“Poseidon” ist unser Spiel des Monats

Der 18xx-Wahnsinn nimmt kein Ende, und nach Eisenbahnspielen in Zypern oder sogar dem Asteroidengürtel haben wir nun ein Eisenbahnspiel ohne Eisenbahnen, das aber dennoch eine waschechte 1830-Variane ist. ‘Poseidon’s Ziel war es, die Komplexität des 1830-Systems zu verringern, ebenso die Spieldauer, dabei auch auf manche Spielmechanismen verzichtend, die es zum Beispiel im Originalspiel ermöglichten, unprofitable Linien durch Aktienmanipulationen einem unerfahrenen Spieler aufzuzwingen -eine Taktik die vielen schon den Einstieg in die 18xx-Welt vermiest hat.

Tatsächlich hat das Aktienspiel-im-Spiel am meisten unter der Reduktion in ‘Poseidon’ gelitten, wahrscheinlich auch weil es nichts Vergleichbares zum Aktienmarkt gab im alten Griechenland. Die Spieler verlegen Handelsrouten und keine Eisenbahnschienen, da diese per Schiff ‘gebaut’ werden, ist es auch kaum möglich einen Spieler zu blockieren. Die technologische Konkurrenz wird mit dem Bau besserer Galeeren und Schiffen ausgefochten. Im Großen und Ganzen gelingt es ‘Poseidon’, eine gute Einsteigervariante für 18xx-Interessenten zu erschaffen, aber es ist immer noch kein leichtes oder auch kurzes Spiel. Dennoch für Fans des Genres emnpfehlenswert: Mal was ganz anderes!

24.11.2010: “Poseidon” kommt

“Spielen ist wie Sex. Manchmal kommt etwas Sinnvolles dabei raus, das ist aber nicht der Grund, warum wir es tun.” (nach R. P. Feynman)
1. “Poseidon”
In Essen am Stand von Z-Man-Games war es mir zum ersten Mal aufgefallen. Damals hätte ich nicht gedacht daß der Seefahrer-Kegel unter den Eisenbahn-Kindern am Westpark gut punkten könnte. Doch Günther hat sich als Promoter mächtig ins Zeug gelegt und „Poseidon“ regelmäßig erfolgreich protegiert. Lieber Helmut, wenn Du mit diesem Produkt dereinst Millionär geworden bist, dann laß ihm was zukommen!

Um dem diesbezüglich unbewanderten Horst einen nachdrücklichen Vorgeschmack von den „18xx“-Familienmitgliedern zu geben, ist „Poseidon“ sicherlich besser geeignet als das gleich noch eine ganze Dimension komplexere Original-„1830“. Dort müßte er während des ganzen ersten Spiels praktisch Schritt für Schritt an der Hand geführt werden, um nicht von einer ruinösen Falle in die andere zu tappen; hier kann er schon nach wenigen Zügen selbständig laufen. Auch wenn der Pfad bis zum eigenen Sieg dann immer noch steil und steinig ist.
Wir stehen mit „Poseidon“ natürlich noch alle am Anfang unserer Erfahrung und selbst Günther, einer der besten „1830“-Spieler der Welt, hat hier noch keinen gesicherten Maßstab für die Wertigkeit der tausendfältigen Wahlmöglichkeiten untereinander:

  • Mit welchem Reich fange ich an?
  • Zu welchen Kurs setze ich mein Startreich ein?
  • Wieviele Ämter bringe ich auf den Markt?
  • Wieviele Ämter davon nehme ich selbst in meine Königshand?
  • Wieviele Schiffe kaufe ich? Zu Beginn und in den ersten Runden?
  • Welche Strecke wähle ich für die Erkundigungen?
  • Wo gründe ich Handelsniederlassungen?
  • Wann lasse ich die Amtsinhaber leer ausgehen?
  • Wann forciere ich über neue Reiche und neue Schiffskäufe das Tempo? In welchen Situationen bei welchem Besitzstand ist es besser zu bremsen?
  • Walter fing mit Sparta und entwickelte sich an der adriatischen Küste entlang in Richtung Triest. Horst führte die Athener Flotte auf mittlerem Kurs ins südliche Kleinasien und Günther klapperte mit Larissa die Nordküste der Ägais mit Zielrichtung Troja ab. Er gründete als erster ein zweites Reich, das den Druck auf die technisch schwachbrüstigen und finanziell ausgebluteten Frühstarter-Imperien erhöhte. Doch die Motive seiner Reichsgründung gingen in eine ganz andere Richtung: Er ließ die neue Finanzmasse durch gekonnte Schiffsmauscheleien in sein altes Reich transferieren, so daß seine dortigen vielen Startämter von den ununterbrochen sprudelnden kräftigen Einnahmen stets hoch dotiert waren. In dieser Phase gerieten seine eindimensional ausgestatteten Konkurrenten mit ihren linearen Überlebensstrategien hoffnungslos ins Hintertreffen. Auch die rasante Aufholjagd in der letzten Runde, in der alle 6er, alle 7er und noch dazu einige E-Schiffe gekauft wurden, konnten seinen Vorsprung nicht mehr schmälern.
    Neue Erkenntnis: Ein neues wenig-ämteriges Feeding-Reich zum Hochpäppeln eines existierenden viel-ämterigen Anfangsreiches eröffnet ganz neue finanzelle Perspektiven.
    Alte Erkenntnis: „Poseidon“ ist stärker Kapitalmarkt orientiert als seine rechtgläubigen Halbgeschwister.
    WPG-Wertung: Horst siedelte sich mit 8 Punkten im oberen Bereich der WPG-Wertungen an, Walter erhöhte seine Note von 7 auf 8.
    Horst schlug vor, das Spiel mit echtem Geld zu spielen. Dann wandern Beträge in der Größenordnung von etwa 2000 Euro pro Abend von einer Hand in die andere.
    Günther brachte einen neuen Vorschlag zur Vermeidung strapazierend langer Denkzeiten: Jeder Spieler bekommt für seinen Zug ein enges Zeitlimit gesetzt. Jede Zeitüberschreitung zieht unverzüglich eine (Spiel-)Geldstrafe nach sich. (PS: Hätten wir heute schon diesen Vorschlag umgesetzt, wäre Günther nicht Erster geworden. Eher Letzter! Doch in unserer 3er Runde haben seine Analysis Paralysis-Phasen nicht weh getan. Keiner wurde auch nur annährernd aggressiv.)
    2. “Flaschenteufel”
    Nach guten drei Stunden (netto) mit Poseidon reichte die Zeit für den jungen Kindsvater Horst nur noch zu einem Absacker. Weil die mentalen Batterien noch nicht leer waren, konnte sich der anspruchvollere „Flaschenteufel“ durchsetzen.
    Allerdings kann das Spiel in einer Dreier-Runde seine spieltaktischen Schönheiten längst nicht so voll entfalten wie in einer Vierer-Runde. Sehr viel krasser wirkt sich die Abhängigkeit von den weitergeschobenen tödlich-niedrigen Karten aus. Falls bei der ursprünglichen Kartenausgabe die gelben Eins und Zwei an zwei verschiedene Spieler ausgeteilt werden (die Wahrscheinlichkeit dafür ist mehr als 68 Prozent!), landen beide Karten nach dem Kartenschieben zu 50% bei einem einzigen Spieler. Und beide Mitspieler wissen um mindestens eine Karte davon! Damit ist der Teufelsstich praktisch schon nicht mehr zu vermeiden. Trotzdem ein großes kleines Spiel!
    WPG-Wertung: Horst übernahm mit der Vergabe von 9 Punkten die WPG-Spitzenposition.
    Auf Nachfrage meinte Horst, dass Birgit für „Flaschenteufel 7-8 Punkte vergeben würde. Er scheint die Mutter seines Kindes tatsächlich sehr gut zu kennen. Vor gut drei Jahren hat Birgit dafür bereits realiter 8 Punkte vergeben.
    3. “Hasami”
    Als hinterbliebenes Duo zogen sich Günther und Walter mal wieder eines der kleinen, abstrakten 2-Personen-Spiele der Wünnenberg-Spiele GmbH rein. In „Hasami“ stellt jeder Spieler auf einem Reversi-ähnlichen Spielbrett von 10 mal 10 Löchern auf die zwei Randreihen seiner Seite je 20 Spielsteine auf. Dann ziehen ziehen sie abwechselnd mit je einem Spielstein horizontal oder vertikal über beliebig viele freie Felder. Ein gegnerischer Stein darf geschlagen werden, wenn man ihn von beiden Seiten waagrecht oder senkrecht umschlossen hat. Gewonnen hat, wer als erster mit seinen Spielsteinen eine Fünfereihe (horizontal, vertikal oder diagnonal) bilden konnte.
    In zwei Durchgängen konnten wir verifizieren, dass das Spiel rund und herausfordernd ist und nicht-triviale Lösungen besitzt.
    Keine WPG-Wertung für ein 2-Personen-Spiel.

    17.11.2010: Weine, Wunder und Barone

    Seit etwa zehn Jahren sind wir ein kleiner fester Kreis von 8 Stammspielern, die sich einmal pro Woche zu einer Runde zusammensetzen . Ab und zu erreichen uns Anfragen von Interessenten, die gerne bei uns mitspielen möchten. Natürlich sind wir offen für andere Spieler, doch da die verfügbaren Plätze in der Regel besetzt sind, können wir diese Interessenten nur auf eine Warteliste setzen und sie auf zukünftige Gelegenheiten mit dünnerer Besetzung vertrösten.
    Jetzt ist Hans leider erkrankt, Peter und Loredana gehen in Arbeit unter, Moritz ist zur Boardgamegeek-Con nach Dallas geflogen und Andrea traut sich ohne ihren Mann schon gar nicht in die Spielhölle am Westpark. So wurden unsere treuen Alliierten Birgit und Horst aktiviert, die vor gut einem Jahr das letzte Mal dabei waren. Inzwischen haben sie einen Sohn bekommen (herzlichen Glückwunsch!), von dem damals noch kein Milligramm zu sehen war. Jetzt ist er zwei Monate alt und schläft seit zwei Tagen neun Stunden pro Nacht durch (auch dazu nochmals einen herzlichen Glückwunsch!). Doch trotz dieses göttlichen Schlafes blieb Birgit sicherheitshalber zu Hause, und Horst durfte sich alleine auf den Weg zum Westpark machen.
    1.”Grand Cru”
    Die Augen eines Weinliebhabers müssen strahlen, wenn sie diesen Namen lesen. Zwischen Fixin und Beaune im Burgund verläuft die „Rue de la Grand Cru“, wo die edelsten Weine der Welt wachsen, und wer einmal einen edlen Romanee getrunken hat, weiß, daß dieser Ruf nicht nur auf dem Papier steht.
    Im Spiel „Grand Cru“ sind wir Weinbauern, kultivieren verschiedene Rebsorten, lagern sie in Fässer ein, lassen sie reifen, verkaufen sie auf dem lokalen Weinfest und finanzieren mit dem Erlös unsere Vergangenheit und Zukunft.
    Unsere Anbauflächen müssen wir uns nach einem sehr raffinierten Bietmechanismus ersteigern. Wer am Zug ist, kann

  • eine Fläche mit einer festen Rebsorte aus der Auslage nehmen, sie auf einen freien Versteigerungsplatz legen und einen frei wählbaren Preis dafür bieten
  • den Preis eines von einem Mitspieler belegten Versteigerungsplatzes überbieten
  • eine Anbaufläche zu einem Festpreis kaufen
  • die dort liegende Anbaufläche zum gebotenen Preis kaufen, falls er auf einem Versteigerungsplatz der Höchstbieter ist.
  • Auf den erworbenen Anbauflächen wachsen von Jahr (Runde) zu Jahr neue Trauben (farbige Holzklötzchen). Wir sollten sie ernten, bevor sie verfaulen und unwiederbringlich verloren sind. Dazu müssen wir einen Zug investieren, um die Trauben einer Fläche in ein Faß in unserem Keller zu bringen. Geld für die Erntehelfer kostet das natürlich auch.
    Neue Trauben kommen in das Faß des ersten Jahres. Jedes Jahr wird der Wein reifer und wird entsprechend in den Fässern verschoben, bis er die endgültige Reife erreicht hat und verkauft werden kann. Jede Rebsorte hat eine andere Reifedauer. Der grüne Gamay ist bereits im ersten Jahr fertig, der gelbe Syrah braucht zwei Jahre, der rote Merlot drei, der lila Cabernet Sauvignon vier und der blaue Pinot Noir fünf. Erst ein reifer Wein kann verkauft werden. Wer sich z.B. für den Pinot Noir entscheidet, muß fünf lange und entbehrungsreiche Inversitionsjahre abwarten, bis er den Wein verkaufen kann.
    In der Zwischenzeit werden ihm von der Bank regelmäßig Zinsen abgeknöpft. Wir haben nämlich kein Startkapital, mit dem wir unsere Viticulture finanzieren können, sondern wir müssen uns bereits den ersten Franc von der Bank leihen. Und bevor unsere Weinwirtschaft in Schwung kommt, haben wir bereits eine ganze Handvoll Schuldscheine auf dem Buckel, die einen erheblichen Teil unserer Erträge regelmäßig auffressen. Damit ist ein weiteres sehr hübsches Spielelement verbunden: Wir können versuchen, sparsam zu wirtschaften, möglichst billig zu ersteigern, uns nur wenige Anbauflächen zuzulegen und möglichst schnell die Kredite wieder loszuwerden. Wir können aber auch klotzen, d.h. auf Teufel komm raus die besten Flächen (was immer das ist) zum Höchstpreisis einkaufen und mit viel Schulden auch früher oder später viel Geld machen. Wer zuerst seinen Kredit zurückgezahlt hat, beendet das Spiel. Auf lange Sicht hat der protzige Weinbauer naturlich Vorteile, doch ein sparsamer Wirtschaftler kann das Spiel beenden, bevor die Geldquellen der Konkurrenz erst angefangen haben richtig zu sprudeln.
    Ich will von den vielen weiteren hübschen Spielelementen jetzt nur ein paar andeuten. Auf dem Weinfest werden Sonderprämien für die meisten verkauften Weine jeder Rebsorte vergeben. Mit den Prämien kann man Sonderaktionen wie Spätlese, Nachlieferung, Traubensaft und Primeur durchführen. Beim Versteigern kann man sich nicht nur Anbauflächen, sondern auch Sonderplättchen für höhere Ernteerträge, Abernten größerer Ernteflächen, Großabnehmer, Veredelung oder Werbung aussuchen.
    Gelungen ist in „Grand Cru“ auch die Regel für die Anzahl der Züge, die pro Runde gespielt werden. Jeder Spieler darf pro Runde mindestens vier Aktionen durchführen. Eine Runde dauert aber anschließend so lange, bis der erste Spiele alle seine Anbauflächen abgeerntet hat. Das kann sehr viel mehr Züge zur Folge haben, vielleicht aber keine einzige mehr! Ein Weingroßbauer, der sich zu viele Flächen ersteigert hat, kommt gar nicht dazu, sie alle zu nutzen, weil der kleine Bauer mit seinen wenigen Anbauflächen eine Runde im Nu beenden kann.
    So muß man in „Grand Cru“ die Aktionen der Mitspieler ständig im Auge behalten. Alle Züge verlaufen in höchster Abhängigkeit zueinander, und Alleingänge, auf welchem Gebiet auch immer, führen auf keinen Fall zum Sieg.
    Beim meinem ersten Probespiel in Essen hatte ich alles auf den blauen Pinot Noir gesetzt, zwei oder drei Mitspieler hatten sich dagegen gemeinsam auf den gelben Syrah verlegt und gemeinsam die Preise hochgetrieben. Ich hatte noch keine einzige Flasche Wein verkauft, da war das Spiel schon zu Ende.
    Heute hatte ich versucht, mit dem gelben Syrah einen kleinen Ertragszirkel aufzubauen. Wenig Geld für eine Monokultur aus drei Anbauflächen ausgeben, den Wein ein Jahr reifen lassen, mit etwas Werbung die Preise nach oben treiben und dann verkaufen. Doch immer gab es einen Mitspieler, der mit dem Verkauf von Miniquoten Syrah die Preise drückte und meine Monokultur zum Scheitern brachte.
    Für das nächsten Mal muß ich mir einen neuen Plan ausdenken. Die Tatsache solcher Vorsätze deutet immer auf ein großes Spiel hin!
    Ein überraschendes Spielende bescherte uns heute unser Aaron. Er war mit hohen Startkrediten ins Rennen gegangen, war gleich in der ersten Runde ein paar mal von seinen Mitspielern aus dem Versteigerungsprozeß ausgebootet worden und hatte sich sehr hohe Grundkosten eingehandelt, von denen er nur schwer herunterkommen konnte. In dieser recht aussichtslosten Lage wollte er gerne das Spiel beenden. Das geht den Regeln gemäß, wenn man die maximale Anzahl Kredite in Anspruch genommen hat und weitere Kosten anfallen. Eine solche Wirtschaftspolitik konnte man innerhalb einer einzigen weiteren Runde praktizieren. Aaron ließ sich zwei Runden Zeit, weil er den Druck genoß, unter den er alle siegeswilligen Mitspieler gesetzt hatte.
    Hinterher kritisierte er dieses Element („absolut schlecht“). Ich fand es hingegen absolut gut! Wie viele Spiele, die einerseits saufad waren oder in denen die Einlaufreihenfolge schon Jahrhunderte vorher feststand, hätte ich gerne umgehend beenden wollen, aber keinen zulässigen Zug gefunden, der das ermöglicht. Mit der hier gebotenen Technik gibt es keine gelangweilten, miesepetrigen Spielverderber mehr, sondern nur noch aktive Spielebeender. Ist das keine tolle Verbesserung?
    Günther war von „Grand Cru“ auch schon seit Essen positiv angetan, er hatte nur Bedenken, daß der Verdrängungsmechanismus beim Bieten sehr krasse Auswirkungen haben könne und das Spiel so außer Balance geraten könnte. Aarons Schicksal war eine Bestätigung dieser Ansicht, doch das ist keinesfalls signifikant gesichert. Es war unbestritten, daß Aaron mit allen seinen verdrängen Geboten ein Risiko eingegangen war. Außerdem kann man durch das Bezahlen des Höchstpreises auf jeden Fall eine Anbaufläche ersteigen und spart sich dabei auch noch einen Zug. Dieser Preis lohnt sich, zumindest in den ersten Runden!
    Hallo Freunde, hier muß ich noch einen Regelverstoß beichten, den wir heute begangen haben: es gibt insgesamt nur soviel freie Versteigerungsplätze, wie Mitspieler. Dadurch, dass wir zu viert mit allen fünf Plätzen gespielt haben, war der Versteigerungsprozess erheblich verfälscht. Die Analyse der Balance muss von ganz anderen Voraussetzungen ausgehen!
    Eine weitere, auch anderweitig stattfindende offene Diskussion geht um die Frage, ob ein paar wenige Sonderplättchen (z.B. doppelte Ernte) spielentscheidend sind und somit auch die Balance gefährden. Vielleicht. Vielleicht auch nicht. Preise, Gesamtangebot an Auswahlplättchen, Pläne der Mitspieler, Kooperationen und Konkurrenzen spielen hier mit hinein. Die vielen tausend (!) verschiedenen Wege in „Grand Cru“ sind noch lange nicht ausgeleuchtet. Packen wir es an, spielerisch!

    WPG-Wertung: Aaron: 7 (problematisch), Günther: 7 (Einschränkung wegen des Verdrängungsproblems), Horst: 7 (gut, es sind aber nur bekannte Mechanismen kombiniert), Walter: 9 (ursprünglich 10, doch die Balance muß sich noch bewähren)

    Horst behauptet, Birgit hätte für „Grand Cru“ nur 3 Punkte vergeben. Oh Birgit, mir blutet das Herz!
    2. “7 Wonders”
    Einfache Regeln, klare Aufgaben. Schon vor drei Wochen bei Moritz gespielt
    Im Ärger der eingeschränkten Notengebung seiner Mitspieler für das Superspiel „Grand Cru“ meckerte Walter am Kartenglück in „7 Wonders“ herum: „Man wird gespielt“. Ob man Militär zur Verfügung hat, ob die Nachbarn aufrüsten, welche Resourcen oder Bonuskarten man erhält, hängt trotz des reihum Weitergebens aller Karten vom Verteilungsglück ab.
    Günther fand es toll, daß das Spiel wegen der geringen Zugauswahl- (Kartenauswahl)-Alternativen schnell wird. Für Walter hingegen ist geringe Handlungsfreiheit noch niemals ein Qualitätsmerkmal gewesen.
    Ein Spiel für Lieschen Müller! Oder für Birgit? Oh Birgit, melde Dich doch!

    WPG-Wertung: Horst blieb mit seinen 8 Punkten („ganz nett, ein Einsteiger- oder Absackerspiel“) im gehobenen WPG-Bereich.

    3. “Bluff”
    Vorgezogen als Absacker für Horst, der vor Mitternacht noch zu Frau und Kind nach Hause wollte.
    Drei Sterne lagen offen aus, Walter hatte mit 4 mal Stern angefangen, Horst auf 5 mal Stern erhöht und Aaron mit 6 mal Stern Günther vor eine hohe Hürde gestellt. Günther hatte selber noch einen Stern unter dem Becher, beim Auf-7-mal-Stern-Setzen-und-Nachwürfeln hätten aus 14 Würfeln 3 Sterne sein müssen. Da war gegen die Wahrscheinlichkeit. Er zweifelte an.
    Doch es langen noch weitere 5 Sterne unter den Bechern. Drei 3 Sterne mehr als geglaubt unter den Bechern ist am Westpark neuer Rekord.
    Keine neue WPG-Wertung für ein Super-Spiel.
    4. “Railroad Barons”
    Helmut Ohley leibt und lebt für die Spiele der „18xx“-Familie. Neben „Poseidon“ hat er in Essen auch ein 2-Personen Kartenspiel zu diesem Thema herausgebracht. Es gibt keinen Spielplan, keine Landkarte, keine Schienen und keine Bahnhöfe. Aber es gibt Gesellschaften, Aktien und Züge, die mit wachsender Technik veraltern und außer Betrieb genommen werden. Jeder Spieler hat Privatvermögen und Gesellschaftsvermögen, jeder kann Linienpolitik, Kurspolitik und Lokpolitik treiben. Vielseitig im Finanzgebaren, spannend für Wirtschaftshaie, trocken für Ingenieure.
    Zum Kennenlernen der Mechanismen von „1830“ in jedem Fall geeignet.
    Zum ersten Mal, daß ein Spiel der „18xx“-Familie um Mitternacht noch angefangen und lange vor Morgengrauen auch noch beendet wurde. So wie dieser Session-Report.
    Keine WPG-Wertung für ein 2-Personen-Spiel.

    “7 Wonders” is our Game of the Month in October

    Games for 7 players that play fast and are not boring are pretty rare: but “7 Wonders” manages this beautifully. Using an attractive card drafting mechanic (lent from the game “Fairy Tale”) every player is always active and has to make decisions, the cards themselves are then played simultaneously while conflicts and trades are resolved with your direct neighbors only (which can happen simultaneously in larger rounds as well) without slowing down the action. The Empire-Building aspect is also excellent – the game manages to convey the feeling of leading different ancient civilizations with unique abilities quite well. Apart from the high cost this game can be heartily recommended and is definitely one of the highlights of Spiel 2010.

    “7 Wonders” ist unser Spiel des Monats Oktober

    Spiele für bis zu 7 Spieler die schnell spielbar sind und niemanden langweilen sind wirklich rar gesät: 7 Wonders schafft diese Kür mit Leichtigkeit. Durch einen attraktiven Card-Drafting Mechanismus (der an “Fairy Tale” erinnert) ist jeder Spieler immer am Zug und mit Entscheidungen beschäftigt, die Karten selber werden dann quasi gleichzeitig ausgespielt und Konflikte und Tauschgeschäfte mit den direkten Nachbarn verhandelt, was in größerer Runde auch gleichzeitig geschehen kann, ohne dass das Spiel darunter leidet. Der Empire-Building-Aspekt kommt auch nicht zu kurz – tatsächlich gelingt dem Spiel auch die passende thematische Umsetzung verschiedener antiker Zivilisationen mit unterschiedlichen Fähigkeiten. Bis auf den etwas zu hohen Preis kann dieses Spiel also rundum empfohlen werden und ist eindeutig eines der Highlights der Spiel 2010.

    10.11.2010: Gleisbau in der Ägäis

    Sollen und Wollen
    Das Sollen wird dem Menschen auferlegt, das Muß ist eine harte Nuß; das Wollen legt der Mensch sich selbst auf, des Menschen Wille ist sein Himmelreich. … Betrachte man als eine Art Dichtung die Kartenspiele; auch diese bestehen aus jenen beiden Elementen. Die Form des Spiels, verbunden mit dem Zufall, vertritt hier die Stelle des Sollens; das Wollen, verbunden mit der Fähigkeit des Spielers, wirkt ihm entgegen. In diesem Sinn möchte ich das Whistspiel antik nennen. Die Art dieses Spiels beschränkt den Zufall, ja das Wollen selbst. Ich muß bei gegebenen Mit- und Gegenspielern mit den Karten, die mir in die Hand kommen, eine lange Reihe von Zufällen lenken, ohne ihnen ausweichen zu können; beim L’hombre und ähnlichen Spielen findet das Gegenteil statt. Hier sind meinem Wollen und Wagen gar viele Türen gelassen; ich kann die Karten, die mir zufallen, verleugnen, in verschiedenem Sinne gelten lassen, halb oder ganz verwerfen, vom Glück Hilfe rufen, ja durch ein umgekehrtes Verfahren aus den schlechtesten Blättern den größten Vorteil ziehen, und so gleichen diese Art Spiele vollkommen der modernen Denk- und Dichtart.
    Diese Passage aus einem Aufsatz von Goethe kann auf die kurze Formel gebracht werden:
    Bridge ist Sollen, Skat ist Wollen!
    Hat der alte Frauenversteher hier auch die Kartenspiele richtig verstanden?

    1. “Poseidon”
    Wenn es im alten Griechenland vor 2500 Jahren bereits (schwimmende) Eisenbahnen gegeben hätte, dann wäre „Poseidon“ ein Eisenbahn- und Aktienspiel aus der Familie der „18xx“-Spiele. Helmut Ohley und seine Kumpels haben in dieser Familie schon mehrere Kinder gezeugt und ausgetragen, und haben auch in „Poseidon“ dieses ihr geschätztes Erbgut einfließen lassen. Um aber den technischen Anachronismus zu vermeiden, haben sie das Eisenbahnmilieu auf die Seefahrt übertragen. Wohl gelungen.
    Anstatt Eisenbahngesellschaften zu gründen und Verkehrswege auf dem festen Lande zu erschließen, gründen wir griechische Stadtstaaten und befahren mit Schiffen das östliche Mittelmeer. Schienenwege brauchen wir dazu naturgemäß nicht, stattdessen besitzt jeder ein Erkundungsschiff, mit dem die Seewege eröffnet werden. Wir sind keine Präsidenten von Wirtschaftsunternehmen, sondern Könige von antiken Reichen. Wir handeln nicht mit Aktien, sondern mit Ämtern, wir kaufen keine Lokomotiven sondern Schiffe, unsere Aktien steigen nicht im Kurs, sondern unser Volk in seinem Ansehen.
    „Poseidon“ ist gegenüber den richtigen „18xx“-Kindern leicht vereinfacht. Die verschiedenen Schiffe eines Reiches müssen keine disjunkten Strecken befahren, sondern ihre Reichweite wir schlichtweg addiert und bestimmt die Länge der Gesamtstrecke, die ein Reich befahren kann. Das erleichtert die Routenplanung und die Ermittlung des Rundeneinkommens.
    Das Königstum (die Präsidentschaft) kann niemandem angedreht werden. Wenn ein Spieler in einem fremden Reich die Ämtermehrheit erworben hat, kann er freiwillig entscheiden, ob er sich zum König macht oder lieber den alten Regenten in einer Minderheitsregierung beläßt. Der alte König muß mindestens drei Ämter (Aktien) behalten, hat also ein gewisses Interesse am Blühen seines Reiches, und trägt auch alle pekuniären Risiken, falls das Reich in finanzielle Strudel geraten sollte.
    Die wirtschaftlichen Härten beim Verfall der frühen, billigen Schiffe (Loks) wurden gemildert: ein Reich kann in jeder neuen Spielphase (Verkauf des ersten 4-er Schiffs, Verkauf des ersten 6er-Schiffs) neue Ämter (Aktien) vergeben, und sich damit neue liquide Mittel besorgen. Dabei ist die Anzahl der Ämter nicht fest vorgeschrieben, sondern der Präsident kann in gewissen Grenzen wählen, wielviele er beim Start bzw. bei der Erweiterung seines Reiches vergibt.
    Sehr geschickt ist dabei eine neue Optimierungsaufgabe gestellt: Die Anzahl der Ämter und die Anzahl der Handelsstationen ist für jedes Reich konstant. Wer sich über eine Inflation von Ämtern zu viele Mittel besorgt, hat am Ende nicht mehr genügend freie Stationen, um sein Handelsnetz auszudehen und seine Einnahmen zu maximieren. Wer zu früh seine Ämter auf den Markt bringt, erzielt nur geringe Preise, analog dem aktuellen Volksansehen (Aktienkurs), die späteren Ämter eines florierenden Volkes erbringen natürlich erheblich mehr.
    Die Beteiligung bzw. der Verkauf von fremden Ämtern hat keinerlei Einfluß auf den Kurswert; damit entfällt das hübsche bzw. miesnickelige Kaufen und Verkaufen fremder Anteile, das bei den üblichen 18xx-Spielen einen großen Teil der Bankrundenaktivitäten in Anspruch nimmt. Das bringt eine gewisse Beschleunigung im Spielablauf, geht aber auf Kosten von Spannung und Überraschung.
    In unserem Spiel fand kein einziger Königswechsel statt; Aktien wurden nur marginal verkauft, und nicht aus gehobenen spieltaktischen Gründen, sondern lediglich, um einer potentiellen Entmachtung als König vorzubauen. Jeder hatte reichlich damit zu tun, seinen eigenen Spielaufbau zu planen und seine Freiheiten zur Optimierung zu nutzen; keinem kam der Gedanke, einem Mitspielern in den Karren zu fahren. Vielleicht kann man das auch gar nicht.
    Walter setzte zu Spielbeginn sein neu gegründetes Reich auf den teuersten Kurswert und war damit immer erster Spieler in den „Operation Rounds“. Sofern verfügbar erwarb er auch ausschließlich Ämter seines eigenen Reiches. Günther meinte dazu bewundernd: „Er investiert in Qualität“, Aaron meinte weniger bewundernd: „Er macht in Selbstbefriedigung!“. Zum Glück hat er damit nicht gewonnen, sonst wäre die Siegstrategie ganz zu einfach: Setze Dein Reich am höchsten ein und fahre es solide bis zum Ende. So aber muß man auch die nicht ganz so leichte Optimierungsaufgabe lösen: Setze Dein Reich zu einem solchen Preis ein, dass es alle notwendigen Kosten bestreiten kann und dass dabei zugleich die Rendite, d.h. die Rundeneinnahmen plus Kursgewinn im Verhältnis zum Einstandspreis, optimal ist. Aaron war es, der hier intuitiv die beste Linie gefahren war.
    WPG-Wertung: Aaron:8 (Einschränkung, weil „die Aktienmanipulationen fehlen“), Günther: 8 (Honorierung, „dass man an einem Spielabend hinterher noch Zeit für ein anderes kleines Spielchen hat“), Moritz: 7 (Einschränkung: „es fehlen Seeschlachten und Eroberungsfeldzüge“), Walter: 7 (vermißt die peppigen Elemente wie feindliche Übernahmen, betrügerischen Bankrott und Aussperrung von lukrativen Zielen. Seine Ingenieursseele vermißt den konstruktiven Gleisbau).

    2. “Alex & Co”
    Die Europäische Spielesammler Gilde (ESG) und die Spiele-Autoren-Zunft (SAZ) präsentierten in Essen 2010 dieses kleine Kartenspiel mit limitierter Auflage.
    Im Prinzip handelt es sich um eine Kombination aus Quartett- und Memory. Wir können von unseren Mitspielern Karten abfragen und sie im Erfolgsfall von ihnen ersatzlos übernehmen, oder wir können mit unseren Mitspielern reell Karten tauschen im Verhältnis 1:1, oder wir können aus der Auflage von verdeckten Karten auf dem Tisch vier Stück umdrehen, und falls ein Pärchen dabei ist, dürfen wir es behalten. Hier schlägt dann der Memory-Charakter durch.
    Die Motive der Karten sind Spiele und Spielautoren der Welt; insofern besitzt das Spiel einen spielhistorischen Wert. Doch die Regeln weisen für einen Gerechtigkeitsfan einige Ungereimtheiten auf. Beim Tauschen wird die normale Spielreihenfolge verändert. Wer Pech hat, um den wird ständig herumgetauscht und er kann warten, bis er schwarz wird.
    Wer sich mit einem funktionierenden Gedächtnis aus der Auflage gerade verdientermaßen oder per Zufall ein Pärchen zusammengesucht hat, verliert es anschließend – mit hoher Wahrscheinlichkeit – ersatzlos an einen seiner Mitspieler, der sich per „Abfrage“ an ihn wendet.
    So ging es Walter, dessen Gedächtnis ohnehin dem Memory-Alter entwachsen ist. Aaron erlöste ihn und stieg aus. Mit größter Freude zog Walter mit. Günther war leidenschaftslos, nur Moritz hätte seinen schon in wenigen Runden gewaltig ausgebauten Quartett-Vorsprung gerne ins Ziel gebracht.
    WPG-Wertung: Aaron: 2, Günther (enthält sich als ESG-Mitglied der Stimme), Moritz: 3 („das Spiel ist nicht broken“), Walter: 2 (einseitige subjektive Ablehnung).

    3. “Sieben unter Verdacht”
    Wiederholung von letzter Woche, damit Moritz schneller in sein gerade erworbenes Exemplar reinkommt.
    Mastermind mit Personen. Kein neuer Kommentar.
    Die bisherige kritische WPG-Wertung übertraf Moritz mit seinen 6 Punkten fast um das Doppelte .

    4. “Bluff”
    Vorzeitiges Anzweifeln brachte überraschend viele und hohe Verluste.
    Später konnte Aaron mit einem Superbluff Günther gleich um vier Würfel kürzen und das Bluff-Lebenslicht ausblasen. Etwas länger dauerte das Endspiel gegen Walter, das schließlich in einem Kantersieg 5:0 endete.
    Keine neue WPG-Wertung für ein Super-Spiel.

    Analysis Paralysis

    I already mentioned the “Black Arpad” a while ago – a hideous chess figure which we simply place in front of the player who is paralyzed. Usually this is regarded as suitable threat to move on. But thinking about it seriously I think the best way to get players going is acting like a teacher who tries to get the right answer from his class. A teacher would start giving hints, so what players should do is to publicly and calmly talk about the options available to the paralyzed player. This might give the player a new perspective on things, on the other hand you might even make him do what YOU want instead of what is best for him, but that is left to your own Machiavellian inclination I think. But never try to put pressure on such players, otherwise they will simply shut down and play even slower.

    04.11.2010: “Navegador”, “Kaigan” und Schwindeln

    Das bescheuerte Kartendeck „Startspieler“, mit dem angeblich jeglicher „Streit darum, wer anfängt“ vom Tisch sein soll, liegt immer noch auf unserem Fensterbrett. Moritz zieht es zu Beginn unserer Spieleabende regelmäßig zu Rate, wenn er seinen Stammplatz am Fenster eingenommen hat. Sehr zum Leidwesen von Walter, der dieses Produkt zutiefst haßt, wie alles, was in Politik, Wirtschaft und Spiel großmäulig Versprechen abgibt, von denen selbst die Verkünder wissen, daß sie nicht gehalten werden.
    Heute soll Startspieler werden, „wer das lockigste Haar hat“. Wir sind zwar keine Kojak-Runde, doch die konkurrenzfähigen Schnittlauchlocken sind alle kein akzeptables Entscheidungskriterium. Die nächste Karte bestimmt den zum Startspieler, „der als letztes eine Karte gezeichnet hat“. Diesmal fühlt sich Walter berufen, auch wenn es nur eine Himmelskarte ist, mit der er demnächst seinen Großneffen das Sternbild Stier am Firmament, samt oder sonders aufsitzender Europa, verklickern will.
    Sicherheitshalber zieht Moritz noch eine Karte. „Wer am ältesten ist“ führt dann zu einer eindeutigen Entscheidung. Der Stier wird bestätigt. Doch das Kartendeck wird wohl keine Woche mehr auf dem Fensterbrett am Westpark überleben.

    1. “Navegador”
    Wir sind Seefahrer im entstehenden portugiesischen Weltreich und müssen unsere Schiffe in Richtung beider Indien aussenden, Länder entdecken, Kolonien gründen, Märkte erschließen, Fabriken errichten, Produkte verkaufen und so eine Handelsdynastie begründen, die am Ende hoffentlich umfassender ist als die unserer Mitspieler.
    Das Herzstück des Spiels ist ein Aktionsrondell (wie man es schon von einigen anderen Spielen, z.B. von „Hamburgum“, her kennt, auf dem wir mit unserem Aktionsstein mit einer variablen aber begrenzten Schrittweite im Kreise herumwandern und damit auswählen, ob wir

  • Arbeiter anwerben
  • Schiffe bauen
  • Schiffe bewegen
  • Kolonien errichten
  • Fabriken bauen
  • Handel treiben
  • Privilegien erwerben
  • Alles kostet oder bringt Geld. Alles ist gut, alles bringt Siegpunkte. Manches verändert die Preise für zukünftige Aktionen, das ist dann eine Investition in die Zukunft. Wer sich z.B. Fabriken zugelegt hat – ausreichend viele für die Warenproduktion aus seinen Kolonien -, kann veredelte Produkt zu angenehm hohen Preisen verkaufen. Wer keine Fabriken hat, muß seine Rohstoffe zu – früher oder später – traurigen Kellerpreisen verkaufen.
    Sehr viele Wege führen nach Rom, d h. zu einem Besitztum, das sich am Ende in den meisten Siegpunkten ausdrückt. Man kann auf Entdeckungen ausgehen, und sie sich – über geeignete Privilegien – am Ende mit dem Faktor 7 vergüten lassen. Man kann Kolonien gründen (davon gibt es sehr viel mehr als von Entdeckungen) und sie sich am Ende mit einem Faktor bis zu 4 vergüten lassen. Erbaute Kirchen (sie erleichtern das Anwerben von Arbeitern) und Werften (wofür sind wohl?) können es sogar auf einen Faktor bis zu 9 bringen. Deutliche Schwerpunkte in seiner Entwicklung zu setzen, ist für eine erfolgreiche Schlußabrechnung unbedingt notwendig.
    Geld bewegt die Welt. Damit kann man seinen Aktionsspielraum auch über die vorhandene Infrastruktur hinaus erweitern, z.B. pro Zug mehr Arbeiter anwerben, mehr Schiffe kaufen, mehr Märkte erschließen und größere Schritte auf dem Aktionsrondell zurücklegen, um schneller wieder die Felder zu betreten, auf denen die Musik spielt. Diese Möglichkeit sollte man konsequent nutzen und seinen erwirtschafteten Gewinn nicht nur in die kostengünstigen Kanäle fließen lassen.
    Jeder hat einen Plan und fiebert darauf, wieder am Zug zu sein, um ihn umzusetzen. Ein klares Zeichen für ein gefälliges Spiel. Hoffentlich verfolgt man seinen Plan auch dann, wenn man gerade nicht am Zug ist. Sonst dauert das Spiel geschlagene zwei Stunden. Wie heute bei uns.
    WPG-Wertung: Aaron: 6 („gutes Durchschnittsspiel“), Günther: 7 („könnte bei häufiger Wiederholung seinen Reiz verlieren“), Moritz: 7 (ungern vergeben, aber „das Spiel funktioniert“ halt; vermißt etwas Spannung), Walter: 7 („großer Freiheitsgrad“).

    2. “Kaigan”
    Vor zweihundert Jahren begann ein tüchtiger japanischer Ingenieur damit, die erste maßstabsgerechte Landkarte der japanischen Küste zu erstellen. Nach 21 Jahre wurde sein Werk fertiggestellt, bei einem Maßstab von 1:3600 immerhin 300 mühevolle Meter lang.

    Diese Ingenieursleistung wurde „Kaigan“ zugrunde gelegt, d.h. wir sind Kartografenteams und schicken unsere Kartografen zu den verschiedenen Landesteilen, um Stück für Stück zu dieser Gesamtkarte beizutragen. Das Thema schlägt allerdings nicht durch. Eher haben wir es mit einem abstrakten Optimierungsspiel zu tun, in dem wir unsere Aktionen so wählen, daß wir auf den verschiedenen möglichen Entwicklungslinien gut punkten. Wir können

  • Kartografen (Pöppel) in die Landschaft setzen
  • Die plazierten Pöppel arbeiten lassen
  • Unsere Technik verbesseren
  • Unsere Beziehungen ausbauen
  • Unsere Mobilität erhöhen
  • Einkommen einstreichen
  • Technik, Beziehungen und Mobilität sind verschiedene abstrakte (verzeiht die Wiederholung dieses Begriffs, es ist nicht böse gemeint) Entwicklungslinien, auf denen unsere aktuelle Position in Einkommen und Siegpunkte umgesetzt wird.
    Eine absolut neue und sehr hübsche Erfindung in „Kaigan“ ist die Art, wie wir unsere gewünschten Aktionen mit Hilfe von Aktionskarten auswählen. Jeder hat den gleichen Satz von Aktionskarten mit den oben angedeuteten Aktionsmöglichkeiten und legt reihum jeweils eine Karte auf ein freies Feld in einem karierten Teil des Spielbretts, bestehend aus 4 Zeilen zu 5 Spalten. Im Laufe dieses Setzen liegen demnach in jeder Zeile (und Spalte) Aktionskarten verschiedener Spieler. Sobald ein Spieler meint, in einer Zeile liegen genügend für ihn günstige Aktionskarten, so steigt er aus dem Setz-Prozeß aus und wählt für sich diese Zeile. Alle Aktionskarten dieser Zeile bestimmen dann die Aktionen, die er im folgenden ausführt. Sind in der Zeile noch leere Spalten, darf er dafür nur entsprechend weniger Aktionen ausführen.
    Es klingt ein bißchen kompliziert und wir wollten sogar eine Probe-Setzrunde durchführen, um dieses Prinzip zu verstehen und unliebsame Überraschunen zu vermeiden. Doch dann verzichteten wir darauf (es ist alles doch nur ein Spiel), und es klappte auch ganz vorzüglich. Jeder versucht in jede Zeile ein paar verlockende Aktionskarten zu legen, damit die Mitspieler anbeißen und aus dem Rennen ausscheiden. Unter weniger Konkurrenz kann man dann versuchen, mit seinen restlichen Karten eine Aktionszeile vollständig mit guten Aktionen zu füllen und zu ergattern. Wirklich vorzüglich ausgedacht.
    Das Spiel läuft sehr schnell. Zumindest kam uns die eine Stunde Spielzeit sehr kurz vor. Kaum hatten wir angefangen, fragte Günther entsetzt: „In welcher Runde sind wir denn?“ Wir hatten gerade die dritten Runde absolviert und das Spielende drohte mit Riesenschritten heranzukommen.
    Die Schlußabrechnung mit dem reichlichen Siegpunktsegen wirbelte den Spielstand nochmals gehörig durcheinander. Die krassen Plus-Minus-Effekte für den besten bzw. schlechtesten Entwicklungsstand muß man beherrschen, um zu gewinnen. Befriedigt mitspielen kann man aber auch ohne dieses Wissen.
    WPG-Wertung: Aaron: 7 („erfrischend kurz“), Günther: 6 („für ein lockeres Spiel zu kompliziert“), Moritz: 7 („anspruchsvoll; Punktabzug wegen der undurchsichtigen Schlußabrechnung“), Walter: 7 („vorzüglicher Setz-Mechanismus“).

    3. “Sieben unter Verdacht”
    Dieses Spiel ist eine Mogelpackung. (Wie halt so oft auch in der Spielbranche.) Es firmiert als „Krimi-Kartenspiel für clevere Ermittler“ und verlockt so vielleicht ein paar Jünger von Donna Leone zum Kauf. Dabei ist es ein simples „Mastermind“, d.h. eine Logikaufgabe, in der es gilt, durch Abfragen von Musterkombinationen eine vorgebene Konstellation von Einheiten (hier sind es „Verdächtige“, woanders sind es Farben, Zahlen oder Buchstaben) zu ermitteln.
    Selbst Günther war über diesen Ettikettenschwindel erbost. Als Mathematiker plädierte er kompromisslos für das „Mastermind“ mit Zahlen.
    Ich selber habe bei diesen Logikprinzip die allerbesten Erinnerungen (40 Jahre zurück), an Christina Voss, eine äußerst attraktive Kollegin, mit der ich mich in der Mittagspause regelmäßig „auf ein Wort“ zusammensetzte, und wir dann gegenseitig um die Wette vierbuchstabige Worte errieten. Diese literarische Variante konnte den zahligen Günther natürlich nicht vom Hocker reißen. Ist es aber nicht viel reizvoller, über „Auge“ und „Mund“ bis zum „Herz“ eines charmanten Gegenüber vorzustoßen?
    WPG-Wertung (für den Verdacht): Aaron: 3 („Mastermind ist funktioneller“ , Günther: 4 („1 Punkte weniger für das Mogeletikett“), Walter: 3 (träumt von der romantischen Variante).

    Influential game companies of the past Part 8: Games Workshop

    Transcript of the podcast published on November 1st, 2010.

    This time I want to talk about another company that existed some time ago but which has left its mark on the gaming scene, and this company is called “Games Workshop”.
    “What?” you may ask, “Games Workshop? But they are alive and kicking and very much in the business? What is this, some evil mockery”?
    But I am not talking about THAT Games Workshop, that multimillion dollar company that sells crack in the form of miniatures to masses of teenage boys and men, about Warhammer or Warhammer 40000, game systems that have mainly been designed to make people follow the cult of GW, as they are mostly called nowadays.
    No, I am talking about the ORIGINAL Games Workshop, a company founded by genre luminaries Steve Jackson, Ian Livingstone (they were later famous for their Fighting Fantasy solitaire game books) and John Peake, originally as a manufacturer of wooden boardgames in 1975, but then quickly becoming the main importer of that game called D&D and spearhead of the British gaming scene.
    In order to promote their postal games, the London shop that was called “Games Workshop” printed a magazine called Owl and Weasel, which later became “White Dwarf”, perhaps the most important European roleplaying magazine ever, a fantastic magazine that used to be full of scenarios for all kinds of roleplaying games, along with fantastic art and comics, and which now also has become a Warhammer only magazine about how to paint miniatures. But in the days back then every roleplaying fan used to anxiously await the new issues of “White Dwarf”, because it was simply the best magazine out there, even more beloved than the “Dragon”, TSR’s own house magazine. There was actually a time when Gary Gygax proposed a merger between TSR and Games Workshop to prevent this competition, but even then Games Workshop proved to have a lot of business sense and declined. By now they had expanded all over Britain, with shops opening practically everywhere.
    But I am not talking about Games Workshop the role playing and miniature gaming entity, but about the relatively short period of time in which they produced great board games.
    The most famous of these is most certainly “Talisman”, a game hated by Tom Vasel but beloved by many, as it was the first successful attempt to transfer a role playing experience into a boardgame, along with the possibility to add endless expansions with new adventure cards and boards.
    But there were also other influential games, next to the reprints of games like “Cosmic Encounter” that Games Workshop also had in their line.
    For example “Blood Royale”, a now highly sought after game by Derek Carver about medieval power politics that enabled players to actually marry off their princesses and princes while fighting wars with neighbouring fiefdoms. Or “Fury of Dracula”, the game of vampire hunting and a variant of Ravensburger’s Spiel des Jahres’ “Scotland Yard” (a fact that is often forgotten) which for a long time was one of the most expensive out-of-print games one could buy because of it’s legendary fame and a relatively low print run.
    “Warrior Knights”, another medieval wargame. Or how about “Dungeonquest”, the first international edition of the Swedish cult game “Drakborgen” which became very successful in the Games Workshop version and thus created more expansions than the original Swedish version.
    Or “Battlecars”, a generally underrated game that transported players into the world of Mad Max style automotive combat, a game that was famous for its big car displays that were literally slowly shot to pieces by using damage counters showing the piercing of the various armours of a car. This was also followed up by an expansion, “Battlebikes”, a very rare item to find nowadays.
    Or “Dr. Who – The Boardgame”, the first “serious” boardgame in the Doctor Who universe, in itself related to Talisman from some of its mechanics. Or the ingenious “Rogue Trooper”, a game based on a series in Britain’s number one selling anthology comic, “2000 AD”.
    Or “Warlock”, a card game of duelling wizards which most certainly was an inspiration for the biggest success story in gaming ever, “Magic The Gathering”. Or “Curse of the Mummy’s Tomb”, a game mostly known for its actual cardboard depiction of a pyramid that players could explore Indiana Jones style. Or “Apocalypse”, a Diplomacy variant set in an apocalyptic future.
    As you can tell many of these games are still known well today, which has to do with the fact that one excellent company called Fantasy Flight games is publishing them in new and very often improved editions today. This in itself was no simple task. The Games Workshop juggernaut more and more concentrated on their miniatures brand that made the most business, and the GW of today has little to do with the friendly hobby orientated beginnings, and it also has different owners now. GW is feared for being very protective of the game rights they own, even if they don’t plan to ever publish these games again. This went so far as forcing Boardgamegeek contributors to remove all fan-created files for their games to protect their copyright, a stupid move if there ever was one. But somehow Fantasy Flight managed to convince some folks at GW to let them republish their most beloved titles, and as far as I can tell they have a very good success with it. This is also good for the games themselves which usually had quite flimsy production values when they originally came out. So we have to thank Fantasy Flight that one of the most important fantasy game companies of the past is still with us, at least in spirit. And perhaps the current Games Workshop will at some point change back into the friendly Games Workshop of the days of yonder. Let’s hope that!

    Game to play with my spouse

    When my wife was pregnant, I used to play endless games of Chaosium’s and Avalon Hill’s “Dragon Pass” with her. Perhaps not the best game to play with your spouse, as it is a complex fantasy wargame, but I have so many fond memories of the various homebrewn scenarios and variants that we tried out that in my mind it is a game of love and good spirits in a relationship. Beat that, “Lost Cities”!!!!

    "Was lag auf den Tisch?"