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10.09.2014: Steinreich und Fehldruck

Braucht der moderne Mensch eine Gallenblase? Diese Frage bewegt zurzeit die Westpark Gamer nachdem unserem Standard-Host die selbige am Wochenende entfernt wurde. Laut Wikipedia  endete die Notwendigkeit der Gallenblase, als unsere Vorfahren aufhörten tagelang ausschließlich fettes Mamutfleisch zu essen. Heute wird deshalb gerne eine prall mit Gallensteinen gefüllte Blase entfernt; erst recht bei einer sehr schmerzhaften Gallenkolik. Wir wünschen dir eine gute Besserung, Walter!

1. Valeo

Aaron ist nicht wirklich zufrieden mit seinem kleinen Würfelspiel. Die Einstiegshürde „römische Zahlen“ erweist sich sowohl bei Viel- als auch bei Gelegenheitsspielern immer wieder als zu hoch. Nachdem schon vor einiger Zeit der Grundmechanismus auf ein anderes Thema portiert worden war, stellt Aaron heute seine Weiterentwicklung vor: wir bauen eine Shopping Mall. Wieder geht es um Mehrheiten und topologische Zwänge. Im direkten Vergleich mit Valeo schnitt die Neukreation allerdings noch nicht gut ab.

WPG-Wertung: keine Wertung für ein Spiel in der Entstehung

2. Green Deal

Green DealNetterweise bot Karma Games an, uns ein Rezensionsexemplar ihres ersten Crowdfunding Projekts zur Verfügung zu stellen. Da wir normalerweise keine Rezi-Exemplare anfordern, um wirklich unabhängig berichten zu können, gab es erst einmal eine Diskussion, ob wir „Green Deal“ annehmen sollten oder nicht. Eine kleine Web-Recherche ergab, dass uns das Spiel wahrscheinlich gefallen wird, sowohl was das Thema angeht als auch die verwendeten Mechanismen. Also haben wir das Spiel angefordert.

Der erste Eindruck nach nur einem Spiel zeigt, dass wir mit unserer Einschätzung nicht falsch lagen. Das Spielmaterial ist professionell gestaltet und wäre da nicht diese unglückliche Farbgebung bei der rot und orange kaum auseinander zu halten sind bzw. blau, violett und petrol für die gleiche Farbe gewählt wurden.

Anders sieht es bei der Spielregel aus. Hier fehlte uns die redaktionelle Hand, die dafür sorgt, dass alles stimmig und didaktisch geschickt erklärt wird. Beim ersten Lesen stolpert man hin und wieder über Punkte, die sich erst nach mehrmaligem Studium wirklich erschließen. Aber das sind eher Kleinigkeiten.

Einen ganz groben Schnitzer hat sich der Verlag dann aber doch geleistet: Bei der Beschreibung des Aufbaus wird nicht erwähnt, ob die Nachhaltigkeitskarten gemischt oder aufsteigend sortiert je Sorte ausgelegt werden. Die erklärende Abbildung zeigt deutlich eine sortierte Auslage, so dass wir uns für diese Alternative entschieden, zumal es logisch erscheint, wenn zu Spielbeginn erst einmal die niederwertigen, preiswerten Karten verfügbar sind. Dabei haben wir allerdings übersehen, dass damit die höherwertigsten Karten nie ins Spiel kommen werden. Dies wurde uns leider erst im letzten Drittel des Spiels klar.

Eine noch in der Nacht gestartete Anfrage beim Autor und Verleger wurde prompt beantwortet: Leider ging nicht die finale Version der Spielregel in Druck, in der klar beschrieben ist, dass die Nachhaltigkeitskarten natürlich nach Sorten getrennt gemischt werden müssen. Dumm gelaufen und sicherlich sehr ärgerlich für den Verlag.

Bei der von uns benutzen falschen Spielweise funktionieren einige Spielelemente nicht so wie sie gedacht sind. Ohne jetzt auf Details eingehen zu wollen, gab es kaum Bedarf Darlehn aufzunehmen und die Expansion  brachte durch die geringen Unterschiede bei den Projekten auch nicht Spannung, die wir erwartet hatten.

Trotzdem hat das Spiel Spaß gemacht. Es ist rund, sympathisch und bietet viele taktische und strategische Optionen. Die Mechanismen sind gut ineinander verzahnt, wirken schlüssig und themengerecht und sind nicht so überladen, wie nach dem ersten Regelstudium befürchtet.

Einen großen Kritikpunkt gab es dann aber doch: Das Blindbieten auf die enorm wichtige Spielereihenfolge. Blindbieten kam bei den Westpark Gamers noch nie gut an, weil der Ärger zu groß ist, wenn man mal wieder viel zu viel oder nur 1 Geld zu wenig geboten hat, um die gewünschte Position zu erlangen. Da das Vermögen der Spieler offen liegt, kann zwar jeder abschätzen, wie hoch die Maximalgebote der Mitspieler sein werden, trotzdem wurde immer wieder Geld zum Fenster hinaus geworfen, weil man sich verschätzt hatte. Unsicherheitselemente bei einem Wirtschaftsspiel sind nicht schlecht, aber Blindbieten ist weder schön noch passt es thematisch.

Nachdem wir nicht nach den richtigen Regeln gespielt haben, verbietet sich eine Wertung. Allerdings können wir jetzt schon sagen, dass „Green Deal“ mit Sicherheit kein Flop ist und sich mindestens im Mittelfeld unserer diesjährigen Bewertungen wenn nicht sogar besser behaupten können wird.

WPG-Wertung: noch keine, da nicht mit den korrekten Regeln gespielt. Horst: macht Spaß, sympathisch. Günther: Blindbieten stört, Aaron: rund, schöne Mechanismen, Aktionskarten zum Teil (gewollt?) unausgewogen.

3. Uptown

Vor fünf Jahren zu unserem Spiel des Monats gewählt und immerhin schon 7 Jahre alt, spielen wir dieses kleine aber feine Legespiel immer wieder gerne. Da Horst es noch nicht kannte, kam es als Absacker auf den Tisch und verblüffender Weise wurde er gleich Sieger. Eine sofortige Revange fand allseitige Zustimmung, diesmal mit den erweiterten Regeln. Und siehe da, auch hier gewann Horst souverän.

WPG-Wertung: Mit seinen 8 Punkten bleibt Horst im Trend der anderen WPGler (Leichtigkeit und Schnelligkeit zeichnen das Spiel aus).

04.03.2009: “Uptown” in der “Flut”

Bis zum Sonntag waren erst drei Spieler für den Mittwoch-Spielabend angemeldet. Am Montag rührte sich Hans per EMail: “Ich kann diesen Mittwoch dabei sein und komme gern! – mindestens einer fehlt doch noch?”
Fehlen? Der Ausdruck war ein kleines bißchen zu stark, denn auch ein Trio-Abend hat seine Reize, z.B. wenn “Friedrich” auf dem Tisch liegt. Mit “Imuri” hat es sogar schon faszinierende 2er-Spielabende am Westpark gegeben. Gerade mit Hans.
Walters Erinnerung daran quittierte er mit “Du sagst es, 'Imuri' und 'Salta', das war wirklich eine gehaltvolle Kombination!” – War das jetzt eine Zusage oder nicht?
Geduldig wartete das Trio vom Sonntag auf den angekündigten vierten Spieler vom Montag. Doch er kam nicht! Hans, wo bist Du abgekommen? Wolltest Du dem Gastgeber etwa einen Soloabend bereiten?
1. “Uptown”
Es galt, die Zeit zu überbrücken, bis der vierte Mann eintrudelt. “Uptown” ist dafür ein ideales, schnelles Spiel zum Aufwärmen. Jeder Spieler hat den gleichen Satz von insgesamt 27 Plättchen, die reihum auf vorgeschriebene Felder des Spielbrettes gelegt werden. Dabei sollen möglichst zusammenhängende Ketten gebildet werden. Wer am Ende die wenigsten getrennten Ketten erzeugt hat, ist Sieger.
Im ersten Spiel wiesen am Ende alle Spieler genau zwei zusammenhängende Ketten auf, dabei hatte Günther die dickste, was im Femininum allerdings nix Besonderes ist. Auch kein Kriterium als Tie-Breaker.
Alle brachten ihre Ideen und Vorschläge für ein strategisch optimales Vorgehen vor. Trivial ist das Ablegen der Plättchen auf keinen Fall. Ein überlegter Plan ist erforderlich, auch wenn die Auswahl der Plättchen, die man aktuell legen darf, jeweils auf fünf beschränkt ist. Zufällig gezogene! Doch gute Ratschläge unter klugen Mitspielern fallen genauso wenig auf fruchtbaren Boden wie gute Ratschläge vorsichtiger Mütter an ihre klugen Töchter. Das zweite Spiel sollte die Nagelprobe für die kontroversen Strategiediskussionen ergeben.
Doch wie der Zufall so spielt: Ausgerechnet unser Spieler, der anerkanntermaßen beim “Mensch-ärger-Dich-nicht” die schlechtesten Würfel hinlegt und der beim “Schafkopfen” anerkanntermaßen die schlechteste Kartenhand zugeteilt bekommt, der hatte ständig auf seinem Vorratsbänkchen auch nur “Scheiß-Plättchen” liegen. – So muß die Entscheidung über die beste Uptown-Strategie auf einen späteren Termin verschoben werden.
Keine neue WPG-Wertung für ein 8-Punkte Spiel
2. “After the Flood
Hans war immer noch nicht da. Ohne Skrupel konnten wir als Schwerpunkt des Abends ein neues, dickes 3er-Spiel von Martin Wallace auf den Tisch legen: “After the Flood”. Aaron hatte von einer numerierten Auflage das Exemplar Nummer 1442 erstanden. Letztes Jahr in Essen (oder wo auch immer). Frei nach seinem Motto: “Mit Martin Wallace liegt man immer richtig”.
2-3 Stunden soll das Spiel dauern. Zusätzlich zur Regelerklärung! Da kommt so ein unvorhergesehener Hans-Ausfall wie gerufen. Friedlich machten sich drei reife Männer über die Spielregeln her. Vier Seiten Einleitung, fünf dicht bedruckte Seiten Regelwerk, eine Seite Zusammenfassung. Parallel zum Klüger-Werden erzeugten wir den Spielaufbau, die Startaufstellung und die erste Ernte.
Die Szenerie liegt rund um das alte Sumerien (oder wie hieß das Land der Sumerer?). Wir schicken unsere Arbeiter zu den verschiedenen Baustellen aufs Land. “Irrigation” heißt eines dieser Betätigungsfelder auf Englisch; drei Männerhirne fanden dazu natürlich sofort eine phonetische Assoziation. Auch das – nach Wikipedia – “paradiesische Land” Dilmun wurde unverzüglich abgewandelt. Ohne dabei den Ernst des Spieles aus den Augen zu verlieren.
Wir erarbeiten uns Rohstoffe und treiben Handel, um unsere billigen Rohstoffe gegen höherwertige einzutauschen. Wir gründen Städte und bauen sie aus, wir gründen Reiche, d.h. wir stellen Armeen auf, die – wie im richtigen Leben – den Handel behindern, die Städte zerstören und eine Menge Ressourcen verbrauchen.
Das Spiel verläuft über fünf Runden a sechs Phasen. Die dickste Phase ist die Aktionsphase, in der alle Mitarbeiter und alle Generäle ihre Tätigkeiten entfalten. Die Anzahl der Aktionen ist a priori nicht limitiert: Jeder darf solange agieren, wie es ihm Spaß macht, d.h. bis er alle seine Rohstoffe auf den optimalen Veredelungsgrad gebracht hat. Manchmal schränken die gegnerischen Armeen den Aktionsradius ein, oft genug aber auch nicht. Hier prallt die volle schöpferische Fülle an Zugmöglichkeiten in einer abzählbar endlichen Folge auf die armen Spieler herab und sie sind – zumindest als Anfänger – total überfordert, darin eine auch nur einigermaßen optimale Linie zu finden.
Ein paar grundsätzliche Fragenstellungen:
1) Bis zu welchem Einsatz soll man um die Vorherrschaft in den vorteilhaftesten Reichen kämpfen?
2) Wieviel ist der Vorteil als Startspieler wert?
3) Wieviele Zusatzarmeen soll man sich leisten? Mit welchen Mitteln soll man sie ausstatten, um sich damit Kampfvorteile zu sichern?
4) Wo gründet man die sichersten Städte? Wann gründet man sie und wann entwickelt man sie zur Hochkultur?
5) Soll man gegnerische Städte und Armeen angreifen und an welchen Stellen?
6) Wieviel Arbeiter sind auf dem Land und in den Fabriken jeweils notwendig?
7) An welchen Marktplätzen braucht man unbedingt Händler, um die benötigten Tauschaktionen lückenlos abwickeln zu können.
8) Wieviele Angestellte schickt man ins Dildoparadies, damit sie dort ungestört ihre Kreise ziehen? Nach jeder Runde müssen sie erschöpft aufgeben!
Fragen über Fragen. Die richtige Priorität ist spielentscheidend. Nach zweieinhalb Stunden hatten wir zwei der fünf Runden absolviert, aber immer noch keinen Peil darüber, was zu welchem Zeitpunkt wichtig, wichtiger oder am wichtigsten ist. Noch kein Gefühl dafür, wie man die nächste Runde angehen soll.
In jedem Fall verläuft der Kampf um die beste Entwicklung mit einer maximalen Spieler-Interaktion. Jede vorteilhafte Position ist umkämpft. Der Sieger in einer Auseinandersetzung gewinnt eine gute Ausgangsstellung, muß dafür aber eine erhebliche Menge an Ressourcen verpulvern, und schafft sich sofort zwei Feinde, die ihm die Früchte seiner Dominanz so sauer wie möglich werden lassen. In dieser Hinsicht ist das 3-Personenspiel vorzüglich konstruiert und auch gut ausbalanciert.
Letztere Einschätzung ist allerdings nicht unumstritten. Im Gegensatz zu “Friedrich”, bei dem allen sofort klar war, daß hier ein großes Spiel auf dem Tisch liegt, muß “After the Flood” seine wirkliche Größe erst noch unter Beweis stellen. Zum Nochmals-Spielen um seine Geheimnisse zu ergründen reizt es auf alle Fälle. Aaron wird noch ein bißchen im Internet nachschauen, was andere Geister dazu bereits herausgefunden haben.
Preliminary WPG-Wertung: Aaron: 6 (befürchtet, daß es “kippelig” ist), Günther: 6 (noch skeptisch), Walter: 7 (mit Tendenz zu mehr)
3. “Bluff”
Nach vielen Stunden Planen und Wundern brauchten wir noch ein abschließendes Spielerlebnis. Dazu ist “Bluff” ein nicht zu überbietendes Medium.
Das erste Spiel gewann Aaron vor Günther, im zweiten war es umgekehrt. Jeweils vor einem weiteren Teilnehmer.