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09.10.2019: Back to the Root

1. “Root”

Hochgelobt. Elftausend Bewertungen bei BGG, mit einem Durchschnitt von 8,1 Punkten. Dort auf der 46ten Stelle der ewigen Bestenliste mit zehntausenden von Einträgen. Das muss doch eine geniale Komposition sein!

Leider gelten solche euphorischen, euphemistischen Fakten nicht am Westpark. Vor einem Monat wurde es hier mit Willi gespielt, und die Bilanz war mehr als nüchtern: „Danke, dass ihr mich vor einem Fehlkauf bewahrt habt“.

Root: Endphase: Die „Allianz“ berät sich mit dem „Horst“. Das Spielfeld ist fast leer gefegt von Kämpfern. Die einst stolze Katzendominanz hat am linken Rand ein klägliches Ende gefunden.

Nachdem wir damals eine Reihe schwerwiegender Spielfehler gemacht haben, hatte Aaron die Hoffnung nicht aufgegeben, dass das Spiel bei uns doch noch einmal zum Zug kommen und besser punkten könnte.

Bemerkenswert ist das absolut asymmetrische Design. Jeder Spieler spielt eine von vier (in der Expansion sechs) Fraktionen mit total unterschiedlichen Eigenschaften, total unterschiedlichem Startaufbau und total unterschiedlichen Siegpunkt-Quellen. (Dass so eine Konstruktion ausbalanciert sein kann, ist a priori ausgeschlossen. Offensichtlich stört das keinen großen Geist. Die Alliierten gewinnen ja auch jede WW2-Komposition.)

  • Die Marquise de Katz ist zu Spielbeginn als einzige auf allen 12 Spielfeldern (Lichtungen) vertreten; Sie produziert Holz und kann damit als Siegpunkt-Generator Gebäude bauen. Ihre Krieger entstehen nur dort, wo sich ihre Rekrutierer befinden; diese können sich schneller Bewegen als die Konkurrenz und sie können überall kämpfen.
  • Die Waldland Allianz” ist zu Spielbeginn auf keinem einzigen der Spielfelder vertreten. Sie muss sich mühsam die ersten Basen schaffen, um ihre Aktionsfähigkeiten nennenswert zu erweitern. Aber mit “Sympathie verbreiten”, revoltieren, mobilisieren und ihren Militäreinsätzen kann sie sich später überall mit links durchsetzen – wenn sie erst einmal den Durchbruch geschafft hat.
  • Die Horst Dynastie” hat zu Spielbeginn ihre – erkleckliche – Belegschaft in einer einzigen Ecke des Spielfeldes konzentriert. Sie kann von Zug zu Zug eine variable – wachsende / pulsierende – Anzahl von Aktionen durchführen, muss sie aber in der Art von “Robo Rally” vorprogrammieren und verliert an Terrain, wenn sie eine davon – mangels Masse, Platz oder Gegner – nicht mehr durchführen kann.
  • Es gibt auch noch den Vagabund – eine nonkonformistische Rolle, die in opportunistischen Beziehungen zu den Mitspielern schleichen, erkunden, helfen, scharfschießen, herstellen und reparieren kann
  • Die Erweiterungen Haute Culture und Riverfolk Company lassen wir mal jetzt außen vor.

Allein die Tatsache, dass es diese vielen verschiedenen Rollen gibt, deren Eigenschaften wir alle kennen, verstehen und richtig einschätzen können müssen, um das Spiel „vernünftig“ spielen zu können, ist ein Handicap. So dauerte es in der Wiederholung schon wieder über eine ganze Stunde, um den generellen Spielablauf darzulegen.

Und worum geht es? Die Spieler bauen nicht auf und bekriegen / besiegen sich nicht, um damit Siegpunkte zu machen, sie müssen im vor allem darauf achten, dass kein Mitspieler vorzeitig gewinnt. Also hauen die anderen erst einmal auf die dominierende Katze ein und Katze sowie Horst eliminieren konsequent die Sympathie-Marker der Waldland-Allianz, weil hier früher oder später deren Bomben losgehen werden.

Jeder dieser „Verteidigungszüge“ kostet Aktionen und bringt keine (kaum) Siegpunkte ein. Deshalb überlässt man sie lieber dem Mitspieler. A priori kein gutes Design. Am Westpark bestünde der wesentliche Spielreiz wohl darin, gemeinsam die Balance der Spielerdynastien zu analysieren und Spielweisen zu finden, nach denen einigermaßen Chancengleichheit hergestellt werden könnte, so dass in der Schlussphase jede Fraktion noch Aussicht auf den Endsieg hätte.

Bei uns wurde heute konsequent die – vielleicht nicht immer glücklich agierende – Katze eliminiert, so dass sie in ihren letzten Zügen mangels eigenen Lichtungen überhaupt keine Aktion mehr durchführen konnte: weder neue Gebäude bauen noch neue Kämpfer aufs Spielbrett bringen. So wäre das auch bis zum Nimmerleinstag geblieben, wenn sich nicht ein Sieger erbarmt hätte, die Ziellinie zu überschreiten. Fehlkonstruktion. Z.B. wäre bei „1830“ in einer solchen Situation sofort Spielende.

Bei uns dauerte es noch drei Runden, bis der Horst um Nasenlänge vor der Allianz die Siegpunktschwelle von 30 überschritt.

WPG-Wertung: Aaron: 6 (ich finde das Spiel interessant und durchaus reizvoll, hier herauszufinden, wie man es spielen kann, damit es funktioniert), Günther: 4 (das Problem liegt im labilen Gleichgewicht des Spiels; wenn einer hier nicht mitmischt, funktioniert das Spiel nicht), Walter: 4 (Chaotisches Würfel-Kampfspiel für Leute, die chaotische Würfelkampfspiele lieben).

Hinweis für die Spieleverlage: Wenn ihr eure Spielregeln übersetzen lasst, dann bitte von Leuten, die diese Spiele auch mit Lust und Verstand schon einmal gespielt haben. Es ist ein Unding, wenn Objekte wie Krieger, Gebäude, Plättchen und Gegenstände alle einheitlich unter dem Sammelbegriff „Marker“ aufgelistet sind, sie aber innerhalb der Regeln eine absolut unterschiedliche Bedeutung und Behandlung bekommen, so dass die pauschale Verwendung von „Marker“ irreführend und falsch ist. Das Objekt „Holz“ und sein wechselndes Schicksal ist überhaupt nicht aufgeführt.

07.08.2019: Willi, die 2te – Und bitte…

  1. Sherlock: 13 Geiseln

Willi brachte einen neuen Sherlock-Fall mit und damit bekam auch Aaron die Chance, einen Fall zu lösen. Die Details des Spielprinzips hat Walter bereits im Spielbericht vom 31. Juli beschrieben.

Diesmal handelte es sich laut Willi (und dem Schachtelaufdruck) um einen besonders schwierigen Fall. Da Aaron das Spielprinzip noch nicht kannte, war er zu Beginn etwas damit überfordert, dass Fakten nicht in (chrono)logischer Reihenfolge sondern völlig zufällig präsentiert werden. Das machte für ihn das Erkennen von falschen Fährten (und davon gibt es gleich mehrere) recht schwierig und er legte die ein oder andere Karte sicherheitshalber auf den Ablagestapel, um keine Punkte zu verschenkten. Wie sich herausstellen sollte, mindestens eine Karte zu viel, denn deshalb haben später wir eine Frage falsch beantwortet und zwei wertvolle Punkte verschenkt. 4 weitere Punkte verschenkten wir letztendlich durch falsches Ablegen in der offenen Auslage, sodass wir nur den Rang von Sherlock Holmes Bruder Mycroft erreichten.

Sherlock spielt sich schnell und ist dabei sehr kommunikativ und durch die falschen Fährten durchaus auch spannend. Für kleines Geld gibt es ein Stunde Unterhaltung für bis zu 8 Spieler. Da macht es dann auch nix, dass man jeden Fall nur einmal spielen kann.

WPG-Wertung: Aaron 7 (fühlte sich gut unterhalten und hat Spaß gemacht), Günther und Willi: unverändert.

 

  1. Root

Nachdem „An Infamous Traffic“ einerseits wegen seiner Mechaniken beeindruckte (Aaron) aber andererseits von anderen WPGlern als völlig chaotisch und zu glückslastig empfunden wurde (siehe Spielberichte vom 24.4. und 8.5.2019) schied ein weiteres Spiel dieses Autors eigentlich aus. Doch Aaron ließ sich von den überschwänglich guten Reviews im Netz und der Aussagen, dass „Root“ als asymmetrisches Spiel sehr gut funktionieren soll, überzeugen und brachte es auf den Tisch. Willi hatte ebenfalls Gutes über das Spiel gehört.

Trotz vorherigem Regelstudiums und Verwendung der Einstiegshilfe mit den ersten zwei geskripteten Runden, saßen wir nach diesen zwei Runden mit fragenden Gesichtern da. Das lag zum einen daran, dass wir die aktuelle deutsche Version verwendeten. Die lässt einerseits jeden Deutschlehrer gleich den Rotstift zücken, so gespickt ist sie mit Fehlern. Das schadet zwar nicht unbedingt dem Verständnis aber ließ Willi zeitweise regelrecht ausrasten. Zum anderen besteht das Regelwerk (auch in der englischen Version) aus dem „Gesetz“, einer genauen Beschreibung aller Regeln und dem Hilfswerk „Lerne zu spielen“. Wir empfanden das als ein ziemliches Handicap, denn leider reicht weder das eine noch das andere Regelwerk alleine aus, um das Spiel richtig zu spielen. Der wohl eklatanteste Fall ist die Tatsache, dass im „Gesetz“ nicht erklärt wird, was im Spiel „Gebäude“ sind. Dies steht erst in der Marker-Übersicht auf der Rückseite der „Lerne zu spielen“-Anleitung (allerdings fehlen dort die Basen der Allianz, die auch als Gebäude zählen).

Wie dem auch sei: Wir bissen uns durch und beendeten das Spiel nach etwas über 3 Stunden. Wie sich am nächsten Tag bei erneutem Regelstudium zeigte, nicht ohne ein paar schwerwiegende Regelfehler gemacht zu haben. (Weshalb ich eigentlich keinen Spielbericht schreiben wollte, es jetzt aber doch tue, damit wir wenigsten einen Eintrag in unserer Datenbank dazu haben).

Am Ende saßen wir immer noch mit fragenden Gesichtern da und unsere Reaktionen erinnerten mich an das, was ich schon bei „An Infamous Traffic“ erlebt habe.

WPG-Wertung: Aaron: 6 (wie schon AIT finde ich das Spiel interessant und glaube, dass man es einige Male spielen muss, um wirklich zu verstehen, wie man gut spielt), Günther: ? (zu viel Mitspielerchaos, Kämpfen mit Würfeln ist mir ein Graus, völlig unbalanciert), Willi: ? (zum ersten, zum letzten, zum einzigen Mal gespielt. Danke, dass ihr mich vor einem Fehlkauf bewahrt habt).

Hier noch eine kleine Übersicht darüber, was wir alles falsch gespielt haben:

  • Die Basen der Allianz nicht als Gebäude betrachtet.
  • Ruinen nicht im Spiel, da ohne Vagabund gespielt (Ruinen sind immer im Spiel!).
  • Für die Dominanzwertung den Sympathiemarker der Allianz mitgezählt.
  • Permanente Effekte nicht als permanent betrachtet.
  • Kein Extratreffer gelandet wenn der Verteidiger keine Krieger in der Lichtung besitzt.
  • Allianzspieler hat beim Sympathielegen keine zusätzliche Anhängerkarte abgegeben, wenn mehr als 3 fremde Krieger anwesend.

Für den Fall, dass wir „Root“ tatsächlich noch einmal spielen sollen (was ich stark hoffe – Moritz?), habe ich zwei Spielhilfen aus BGG ausgedruckt. Die erste gibt einen strukturierten Überblick über alle Aktionen jeder Fraktion und die zweite zeigt, welche Fraktion wofür Siegpunkte bekommt.