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07.10.2020: Alte Schätze

Wie schon erwähnt, löst Günther einen Teil seiner Sammlung auf und was liegt näher, als einige Schätze noch einmal auf den Tisch zu bringen, bevor sie auf dem BGG-Markt einen neuen Liebhaber finden. Gleichzeitig hat Aaron eine bequeme Möglichkeit gefunden, mittels der Spielefinder-Funktion unserer Webseite Spiele zu finden, die von mindestens einem der Anwesenden bei Spieleabend noch nicht bewertet wurden. Auch hier taucht das ein oder andere Schätzchen auf.

Auszug aus Günthers Verkaufsliste

1. „Keytown“

Nach Keywood und Keydom erschien zur Spiel 2000 Keytown als dritter Vertreter der bis heute erfolgreichen „Key“-Serie von Richard Breese. Aaron pries Keytown als das erste Workerplacement Spiel an, das noch vor Caylus, als bekanntestem Vertreter dieses Mechanismus. Leider stimmt die Aussage bzgl. Keytown nicht ganz, denn das 1998 erschienene Keydom (später als Morgenland neu aufgelegt) verwendete bereits Workerplacement Mechanismen (s. Wikipedia).

In Keytown starten die Spieler mit je 6 Arbeitern und haben die Aufgabe, in 4 Runden einerseits deren Anzahl zu erhöhen und andererseits deren Erfahrung zu verbessern. Jeder Arbeiter gibt am Ende Siegpunkte entsprechend seiner Erfahrungsstufe.

Der Spielplan zeigt 5 Plätze, in denen unsere Arbeiter Ressourcen „abbauen“ können. Hier dürfen beliebig viele Arbeiter eingesetzt werden. Alle, die dort eingesetzt haben, bekommen etwas, vorausgesetzt der limitierte Vorrat reicht (was bei uns in einer 3er-Runde immer der Fall war). Dabei gilt die Regel: „Wer die erfahrensten Arbeiter eingesetzt hat, bekommt als Erster etwas.“. Viel Erfahrung ist also gut, wenn die Vorräte zuneige gehen. Klingt logisch.

Eine weitere Kategorie von Einsetzplätzen sind die 3 Stadtgebäude. Hier sind die Plätze pro Gebäude auf die Anzahl der Mitspieler beschränkt. Wer hier einsetzt, kann die Erfahrung seines Arbeiters erhöhen, und das gelingt umso wahrscheinlicher, je weniger Erfahrung der Arbeiter mitbringt. Hier spielen dann auch die Ressourcen eine Rolle, denn mit ihnen lässt sich die Erfahrung aufwerten. Arm und dumm ist also besser als reich und dumm, wenn es um den Erwerb von Erfahrung geht. Dass man diese Aufwertung nicht bei den eigenen Arbeitern, sondern bei denen der Mitspieler vornimmt, versteht sich von selbst.

Als dritte Einsetzmöglichkeit gibt es die 5 Hütten. Hier gibt es genau 2 Plätze pro Hütte und, wer hätte es gedacht, dort findet die Vermehrung statt, wenn beide Plätze besetzt sind. Und wie bei den Stadtgebäuden gilt auch hier die Regel, dass die Wahrscheinlichkeit der Vermehrung größer ist, wenn die Erfahrung klein ist. Es sein denn, jemand schießt noch ein paar Ressourcen zu, um die Vermehrung zu verhindern. Man könnte sagen. „Wie im richtigen Leben.“

Was uns während des Spiels auffiel war, dass es überwiegend von seinen Ärgerelementen lebt, da man wenig für sich selber tun kann, dafür aber umso mehr gegen die Mitspieler tun muss. Das muss man mögen. Gleichzeitig sind die Möglichkeiten für Grübeleien groß und gerade beim Spiel zu Dritt steckt es voller Kingmakerei. Die Spieler sollten daher auf jeden Fall eine gute Portion Frustrationstoleranz mitbringen.

WPG-Wertung: Aaron: 6 (reduziert von 8, zu viel schwer kalkulierbare Miesnickeligkeit), Günther: 6 (angenehm kurz aber etwas zu viel Chaos), Walter: 6 (es hat den Charme eines gut gealterten Aschenputtels)

2. „Maori“

Maori kam im Erscheinungsjahr 2009 ganze zweimal auf unseren Tisch. Fast schon bemerkenswert, da bereits vor 11 Jahren das Spieleangebot sehr groß war und in der Regel jedes Spiel bei uns nur einmal gespielt wurde – von einigen wenigen Absackerklassikern abgesehen.

Maori ist ein Plättchenlegespiel, das vom bewussten Eingehen von Risiken und dem Erkennen der Interessen der Mitspieler lebt. Alles ist rund und logisch und die Regeln einfach genug, um es auch mit kleineren Kindern spielen zu können.

WPG-Wertung: unveränderte 7er-Wertung der heutigen Spieler

10.06.2009: Mensch-ärgere-Dich-nicht beim Schach

“Das Spiel hat seine Unschuld verloren. Auch wenn sich die Kulturphilosophie einig ist, daß Elemente des Spiels alle Ebenen unserer Gesellschaft durchdringen, ja daß Kulturgeschichte an sich ohne Spiel nicht möglich ist, erleben wir gleichzeitig, wie das Spiel immer mehr instrumentalisiert wird. Wir leben in einer dem Spiel als Massenphänomen unterworfenen Zeit. Man verspielt seine Zeit mit Computerspielen, man verspielt sein Geld bei Lotterien, man wird gespielt. Aus dem Spiel ist Ernst geworden. Im Sport – der einmal Spiel war – ist ein Wettkampf ohne Doping oder nationalen Fanatismus kaum noch denkbar, eben weil das Spiel nicht mehr zweckfrei ist.” – Moritz in seinem Vorwort zum 10. Internationalen A-DEvantgarde-Festival für neue Musik vom 14. Juni bis 1. Juli 2009 in München.
1. “Frage der Ähre”
Aaron muß noch eine Rezension schreiben. Das gab den Ausschlag für das erste Spiel des Abends.
Wir legen reihum Saatplättchen auf die Almende und kassieren Siegpunkte für die Flächenformation, die dabei entsteht. Keiner hat sein Glück in der Hand, sondern ist abhängig von der Formation, die uns unser Vordermann hinterlassen hat, sowie von den Saatplättchen, mit denen die Mitspieler unsere siegpunktträchtigen Formationen zerstückeln.
Es gibt keine vorausschauende Planung. Jeder legt sein Plättchen so, daß es ihm für den Augenblick die meisten Punkte einbringt, und versucht dabei als Nebeneffekt, einem Mitspieler möglichst viele Punkte zu zerstören. Der beste Zug ist determiniert, den nächsten besten gibt es nicht. Ein einfaches Computerprogramm könnte die triviale Auszähltechnik mit links bewerkstelligen. Moritz: “So ein Programm würde immer gewinnen!” Günther bezweifelte die Gewinnstrategie. Seine Computer-Programme berücksichtigen in der Regel noch einen zweiten Zug. Mindestens. Doch welcher wäre das in der “Frage der Ähre”?
WPG-Wertung: Moritz lag mit seinen 5 Punkten ziemlich nahe am WPG-Durchschnitt.
Aaron wird eine Rezension schreiben.
2. “Maori”
Moritz gab klare Alternativen vor: “Das Spiel erklärt entweder Aaron ODER Günther. UND Walter hält den Mund.” Der Nebensatz enthielt keine Alternative mehr.
Die Spieler dürfen sich nach bestimmten Regeln vom offen ausliegenden Stapel (Halb-)Insel-Plättchen heraussuchen und damit auf dem eigenen Spielbrett eine Insellandschaft aufbauen. Am Ende entscheiden die meisten Palmen mit und ohne Strohhütten sowie das Maximum an Muscheln und Schiffen über den Sieg.
Wie schon beim ersten mal ergaben die Wortspiele um die Muschis den größten Spaßfaktor. Moritz wollte Muschikönig werden. Solange du Muschis hast, geht was. Die Schiffsplättchen dürfen seitenverkehrt abgelegt werden, Muschis dürfen ja auch verkehrt herum liegen.
Günther praktizierte zum wiederholten Male mit Erfolg seine Schiffsstrategie. Aaron hätte ebenfalls jedes Schiff-Plättchen genommen, das er hätte kriegen können, doch Günther war einfach irgendwie schneller. Obwohl er hinter ihm saß. Das ist das sogenannte Maori-Schiffsparadoxon.
Das Muschiparadoxon hingegen wird vom wahren Leben geschrieben.
WPG-Wertung: Moritz lag mit seinen 6 Punkten genau 1 Punkt unter dem WPG-Durchschnitt.
3. “Wind River”
Hat das Spiel eine Gewinnstrategie?
Gibt es eine Situation, in der das Spiel kippt, d h. in der ein Spieler aus dem ausbalancierten allgemeinen Spannungszustand heraus zu einem uneinholbaren Vorsprung gelangt?
Gibt es eine vernünftig-begründbare Kingmakerei? (Ist sie vernünftig, dann ist es keine Kingmakerei mehr!)
Auf alle diese Fragen haben wir trotz intensiver Auseinandersetzung mit dem Spiel noch keine schlüssige Antwort. Das spricht eindeutig für seine strategischen Qualitäten.
Wir bewegen eine Büffelherde über die Prärie, ziehen mit unseren Tipis hinterher, ernähren unsere Indianer, zeugen zuweilen auch Nachwuchs und bringen möglichst viele Stammesangehörige ins Ziel.
Irgendwann im Laufe des Spieles muß man vom defensiven Aufbau in den Angriff übergehen. Aber wann? Auch beim Schachspiel ist das nicht eindeutig. Und “Wind River” ist nach Walters Meinung das einzig funktionierende 4-Personen-Schachspiel der Welt!
Zum Schluß triumphiert einer. Wie bei mittelprächtigen Schachspielern, wo irgendwann mal einer dem anderen die Dame wegnimmt. Moritz fand das “Endspiel blöd”. Claro, wie ein Schachendspiel nach dem Verlust der Dame.
Günther meinte die problematische Kipp-Situation (Wegnehmen der Dame) identifiziert zu haben. Aber nur als Vision. In Worte fassen konnte er sie nicht, und praktizieren erst recht nicht.
Moritz gab erste vage Tips für gutes Spiel (genauso zutreffend wie der tägliche Wetterbericht im Monat Juni):
1) Baue so schnell wie möglich das dritte Tipi.
2) Baue dir eine Büffelbahn.
Günther ergänzte: 3) Halte dich aus Konflikten heraus.
Nachfrage: “Wie macht man das?” “Ja, das weiß ich nicht!” Zumindest die Randlage könnte dazu eine Chance geben. Genauso sicher wie die englische Vierspringer-Variante im Nimzowitsch-Indisch.
Keine neue WPG-Wertung
Walter wird eine Rezension schreiben.
4. “Dog”
Das Spiel sieht aus wie ein Mensch-ärgere-Dich-nicht. Ein kleines bißchen runder.
Das Spiel spielt sich wie ein Mensch-ärgere-Dich-nicht. Ein kleines bißchen unberechenbarer. Noch unberechenbarer!
Das vorherrschende Element soll die Gaudi sein. Doch dauerte es eine halbe Stunde, bis sich jeder ein dickes Fell zugelegt hatte und die Schicksalsschläge der Tausch- und Chaoskarten mit Gleichmut ertragen konnte. Dann gab es sogar hin und wieder ein allgemeines Gelächter.
Etwas unglücklich ist die Regel, daß man eine ganze Kartenrunde aussetzen muß, wenn man ein einziges Mal nicht ziehen kann. Zwei Klappen ohne eine einzige Fliege! Ist einem Gaudispiel nicht zuträglich. Oder vielleicht gerade?
Zu viert wird “Dog” paarweise über Kreuz gespielt, nur gemeinsam kann man gewinnen oder verlieren. Sobald der erste alle seine vier Pöppel im Loch hat, ziehen beide Parteien die übriggebliebene Farbe. Der große Vorteil: Man ist praktisch bei jedem zweiten Zug am Zug.
Mit überlegener Geisteskraft gewannen Günther und Moritz.
WPG-Wertung: Moritz lag mit seinen 5 Punkten wieder genau 1 Punkt unter dem WPG-Durchschnitt. “Nettes Familienspiel.” Meinst Du, es reicht schon für Deinen Milo?
5. “Bluff”
Neuheit am Westpark: Moritz verpaßte nicht nur die vorletzte, sondern auch die letzte U-Bahn.

13.05.2009: “Maori” und die “Frage der Ähre”

Wir haben einen ungeheuren Verbrauch an Gummibärchen. Vor Jahren waren Haribo’s Fröschli der Favorit, später Katjes Tropenfrüchte, und heute sind es die Saft-Gummis von Trolli. Pro Kopf und Tag wandert mehr als ein Päckchen in den Spielermagen. Wenn ich dann oft genug in rauhen Mengen Nachschub kaufe, fragt die Verkäuferin: “Kindergeburtstag?”
Dabei ist unser Kücken gerade 36 geworden. Und hat auch soeben schon seine Zahnspange bekommen. Der Arzt hat ihm strikt verboten, Gummibärchen zu essen. Ein ganzes Jahr lang. Jetzt hat er seinen tonnenschweren Privat-Vorrat dem Westpark gespendet. Vier Wochen lang bleibt der Verkäuferin das freundliche “Kindergeburtstag?” erspart. So lange aber nur, weil einer nicht mehr mitverzehrt!
1. “Maori”
Nagelneu, 2009 auf der Spielmesse in Nürnberg noch nicht herausgekommen, von Günther Burkhardt gezeugt, von Hans im Glück ausgetragen.
Auf einer quadratischen Fläche von 4 mal 4 Feldern liegen Inselteile mit Bäumen, Hütten, Schiffen und Muscheln. Die Spieler dürfen reihum jeweils einen Inselteil auf ihre Privat-Landkarte nehmen. Wer am Ende die siegpunkt-trächtigste Landkarte zusammengestellt hat, ist Sieger.
Natürlich gibt es Randbedingungen zu beachten. Man darf sich nicht ein beliebiges der offen ausliegenden Inselteile nehmen, sondern muß mit einem Spielstein, der gemeinsam von allen Spielern außen um die Fläche mit den Inselteilen herumbewegt wird, möglichst nahe herankommen. Mangelnde Nähe darf durch Bezahlen in Muscheleinheiten ersetzt werden.
Man darf die ergatterten Inselteile auch nicht beliebig auf seiner Landkarte plazieren, sondern man muß sie in Nachbarschaft zu einem Schiff anlegen, daß man vorher innerhalb seiner Landkarte positioniert hat. Falsche Positionierung kann man hierbei ebenfalls mit der Muschelwährung ausgleichen.
Immer wieder Muscheln. Für ältere Herren ab 36 ist das selbstverständlich ein Anlaß zu Wortspielen, oder besser gesagt Wort-Anspielungen. Es gibt M-Probleme, M-Strategien, M-Mangel und M-Bedarf. Keine Muschel mehr zu haben ist tödlich. Lieber eine Muschel zu viel als eine zu wenig. Aaron wurde durch eine Muschel in das Unglück gestürzt. Im entscheidenden Moment hatte er keine zur Verfügung!
Ein lockeres leichtes Familienspiel, mit einfachen Regeln, mit der Hoffnung auf Planung, einer Abfederung der Niederlage durch Glückselemente, und einer Aufweichung der determinierten, mechanischen Bewegungen durch Muschel-Einsatz.
Nach der Schlußabrechnung konstatierte Walter: “Wenn man die Siegbedingungen kennt, ist das Spiel viel besser” – Großes Gelächter. Aber unbegründet. Denn es gibt Spiele, die kann man nur dann ganz fröhlich und unverkrampft darauf losspielen, solange man die Siegbedingungen nicht kennt und deshalb nicht weiß, was richtige und was falsche Züge sind. In “Maori” stehen zunächst alle Mitspieler vor der gleichen Ausgangslage und lauern auf die gleichen Inselteile. Das ist ein bißchen einseitig. Doch schnell entstehen zufällige Ungleichgewichte – der eine hat mehr Bäume, der andere mehr Schiffe, der nächste mehr Muscheln usw. Diese Ungleichgewichte gilt es auszubauen, denn am Ende werden die extremen Besitztümer besonders honoriert. Jetzt verfolgt jeder andere Aufbauziele, die Inselteile in der Mitte bekommen für jeden eine andere Wertigkeit, die Chance für Schnäppchen wächst, das Spiel wird vielseitiger. Besser!
WPG-Wertung: Aaron: 7 (nettes Familienspiel), Günther: 7 (plus), Hans: 7 (für 8 Punkte zu leicht), Peter: 7 (plus), Walter: 7
2. “Eine Frage der Ähre”
Während des Spielaufbaus diskutierten wir Moritz’ Lottovorlieben. Warum auch immer. Hans behauptete: “Wenn beim Roulette zehnmal hintereinander Rot kommt, wird Moritz ebenfalls auf Rot setzen, um auf die lange Serie aufzuspringen.” Peter widersprach: “Moritz wird in diesem Fall auf Schwarz setzen, weil er von dem Abreißen der Serie profitieren will!” Die Frage blieb unentschieden. Wie haltet es denn ihr Leser draußen bezüglich dieser statistischen Orientierungsfrage?
Günther hatte in die Startaufstellung einen Fehler eingebaut und Aaron konnte ihn allein anhand der Piktogramme auf dem Spielbrett erkennen. Schlußfolgerung von Peter: “Das Spielmaterial ist super!”
Auf einem gemeinsamen Acker von 6 mal 10 Parzellen müssen wir Kartoffeln, Mais, Getreide, Rüben oder Raps anbauen, d.h. Doppelplättchen mit den entsprechenden Pflanzen auflegen. In beliebig vielen Schichten übereinander. Jedes Mal, wenn wir ein Plättchen legen, entstehen neue zusammenhängende Flächen gleicher Anbauarten. Die Summe der orthogonal verbundenen Parzellen einer Anbauart ergeben die Siegpunkte für einen Zug.
Anstelle von Siegpunkten kann man auch “Erntepunkte” kassieren und damit seine Spielsteine auf einer der fünf Bahnen für Kartoffeln, Mais, Getreide, Rüben oder Raps vorwärts ziehen. Wer auf allen Bahnen eine vorgeschriebene Strecke zurückgelegt hat, darf ein Häuschen auf der Anbaufläche positionieren und dafür pro Runde ebenfalls Siegpunkte für Parzellen gleicher Anbaufläche kassieren.
Natürlich ist es dann ein Bestreben der Mitspieler, durch entsprechendes Legen ihrer Anbauplättchen diese Parzellen zu überdecken und damit und den Siegpunkt-Zufluß des Konkurrenten möglichst klein zu halten. So ist der Spielverlauf weniger ein konstruktives Erzeugen großer Anbauflächen für sich selbst, sondern eher ein destruktives Zerteilen der Anbauflächen der Mitspieler. Die Interaktion ist sehr groß, die Schadenfreude beim Zerstören auch, dagegen hält sich die Freude an erfolgreichen Konstruktionen in engen Grenzen. Eine Planung von mehr als dem gerade aktuellen Zug scheint vergebliche Liebesmüh.
Peters Euphorie über das Spielmaterial war schnell dahin. “Das Spiel ist kontingenz-bestimmt.” Walter wußte jetzt nicht, wer auf seine Blase achten sollte, doch Aaron klärte auf, daß es sich hier nicht um “Kontinenz” handelt. Nach Wikipedia ist Kontingenz “in der Philosophie die Zufälligkeit in Hinblick auf eine übergeordnete schicksalhafte Notwendigkeit.” Mit anderen Peter-Worten: “Es ist ein Scheiß-Glücksspiel!”. Na ja, nicht der blinde Zufall entscheidet über den Sieg, sondern die geringste Miesnickeligkeit, mit der man von seinen Mitspielern bedacht wird.
WPG-Wertung: Aaron: 6 (die Idee ist schön), Günther: 6 (schön öfters gespielt, es war jedesmal nett), Hans: 6 (trotzdem! Im kleinen Kreis sollte es gut funktionieren), Peter: 4 (Wertungs-Konstanz), Walter: 5 (zufälliges Zerstörungsspiel)
Aaron wird eine Rezension schreiben.
3. “Bluff”
Aaron schlug vor, auch die Würfelseiten gelten zu lassen, die man von der Seite sieht. Da wird Günther wieder jahrelang an einer neuen Immer-5-Strategie herumrechnen müssen!
Neue Erkenntnis (welch ein Wunder, daß sie erst heute bewußt wurde):
Wenn man nur noch einen Würfel hat und ausscheiden müßte, wenn unter drei verdeckten Würfeln wenigstens eine Fünf ist, dann ist es besser, darauf bauen, daß unter den drei Würfeln mindestens zwei Fünfen sind! Oder gilt das erst ab vier Würfeln? Heute in der Nacht wird das meine Excel-Tabelle nicht mehr offenbaren.
4. Zahlenexperiment
Zum Abschluß schlug Günther noch ein Zahlenexperiment vor. Jeder soll geheim auf einen Zettel eine Zahl zwischen 0 und 100 schreiben. Dann werden alle Zahlen zusammengezählt und der Durchschnitt gebildet. Wer am nächsten an zwei Dritteln vom Durchschnitt ist, hat gewonnen.
Grobe Überschlagsrechnung: Der rein mathematische Durchschnitt der aufgeschriebenen Zahlen ist 50, zwei Drittel davon ist 33. Diesen Werte sollte man auf seinen Zettel schreiben.
Halt, verkehrt, zweite Näherung: Wenn ich hier determiniert 33 hinschreibe und die anderen den Durchschnitt von 50 einhalten, dann ist der Gesamtdurchschnitt ja schon kleiner als 50 und zwei Drittel davon liegt schon unter 30.
Dritte Näherung: Wenn die anderen genauso rechnen …
Lange Rede kurzer Schluß: der mathematisch vernünftigste Schätzwert für zwei Drittel des Durchschnitts ist 0, in Worten: Null.
Wer die niedrigste Zahl aufgeschrieben hat, ist der Klügste! Bei uns war es Aaron mit der Zahl 11. Ab 10 wäre er nach der nach oben offenen Kontingenzskala als Genie eingeordnet worden