegen. Quadratische Progression. Anschließend bekommen wir eine Rückvergütung, abhängig von der Anzahl der Karten in unserer Lieblingskategorie.

Beim Auslegen sind bestimmte Bedingungen einzuhalten: „Armeen“ und „Flotten“ dürfen nur abgelegt werden, wenn man bereits eine entsprechende Anzahl „Land“-Karten vor sich abgelegt hat. Wer einen „Senator“ legt, bekommt erhöhte Einnahmen. Wer eine „Intrige“ legt, bekommt gar nichts. Allerdings wird der Spieler mit den meisten ausliegenden Intrigenkarten Startspieler. Und er gewinnt, wenn das gemeine Rom am Ende nicht genügend eigene Kategorien-Karten ausliegen hat.

Eine ganze Reihe gegenläufiger Interessen müssen in dem sehr abstrakten Ablagemechanismus unter einen Hut gebracht werden. Karten

  • auf die Hand nehmen, oder nicht?
  • auf den öffentlichen Stapel ablegen? Auf welchen?
  • vom öffentliche Stapel kaufen? Welchen Stapel? Kosten-Nutzen-Relation.
  • von der Hand in die private Ablage legen? Welche? Wieviele?

Das A und O ist die private Ablage. Hier in der richtigen Dosierung vom Zufall begünstigt die richtigen Karten zu ziehen macht (leider) den Sieg aus. Nicht unbedingt planbar. Aber die Hoffnung stirbt zuletzt. Und schnell geht das Ganze ohnehin.

Günther wollte zuerst in die Rolle des Intriganten schlüpfen und Rom gegen den Rest der Welt gewinnen lassen. Dann zog Peter in einem einzigen Schwung drei Intriganten nach und übernahm mit Wohlgefallen die Rolle des Primus Conspiratus. Doch in der schnellen Runde mit 4 Spielern hatte Rom keine Chance, die geforderte Dominanz zu erreichen. Den „normalen“ Sieg erzielte der Spieler mit der am besten bewerteten Auslage. Das war Günther. Haushoch. Warum auch immer.

WPG-Wertung: Peter: 4 (Die Sonder-Mechanismen greifen nicht; Die Vorteile der verschiedenen Karten-Kategorien können – mangels Masse – kaum genutzt werden), Moritz: 5 (ein lockeres Kartenspiel, in einer 4er Runde leider etwas zu kurz, man bräuchte doppelt so viele Karten). Günther und Walter blieben bei ihren Noten von 6 bzw. 7 Punkten. Für die außergewöhnliche Ablagetechnik. Und in memoriam der erfolgreichen 3er Runden.

3. “Bluff”

Günther stand mit 3 Würfeln im Endspiel gegen Moritz mit 2 Würfeln. Seine Vorgabe von 2 mal die Fünf war statistisch gesehen auf der sicheren Seite. Moritz hob ohne nachzuwürfeln auf 3 mal die Fünf. Dieser starke Tobak hätte selbst Günther von seinem Dreispänner geholt: beide hatten geblufft, keine einzige Fünf war unter den beiden Bechern.
Keine neue WPG-Wertung für ein Super-Spiel.

07.12.2011: Ratlos auf Hawaii

Was macht der Kassier eines Vereins? Er kassiert die Mitgliedsbeiträge und bezahlt die anfallenden Kosten: Abgaben an die übergeordneten Verbände, Zuwendungen an Funktionäre, monatliche Mieten für die Clubräume, Saalmieten für Sonderveranstaltunen, Weihnachtsfeiern und ähnliches.
Und was passiert, wenn er die Kosten nicht bezahlt? Dann trudeln Mahnungen ins Haus. Zuerst bei ihm und dann beim Präsidenten. Was tut der Präsident mit den Mahnungen? Er leitet sie an den Kassier weiter, zuerst verwundert, dann frustriert, schließlich grollend.
Und bevor die gutgläubigen Club-Gläubiger ihrerseits anfangen zu grollen, bezahlt der Präsident die angemahnten Rechnungen (zunächst mal) von seinem Privatkonto. Schließlich will er die Sääle ja auch für zukünftige Veranstaltungen anmieten und das gute Verhältnis zwischen Club und Verband erhalten.
Wie geht es dann weiter? Ich weiß es selber nicht! Vielleicht habt Ihr, liebe Leser, dazu eigene Erfahrungen, praktikables juristisches Wissen, einen guten Rat! Danke!
1. “Hawaii”
„Die Fischer fischen, die Surfer surfen, die Tänzerinnen tanzen und die Früchte früchteln.“ So heißt es in der Einleitung. Und die Spieler spielen. Ein Teil des Spielspaßes ist das Zusammenbauen des Puzzle-Spielbretts. Dies ist auch eine Intelligenzaufgabe, besonders da man erst herausfinden muss, welche Teile des umfangreichen Materials zum Spielbrett gehören und welche zur Start-Ausstattung der Spieler an Grundstücken und Gebäuden. Erleichtert wird diese Aufgabe durch 3 ½ Seiten des Regelheftes, so dass diese Herausforderung nicht der Grund für das angegebene Mindestalter von 10 Jahren ist.
Es gilt allerdings noch weitere 7 1/5 Seiten Spielregel durchzuarbeiten, um die Aufgabenstellung zu verstehen. Jeder Spieler muss seine kleine Insel zu dem schönsten Paradies der Zivilisation ausbauen. In seinen maximal fünf Dörfern kann er Muschel-, Fuß-, Lang- Tausch- und Speerhütten errichten, Obstplantagen anlegen, und verschiedenartige Attraktionen für die Touristen anschaffen. Weiterhin gibt es KU, KANE, PELE, LONO, LAKA und KANAOLA-Elemente, die er in seine Dörfer einbauen kann, und die alle früher oder später Siegpunkte bei der Dorf-Prämierung abwerfen.
Um ein neues Element in eines seiner Dorf einarbeiten zu dürfen, muss ein Spieler zuerst mit seinem Häuptling zu einem Supermarkt laufen, wo es dieses Element im Angebot gibt. Dann muss er es auch noch bar bezahlen können. Bewegungsradius und Muschiwährung sind die beiden Mittel, mit denen ein Spieler seine Aktionen bestreitet.
Wie bei jeder guten Optimierungsaufgaben gilt es, gegensätzliche Prinzipien in einer wohlbalancierten Weise zu handhaben:

  • Man kann in Masse machen und sich viele billige kleine Bauteile zulegen, braucht dazu aber einen längeren Fußmarsch und bekommt nicht die Sonderprämien für die teuren großen Qualitätsstücke.
  • Man kann sich potenzerweiternde Elemente zulegen, um damit in zukünftigen Aktionen abzusahnen, oder man kann sich gleich auf siegpunktträchtigen Besitzstand konzentrieren.

Ein paar konstruktive Zufallselements sind in „Hawaii“ auch eingebaut. So variiieren Angebot und Preise von Runde zu Runde, und es ist immer von Vorteil, in der Startspielerreihenfolge einen guten Platz zu belegen. So kann man schneller zuschlagen als die Konkurrenz. Dieses Privileg ist käuflich, zwar nicht direkt, aber wer als erster seine Einkaufstour abbricht, darf wählen, in welcher Position er die nächste Runde beginnt.
Bei der Optimierung der Einkaufstouren in Bezug auf Gesamtstrecke und Gesamtausgaben stellt sich die Frage, ist „Keep fully invested“ die richtige Maxime? Soll man sein Potential an Füßen und Muschis pro Runde restlos ausschöpfen? Ganz gewiß nicht. Die Verfügbarkeit voraussetzt, ist es für bestimmte Investitionen absolut gleichgültig, in welcher Runde man sie tätigt. Ein scharfes Kalkulieren des jeweiligen Rundenetats gehört unbedingt zu gutem Spiel. Und verachtet mir den Fischerhafen und die Anlegeplätze für die Inselbesuche nicht. Hier liegen die Siegpunkte mehr oder weniger massig am Kai.
Am Ende lagen wir alle in der Reihenfolge Aaron, Walter, Günther und Horst nur ganze sieben Punkte auseinander. Allerdings hatte Günther dabei alle einmal überrundet. Mit seinen Vergnügungsbooten im Hafen.
WPG-Wertung: Horst: 8 (hat wahnsinnig Spaß gemacht), Aaron: 5 (hat nur durchschnittlich Spaß gemacht, die Frage: „Schaff ich noch das nächste Teil“ erzeugt nur einen begrenzten Spannungsbogen, Günther: 7 (schönes Aufbauspiel), Walter: 7 (vermißt in der Optimierungsaufgabe eine spielerische Linie, für eine höhere Bewertung fehlt eine progressive Steigerung, und zudem ist „Hawaii“ etwas zu solitär)
Es schloß sich eine Diskussion an über die Frage: „Wann funktioniert ein Spiel?“ Für Aaron ist es eine Grundvoraussetzung, damit ein Spiel überhaupt in die Wertung kommt. Doch sicherlich haben wir auch einige Spiele mit 2 oder gar 3 Punkten (wenn nicht gar 10, lieber Moritz!) belegt, die nicht funktionieren. Wie immer man das definieren mag.
„Und wann ist ein Spiel spielerisch?“ Aaron und Horst wollen mit ihren Wertungspunkten grundsätzlich das „Spielerische“, d.h. den Spielespaß eines Spiel benoten. Günther unterscheidet hier noch zwischen Spielespaß und persönlichen Vorlieben. Für Walter ist „spielerisch“ nur eines von vielen Kriterien, die ein guten Spiel haben sollte. Für ihn ist „Mensch ärgere Dich nicht“ deutlicher spielerischer als „Hawai“, obwohl letzteres eine höhere Wertung bekommt.
Bei Woxikon werden zum Wort „spielerisch“ 39 Synonyme in 5 Wortgruppen angeboten:
kinderleicht: unscheinbar, unkompliziert;
unbefangen: unbeschwert, ungebunden, unbelastet;
mühelos: leicht, bequem, einfach, kinderleicht, problemlos, unschwer, spielend;
entspannend: beschwingt, sorgenlos, sorglos, unbefangen
leicht: zart, anmutig, sacht, sorgenlos.
Ist „Hawaii“ jetzt „spielerisch“?
Zur Demonstration des Spielerischen schlug Horst spontan eine Partie „Mensch ärgere Dich nicht vor“ und Walter legte ohne Zögern die Schachtel mit der Ravensburger Spielesammlung auf den Tisch. Doch Aaron winkte entsetzt ab.
2. “Pax”
Ein hübsches kleines Kartenspiel von Bernd Eisenstein, das wir schon in der Endphase seiner Entstehung mittesten durften. Die Spieler ziehen Karten verschiedener Kategorien vom verdeckten Stapel, legen einige davon offen in ihre private Auslage und andere in öffentliche Kaufplätze, von wo sie von den anderen Spielern gegen blanke Münze gekauft werden können.
Je mehr Karten man auslegt, deste teurer wird der Vorgang. Je länger die eigene Auslage in den verschiedenen Kategorien ist, desto höher sind anschließend die Einnahmen. Es gilt also, eine gute Balance zwischen dem Bezahlen beim Auslegen der Karten und dem Kassieren für die lange Auslage zu finden. Im Laufe des Spiels werden die Auslagen natürlich immer länger und die Einnahmen immer höher, so dass man kurz vor Spielende nahezu im Geld schwimmt.
In regelmäßigen Abständen werden die Karten eines Kaufplatz in den Besitz von Rom übergeführt. Bei Spielende wird gewertet, ob Rom oder die Mitspieler in den verschiedenen Kategorien mehr Karten ausliegen haben. In dieser Phase ist das Spiel ein Kooperationsspiel. Man kann sich gegenseitig die notwendigen Karten zuschustern, um gemeinsam die Majoritäten zu erringen. Oder man kann auch absichtlich Rom viele und entscheidene Karten zukommen lassen, nämlich wenn man möchte, dass Rom die Kategorienwertung gewinnt. Denn in diesem Fall gewinn derjenige Spieler das Spiel, der in der Kategorie „Intrige“ die längste Auslage hat.
Ein feiner Kampf um Rom, mit vielen Optionen um Siegpunkte zu machen, mit rasant anwachsenden Betriebsmitteln und mit bis zum Schluß ungewissem Ausgang, ob der Intrigant oder der beste der „seriösen“ Spieler gewonnen hat.
WPG-Wertung: Aaron: 5 (als notorischer Schlecht-Würfler hat er etwas gegen das Glück beim Kartennachziehen), Günther: 6 (mit Tendenz zu 7), Horst: 7 (hoher Wiederspielreiz, will sich das Spiel sofort kaufen), Walter: 7 (flottes Kartenspiel, überraschende Wendungen, psychologisch gut designedte Überflußwirtschaft).
3. “Bluff”
Günther stand im Endspiel mit einem Würfel gegen drei Würfel von Walter und demonstrierte die Schlagkraft seiner Immer-5-Strategie.
Bei ersten Kampf hatte Walter 4 + 4 + 1 unter seinem Becher. Was sollte er auf Günther’s Vorgabe 1 mal die Fünf antworten? 2 mal die Vier? Naheliegend. Doch Günther hatte mit seinem einen Würfel auch eine Vier und konnte mit 3 mal die Vier seinen Gegner um einen Würfel kürzen.
Im nächsten Kampf hatte Walter 3 + 1 unter seinem Becher? Er kam gar nicht auf die Idee, Günthers 1 mal die Fünf anzuzweifeln, sondern suchte sein Glück in 2 mal die Drei, mit der A-priori-Wahrscheinlichkeit von 1/3. Doch Günther zweifelte erfolgreich an.
Im letzten Kampf 1:1 hatte Walter eine 2 unter dem Becher und zweifelte diesmal Günthers 5-er Vorgabe an. Mit seinem geworfenen Stern konnte Günther den Sack zumachen.
Keine neue WPG-Wertung für ein Super-Spiel.